Berliner

Volks- Tribüne

Social- Politisches Wochenblatt.

Die Berliner Bolts Tribune" erscheint jeden Sonnabend früh.

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Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis viertelfährlich 1 Mt. 50 Bfg.; eingetragen unter Nr. 867 der Zeitungspreisliste für das Jahr 1889.) Jujerate werben die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Raum mit 20 fg. berechnet.- Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Pfg. Jnferaten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

Redaktion und Expedition:

S.O.( 26). Oranien- Straße 23.

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Novelle. Berliner Bild.

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Sonnabend, den 2. Februar 1889.

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Ausgabe für Spediteure: " Merkur " Zimmer- Straße 54.

III. Jahrgang.

Internationale Verträge. Die Unter- Das Vorstehende wird erwähnt, weil es ein weiteres Mitglieder oder auch für weitere Kreise gründeten, da diese stütungsvereine der Arbeiter und die preußi- internationales Eingreifen der Staaten in wirth- Wohlthätigkeitskassen auch ohne Zweifel, wenn mit sche Polizei. Die Landarbeit Ost- und West- schaftliche Angelegenheiten darstellt. Und die Lektion, ihnen keine weitere Irreführung der Arbeiter verbunden ist, preußens. II. Die Konkurrenz der ausländi- die wir daraus für die Arbeiter ableiten, ist die: hiermit viel dazu beitragen die Arbeiterbewegung zu fördern, ihr schen Arbeit und das italienische Proletariat. III. ist grundsäßlich zugestanden, daß ein internationales ein auch weniger vorgeschrittenen Arbeitern erkennbares Die preußische Geheimpolizei unter Friedrich Interesse für die Regelung derjenigen wirthschaftlichen und ihnen einleuchtendes Ziel zu geben, so wurden diese dem Großen. Die Reichstagserfahwahl in Materien besteht, welche in dem Mitbewerb der verschiedenen, Wohlfahrts einrichtungen", die sich die Arbeiter Breslau . Aus dem Reichstage. Länder zur Geltung kommen. selbst geschaffen haben, zum Zielpunkt der Angriffe der Rentier Klinkmüller. Ein Das ist aber sehr wichtig. Wenn ein Staat die Polizei gemacht. Man fand plötzlich, daß schon die ganz Kleinbürgerthum und Prole- Fabrikanten oder Unternehmer auf diesem Gebiet nicht leere und inhaltlose Angabe in einem Vereinsstatut, der tariat in der französischen Revolution. Ar- bevorzugen soll, weil es unbillig gegen andere Länder ist, Verein bezwecke seinen Mitgliedern irgend welche Unter­beitszeitverkürzung und Produktion. Das wogegen sich diese ja durch andere Maßnahmen rächen stüßung zu leisten, den Verein zu einer Versicherungs= Elend in Irland . fönnten, so muß derselbe Grundsaß auch Anwendung anstalt mache, die der landespolizeilichen Genehmigung finden, wo es sich um die Anwendung von Lohnarbeitern bedürfe. Man stellte die Vereine vor die Wahl, entweder handelt. ihren Betrieb, die Auszahlung und Leistung der Unter­Wenn z. B. in England Frauen in Fabriken nicht stützungen, einzustellen, oder die Genehmigung der Polizei mehr als zehn Stunden täglich beschäftigt werden dürfen, nachzusuchen und sich unter eine ganz besondere Kontrolle in anderen Ländern aber zwölf oder noch mehr, so hat der Polizei zu stellen, die dem Vereine jede Selbständig= England sicherlich Grund zur Beschwerde. Denn seine keit der Verfügung über das Vereinsvermögen raubte. Bestellungen nehmen in Berlin alle Spediteure entgegen. treten. Und so hinsichtlich aller Beschränkungen, welche sich in der Regel nicht gutwillig fügten. Einzelne Vereine Industrie muß mit derjenigen dieser Länder in Mitbewerb Ganz natürlich war es, daß die betroffenen Vereine Am besten abonnirt man bei den Spediteuren, welche zugleich in dem einen oder anderen Lande der Anwendung von feßten ihre Unterſtüßungseinrichtungen trotz des Verbotes die Tageszeitungen bringen. Arbeitern auferlegt sind. Gegen diesen Schluß kann Liſten zum Sanimein von Avonnowie Agitu- fchwerlich etwas eingewendet werd noch wird man so Strafverfügungen auf richterliche Entscheidung an­der Polizei fort and ließen es gegen die ihnen zugestellten tionsnummern jederzeit durch unsere Expedition, Dranien- zynisch sein wollen, den in der Besetzgebung zum Schub kommen. Diese Entscheidung fiel durchaus und überall der Arbeiter weiter vorgeschrittenen Staaten ein Zurüd nur zu Gunsten der angeklagten Vereinsvorstände aus, die Straße 23, zu beziehen. weichen zuzumuthen. Aber mit dem moralischen Recht und der Billigkeit los der Fall war, aus den Vereinsstatuten ergab, daß überall freigesprochen wurden, wenn sich, wie es ausnahms­ist eben nichts auszurichten. Dazu gehört Macht und die Mitglieder auf die in den Statuten angeführten die Arbeiter werden solche Verträge eben nur durchseßen, Unterſtüßungen fein flagbares Recht hätten, daß die wenn sie Einfluß auf die Gefeßgebung gewinnen.

Arbeiter und Parteigenossen!

Tretet eifrig für die weitere Verbreitung diefes Blattes ein!

Der Verlag der Berliner Volks- Tribüne." Berlin S. O., Oranienftr. 23.

Internationale Verträge.

Leider fehlt unter den organisirten Arbeitern noch Bahlungen nur nach dem Stande der Kasse und nach Gut­vielfach das Verständniß für die Wichtigkeit der Sache. balten des Vereins oder seiner Organe geleistet würden. Kürzlich ist viel von dem internationalen Vertrag über Da bleibt bloß die Hoffnung über, daß der internationale Sämmtliche Richter waren darin einig, daß eine die Abschaffung von Ausfuhrprämien auf Zucker zwischen Arbeiter- Kongreß, der dieses Jahr in Paris stattfinden Versicherungs- Anstalt oder ein Versicherungs­allen betheiligten Regierungen( einer einzigen und un- wird, dem Bestreben Vorschub leistet auf vertrag, nur dann vorliegt, wenn bei Eintritt eines bedeutenden ausgenommen) gesprochen worden. Erzwingung einer internationalen Arbeiterschußgesez- pflicht gegen Zahlung einer Prämie übernommen wird; schädigenden Ereignisses eine ausdrückliche Leistungs­

Damit hat es folgende Bewandtniß: Fast alle Staaten betrachten den Zucker nach Bismarck einen gebung.

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daß aber die Uebernahme einer solchen Leistungspflicht in der Lurus" gegenstände der großen Masse als eine dem bloßen Jnaussicht stellen einer Entschädigung, wenn ergiebige Steuer- und Zoll- Quelle und behandeln ihn die Kasse es erlaubt und der Verein es genehmigt, nicht barnach. Wenn nun aber so versteuerter Zucker( auch Die Unterstützungsvereine der Arbeiter und zu finden sei. Schnaps) ins Ausland verschickt wurde, so zahlte die die Polizei in Preußen. Von dieser Seite ließ sich also die Sache nicht an= Regierung an den Verschicker die Steuer wieder heraus Arbeitervereinigungen irgend welcher Art, die sich fassen. Die Gesetzgebung stand der Polizei hier nicht zur und nicht bloß die Steuer, sondern noch bedeutend mehr. unabhängig vom kapitalistischen Einfluß organisiren, in Seite und ein Reichsgericht surtheil war nicht zu er­Es wurde nämlich der Ertrag der Produktion des Rüben- welchen die Arbeiter sich auf ihre eigene Kraft stüßen, sie langen, da als Landesstrafsachen diese Prozesse nicht ans zuckers der für den europäischen Kontinent allein in mögen aussehen wie sie wollen, haben auf Duldung, Reichsgericht kommen konnten. Die Polizei ſuchte daher Betracht kommt nach einem Verfahren berechnet, welches wenn man ihnen irgendwie beikommen kann, nicht zu in Preußen die Sache im Verwaltungswege zu erreichen. längst veraltet ist und weit weniger ergab, als neuere, rechnen. Sie erklärte, die Polizeibehörde besige als Ausfluß der verbesserte Methoden. Selbst dann werden sie verfolgt, wenn sie nur wohl- Landesh oheit in Preußen ein besonderes Aufsichts­Die Folge war, daß der Staat viel mehr an Steuern thätige Zwecke haben. Man wittert hinter jeder Regung recht über solche lediglich private Vereinigungen, und zurückzahlte, als er von rechtswegen sollte, daß somit eine der Selbständigkeit der Arbeiter den Feind des heutigen in Ausübung dieses Aufsichtsrechtes ging sie jeßt gegen die Prämie für den Erport entstand. Das tam soweit, daß Wirthschaftssystemes, das sich auf der Bevormundung und Vereine vor, die ihren Mitgliedern solche Unterſtüßungen in England deutscher Zucker um fast die Hälfte des Preises Niederhaltung der ärmeren Volksklassen durch die wohl- in Aussicht stellten, wenn die Aussicht auch nur eine verkauft werden konnte, den er in Deutschland galt habenderen aufbaut. Es ist eine große Selbsttäuschung, ganz ferne und nicht faßbare war. Ja man ging noch ja, daß zu einer Zeit behauptet werden konnte, es bezahle wenn man annimmt, man ließe irgend eine wirklich kräftige weiter, man erklärte selbst solche Vereine für Versicherungs­sich nahezu, in Deutschland Zucker zu erzeugen, um ihn und die Arbeiter fördernde Arbeiterorganisation bestehen, anstalten, die ihren Mitgliedern gar keine Leistung ver­in die Nordsee zu werfen, nachdem zuvor die Export- Prämie wenn man eine Möglichkeit hat, sie zu unterdrücken. sprachen, sondern nur Wohlthätigkeitsleistungen an andere eingehoben worden war. Als man mit der allerhärtesten Anwendung der Gewerksgenossen in Aussicht stellten, wie die Wander­

Die weitere Folge des Systems war die unnatürliche Vereinsgefeße nicht ausreichte, als sich trotz aller Vereins- unterstüßungskassen, die bei lokalisirter Organisa­Steigerung des Ausbaues der Zuckerrübe in Deutschland schließungen und aller Mühe von Polizei und Staats- tion derselben ihren eigenen Mitgliedern nichts leisten. und Desterreich. Aller dazu taugliche Boden wurde in anwaltschaft doch immer wieder Arbeitervereine bildeten, Auch die Bestimmung allein, daß Vereinsüberschüsse zur Verwendung genommen und die Zuckerfabriken wuchsen denen man nicht beikommen konnte, sah man zu, ob sich unterstüßung von Mitgliedern verwendet werden können, förmlich aus dem Boden. Der Mitbewerb für den aus- in der Rüstkammer der Gesetzgebung nicht noch andere wurde schon von der Polizei für genügend erachtet, um wärtigen Markt wurde rasend; der Rübenzucker schlug Waffen finden, mit welchen man auch solche Arbeiter- den Verein als Versicherungsanstalt zu treffen. Suchte den Rohrzucker aus dem Felde; auf der Insel Kuba folgte vereinigungen unterdrücken könnte, die sich in den Schlingen ein Verein die landespolizeiliche Genehmigung nach, so Bankerott auf Bankerott; die Regierungen waren genöthigt, der Vereinsgefeße nicht fingen, und die auch nicht wichtig wurde sie ihm in der Regel ganz verweigert, oder es ihre Zuckerpflanzer mehr und mehr zu begünstigen, um genug waren, um gegen sie das schwere Rüstzeug des wurden ihm Bedingungen aufgelegt, die ihn aller Selb­fie über Wasser zu erhalten; die Eingänge von der Zucker- Ausnahmegefeßes anzuwenden. Am liebsten würde man ständigkeit beraubten, so daß man vielfach vorzog, den fteuer wurden von den Exportprämien fast ganz auf den Arbeitern befehlen, daß sie überhaupt gar nicht zu- Verein aufzugeben. gefressen und schließlich ließ sich der Krach doch nicht ver- sammen kommen dürfen, es sei denn unter dem Vorsitz Die Annahme, daß die Polizei ein der Landeshoheit hindern. eines Reservelieutenants, eines Geistlichen oder eines entstammendes besonderes Aufsichtsrecht über diese Vereine Aus dieser Situation gab es für die Produzenten Unternehmers. Aber das geht doch nicht gut. habe, machte den Vereinen die Sache recht schwierig. eines Landes keine Rettung. Und siehe da: die Regierungen Da nun viele Arbeitervereine eine gewisse Kraft und Die Polizei schloß nun durch Verfügung einfach die Vereine, nahmen sich ihrer an und schlossen den erwähnten Ver- einen gewissen Zusammenhalt aus verschieden gearteten ohne die Richter weiter zu belästigen im Aufsichtswege trag ab, der allen diesen Begünstigungen ein Ende macht. Unterstüßungs- Einrichtungen ziehen, die sie für ihre und bedrohte die Fortsetzung der Vereine mit Executiv=