GefSngnißstrasi. Da» Rechtsmittel an daZ Reichsgericht hattekeinen Ersolg. Infolge dessen wurde ein G»adeng?snch für denfüuszehnjShrige» Menschen, dem ein glänzendes Leumundszengnißausgestellt wurde, eingereicht und auch von dem Geistlichenangelegentlich befürwortet. Auch die Staatsanwaltschaft schloßsich dem Gnadengesuch an. Und dennoch wurde es zurück-gewiesen. Der junge Mensch hat die Gefängnißstrase verbüßt,die ihm sein Leben lang nun anhängt. Damit sei die Be-gnadignng von Beamten verglichen, die wehrlose Personenlnißyandelt und ihre Amtsgewalt schnöde mißbraucht haben.—— Zum Fall Gehlert schreibt die„Schleswig-Holsteinische Bolls-Zeitmig":Wir haben bereits konstatiren können, daß alle AngabenVielhaben's über den„Fall Gehlert" direkt aus der Luft ge-griffen sind. Wir können unsere damaligen Ausführungen, diesich auf die Aussage» der Bekannten und Werkstattnachbarn desGehlert stützten, heute durch ein weiteres Zeugniß ergänzen, undzwar durch kein geringeres, als das der Frau des Gehlert. EinFreund unseres Blattes hat Frau Gebiert aufgesucht unddie Angelegenheit mit ihr besprochen. Die Frau war, wie alleanderen Personen aus dem Kreise des Gehlert, auf das äußersteüberrascht, als ihr der ihren Mann betreffende Paffus desAielhaben'schen Zirkulars mitgetheilt wurde. N i e hat ihrMann ein Wort der Klage über Neckereien, ge-schweige denn Mißhandlungen seitens poli-tischer Gegner zu Hause fallen lassen. Sie. glaubt auf das bestimmteste versichern zu können, daß ihr Mannauch nie persönlich, sei es in Briefen oder in mündlicher Besprechung mit dem Abgeordneten Vielhaben in Verbindung ge-trete» sei. Ist er doch schon über drei Monate abwesend! Seindreimonatlicher Urlaub sei am IS. September abgelaufen geivesen,doch habe ihm die Werftdirektion freigestellt, zu bleiben, so langeer wolle, er könne jederzeit wieder bei der Werft eintreten. Imübrigen bestätigt sie unsere Angaben über den Zweck der Ab-Wesenheit Gehlert's. Er fände auf Montage einen höheren Ver-dienst als auf der Werst und sei schon öfters des SominerS aus'wärt? gewesen. Außerdem aber sei ihr Mann außerordentlich»ervös, so daß die Veränderung auch aus gesundheitliche»Gründen vom Arzt empfohlen worden fei. Oft sei Gehlert sebraufgeregt von der Arbeit nach Hause gekommen und habe ge>schrieen:„Es ist nicht mehr zum Aushalten!" Befragt, erklärteer, sein Meister chikanire ihn und sei ihm aufsässig, weil er beijener Pfeifenkopf-Affäre nicht den Instanzenweg eingehalten, viel-mehr sich direkt an den Oberwerftdirektor gewandt habe. Soweitdie Frau. Wir denken, ihre Aussage» genügen vollständig,unsere ersten Erkundigungen über den„Fall Gehlert" zu be-stätigen. wie sie auch vollständig genügen, die sensationellenMitlheilnngen des antisemitischen Abgeordneten als völligaus der Luft gegriffen zu charakteriflren— Kulturaufgaden leiden nicht! Bewahre!In Weigelsdorf, Kreis Reichenbach in Schlesien, muß aber eineLehrkraft in der evangelischen Schule nicht weniger wie11V Kinder unterrichten und in der katholischen Schule hatsich e i n Lehrer sogar mit 1SZ Kindern abzuplagen. Muß daseine feine„Ausbildung" werden!—— Zur oberschlefifchen Schweinrnoth schreibtdie„Kattow. Ztg.":Das Schweinefleisch kostete auf dem Sonnabend'Wochenmarkte 60 Pfennig« pro Pfund, der Speck gar70 Pf. Diese enorm hohen Preise sind die Folge der Be-schrankung der Einfuhr polnischer Schweine. Deutsche Schlachtfchweine werden nach dem Jndustriebezirk immer noch nicht ein-geführt, denn sie stellen sich trotz der Eisenbahn-Tarifermähigung»och immer 5- 6 M. pro Zentner theurer als die polnischen.—Nach Mittheilung einiger Fleischer soll es bei dem vor kurzemabgehaltenen Schweinemarkt in Bendzin mehr Fleischer alSSchweine gegeben haben. Die Preise für die wenigen Schweinestiegen um' tö M. pro Zentner lebend Gewicht. ES wurdenfür einen Zentner öv und öl M. gegen Sb und 36 M. von frühergezahlt.ver-Redakteursder„Hamburger Nachrichten". P. Kuoll, wegen B e-leid igu ng des Kaufinanns Alfred Bett in Süd-Afrika zu 20 M. Geldstrafe und Veröffentlichung des Urtheilsin den„Hamburger Nachrichten". Die Beleidigung erfolgte durchden Abdruck von Privatbriefen der„Rheinisch- WestfälischenZeitung", in denen gegen Beit als Führer der Be-wegung gegen Transvaal heftige Angriffe eut-hallen waren. In den schriftlichen Entscheidungsgründen wirdausgeführt, daß die inkriminirten Ausdrücke schon der Formnach beleidigend feien, auch wenn das von dem BeklagtenBehauptete nachgewiesen wäre. Für die Bemessung derStrafe feie» keine greifbaren Momente vorhanden, weilder Beklagte einen Beweis nicht angetreten habe undder Vertreter des Klägers sich über die Motive des Beitausweichend ausgelaffen habe. DaS Gericht hat aber als fest'stehend angesehen, daß Beit bei dem Einfall desDr. Jameson»ine sehr bedenkliche Rolle gespielthabe, daß dieser Einfall ein ganz nichtswürdiger.räuberischer Akt gewesen sei. und daß Beit. der bis jetztauch seine Eigenschaft als Deutscher bezw. Hamburger bewahrthabe, zweifellos die patriotischen Interessen seinenpekuniären Interessen hin tan gestellt habe. Allediese Umstände seien dem Beklagten strafmildernd zu gutegekommen.— Zum Dienstbotenelend lesen wir in unseremMainzer Partei> Organ: Wenn zwei dasselbe thun u. s. w.Das Schöffengericht zu Nebra verurthcilte vor einige» Tagenden Dienstknecht Karl Mendlcr aus Heldrunge» zu vier WochenGefängniß, weil er sich an seinem Dienftherrn Theodor Spieglerthätlich vergriffen hatte, ohne ihm allerdings irgendwiedauernde» Schaden an seiner Gesundheit zuzufügen. Hätte einbayerisches Militärgericht über den Fall zu urlheilen gehabtund der Angeklagte wäre Unteroffizier gewesen, so iväre jeden-falls auch das Vorhandensein eines„Schmerzgefühls" bei demGeschlagenen verneint worden. An demselben Tage hatte sichnun auch in Delitzsch ein Mann vor dem Schöffengerichtwegen Mißhandlung zu verantworten. Doch war es keinKuecht, sonder» der Gutsbesitzer Kurt M. auS Selben. DieGeiuighaudelte dagegen war eine Magd. M. hatte sie miteiner Mistgabel schmählich traklirl. Das Urtheil lautete auf20 M. Strafe. Es ist natürlich viel mehr zu entschuldigen,»venu ein Gutsbesitzer eine schwächliche Magd mit der Mist-gabel drischt.„ls wenn ein Knecht, der lange Zeit von seinemHerrn bis auf» Blut drangsalirt worden ist, diesem einige kräftigeWatsche» verabreicht, damit daS gleiche Recht für alle zur Wahr-heit werde.—— Der entthronte Sultan von Sansibar.Nach einem Telegran»» au? Sansibar ist Said Chalid mitseinen Begleiter» heute Vormittag, während die Fluth bis andas deutsche Konsulat heranreichte, an Bord S. M. S.„See-adler" gebracht worden. Der englische Vertreter pro t« st i r t«.Wie Wolff'S Bureau mittheilt. ist der englischen Regierung be-reils vor mehreren Tagen amtliche Renntniß von der beabsichtigtenUeberführuug des Prätendenten nach der deutsch-oftafrikanischenRüste gegeben worden.Nach einem weiteren Telegramm ist Said Chalid in Dar-eS-Salai», also auf deutschem Boden, eingetroffen.— FlüchtigenSozialisten ivird von deutsche» Behörden nicht in so anerkenne»?-werther Weise das Asylrecht garantirt.—Oesterreich.Wien, 2. Oktober. Ten Blättern»»folge haben die Polen,der konservative und dj» katholische Volkspartei des Ab-Hamburg, 2. Oktober. DaS Schöffengerichtu r t h e i l t e heute den Vertreter deS verantwortliche» RedageordnetenhauseS beschlossen, auf Erledigung deS Budgets in derlaufenden Tagung zu dringen.Die Deutsch-Liberalen und Jungczechen vertreten den ent-gegengesetzten Standpunkt.—Frankreich.PariS,!. Oktober.(Eig. Ber.) Es bestätigt sich immermehr, was ich in einem meiner letzten Berichte schrieb. BeimWiederzusammentritt der Kammer ivird die Regierung namentlich auch von wegen des Zarenbesuchs einenschweren Stand haben. Bisher hatte die Kammer vor lauter„Patriotismus" in Sachen des fr a n z ö s i s ch- r u s s i s ch e nEinvernehmens sich sehr diskret benommen. Sie begab sichfreiwillig ihres Kontrollrechts, trotzdem die Verfassung demPräsidenten der Republik lediglich die Initiative und die provi-s arische Abschließung von diplomatischen Verträgen überlaßt. DerZarenbesuch, dessen Bedeutung die Regierung ostentativ auf-bauscht, wird nun die Kammer, mag es die Mehrheit wollenoder nicht, zur Stellungnahme zu dem geflissentlich in Dunkelgehüllten russisch-franzöfischen Einvernehmen zwingen.Genosse I au res giebt heute in einem bemerkenswerthenArtikel die Absicht der sozialistischen Kammerfraktion kund, vonder Regierung Rechenschaft zu verlangen über die Situation Frank-reichs in Europa und über den wahren Charakter der Beziehungenzwischen Frankreich und Rußland. Die nothwendige nachträglicheBestätigung der Zaren-Empfangs-Kredite durch die Kammer, sowieGuesde's Interpellation über Bcbel's und Bueb's Ausweisungsollen den Anlaß dazu bieten. Wie aus Innres' Ausführungenerhellt, wollen unsere Genossen dem diplomatisch-patriotischenDoppelspiel, dessen sich alle opportunistischen Regierungen derletzten Jahre bedienten, ein Ende setzen. Während nämlichdas Einvernehmen mit Rußland in Wirklichkeit mit der RevancheIdee nichts gemein hat, vermeiden die Regierenden ängstlichalles, was die chauvinistische Auffassung von dem Einvernehmenentkräften könnte, weil ja der Chauvinismus guteDienste auf dem Gebiete der inneren Politik, namentlichzur Bekämpfung des„vaterlandsloseu" Sozialismus leiste» soll.Letztere Rücksicht dürfte wohl maßgebend sein für die Geheimthuerei der französischen Diplomatie hinsichtlich der russischenFreundschaft. Die Bedeutung der von Jaurös angekündigtenKammerdebatte ragt aber weit über die KabinetSfrage hinaus.Wird die Regierung gezwungen, Farbe zu bekennen, dann ist esmit der Ausschlachtung des Chauvinismus ein- für allemal vorbeiund der Zweibund verliert die Kraft, die er aus den Revanche-Hoffnungen schöpft.—— Der vierte Kongreß der sozialistischenGemein berät he ist auf den 1. November d. IS. einberufe».—— Die Angst des Zaren vor jeder Berührunnichtamtlich geaichtcn Mensche» muß den demokratischen'zosen doch überaus lächerlich erscheinen. Heute wird austelegraphisch gemeldet:Während in Moskau die französischen Journalisten in allernächste Nähe des Zaren gelangten, wurde beschlossen, die Jour»alisten in Paris von dem Zaren fernzuhalten.—Türkei.Konstantinopel, S. Oktober.(„Franks. Ztg.") Etambulwar gestern Nacht der Schauplatz blutiger Szenen. Die Pfortewird zwar nach bekannten Mustern die Vorgänge abzuleugnensuchen, aber ihre Athentizität ist zweifellos. Die Sofias(Theologie-Studenten)derStambulergroßenMedresge(Hochschule)verabredeien,in der Nacht behufs Demonstrationen in den Iildiz-Kiosk zuziehen. Sie wurde» von Truppen umzingelt, die eine große AnzahlSofias tödteten, die anderen aber zur Rückkehr zwangen. An denHauptmoscheen wurden dort, wo das Volk die Waschungen vor-nimmt, festgenagelte Schafhäute gefunden, auf denen mit rolherTinte aufreizende Proklamationen gegen die Christen undeuropäischen Souveräne geschrieben standen. Seit zwei Tage»weilt bei dem Sultan im Aildiz-Kiosk der, ehemalige Fürst von.SamoS, Karalheodori-Pascha. Der Sultan benutzt seinen Rathzur Aermittelung mit den Botschaftern, welche glauben, derselbewerde demnächst zum Minister des Aeußern ernannt, da demjetzige» Minister des Aeußern alle Gewalten entzogen sind.—Der verhaftete reiche Armenier Apik- Effeudi hatte als letztenBeitrag 6000 Pfund für die Hentschakisten gegeben. Die Regierungbeabsichtigt, das große Vermögen desselben zu beschlagnahmen.-Schwarze Mpkett— Verrufs""erklärung.Die immer allgemeiner werdende Verwendung von so-genannten„Schwarze» Listen' gegen streikende oder ausgesperrteArbeiter seitens der Unternehmer ruft in Arbeiterkreifen naturgemäß eine große Aufregung hervor. Dieselbe wird gesteigertdurch die polizeiliche und richterliche Praxis, welche den Abwehr-maßregeln der Arbeiter gegenüber eingeschlagen wird.Während z. B. der Boykott von allen Gesellschaftsfchichten geübt,der Militärboykolt nachgerade zu den dauernden Institutionengehört, wird die Anwendung des Boykotts seitens der ArbeiteralS grober Unfug bestraft und zwar sehr häusig mit dem höchstzulässigen Strafmaß. Aber damit nicht genug. Das zur Ans-Übung des Koalitionsrechtes unumgänglich nothwendige Mittel,Kollegen und Berufsgenossen zu warnen, nach Orten zu kommen,wo Arbeiter sich in Differenzen init den Unternehmern befinden,ist ebenfalls als„grober Unfug" erklärt und mit Hunderten von MarkGeldstrafe oder mit mehrwöchentlicher Gefängnißstrafe belegt worden.Zwar hat das Kammergericht in diesem Falle einmal ausnähme-weise nicht den arbeiterfeindlichen Standpunkt eingenommen, in-dem es aussprach, daß in der einfachen Aufforderung:„Zuzugist fernzuhalten!" daS Requisit des groben Unfugs nicht gefundenwerden könne und dementsprechend die betreffende Klage' abwies.Aber andere oberste Gerichtshöfe haben entgegengesetzt ent-schieden und speziell das Breslauer Oberlandesgericht— also deroberste Gerichtshof einer unserer industriellsten Provinzen— istsogar so weit gegangen, nicht nur das Ersuchen um Fernhaltnngdes Zuzugs, sondern auch schon die Aufforderung, Soli-darilät z u üben, sobald sie von Arbeitern an Arbeiter ge-richtet werde, als groben Unfug zu behandeln und demgemäß zubestrafen.Angesichts dieser Vorgänge wird es erklärlich, wenn in Ar-beiterkreisen die„Echivarzen Listen" der Unternehmer ganz be-sonderS erbittern und dort der Ruf immer lauter wird, ob dennPolizei und Staatsanwaltschaft gegen diese Berrufs-Er-k l ä r» n g e n nicht vorgehen werden!Wir begegnen einem solchen Rufe erst wieder in der letztenNummer der„Breslauer Bolkswacht", und dies giebt unsAnlaß zu nachstehenden Bemerkungen. ES ist ein Jrrthum, wennangenomnien wird, die von den Unternehmern aufgestellten„Schwarzen Listen" fallen als Vcrrufserklärungen unter dieBestimmungen des Z 153 der Gewerbe-Ordnung. Nach der bisherfestgehaltenen Judikatur find Verrufserklärungen im Sinne deSJ 153 der Gewerbe- Ordnung nur gegen die Angehörigen dergleichen Art, also Arbeiter gegen Arbeiter, oder Unter-nehmer gegen Unternehmer strafbar. Diese Auffassung hat manbisher auch regierungsseitig gelheilt. Sie wurde besonders inder Sitzung des Reichstags vom 15. Dezember 1686 vomächsischeu Bnndesralhs- Bevollmächtigten GeneralstaalsanwaltH e lfd vertreten. Derselbe äußerte sich damals wie folgt:„Die 152 und 153 der Gewerbe-Ordnung garantiren dieFreiheit des koalitionSrechis: sie wolle» aber zu gleicher Zeiteinem Mißbrauch dieses Rechtes entgegentreten, welcher sichdahin äußert, daß die Koalition einen Druck ausübt gegenandere zu dem Zwecke, daß andere einer Koalition entwederformell beitrete» oder materiell sich»nteriversen. Es ist alsoder Sinn der Bestimmung: eine Strasaudrohnng gegen dienöthigenden Auswüchse von Koalitionen.'>Nach der Auffassung der sächflfchen Staatsanwaltschaftwird dieses Bergehen kaum anders verübt werden können, alsinnerhalb der einzelnen Interessengruppen vondem Arbeitgeber gegen den Arbeitgeber zudem Zweck, daß dieser einer Koalition der Arbeitgeber beitrittoder sich ihr materiell unterwirft, und unter den gleichenVerhältnissen von dem Arbeiter gegen denArbeiter." � tDer Generalstaatsanwalt bezeichnete eS in derselben RedealS einen„schweren Rechtsirrthum". anzunehmen, als sei dieVerrufserklärung an sich in§ 153 der Gewerbe-Ordnungmit Strafe bedroht.„Nein, sie ist mit Strafe bedroht lediglichals Nö thigungsmittel. lediglich als Mittel zu demunter Strafe gestellten Zweck." nämlich, jemanden zubestimmen oder bestimmen zu versuchen, an solchen Verabredungen(§ 152) theilzunehmen, oder ihnen Folge zu leisten:c.—Verrufserklärungen im Sinne des Z 153 der Gewerbe-Ordnung sind also die„Schwarzen Listen« ebenso wenig, wiedas Aussprechen der Sperre über gewisse Werkstätten oderFabriken seitens der Arbeiter unter diese Bestimmung fällt.Alle Hoffnungen auf ein eventuelles Eingreisen der Staats-anwaltschaft— wenn wirklich irdendwo solche vorhanden seinsollte»— sind also von vorne herein illusorisch. Die Staats-auwaltschaften sind in diesen Fällen wirklich in ihrem Rechte,wenn sie diese Denunziationen ablehnen.Es ist aber auch ein Glück für die Arbeiter, daß die Rechts-läge so ist. Denn wäre die„Verrufserklärung an sich" ein Ver-gehen im Sinne deS§ 163 der Gewerbe- Ordnung, wer möchtebezweifeln, daß auf jede von Arbeitern gegen Unternehmer ans-gesprochene Sperre die Anklage wegen Verrusserklärung so sicherwie der Donner dem Blitze folgen würde? Ob aber auch dievon den Unternehmern gegen die Arbeiter in Gestalt vonSchwarzen Listen erfolgten Verrufserklärungen so zur„Kenntnißder Staatsanwaltschaft kommen würde», daß ein amtliches Ein-schreiten geboten erschiene", wer glaubt das?Zum Schluß noch eine Bemerkung. Will man mit denSchwarzen Listen die Polizei und Staatsanwaltschaft behelligen—ivogegen wir an sich gar nichts haben— so denunzire man sieals groben Unfug. Sie sind das tausend Mal mehrals das Ersuchen um Fernhaltung des Zuzuges. Ersolgwird man freilich auch mit diesen Denunziationennicht haben, denn— wenn zwei dasselbe thun, ist eS nichtdasselbe. Aber die Arbeiter haben ein großes agitatorischesInteresse daran, die Wahrheit dieses interessanten Sprüchleinsimmer wieder praktisch bethätigt zu sehen, denn auf die Massewirkt nichts anregender und belehrender alS die Erfahrung ameigenen Leibe.Fünfundzwanzig Jahre war es am 1. Oktober, daß inHamburg das erste sozialistische Arbeiterblatterschien. Es führte den Titel„Abbreche?. PeriodischeZeitung für die Arbeiter Hamburgs. Herausgegeben von demArbeiter-Wahlkomitee für die ReichStagSwahle». Eigenthum derHamburger Mitglieder d. Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins".An der Spitze dieses kleinen Blattes befand sich folgenderAufruf:„Von der Ueberzeugung ausgehend', daß diesämmtliche heutige Tagespresse entweder in den Händender Kapitalisten ist oder in deren Interesse geschriebenwird, und i» sonderheit bei solchen wichtigen Angelegenheitenwie eine Wahl, wo sich sogar Blätter untergeordneter Gattungbemühen, mehr oder minder in deren Interesse zu schreiben unddie gröbste» Lügen zu verbreiten, glauben wir gerechte Ursachezu haben, diesen systematischen Lügen den Garaus zu machenund die Spitze abzubrechen, demzufolge diesen„Abbrecher" er-scheine» zu lassen."Damals machten Hamburg? Arbeiter einen ersten Versuch,Bresche zu legen in die Herrschaft des Geldsacks und der Klüngel-wirthschaft. Zum ersten Mal stellten sie einen eigenen Kan-didaien zum Reichstag auf. Und heute? Heute ist Hamburgdurch drei Sozialdemokraten im Reichstage vertreten. Diebürgerlichen Parteien erachten es bereits für aussichtslos,gegen die Sozialdemokraten eigene Kandidaten aufzuflelle».Hamburg gehört zum festen Besitzstand der Sozialdemokratie,und an die Stelle des kleinen Arbeiterblattes von 1871 ist einegroße Tageszeitung, das„H a m b u r g e r E ch o" getreten, dessenhervorragende Bedeutung auch die Gegner wohl oder übelanerkennen müssen. Und aus dem kleinen Häuflein, daS vor25 Jahren den Kampf gegen die Raubwirthschast der Bourgeoisieaufnahm, ist die größte politische Partei Deutschlands geworden.die von solchem Einflüsse ist, daß kein Gesetz mehr vonder Regierung vorgelegt wird, bei dem nicht die Furcht vor derSozialdemokratie das leitende Element der Berathungen wäre.Groß sind die Erfolge, die die Sozialdemokratie in der imVölkerleben so kurze» Spanne Zeit von einem Menschenalter er-reicht hat— das Größte und Schwerste bleibt noch zu thun. Dieselbstverleugnende Hingabe des Proletariats an die Idee desSozialismus bürgt aber dafür, daß das Ziel erreicht werdenwird trotz aller Hindernisse, troy aller Verfolgungen.Einen sonderbaren Rnftrag haben die R o st o ck e rGenossen ihrem Delegirten, dem Genossen Grothe, zumGothaer Parteitag mitgegeben. Derselbe soll nämlich„im An-schluß a» die Berichterstattung über die Thätigkeit der Reichstags-Fraktion die Anfrage stellen, warum dieselbe zum Impfzwangeine geschlossene Haltung nicht eingenommen habe?"Ist denn unsere» Genossen i» Rostock nicht bekannt, daß dieJmpfsraae mit dem Parteiprogramm nichts zu thun hat unddaß dieselbe deshalb auch nicht zur Parteifrag« gemachtwerden kann?Drei Jahre lang war eS den Parteigenossen in Roß-wein in Sachsen unmöglich, eine öffentliche Versammlung ab-zuhalten. Jetzt haben sie sich endlich ei» Lokal erobert. LetztenSonntag wurde dort vi» erste Versammlung abgehalten. Siewar äußerst stark besucht und spendet« dem Referenten, Reichs-tags-Abgeordneten Hof mann auS Chemnitz, der über dieThätigkeit des Reichstags sprach, lebhaften Beifall. EineKommission erhielt dann den Austrag, die Vorarbeiten zurGründung eines Arbeitervereins zu besorgen. Kurz, der Verlaufder Versammlung zeigte, daß die Versuch«, di, sozialistische Be-wegung zu ersticken, auch in Roßwein vollständig mißlungen sind.Ans der Schweiz. Bei den B ü r g e r r a t h s w a h l e nim Kanton S o l o t h u r n haben unsere Genossen inG r e» ch e n neun Sitze, in Derendingen fünf und inB i b e r i st einen Sitz erobert.— Der kantonale Parteitag inArenche» hat Genossen F ü r h o lz in Solothur» als N a t i o n a l-rathslandidaten ausgestellt.Polizeiliches, Gerichtliches»e.— Wegen NichtanmeldenS der M a i f« st- R«d e sollte inPößneck i. Th. der Genosse Poßner laut Strafmandat10 M. blechen. DaS Schöffengericht jedoch fand leine Schuldan ihm, sondern erkannte auf Freisprechung.GeweMMzalftHthes.An die Arbeiter Berlins! Schon 1'/» Wochen dauert dieAussperrung der städtischen GaSan stalte-Arbeiter. Sie widersetzen sich der Wiedereinführung der18 stündigen Sonntagsschicht; deshalb warf man sieaufs Pflaster! Die Ausgesperrten sind durchgängig Familien-väter und haben bis jetzt keine Unterstützung bezogen-Dieselbe ist nun dringend noih wendig. Wohl nnsse»wir, daß die Berliner Arbeiterschaft schon große Opfer in diese»,Jahre gebracht hat; dennoch geben wir unS der Hoffnung hin,