Volikifche Mebevflrfzk.Berlin, 3. Oktober.�egen die Slachzizen- Wirthschaft in Galizienwettm die„Boss. Ztg.*, und um zu zeigen, wie es dortgetrieben wird, nimmt das Blatt Notiz von einer Zuschrift,die ihm aus Lemberg von der Redaktion der„PrzyjacielÄidu* zugeht und die sich über den„Ausnahniezuftand inGalizien ausläßt. Es werden darin amtliche Dokumentemitgetheilt, in denen Abgeordneten die Berichterstattungüber ihre Thätigkeit verboten wurde. Viermal geschah diesdem Abgeordneten Wojcik; der Abgeordnete Nowakowskiwurde gar vom Kommissar der Przemysler Bezirks-Hauptn, aunschaft, Mirski, verhaftet und nach Przemysl ge-schafft. Warum? Nur um die Erörterung vorhandenerUebelstände, welche die polnischen Bauern auch spüren undüber die ihnen das Nalionalgefühl, das den Herren nurVortheile bringt, nicht hinweghelsen kann, zu verhindern."Die Sympathie für die polnischen Bauern bei derTaute Voß in allen Ehren. Aber wie wäre esdenn, wenn sie über derartige polnische Vorgängedie ganz gleichartigen Zustände in Deutschland nicht ver-gäße. Wir erinnern da nur an die Versammlungsverbotein den Reichslandcn, wodurch es den Abgeordneten Bebelund Bueb unmöglich gemacht wird, ihren WählernRechenschaft abzulegen. Aber auch außerhalb desBereichs der Herrschaft'des Diktatur> Paragraphenherrschen dieselben Gepflogenheiten. So wurden dem Ver-treter des 22. sächsischen Wahlkreises, Genossen Hosmann,in fast allen Orten seines Kreises die Versammlungen ver-boten, in denen er Bericht erstatten wollte, und dasletzke Verbot einer Bebel- Versammlung in Meeraneist doch so ungeheuerlich, daß es mit der Polen-ivirthschaft in Galizien sicher den Vergleich aushält. DieseVorgänge innerhalb der Reichsgrenzen werden nun kaumregistrirt, sicher aber hat unsere liberale Presse— ganzvereinzelte Ausnahmen abgerechnet— kein Wort der Kritikdafür. Ueber die Drangsalirung der polnischen und ruthe-nischen Bauern dagegen flammt die ganze sittliche Ent-riistung des„liberalen Gewissens* auf. Elende Heuchelei,nichts weiter.—ZukunstS- und Gegenwartspolitik. Sechs Tage hat derVater des ZukunftSstaatS gebraucht, um sich von dem Eindruckunserer Gegenwartssiege zu Gotha zu erholen. Nun— er h a tsich erholt; und wie? Die Sozialdemokraten haben gar nichtgesiegt. Wir haben zwar 8 Wahlkreise erobert, aber das ver-danke» wir den Ideen des Zukunststaats-Vaters, die wir ihmschnöde gestohlen und statt unserer eigenen im Wahlkampf ver«treten haben. Und so ist's also in Wahrheit der Dichterder Zukunftsbilder, der gesiegt hat— gesiegt über die Sozialdemo-kratie! Das ist kein Scherz. Die Wirklichkeit und Gegenwartist für den Dichter der Zukunftsbilder ein mit sieben Siegelnverschlossenes Räthsel. Er begreift sie nicht. Unsere Ge-Nossen sollen kein sozialdemokratisches Wahlprogramm gehabthaben! Wir haben es zu Beginn der Wahlmännerwahlen ver-öffentlicht: nie ist das sozialdemokratische Programm reiner undvollständiger in einem Wahlprogramm zum Ausdruck gekommen.Der Dichter der Zukunftsbilder ist offenbar noch nichl in derVerfassung, Gegenwartsbilder zu verstehen. Er schließt seinenheutigen Triumph-, Leid- und Wehe- Artikel mit den resignirtenWorten:Eine nachhaltige und erfolgreiche Bekämpfung der Sozial-demokratie ist für die Dauer nur möglich durch ein entschiedenliberales Regiment. In den Kleinstaaten nun gar ist eineRegierung entgegengesetzter Richtung erst recht unhaltbar undkann dort, wie es jetzt im Herzogthuin Gotha schon naheliegt, sozialdemokratische Mehrheiten des Landtages herbei-führen."Gut! Wir warten auf die„erfolgreiche Bekämpfung"unserer Partei und marschiren inzwischen lustig vorwärts!—William Morris ist, wie uns eine PrivatdepescheauS London meldet, heute gestorben. In ihm verliert dieenglische Sozialdemokratie eine ihrer sympathischsten Gestalten,einen ihrer angesehensten Vertreter, einen stets opferbereiten,begeisterten Genoffen. Als Dichter, Uebersetzcr, Maler,Künstler und Miturheber der glänzenden Entwickelung desenglischen Kunstgewerbes unserer Zeit, genoß er auch einenLiebe, wirst Du Dich meiner nicht auch erinnern? WirstDu nicht das Gefühl in Dir nähren, als seien wir dieVerlobten deS Himmels? In den Legenden deS Nordensfinden wir die Geschichte eines RitterS, der auS dem heiligenLande zurückgekehrt, feine Geliebte(die ihn todt glaubte)als die Braut des Himmels wiederfand, und er baute eineEinsiedelei neben ihrem Kloster, und obgleich sie sich niewiedersahen, blieben ihre Herzen einander treu bis zum Tode.Ebenso, Irene, laß uns gegen einander sein, todt für allesandere, verlobt in unseren Herzen, um jenseits vereinigtzu werden! Und doch schimmert mir noch ein Hoffnungs-strahl. Die Laufbahn Deines Bruders, so glänzend sieist, kann vielleicht nur die eines eben so schnell ver-schwindenden Meteors sein. Sollte seine Macht erschüttert,sollte seine Herrschaft gestürzt werden und Rom seinenTribunen verleugnen; sollte Dein Bruder nicht mehr zu-gleich der Richter und Feind meines HauseS sein, solltestDu keine Freunde, keine Verwandte mehr haben, und alleinin der Welt dastehen, dann kann ich Dich, ohne meine Ehrezu beflecken, ohne dem gehässigen Vorwurf mich auszusetzen,Macht und Glück aus Händen zu empfangen, an denennoch das Blut meines Geschlechts haftet, dann kann ichDich als die Meinige zurückverlangen. Ich habe der Ehrenicht mehr zu gehorchen, wenn Dein Loos nicht mehr soglänzend ist, als zetzt. Ich wage es nicht, diesem Traummich länger hinzugeben, vielleicht ist es eine Sünde füruns beide. Aber ich mußte Dir es zuflüstern, damit DuDeinen Adrian ganz kennen lernest, alle seine Schwächenund seine Kraft. Meine Geliebte, meine ewig Geliebte,jetzt noch inniger geliebt, da ich ohne Hoffnung lieben muß,lebe wohl! Mögen die Engel Dich behüten und mich vorSünde bewahren, damit wir wenigstens dort uns wieder-finden!"(Fortsetzung folgt.)Die Uedeemaseen � Induptvieauf der Gewerbe � Ausstellung.Geht der Laie an den großen mit prächtigen Maaren aus-gestellten Schränken der Gruppe für Ledergalanterie-Waaren vor-über, so muß ihm unwillkürlich die Meinung kommen, daß dieLedergalanterie-Arbeit eines der schönsten Handwerke sei; undvielleicht hat sich manches Elternpaar bei Besichtigung dieserAusstellung gelobt, seinen Sprößling in diesem Fache ausbildenzu lassen.Und wirklich, diese aus den feinsten Ledersorten hergestelltenPortemonnaies, Brieftaschen, Zigarrenetuis, Schmuckkäften, Damen-laschen«. lenken das Auge des Besuchers aus sich. Mancher,ausgezeichneten Ruf in den Reihen der Gegner. Seingastliches HauS war einer der ersten Sammelpunkteunserer Londoner Parteigenossen, er ist der Begründerder Socialist Ligue, die mit der SocialdemokraticFederation die ersten Organisationen der in den achtzigerJahren in England neu auftauchenden sozialistischen Be-wegung waren. Seine wichtigste sozialistische Schrift sinddie 1883 in London unter dem Titel„Signs of change" erschie-nenen Vorlesungen. Den deutschen Parteigenossen ist er durchden 1692/93 in der„Neuen Zeit" erschienenen AuSzug seinerUtopie„Kunde von Nirgendwo" bekannt geworden. Nochvom Krankenbette sandte er dem internationalen Kongreßin London seine herzlichsten Grüße.63 Vs Jahre alt, wurde er den englischen Genossen ent-rissen. Sie werden ihm ein dankbares Andenken bewahren.Schied doch mit ihm eine der hervorragenden Gestaltenihrer Bewegung aus dem Leben und aus dem Kreise derKämpfer.—Chronik der MajestätSbeleidigungs Prozesse. DerStein-Hauer Wilhelm P f i st e r aus Germersheim wurde am 30. Sep-tember vo» der Mannheimer Strafkammer wegen Beleidigung desKaisers zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilt. Psister hatte am19. Juli d. I. in der„Alten Sonne" an einem Tische, an demzwei Grenadiere des Mannheimer Regiments und der Zigarren-mcrcher Hauser saßen, das badische und preußische Militärheruntergesetzt und die Bayern gelobt. In einer Gedanken-assoziation hatte er schließlich eine Aeußerung über den Kaisergebraucht, die Hauser sofort einem im Lokal anwesenden Gendarmenhinterbrachte. Psister war so betrunken, daß er bei der Ver-nehmung durch den Gendarmen zweimal auf diesen hinschwankte.Trotzdem hielt ihn das Gericht noch für zurechnungsfähig underkannte auf die erwähnte Strafe.*•Deutsches Reich.— Aus dem Reiche des Zopfes. Eine Kor-respondenz schreibt: Die Erlasse deS Ministers des Innern unddes Finanzministers, wonach daS Schreibwerk im amt-lichen Verkehr eingeschränkt und alle überflüssigeTitulatur beseitigt werden soll, scheinen in einzelnen anderenRessorts der Etaatsregiernng nicht den Beifall zu finden, de»man wohl hätte erwarten dürfen. Namentlich die Ungleichheitin der Behandlung der Titulatur(Hochwohlgeboren ic.) beiAdligen und Nichtadligen, wie sie nothwendigerweise dieFolge jener Erlasse sein muß, nach denen diebürgerlichen Beamten die Titulatur„Hochwohlgeboren" ver-lieren, der adlige sie aber und zwar als solcher behalten wird.hat vielfach in den belheiligten Kreisen Bedenke» erregt. Manverlangt entweder prinzipiell die Abschaffung der bekannten,bisher üblichen Znsätze zum Amtstitel, oder gleichmäßige Bei-beHaltung für alle. Wie wir hören, dürfte das Staatsministeriumschon in kurzer Zeit zu dieser Frage Stellung nehmen. AllemAnschein nach werden die Gegner der oben erwähnten Erlassemit ihrer Ansicht, eS wenigstens bezüglich der Titulaturen einst-weilen beim alten zu belassen, durchdringen, wenn nicht auchbezüglich der Titulatur von Geistlichen, Offizieren und Hof-bcaniten die gleichen Erlasse, wie jetzt für die genannten RessortS,zugestanden werden.—— Pfandrecht der Bau Handwerker. Wie wirhören, sind die Vorarbeiten für einen Gesetzentwurf, betreffenddas Pfandrecht der Bauhandwerker, im Reichs- Justizamt soweitgefördert, daß es nicht ausgeschlossen ist, daß er dem Reichstagin» Anfang seiner Session unterbreitet werden kann.—— Der nationalliberale Parteitag hat heutehinter wohlverschlosienen Thülen feine Verhandlungen begonnen.Die„Nat.-Ztg." schweigt über den ersten Verhandlungstag voll-kommen, das deutet auf böse Auseinandersetzungen und jeden-falls auf Siege der agrarischen Richtung hin. Gestern fand eineBegrüßung der Kongreßtheilnehmer durch den nationalliberalenRechtsanwalt und Landtags- Abgeordneten Dr. Krausestatt. Wie niedrig gestimmt die Hoffnungen dieses Red-ners selbst bei dieser festlichen Gelegenheit waren, gehlaus seiner Begrüßungsrede hervor. Dieselbe begann mitfolgendem Satze:„Die ernste Arbeit ist es, die uns zusammengeführt, ichnehme an, daß sie zu einem gedeihlichen Ende?ebracht wird und wir zu einer Einigungommen werden, obgleich die Gegenfähe sehrstark sind; doch snaviter in modo."Die„Rhein.- Wests. Ztg." bringt in auffälligem Druck fol-gende Mittheilung:der von der überaus elenden Lage der Verfertiger dieser schönenSachen gehört hat, von den schlechten Löhnen, der langenArbeitszeit, von der täglich zunehmenden Hausindustrie mitallem ihrem Elend, wird nicht zu begreisen vermögen, daß auchdiese Waaren unter Hunger und Kummer verfertigt sind; erwird, wenn er diese Ausstellung als ein Spiegelbild der Leder-waaren-Jnduftrie im allgemeinen ansteht, den Niedergang diesesIndustriezweiges für ein Märchen halten.Aber nicht nur der Laie, auch der Fachmann ist erstaunt.Er glaubt geträumt zu haben, reibt sich die Augen und siehtdann, daß er wirklich in der Ausstellung ist. Sein Fabrikant.dessen beste Artikel etwa den Arbeitslohn von 30—40 M. perGroß erreichen, paradirt hier mit Waaren, welche die Fabrikender übergroßen Mehrzahl der Aussteller seit dem Bestehen ihresGeschäfts noch nie passirt haben. Fabrikanten, deren Haupt-bezugsquellen Strafanstalten sind, oder die mindestens alle erdenklichen ordinären Waaren in der Hausindustrie herstellen lassen,haben einen Lohnarbeiter wochenlang hingesetzt, der ihnen einigesaubere Stücke anfertigt, um so durch die Ausstellung de» Rufihres Geschäfts, wenigstens in den Augen des größten TheileSder Ausstellungsbesucher zu erhöhen. Dem Fachmann überkommtein wehmüthiges Lächeln, wenn er dieser Täuschung ansichtigwird und dann bedenkt, wie eS in Wirklichkeit mit demIndustriezweige bestellt ist.Wer glaubt, hier eine Wiedergabe der in diesem Industrie-zweige hergestellten Artikel zu finden, befindet sich in einem be-denklichen Jrrthum.Nur einige Fabrikanten haben, wenn auch völlig versteckt,die Höhe deS Berliner Marktes nicht ganz verleugnet. Als Ver-treter der Berliner Fabrikation, die m der Güte der Waarendurchschnittlich weit hinter der Offenbacher und namentlich derWiener Industrie, jener drei Plätze, die für die Lederwaaren-Industrie hauptsächlich in betracht kommen, zurückstcht, wärenhier vernehmlich zu nennen: Brenner, Grell. Adam und Rosen-Hain. Letzterer wollte getreu nach dem Prinzip„Die Masse mußeS bringen", auch auf der Ausstellung wirken, denn er Hat einpaar Kiepen voll Lederwaaren in dem großen Schranke auS-geschüttet, Waaren, die meist recht zweifelhaften Kalibers sind.Auch Stresemann und Eichherg, welch letzterer sonst den RufeincS besseren Fabrikanten genießt, könnten nach den Ausstellungs-Produkten zu den Massenfabrikanten gerechnet werden. Leiderhat Adam'vergessen, die Maschinen auszustellen, die er bereits seitlängerer Zeit namentlich für die Tresorsabrikation eingeführthat. Er ist der einzige Fabrikant, welcher den sehr gewagten Versuchgemacht hat, Maschinen in größerem Maße einzuführen; solangeHände billiger sind als Maschineukrast, wird es mit der Einführungder letzteren noch gute Weile haben. Adam ist eS gelungen— mitwelchem Erfolg mag ja dahingestellt sein— diese billigen Händeder HauSindustriellen mit ihren Lehrlingen durch Einführung vonMaschinen und von Mädchenarbeit zu übertrumpfen. Es sinddort Einrichtungen getroffen, daß Mädchen Porte-Tresore voll-ständig fertigstellen können; allerdings kommen dabei Arbeitenvor, die der weiblichen Körperkonftitution durchaus nicht ent»„Die Ansichten für den nationalliberalen Delegirtentag habensich inzwischen schon soweit geklärt, daß die an die Partei seitenseiner Gruppe gestellte Zumuthung, nach links abzuschiveukeu.mit übergroßer Mehrheit abgelehnt wird. Ebensohaben die vorliegenden Anträge, bestimmte wirthschaft-liche Richtungen, z. B. Anhänger der wirthschaft-lichen Vereinigung und der Doppelwährung oderbestimmte Personen aus derfPartei auszuschließen, keineAussicht auf Erfolg. Gefordert wird von allen Seitengrößere Geschlossenheit auch in wirthschaftlichen Fragen;diese Ansicht wird zum Ausdruck gebracht werden.Es ist Sorge getragen, daß ausgesprochen und kein Zweifel ge-lassen wird, daß sich diese Geschlossenheit ebenso sehr nach linkswie nach rechts richten soll. Ein eingehendes wirthschastlichesProgramm wird nicht vereinbart werden."Die„Nat-Ztg." veröffentlicht die im wesentlichen schon be-kannten und von uns veröffentlichten Resolutionen des national-liberalen Zentralvorstandes. Bemerkenswerth ist ein Amendement, das von einer kleinen Gruppe angesehener National-liberaler gestellt wird. Dasselbe lautet:„Die nationalliberale Partei wird auf wirthschaftlichemGebiete ihren.Charakter als Mittclpartei bewahren. Sie mußjedoch Forderungen zurückweisen, welche in einseitigerBerücksichtigung der Interessen eines Be-r u f s st a n d e s andere Bernfestände zu schädigen oderdie Grundlagen unseres Erwerbslebens und der staatlichen Ord-nung umzustoßen geeignet sind. Sie verwirft den An-trag K a» i tz und jeden anderen Versuch, die Versorgung derBevölkerung mit nothwendigen Lebensniitteln monopolistisch zugestalten; sie weist das Bestreben zurück, an die Stelle derHandelsvertrags-Politik ein System des Zollkrieges zu setzen;sie verlangt die Zl ufrechterhaltung der gesetz-tich be st ehe n den deutschen Währungs-Ord-nung; sie erklärt sich gegen jede Gesetzgebung, welchebestehende Formen redlichen Geschäftsverkehrs zerstört oderden Verwaltungsbehörden die Vollmacht zu derartigenEingriffen ertheilt; sie fordert die Ablehnung despreußischen Antrages auf Handwerks-Organi-sation und jedes andern, auf Wiederherstellung des Zunft-zwanges gerichteten Vorschlages. Derartigen Bestrebungenentgegenzutreten, erachtet die nationalliberale Partei für ihr« wiefür die Pflicht einer das Staatswohl allein zur Norm nehmendenRegierung.—— Nationalliberales Geständniß. In einemArtikel der„Köln. Ztg." zum nationalliberalen Parteitag findetsich folgendes interessante Geständniß:„Ein Fortschritt zumbesseren wird es schon sein, wenn ans dem Delegirtentag derschrille Ruf nach einer Umsturzvorlage nicht e r-tönt. Manches nationalliberale Haupt hat sich seinerzeitschweigend verhüllt, als am Main unter dem Jubel der In-triganten, Bimewllisten und Agrarier das große Umstnrzgeschreigegen den Grafen Caprivi erscholl.„Vsssixia lerrent!" Au derSpitze der Rufer stand damals Dr. Böttcher, der heute noch die„Nationallib. Korresp." redigirt, seinen Reichstagssitz in Waldeckinzwischen aber verloren hat.—— Zur Brandenburger Nachwahl schreibt die„Brandenburger Ztg."Welche Verachtung der Eugen Richter'sche Freisinn, welcherfür Herrn Karl Blcll in unserm Wahlkreise die Agitation führt,selbst in freisinnigen Kreisen genießt, beweist die Thatsache, daßHerr Vollralh, der Chefredakteur der„Berl. Volksztg.", es abgelehnthat, die Kandidatur in Potsdam-Osthavelland nochmals zu über-nehmen. Herr Vollralh ist freisinnig genug, zu erklären, daß er sichdarüber geärgert habe, daß im Jahre 1893 sogenannte freisinnigeWähler in Potsdam-Osthavelland es fertig brachten, lieber fürden erzreaktionären Pastor Schall als für den Sozialdeiiiokratenzu stimmen. Das von Herrn Vollrath verschmähte Mandatnimnit Dr. Wiemer, als Redakteur der„Freisinnigen Zeitung",Richter's echt Richter'sche Kouleur, auf, um sich natürlich ein«viel kläglichere Niederlage zu holen."Nun kann Engen Richter auch einige Breitseiten gegenVollrath loslassen.—— Zur Illustration der Handhabung desBegnadigungsrechtes erzählt die„Voss. Ztg." folgendenFall aus jüngster Zeit:Ein Junge von fünfzehn Jahren weilte an einem SonntagauS Neugierde in einem Biergarten, wo eine fremde GesellschaftLärm verursach«, bis die Räumung des Gartens verlangt wird.Der junge Mensch hat sich an dem Lärm nicht betheiligt, ergehörte nicht zli jener Gesellschaft. Gleichwohl wurde er wegengemeinschaftlichen Hansfriedeiisbruchs angeklagt. Die Staats-anwaltschaft beantragte feine Freisprechung; aber dieStrafkammer sprach ihn schuldig und venirtheilte ihn zu einersprechen. Einige dieser Sachen sind in dem Schranke zu sehen;schade, daß nicht die Lohnzettel der Arbeiterinnen mit ausliegen.Der Hang zu Neuheiten, nicht zuletzt hervorgerufen durchdie Konkurrenz, schlägt die wunderlichsten Purzelbäume. Das inGerbung und Farbe schlechteste Leder wird verarbeitet, un-bekümmert darum. daß es bricht und dadurch an denKanten und Einschlägen so zackig wie eine Säge wird. Mansieht hier ferner Farbenzusammenstcllungen, die in ihrer schreiendenWechselwirkung sehr gut in der Kolonialausstellung den Austauschmit unseren schwarzen Brüdern in Ostafrika fördern wurden, dieaber den ästhetischen Sin» des Deutschen verletzen müßten.Häufig erblicken wir. verarbeitet zu fast allen Artikeln, ein füruns neues, nicht besonders geschmackvolles Muster. In unregel-mäßiger Reihenfolge sind in Gold Fliegen aufgepreßt.Es ist die? ein altes. aus dem 17. Jahrhundert stammendesfranzösisches Muster, das hier als Neuheit eingeführtwerden soll. Neben Schwalbe erregt Matern durch saubereArbeit die Aufmerksomkeil der Besucher, er ist vielseitig und hatauch einen vortheilhaften Platz. Auch Dehme! hat in lobens-werth einfacher und schlichter Weise vortreffliche Sachen aus-gestellt, die noch dadurch an Werth gewinnen, daß sie wirklich ingleicher Güte bei ihm zu einigermaßen anständigen Arbeitslöhnenfabrizirt werden. Aber diesem Unternehmer ist das Mißgeschickpassirt, einen versteckten Platz zu haben. Die Aufmerksamkeitdes Vorübergehenden wird selten ans den kleinen Schrank dergenannten Firma gelenkt. S u n d e r s h a u s e n, der sich bei denArbeitern gerade nicht allzu großer Beliebtheit erfreut, steht ineinigen Sachen allen voran. Ein großer Toilettenspiegel zeigteinen aus Holz geschnitzten mit Leder sehr sauber überzogenenRahmen, der sicher viel mühevolle Arbeit geniacdt hat. Eine Kassettemit Kupfersticheinlage ist von überaus geschmackvoller und saubererArbeit, dagegen sind ein paar Touristentaschen aus Aligatorledermit Köpfen auf den Klappen absurd. Max Schulze glänztin der Ausstellung gerade nicht durch seine sonst guten Arbeiten;die Firma wird entschieden durch Dietrich überlroffen. Einevielleicht wenig beachtete, weil vom Laien nicht verstandene Aus-stellung ist die von zwei Firmen dem Besucher gezeigtegepunzte Arbeit. Der Unterschied zwischen gepreßterund gepnnzter Arbeit ist nicht für jedermann unter-scheidbar. Während die Preffung nur durch«ine Metall-platte bewirkt wird, ist die gepunzte Arbeit Handarbeit, geschnitzt,ähnlich wie Bildhauerei, denn mit Hammer und andere Werk-zeuge geschlagen. Es gehört dazu»atürlich eine große Hand-'ertigkeit, die Arbeit ist hoch im Preise und wird nur vo» sehrwenigen Arbeitern hergestellt. Die bedeutendste Firma in diesemFache, Hulde, Hamburg, ist nicht hervorragend vertreten, sie hatrchoii bessere Sache» verfertigt, als die hier ausgestellten. Diezweite Firma. Burda, hat namentlich Sessel ausgestellt, u. a.auch ein Sopba, das von weitem einen guten Eindruck macht.Wohl nur wenigen ermüdeten Ansstelliings-Besuchern wird esgelüstet haben, auf diesen Dingern Platz zu nehmen; die Leuteliefen Gefahr, zu den müden Beiiieu auch noch Schwielen zubekommen.