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fiurjte sich der obdachlose Kutscher L. von der ZivillingIbrücke in den Kanal,»vurde aber wieder herausgezogen und nach de », Krankenhause am Friedrichshain gebracht. Der Droschke». kutscher M. fiel in der Trunkenheit auf dem Mariannenplatz wahrend der Fahrt vom Bock und erlitt eine schivere Gehirn- erschütterung. Ans den Nachbarorten. Den Arbeitern von Weitzenfce nnd Umgegend zur Kenntniß, daß hier als politische Organisation derArbeiter- verein sür Weißensee und Umgebung" besteht. Derselbe hat sich die Aufgabe gestellt, seine Mitglieder durch Belehrung und Förderung ihrer Interessen für den politische» Kampf reif zu machen. Pflicht eines jeden Arbeiters, welcher mit de» Zielen der sozialdemokratischen Partei sympathisirt, ist es daher, dieser Organisation beizutreten. Zur Aufnahme neuer Mitglieder resp. zur Erhebung von Beiträgen sind folgende Zahlstellen er- richtet: Albrecht, Generalstraße- und Heinersdorfer Weg-Ecke: Kirschner. Rölkestr. 138; Frenz. Königs- Chaussee- und Lehderstraßen-Ecke; S o r r e r, Straßburgstr. S6; B r e n n e r t, Königs-Chaussee 46. Für Wilhelmsberg: Krause, Restaurant Freischütz. Achtung, Wilmersdorf ! Die Parteispedition befindet fich bei Frau K ü b l e r, Sigmaringerstr. 34 und bei Frau Heine- m a n n. Sigmaringerstr. 3S. Diejenigen Parteigenosse», welche am l. Oktober ihre Wohnung gewechselt haben, wollen ihre jetzige Adresse umgehend an eine der oben angeführten Stellen gelangen lassen, damit eine prompte Zustellung der Parteipresse erfolgen kann. Die Genossen, welche beim letzten Quartalswechsel nach Wilmersdorf umgezogen sind, werden ganz besonders hierauf aufmerksam gemacht. Abonnements aufBorwärts",Volks blatt",Wahren Jakob", desgl. Bestellungen auf säinmtliche Partei Literatur werde» zu jeder Tageszeit entgegengenommen. Der Vertrauensmann. F» der letzten Sitzung der Rixdorfer Gemeinde-Ver tretung sprach Genosse R e tz e r a u de» Wunsch aus, daß in anbetracht des Umstandcs, daß Rixdorf demnächst ca. 70 000 Ein- wohner zählen werde, von neuem die Verleihung städtischer Ver- fassung für den Ort nachgesucht werden möge. Schuld daran, daß die Angelegenheit nicht weiter komme, sei jedenfalls der häusige Ministerwechsel. Gemeinde-Vorsteher B o d d i n erklärte darauf, daß ei» bezüglicher Antrag seitens der Gemeinde bereits gestellt sei und die Verhandlungen darüber noch schweben. Be- züglich der Verleihung des Städlerechts an die Gemeinde Schöucberg werde in der nächsten Kreistags-Sitzung bereits ver handelt werden. Schöffe B ü r k n e r war der Ansicht, daß die bisherige Verzögerung der Angelegenheit lediglich dem Berliner Magistrat zuzuschreiben sei. Genosse O st c r m a n n brachte sodann in Anregung, das Straßenfegen des Nachts ausführen zu lassen. Die Beschlußfassung hierüber wurde vertagt. Wegen ehelicher Zwiftigkeiten versuchte die 20jährige verehelichte W., in der Erckstraße zu Rixdorf wohnhaft, sich mittels Oleums zu vergiften. Aerztliche Hilfe war zwar baldigst zur Stelle, doch ist es zweiselhast, ob die Aermfte wird am Leben erhalten werden können. Die Danipfstraßenbahn- Gesellschaft ist wie uns als zuverlässig mitgetheilr wird von der Schöneberger Polizei Verwaltung aufgefordert worden, die Bctriebseiurichtungeu der Dampfbahn bei der Dorfaue in Schöneberg binnen kürzester Frist so zu gestalten, daß Unglücksfälle wie am Sonntag, den 13. v. M., sich nicht mehr ereignen können, widrigenfalls der Betrieb polizeilich gesperrt werden würde. Genrvvlre-Auspfclltmg 1896, Heute, Sonntag, ist Fünfzigpfeunig-Tagen ist in stellung kaum mehr die Rede. kombinirter Ein- Marktag. Von gegenwärtiger Zeit auf der Ans- Vom Wirken des AmtSvorsteherS Hoffmann weiß ein Berichterstatter zu erzählen: Vor einiger Zeil erschien in der Weltmusik im Vergnügungspark i». Auftrage des Anitsbureaus zu Treptow ein Gerichtsvollzieher, um eine Pfändung vor- zunehmen. Auf die Erkundigung des Direktors, Herrn Schippa- nowsky, wofür das Geld eigentlich beigetrieben werde» sollte, zeigte der Gerichtsvollzieher einen Beschluß der Aintsbehörde von Treptow vor, nach welchem Herr Schippauowsky 200 M. zu zahlen habe zur Deckung derjenigen Polizeistrafe», welche von der Weltmusik wegen Uebertretnng eventuell noch er- hoben werden könnten. Selbstverständlich ist gegen die Amtsbehörde bereits Klage auf Rückzahlung des Geldes nebst Zinsen eingeleitet worden. Dieselbe Direktion wurde s. Z. in eine Vergnügungssteuer genomnien, welche in Berücksichtigung der zahlreichen in der Weltmusik konzertirende» Kapellen eine sehr hohe war. Es gelang der Direktion jedoch, von dem fest« gesetzten Steuerbelrag eine sehr erhebliche Summe abzuhandeln, indem sie sich verpflichtete, den gesammten Sleucrbetrag mit einem Mal in einer Pauschalzahlung zu erlegen. Vor kurzem jedoch erschien der Gerichtsvollzieher von Treptow abermals in der Weltmusik, um für den russischen Bogen eine Extra- Vergnügungssteuer einzuziehen, mit der Behauptung, daß dieser seinerzeit bei Zahlung des Pauschalbetrages von der Amts- behörde nicht in betracht gezogen sei. Wohl oder übel muß nun die Direktion jede Woche 40 M. Extra-Vergnügungsstcuer zahlen, hat jedoch auch hier bereits Klage aus Rückzahlung der Gelder nebst Zinsen angestrengt. Die Einnahmen der Berliner Gewerbe-Ausstellung im September(30 Tage) betrugen an den Kasten derselben und durch Verkauf durch die Eisenbahn und Dampfer zirka 583800 M., für Dauerkarten 150 M., in Sumnia 583 950 M. Der offizielle Schluß der Ausstellung findet definitiv am Donnerstag, den 15. d. M., nachmittags 4 Uhr, durch den früheren und den jetzigen Handelsminister, die Herren v. Berlepsch und Brefeld, im Kuppelsaale des Hauptgebäudes statt. Von dem eine Zeit lang in Erwägung gezogenen großen Schlußfest am 16. d. M. wurde nach reiflicher Erwägung ab- gesehe». Munft und MiWensrhsfk. Die Eröffnung des Theaters des Westens giebt dem Börsen-Courier" Anlaß zur Beantwortung der Frage: Wie viele Personen können die Berliner Theater fassen? Es haben Plätze, das Schauspielhaus für 1044 Personen, Opernhaus 1651, Deutsches Theater 1000, Berliuer Theater 1600, Lessing-Thealer 1024, Schiller-Theater 1800, Kroll's Theater 1600, Friedrich- Wilhelmstädtischcs Theater 1600, Residenz-Theater 657, Neues Theater 821, Thalia-Theatcr 1349, Zentral-Theater 1000, Belle- Alliance-Theater 1600, Theater Unter den Linden 1500, Ostend- Theater 1100. Zusammen also fassen die 15 Berliner Theater 18 846 Personen. Berlin zählt beinahe 2 Millionen Einwohner. Weniger als ein Prozent der Bevölkerung reicht aus, alle Theater zu füllen und täglich ausverkauft sind ja die Häuser nicht. Außerdem besuchen aber Berlin taglich 10 000 Fremde, die zum größten Theil Theaterbesucher sind. Wie die Knnst im Belle-Alliance-Theater nach Brot geht. Von Herrn Paul R. Lehnhard, Schriftsteller Hierselbst, erhalten wir mit der Bitte um Aufnahme folgende Zuschrift: Herr Direktor Maurice vom Belle-Alliance-Theater nahm meine PosseMars incognito" zur Ausführung an und verpflichtete sich vor Zeugen zu einer Ausstattung des Stückes in Höhe von ca. 5000 M. Unter dieser Bedingung erhielt Herr Direktor Maurice von meiner Seite«inen baaren Zuschuß von 1500 M. Wie wenig die Direktion ihren Verpflichtungen nach kam, zeigte sich am Tage der Erstaufführung. Von den ver- sprochenen neuen Dekorationen, Kostümen ec. war nicht? zu be merken, außerdem war Herr Richard noch einen Tag vor der ersten Vorstellung von der Regie und Verkörperung der ersten komischen Rolle zurückgetreten, so daß der für ihn eingesprungene andere Darsteller nicht im stände war, in der kurzen Zeit die Partie zu bewältigen. Drei Kouplets und ein großes Duett mußten daher ausfallen. Unter diesen Umständen konnte natür- lich von einem Erfolge keine Rede sein. Das Stück wurde fünf- mal aufgeführt. Gestern wurde'N tolles Mädel" mitneuen Kouplets" annoncirt. Ahnungsvoll wohnte ich dieser Vorstellung bei und durfte so Zeuge einer unglaublichen Dreistigkeit werden. Herr Richard sang ohne meine Erlaubniß und Wissen in einer alten Posse mein von mir speziell für meine neue PosseMars incoAnito" verfaßtes, aber seinerzeit nicht gesungenes Kouplet: Nicht in die Tüte!" Hiermit glaube ich die Handlungsweise der Belle-Alliance-Theater-Direktion und ihres Regisseurs ge- nügend gekennzeichnet zu haben. Weitere Schritte sind bereits eingeleitet.Mars incogiüt.o" wird ein gerichtliches Nachspiel erleben." Die Enthiillung des Nationaldenkmals der Brüder Wil Helm und Jakob Grimm in ihrer Vaterstadt Hanau ist nunmehr auf den 18. Oktober festgesetzt. Theater- Wochenchronik. Opernhaus: Sonntag, den 4. Oktober: Die Afrikanerin. Anfang 7 Uhr. Montag, 5.: La Traviata . Violetta: Signorina Franceschina Prevo'sti, letzte Gastrolle. Slavische Brautwerbung. Dienstag, 6.: Das Heimchen am Herd. Mittwoch, 7.: Neu einstudirt: Die Hochzeit des Figaro. Donnerstag, 3.: Der Evangelimann. Die Pnppenfee. Freitag, 3.: Die Hochzeit des Figaro. Sonnabend. 10.: Oberon. Sonntag, II.: Die Hugenotten. Anfang 7 Uhr. Montag, 12.: Der Barbier von Sevilla . Rosine : Frau Marcella Sembrich , königl. preußische Kammersängerin, als Gast. Phantasien im Bremer Rathskeller. Schauspiel- haus: Sonntag, den 4. Oktober: Wie die Alten sungen. Montag, ö.: Goldfische. Dienstag, 6.: Graf Effex.(Königin Elisabeth: Fräulein Anna Havelland, als Gast). Mitt woch, 7.: Goldfische. Donnerstag, 3.: Die Journalisten. Freitag, 9.: Zum ersten Male: Ein Königsidyll. Soniv abend. 10.: Die Verschwörung des Fiesco zu Genua . Sonn tag, II.: Ein Königsidyll. Montag, 12.: Faust. Anfang 7 Uhr. Neues königl. Opern-Theater(Kroll). Sonn- tag, 4. Oktober: Uriel Acosta . Sonntag, 11.: Ein Volksfeind. Das Deutsche Theater bringt heule die erste Wiederholung von Sudennann's neuen drei Einaktern: Teja, Fritzchen nnd Das Ewig-Männliche unter dem Gesammttitel Morituri. Für die weiteren Tage dieser Woche ist der Spielplan: Montag: Die Weber , Dienstag: Morituri, Mittwoch: Julius Cäsar , Donnerstag: Hannele's Himmelfahrt und Ohne Liebe, Freilag: Morituri, Sonnabend: Julius Cäsar , nächsten Sonntag Abend: Morituri; Montag: Hannele's Himmelsfahrt und Ohne Liebe. Als Nachinittags-Vorstellungen zu ermäßigten Preisen werden heute: Der Talisman, nächsten Sonntag: Die Weber gegeben. Auf dem Spielplan des Lessing-Theaters stehen im Vordergrund die Gast- Vorstellungen von Herrn Engels, der Sonnlag. Dienstag und Sonnabend in Gerhardt Hauptmann's Komödie Kollege Crampton, Donnerstag in Oskar Blumenthal's Lustspiel Das Einmaleins, Freitag zum ersten Mal in dem Luftspiel Die Kinder der Excellenz und nächsten Sonntag im Schwank Der Herr Senator auftreten wird. Mit Fräulein Groß in der Titelrolle wird Montag zum ersten Male wieder Madame Sans-Gene und Mittwoch Comtesse Guckerl gegeben. Als Nachmittags- Vorstellung gelangt heute. Heimath, nächsten Sonntag Madame Sans- GSue zur Aufführung. Das Berliner Theater veröffentlicht folgenden Wochen- Spielplan: Montag, Mittwoch und nächsten Sonntag Nach- mittag wird König Heinrich, Dienstag und Sonnabend Die offizielle Frau gegeben. Donnerstag geht zum ersten Male Max Meißner's fünfaktiges Schauspiel Joachim von Brandenburg in Szene und wird Freitag(5. Abonnements- Vorstellung) und Sonntag Abend wiederholt. Diesen Sonntag Nackmittag wird als volksthümliche Vorstellung König Heinrich gegeben. Im Schiller-Theater wird Sonntag Nach- mittag Emilia Galotti gegeben, abends 3 Uhr kommt Felix Philippi's Schauspiel Wohlthäter der Menschheit zur Ausführung. Montag und Dienstag sind die letzten Wiederholungen des Wichert- schen Lustspieles Ein Schritt vom Wege, Mittwoch geht zum ersten Mal Der Sohn der Wild n, dramatisches Gedicht von Friedrich Halm , in Szene. Diese Vorstellung wird dann bis einschließlich Sonnabend wiederholt. Der Schubert- Abend, den das Schiller-Theater heute Sonntag, im Bürgersaale des Iiathhanses veranstaltet, umfaßt: einen Vortrag von Dr. Karl Krebs. Lieder und Duette, die Fräulein Sueßna und die Herren larneckow und Franz Harres übernommen haben; ferner einige . lavierstücke, vorgetragen von Fräul. Eugenie Reinhold. Im TheaterUnterden Linden wird heute nachmittag die Operette Der Bettelstudent von Millöcker zur Aufführung gebracht, worin Frl. Charlotte Siegl vom deutschen Landestheater in Prag , die Laura singen wird. Abends wird Die Lachtaube gegeben. Im Laufe der nächsten Woche debütirt der Baritonist Tarno in der seit sechzehn Jahren hier nicht aufgeführten Lecoq'schen Operette Der kleine Herzog. Im Friedrich Wilhelm- städtischen Theater findet heute Abend die erste Sluf- sühruug von Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich v. Kleist statt. Nachmittags geht Maria Stuart in Szene. Im Alexanderplatz-Theater wird heute Nachmittag eine Kinder-Vorstellung mit dem Zaubermärchen von Eugen Prudens: Tischlein deck Dich , Eselein streck Dich, Knüppel aus dem Sack gegeben. Das Belle-Alliance-Theater bringt heute die letzte Sonntags-Aufführung der Gesangsposse 'n tolles Mädel. Der Schwank Jochen Päsel wird zugleich zum letzten Mal aufgeführt. Nachmittags findet eine Volks-Vorstellung unter Regie des Herrn Türk mit Kabale und Liebe statt. Die Hauptrollen liegen in den Händen der Damen: Louise: Fräulein Lorenzo als Gast, Lady Milford: Hedwig Margot; der Herren: Präsident: Oswald Frey als Gast, Ferdinand: Robert Hartberg als Gast, Wurm: Alfr. Karfiol, Miller: Wilh. Ruff, Kammerdiener: Julius Türk. Die erste Vorstellung des Jbsen'schen StückesKomödie der Liebe" findet am Sonntag, den 18. Oktober, statt. Die Abonnenten der ersten Abtheilung können entweder dieser Vorstellung oder der heutigen für die Oktoberkarte beiwohnen. dfcttiägf 9- Bett unfi* Eine empfindliche Lektion erhielt gestern ein Denunziant von dem Schöffengericht des Landgericht? I. Derselbe,«in Kauf- mann B., hatte einen Gastwirth, mit dem er verfeindet war, wegen Uebertretung der Polizeiflunde zur Anzeige gebracht und wollte die Thatsache der Uebertretung durch ca. zwölf Zeugen beweisen. Die Zeugen bestätigten zwar die Angaben des Denun- zianlen, doch niußte der Gaflwirth freigesprochen werden, weil er nachweisen konnte, daß er sür de» fraglichen Abend, an welchem in seinem Lokal eine Festlichkeit stattfand, die Erlaubniß von der Polizei erhalten hatte, sein Lokal zwei Stunden länger aufhalten zu dürfen. Der Gerichtshof kam zu der Ueberzeugung, daß die Denunziation nur in gehässiger Absicht eingereicht und zum mindesten der Denunziant sehr fahrlässig gehandelt habe. Demselben wurden infolgedessen die gesammten durch die Anzeige verursachten Kosten des Versahrens auferlegt. Hofklatsch, Indiskretionen aus hohen Kreisen von Prinz Fr..." Unter diesem Titel erschien in diesem Frühjahre eine Broschüre, welche zwar nicht, wie zunächst vermulhet wurde, Enthüllungen über die Angelegenheit des Zeremonienmeisters v. Kotze brachte, sondern andere Geschichten enthielt, welche von der Behörde als anstößig angesehen wurden. Das Buch verfiel daher der Beschlagnahme und der Verleger, Buchhändler Franz Wesemann, zog sich eine Anklage wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften zu,'welche'gestern vor der siebenten Strafkammer des Land- gerichts I verhandelt wurde. Als Sachverständige waren die Schriftsteller Karl Schneidt und Tovote geladen. Der Gerichtshof gelangte auf grund der Prüfung des Inhalts der in Rede stehen- den Broschüre zu der Ansicht, daß verschiedene anstößige Stellen in derselben enthalten feien. Der Angeklagte wurde deshalb zu einer Geldstrafe von 50 M. verurtheilt. DaS polizeiliche Verbot eines patriotischen Liedes, sogar eines solchen, das obendrein noch den p. t. Militarismus ver­herrlicht, dürfte wohl zu dem noch nicht Dagewesenen gehören. Der Sachverhalt ist kurz der folgende: Dem Besitzer der Rudolf- schen Spezialitätenbühne in Berlin wurde polizeilich untersagt, das Lied:Wenn die Garde stolz marschirt" fernerhin von seiner Bühne herab singen zu lassen, trotzdem das Lied auf anderen Bühnen allabendlich unbeanstandet zum höheren Ruhme unserer vaterländischen Tondichtung heruntergeleiert werden darf. Da der also unter Zensur gestellte Bühnenleiter sich an das Verbot nicht kehrte, wurde er mit 3 M. Strafe belegt und ein vor dem Schöffengericht verhandelter Einspruch von ihm selbst wieder zurückgezogen, da man ihm darlegte, daß die Polizei ein Recht habe jedes Lied verbieten zu können. Nun hat der Bühnen- befltzer den Weg des Verwaltungs-Streitverfahrens beschritten. Der große Unglücksfall, welcher sich am 13. Juli d. I. im Parke des Weißenseer Schloßreftanrants ereigneie, führte gestern den Restauraleur Rudolph Schenk, den Pächter des genannten Restaurants, unter der Anklage der fahrlässigen T ö d t u n g und fahrlässigen Körperverletzung vor die erste Strafkammer am Landgericht II. Am 13. Juli fand im Park ein Kinderfest statt, mit welchem auch ein Stangenklettern verbunden werden sollte. Lange bevor das Stangenklettern begann, machte sich ein halbes Dutzend 12 I3jähriger Knaben daran. an dem hohen Mastbaum vermittelst eines an demselben hängenden elektrischen Drahtes zu ziehen und den Mastbaum nach und nach in schwankende Bewegung zu bringen. Dabei brach derselbe aber plötzlich am Fuße ab, schlug über Tische und Bänke und erschlug dabei die fünfjährige Martha Kübisch, während deren Bruder, der siebenjährige Kübisch, nur gestreift und am Auge und der Nase leicht verletzt wurde. Dem kleinen Mädchen war der Schädel zertrümmert nnd damit der Tod auf der Stelle herbeigeführt worden. Da sich der Mastbaum au der Bruchstelle als stark vermorscht erwies, so wurde das Unglück dem Pächter zur Last gelegt, weil es demselben obgelegen habe, den Baum vor der Benutzung gründlich auf seine Festigkeit zu prüfen oder prüfen zu lassen. Der Angeklagte behauptete vor Gericht, daß er diese Pflicht erfüllt habe. Er habe seinem Maschinisten den Auftrag gegeben, die Stange zu untersuchen. Dieser sei mit einer Leiter hinausgestiegen, ein zweiter Arbeiter sei ebenfalls hinauf geklettert und beide hätten ihm ver- sichert, die Stange sei fest. Die Leitung der Kinderspiele habe er seinem Tanzmeister übertragen, da er nicht überall hätte sein können. Daß ein solcher Unfug getrieben werden konnte, habe niemand voraussehen können. Die Beweisaufnahme ergab, daß noch unmittelbar vor der Katastrophe ein Knabe an der Stange hinauf und hinab geklettert war, ohne daß die Stange gewackelt habe, aber dasWippen" der kräftigen Junge» habe gleich nachher den Bruch ver- aulaßt. Die bautechnischen Sachverständigen, die Herren von Poser und Möser , haben zwei Monate vorher, als der Angeklagt« die Pachtung antrat, säinmtliche Baulichkeiten des Gartens unter- sucht; auf ihre Veranlassung ist auch das Seetheater und die Rutschbahn gesperrt worden, die Kletterstange haben sie aber nicht untersucht. Jedenfalls sei die Art der durch den Maschi- nisten ausgeführten Untersuchung ungenügend gewesen. Die- selbe hätte in der Weise ausgeführt werden müssen, daß mit einem starken Eisen dort an die Stange geklopft wurde, wo dieselbe aus der Erde heraus- ragt. Wenn der sich dabei bildende Ton dumpf klingt, so bedeute das, daß das Holz morsch oder verfault sei. Das Stangen- klettern würde der Baum zwar noch ausgehalten haben, aber die mit nicht unerheblicher Kraft herbeigeführte Schwenkung mußte die Katastrophe herbeiführen. Ein von der Bruchstelle abgesägtes Stück des Mastbaumes lag auf dem Zeugentische. Dasselbe zeigte, daß das Holz außen verwittert, der Kern aber noch gesund war. Der Staatsanwalt folgerte die Schuld des Angeklagten aus der mangelhaften und nicht sachgemäßen Untersuchung des Stammes und beantragte eine Woche Gefängniß. Der Gerichtshof nahm jedoch an, daß der An- geklagte alS Laie an die Tragfähigkeit des Stammes glauben konnte, nachdem zwei erwachsene Männer daran emporgestiegen waren. Das Klettern der Knaben würde die Stange nach Ansicht der Sachverständigen noch ausgehalten haben, den Unfug der Knaben aber die eigentliche Veranlaffnng der Katastrophe konnte niemand vorhersehen und deshalb sei auf Frei» s p r e ch u n g zu erkennen. Der Redakteur der Berliner StaatSbürger-Zeltiina", eorg Berger, hatte sich, demBresl Generalanz." zufolge, heute vor dein Breslauer Schöffengericht wegen Beleidigung zu ver- antworten. Im Abendblatt Nr. 431 derStaaisbürger-Zeitung" vom Jahre 1894 stand ein Artikel, der mit dem Satze begann:Zu der von uns so oft betonten Nothwendigkeit einer gründlichen Um- arbeitung der Jrrengesetzgebung zc." Mit diesem Artikel wurde einem hiesigen Juwelier vorgeworfen, daß er seinen in Berlin wohnenden Vater in gewinnsüchtiger Absicht habe ins Irrenhaus bringen lassen. Redakteur Berger, vertreten durch den Rechts- anmalt Caernbach, konnte den Wahrheitsbeweis nicht antreten. Er wurde, da ihm der Schutz des§ 193 nicht ganz abgesprochen werden konnte, zu 100 M. Geldstrafe verurtheilt. Witterungsübersicht vom Z. Oktober 1898. Wetter-Prognose für Sonntag, den 4. Oktober 1�96. Zunächst wärmer, vorwiegend trüb« mit Regeufällen und frischen westlichen Winden; nachher ausklärend und kühler. Berliner Wette rbureau. VevttuMzkeS« Eine Million Mark sollte dem Unteroffizier Harniann vom 34. Jnfanleric-Regimenl in Schneidemühl durch Erbschaft von einem in Baltiniore veistorbenen Ouiel zugefallen sein. Nachdem Harmann dieser Tage erfahren hatte, daß es mit der Millionenerbschaft nichts ist, hat er sich, wie man demBerliuer Tagebl." meldet, vorgestern erschossen.