Beiblatt zur Berliner Volks- Tribune".

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Sonnabend, den 30. März 1889.

III. Jahrgang.

13.

Ein Trinklied unserer Zeit. Gebt mir vom Wein, dem glühendsten, dem besten, Herbei, ihr Freunde, trinkt und feiert auch! Die Erde bebt in ihren alten Vesten, Und durch die Menschheit wogt ein neuer Hauch. Hört ihr die Jubelmelodieen rauschen? Posaunentöne zittern durch das All. Hebt die Pokale hoch und laßt uns lauschen Dem wunderbaren, unerhörten Schall!

Die Freiheit psaltert ihre Orgelflänge, Wie Brandung donnert die Gerechtigkeit, Und jauchzend klingen drein die Hochgefänge Der Bruderliebe einer neuen Zeit!

O Seligkeit! Ihr kleinen Schmerzen, schwindet! Dit schwacher Leib, wir triumphiren dein; Für unsrer eignen Tage Noth erblindet Ziehn siegreich wir zum Thor der Zukunft ein. Die Thränen fort, die stürmisch mir entpreßten Ob jungem Leid, vererbter Uebel Brauch Gebt mir vom Wein, dem glühendsten, dem besten, Herbei, ihr Freunde, trinkt und feiert auch!

Keime.

Karl Henckel.

[ Nachbruck verboten.]

Von Bruno Wille  .

,, Mutter, gieb mir die Sonne!" ( Ibsen  )

In einer trüben Berliner   Kellerwohnung sigt ein junger Mensch in Hemdsärmeln auf dem Stuhle und schläft. Sein Arm hängt schlaff herunter auf ein Buch, das aufgeschlagen am Boden liegt. Der Kopf ist seitwärts nach hinten gesunken, und auf das blasse Gesicht, dessen von Bartflaum leicht umschatteter Mund wie schmachtend geöffnet ist, fällt gedämpftes Licht vom furzen Fenster droben. Der Schläfer athmet schwer und zuweilen schnarchend, bis er einen stammelnden Laut ausstößt und erwachend den Kopf erhebt.

Mit glanzlosen Augen blickt er umher, sucht sich zu besinnen und starrt vor sich hin, als ob der Schlaf ihn abermals beschleiche. Sein Blick fällt auf eine am Boden in der Nähe des Ofens liegende Kartoffel eine graue verschrumpfte Knolle mit einem langen blassen Keime. Sie muß wohl aus dem Gemüsekeller nebenan mit dem Fuße hierher gestoßen sein. Daran ist nichts merkwürdiges; und doch empfindet der junge Mann beim Anblick der keimenden Kartoffel eine sonderbare Stimmung, eine Art Bangigkeit, welche er nicht zu deuten versteht.

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Tisch gestellt hat, und scheint mit Schreiben beschäftigt zu sein. Er blickt dem Eintretenden starr entgegen; sein gedunsenes Gesicht ist dunkelroth.

,, Guten Tag! beginnt Heinrich. Ich störe doch nicht?" " Wie so, störe nicht? Ich habe natürlich zu thun. Aber was bringen Sie denn?"

Ich habe da einige dunkle Punkte in ihrem Buch." Bachmann blickt den jungen Mann eine Weile stumpf an; plöblich aber giebt er ihm allerlei Winke, welche andeuten, daß Frau Kruse draußen horcht, und sagt mit lauter Stimme: Ach so, das Testament!"

Heinrich versteht. Frau Kruse will also den Saufbold nicht ausgehen lassen; er soll zu Hause Geld verdienen. Und nun will Bachmann mit List fortgelangen.

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Bachmann hat sich von seinem Bettsiz erhoben er ist auf Strümpfen und öffnet die Thür. Frau Kruse, meine Stiefel! Ich muß mit dem Herrn gehen... ein wichtiger Fall... ein Testament!"

Frau Kruse tritt sofort ein, blickt Bachmann durchbohrend an und wendet sich mit Schärfe an Heinrich:" Herr Bachmann kann nicht ausgehen; seine Stiefel sind nicht da... Sie können ja die Papiere herholen."

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Heinrich, welcher Bachmann mit dem Kopfe schütteln sieht, er­widert furz: Das geht nicht... Der Meister giebt das Testa­ment nicht aus der Hand. Herr Bachmann soll selber kommen." Nun schnauzt Bachmann die Alte an:" Meine Stiefel her! Sie verderben mir ja die ganze Kundschaft!"

Die Alte wirft ihrem Miether einen wüthenden Blick zu und geht. Gleich darauf fliegen zur Thür die Stiefel herein; Bachmann zieht dieselben sofort an, fährt mit seinen schmutzigen Hemdsärmeln in einen schäbigen schwarzen Rock, nimmt den Hut und winkt Heinrich, zu gehen.

Draußen auf dem Flur beginnt Bachmann in sich hinein zu lachen, daß er fast erstickt. Dann meint er behaglich:" Na, was geben Sie denn zum Besten?"

" Für eine Flasche Rum mit Ingwer langt's noch." Also her mit den Groschen!"

er

" Ich werde schon selber holen," versezt Heinrich kühl kennt den Säufer; wenn der mit dem Geld in die Destille geht, kommt er nüchtern nicht heraus.

Auf der Straße verlangt Heinrich von Bachmann die Flasche, welche dieser aus seinem Rockschooße zieht; es ist eine große Flasche. " Aber voll!" meint Bachmann, und Heinrich geht zur Destillation. Als er zurückgekehrt ist, verlangt Bachmann den Tropfen zu probiren. Heinrich verweigert anfangs dem Trinker die Fasche und giebt sie erst hin, als dieser ärgerlich wird.

Mit lüfternem Blicke hält Bachmann den braunrothen Liebling ans Licht, und thut einen tiefen Zug, worauf er die Flasche geizig in der weiten Tasche seines Rockschooßes birgt.

Heinrich hält nunmehr, während die beiden die Straße entlang gehen, eine Frage über das Absolutum für angebracht. Heißt absolut denn nicht soviel wie bestimmt?" beginnt er.

Wilhelms Ruh". Die Beiden treten ein und nehmen auf der hölzernen Bank Plaz." Sehen Sie, junger Freund.. beginnt Bachmann mit einer schauspielerhaften Schwärmerei, indem er durch die Latten der Laube blickt und auf magere Salatpflänzchen deutet sehen Sie, so erholt sich der bescheidene Bürger... in findlicher... in findlicher..

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Heinrich, welcher inzwischen sein Buch hervorgeholt hat, urter­bricht den Angetrunkenen. Hier ist die Stelle: Da nun die irdische Welt etwas Relatives ist, so muß ein Absolutum sein; denn alles Relative weist auf ein Absolutum hin... das verstehe ich nicht... was heißt das Relativ und Absolutum...?"

Nachdem Bachmann einen tüchtigen Zug aus der Flasche gethan, blickt er den jungen Mann mit starren, gerötheten Augen an und erwidert stammelnd: Relativ... heißt bedingt... und absolut... heißt unbedingt... die Welt... ist das Be­dingte nicht wahr?... in der Welt ist doch alles... bedingt... nicht wahr?"

Heinrich denkt mit Anspannung nach. Er sieht im Geiste etwas Graues, Unermeßliches, Verworrenes. das ist die Welt... alle Dinge der Welt stehen in Zusammenhang mit einander wenn das eine sich ändert, ändert sich auch das andere, welches damit zusammenhängt... Ursache, Wirkung... natürlich! Durch die graue Unermeßlichkeit zuckt ein Licht; Heinrich glaubt zu ver= stehen." Ja... die Welt besteht aus lauter Bedingtem. alles hat seine Ursache... aber wo ist nun das Unbedingte?" " Das Absolutum? Ja... das muß doch da sein." ,, Muß? Wieso denn?"

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Na wenn es' was Bedingtes giebt, muß es doch auch ' was unbedingtes geben."

Heinrich fühlt ein Stechen im Kopfe und eine brennende Un­geduld." Wieso denn?... etwas unbedingtes, das giebt es gar nicht... alles muß doch eine Ursache haben!"

Bachmann zuckt die Achseln.

"

,, wie

Aber erlauben Sie..." meint Heinrich aufgeregt kann denn etwas keine Ursache haben? Bedenken Sie doch!" Bachmann schweigt; dann nicht er langsam mit dem Kopfe und feufzt. Ja, ja, junger Mann.. die Vorbildung fehlt... die Vorbildung." Darauf holt er tief Athem, als fasse er wieder Muth. Na aber nur Geduld es wird schon werden... aller Anfang ist schwer. wir werden die Sache schon klein kriegen, junger Mann." Und mit einem lauernden, unschlüssigen Blicke jetzt er vertraulich hinzu:" Uebrigens, wie wär's denn? Was meinen Sie? Soll ich nicht eine Weiße herholen? Wie? Hier in Kamerun   giebt's eine gute Weiße... Spendiren Sie nur noch ein paar Groschen.... nachher sprechen wir weiter.... Sie sollen schon begreifen."

Heinrich ärgert sich. Der Mensch ist wirklich unangenehm; er kann gar nicht genug zu faufen kriegen; und dann muß man ihm jedes Wort nur so aus dem Halse ziehen. Doch Heinrich giebt ihm die Groschen, weil er selbst etwas trinken möchte und den Schnaps nicht mag; und so geht Bachmann.

Heinrich vertieft sich nochmals in sein Buch. Dann blickt er " Ja... natürlich", entgegnet Bachmann zerstreut. grübelnd zur Laube hinaus über das Pflanzerdörfchen hin, dessen " Aber das giebt ja hier keinen Sinn. Absolutum... das Beete und Häuschen er großentheils übersehen kann, da Wilhelms Bestimmte? Das paßt ja nicht." " Nein, hier nicht".

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Eine Weile starrt er die Knolle an; dann erhebt er sich seufzend und zieht seinen Sonntagsro an, welcher über der Bettlehne ge= Legen hat. Wieder versinkt er in Gedanken... was war es doch, das er sich vorgenommen hatte? Da bemerkt er das am Boden liegende Buch und erinnert sich, daß er zu dem versoffenen Bachmann gehen und ihn fragen wollte, was eigentlich das Absolutum sei. " Nun also, dann sagen Sie mir doch. Wie heißt doch die Stelle? Er hebt das Buch auf, ein altes Bachmann ist durch den Ton der Ungeduld aufmerksam ge­Buch mit grauem Papier, und blättert darin, bis er die Worte worden. Junger Mann, erwidert er wichtig das ist so einfach findet: Da nun die irdische Welt etwas Relatives ist, so muß nicht, das kommt ganz auf den Zusammenhang an das müssen ein Absolutum sein; denn alles Relative weist auf ein Absolutum wir in aller Ruhe prüfen... ja, wohin gehen wir eigentlich? hin." Grübelnd starrt der junge Mann auf die Schrift. Etwas Wissen Sie was, wir wollen nach Stamerun." Relatives... Absolutum?" Vor ihm flimmert das Wort mit wachsenden Buchstaben, welche den häßlich wimmelnden Gliedern eines Tausendfußes ähneln. Dann fällt ihm ein, wie vor Jahren sein Vormund, der schwarze Rektor, mit seiner hohen scharfen Stimme sagte: Das muß ich mir absolut ausbitten. Laß die Bücher und werde Schuster!" Absolut sollte doch damals so viel heißen wie bestimmt". Aber wie paßt diese Bedeutung hierher? Nun, Bachmann muß es wissen; der hat ja katholische Theologie studirt; und alle seine Kenntnisse wird er noch nicht versoffen haben.

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Der junge Mann steckt das Buch in seine Rocktasche, zicht einen verschossenen in den Schultern etwas schmalen Ueberzieher an, sest den Hut auf und verläßt das Zimmer. Er betritt den daneben befindlichen Gemüsekeller. Hier liegen, an der Wand emporgeschüttet, Kartoffeln, Kohlrüben, Mohrrüben; daneben stehen Tonnen mit Sauerkohl und eingemachten Gurken, Säcke mit Erbsen und Linsen, Körbe voll Aepfel. Am Fuße der kurzen, zur Straße führenden Treppe jigt eine ältere Frau im Mantel, mit einen Tuch um den Kopf und strickt. Vor ihr steht ein tragbarer Blechofen, dessen Holz­tohlengluth eine Kaffeekanne wärmt. Beim Eintritt des jungen Mannes blickt die Frau von ihrer Handarbeit auf und sagt freund­lich: Na, mein Junge. willst Du fort?" " Ja, Mutter zu Bachmann."

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Willst Du nicht lieber was um den Hals thun, Heinrich? Es ist windig." " Ich mache den Kragen hoch" meint Heinrich und geht die Treppe empor zur Straße

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" Ist das eine Kneipe?" fragt Heinrich mißtrauisch. Ach was! Kennen Sie denn Kamerun   am Friedrichshain  nicht... da hinter der Pazenhofer Brauerei... all die kleinen Lauben?"

Heinrich erinnert sich an das eigenartige Stück Land, welches Hunderte von Liebhabern der Gärtnerei mit einem Schwarm oon Gemüse und Blumenbeeten, umrankter Lauben und Bretterhäuschen übersät haben. Das ist doch Privateigenthum", wirft er ein. " Ich habe da einen Klienten", erwidert Bachmann mit prahle­rischer Würde; in dessen Laube fönnen wir uns sezen."

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So gehen die Beiden den Damm einer fünftigen Vorstadtstraße entlang, zu dessen Seiten sich statt der Häuser noch Aecker befinden; auf diesen Aeckern grünt mit weichem Glanze die junge Saat. Vor sich weiterhin sicht Heinrich zur Linken einen furzen Wall von Neu­bauten und zur Rechten den Friedrichshain   eine mächtige grau­braune Masse, welche der Frühling erst mit einem Hauche von Grün umwebt. Ueber dem Haine lagern oder ziehen grauweiße Wolfengebirge zu denen jeßt ein Papierdrache emporsteigt. Die Knaben, welche ihn fliegen lassen, haben zwischen den Saat­feldern wenig Naum, und der Wind hat überdies nachgelassen. wie überhaupt das Wetter sanfter geworden ist, so daß es den An­schein hat, als wolle jetzt am Abend die Sonne durch die Sturm­wolfen brechen.

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Bachmann zieht die Flasche hervor und trinkt; es war ein be­denklich starker Zug. Heinrich aber tröstet sich damit, daß das Ziel erreicht ist; denn gleich hinter der querlaufenden Landsberger  Allec liegt Kamerun  ".

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Nuh" auf der Anhöhe nahe dem Straßendamm liegt. Die Wolfen über den fernen Häusermassen haben sich getheilt und sind vom Abendschein geröthet. Der Drache mit der Aufschrift" Freiheit" steigt plöglich in die Höhe, wird aber alsbald unruhig, beginnnt im Streise herumzuwirbeln und schießt endlich, gleichsam kopfschen, mit der Spize herunter in den Acker. Die beiden Knaben laufen nach der Stelle, und gleich darauf hört man sie rufen: Er ist kaput!"..

Bachmann noch nicht zurück? Wird er überhaupt wiederkommen? Aber nein!( Mit mattem Lächeln schlägt sich Heinrich vor die Stirn) Sicherlich ist Bachmann mit den Groschen durchgebrannt. Natürlich! Das sieht dem Säufer ähnlich.

Und der junge Mann fühlt bittern Grimm. Hier zu ſizen... einſam hülflos... genarrt in seinem innigsten Streben. zum Teufel!

Doch wozu fich ärgern! Was kann man auch lernen von diesem Saufaus, der sich offenbar Verstand und Gelehrsamkeit ver= soffen hat. falls er überhaupt.

Vielleicht auch ist das Buch unsinnig.( Heinrich betrachtet das Buch und den Titel..." Metaphysik als Einheit von Glauben und Wissen".) Das kann ja kein Mensch verstehen! Dann sind vielleicht noch viele andere Bücher unsinnig.

Zum ersten Male steigt dieser Verdacht in der Seele des jungen Arbeiters auf. Bisher hat er alle Bücher mit Ehrfurcht be­trachtet und sich glücklich geschäßt, wenn er irgend eins erhalten fonnte, gleichviel was es enthielt; ein Stück der großen Wahrheit mußte doch darin sein.

Oder bin nur ich hierfür zu dumm? denkt Heinrich, und eine qualvolle Angst überkommt ihn. Verstehen thust du doch nichts, hat Franz gesagt, und vielleicht hat er recht. Doch fann es nicht auch sein, daß ich solch ein großer Geist bin, wie sie zuweilen in Fabriken stecken? Vielleicht bin ich nur verfümmert! Die Vorbildung! hat Bachmann gesagt... Aber ich will ja lernen; unterrichtet mich nur!... Nimmt sich denn Niemand meiner an?

Strom der Wahrheit, in welchem sich der klare Abendhimmel und der Sonnenball spiegeln, und an dessen saftiggrünen, blumen­übersäten Ufern mit Geberden der Entzückung eine zahllose Menschenmenge steht.

Am Rande der westlichen Wolke blizt die Abendsonne hervor Draußen flattert der Wind die Reihen der mächtigen fünf­Wenige Minuten noch, und die Beiden stehen auf dem hoch- und bestrahlt mit rother Gluth das kummervolle Gesicht des jungen stöckigen Häuser entlang, wirbelt Papierstücke und Staub vor der gelegenen, noch unbebauten Straßendamme und blicken nach rechts, Arbeiters, welches dieser mit geballter Faust stüßt. Und mit leiden= Destillation an der Ecke herum und huscht um die Ecke. Bei wo in der Ferne die Stadt liegt... schwärzlich dünstend und schaftlicher Sehnsucht hangen die schwermüthigen Augen an dem solchem Aprilwetter ist die Vorstadt selbst Sonntags wenig belebt. dumpf tofend, ein ungeheures Gewoge von Dächern, hier und dort herrlichen Feuerball, welcher über gluthbeneßten Dächern zwischen Während Heinrich um die Ecke biegt, tritt aus der Destillation ein überragt von Fabrikschornsteinen und Kirchthürmen. Vor der zwei Schloten, aus denen sich schwarzer Qualm wälzt, leise auf junger Arbeiter, in welchem Heinrich den Franz erkennt. Wie Stadt aber senkt sich das Land, und hier zwischen schwarzbraunen, und nieder zu schwanken scheint. Auch links zwischen den Häuser= geht's, Schuster? meint Franz, indem er dem früheren Schul- frisch umgegrabenen Beeten wimmelt es von Lauben und Bretter- massen blißt es auf; hier spiegelt sich die Sonne in Fensterscheiben kameraden die Hand reicht. Kommst Du mit? Wir haben häuschen, über deren pappenen Dächern bunte Flaggen im Winde und verklärt die Häuser, daß sie wie Feenschlösser aussehen. Und einen Rauchklub gegründet; Qualmtute heißt er. Komm doch flattern. Das ist die Pflanzerkolonie Kamerun  ." Nur wenige wie die junge Seele im Lichte schwelgt, glaubt sie ein feierliches mit! Nicht? Warum denn nicht? Ach so.. Du willst Kolonisten sind heute herausgekommen. Dort fauert ein Mann Rauschen zu hören, wie von einem Strome... das ist der breite wohl wieder... villesofiren? Na, denn schieß man los! Verstehen und pflanzt, während sein Junge eine Gießkanne herbeischleppt, um thust Du doch nichts. Und dein versoffener Pfaffe da. ist ein die Pflänzchen zu begießen; irgendwo hämmert jemand an Brettern; Schwindler... das sage ich!" Hiermit pocht Franz auf seine in einer Laube sitzt eine Familie beim Kaffee, welcher auf dem Brust, reicht Heinrich die Hand und geht. fleinen Ziegelsteinherde neben der Laube gekocht worden ist. Der Da wird der Sonnenball im Schwanken matt und matter; er Heinrich schluckt etwas wie Aerger hinunter. Verstehen thust Pächter dieses Grundstückchens macht sich soeben mit seinen beiden Du doch nichts"... verdammt ja das Absolutum! Aber Knaben auf, einen Drachen steigen zu lassen; der Drachen ist von verglimmt; die geballten Wolken und der schwarze Qualm ver­Bachmann muß es wissen. Und schließlich werde ich's schon ver- rothem Papier, welches zum Scherz die Aufschrift Freiheit" trägt. schlingen ihn; die Feenschlösser sind wieder glanzlose Menschen­stehen. Warum denn nicht? Jafob Böhme war auch nur ein Unwillkürlich muß Heinrich an die Schuhmacher- Versammlung wohnungen, sargartige, düstere Häuser; ein häßlicher Dunst lagert Schuster und doch ein großer Philosoph. Dieser Gedanke hat denken, welche er fürzlich mitmachte. Es war dies seine erste Ver- drückend, beängstigend über dem Dächergewirr... die Nacht für Heinrich etwas Tröstendes, ja Erhebendes. Unbestimmte Bilder sammlung. Heinrich ist nämlich kein Freund von Politik, weil kommt, die Finsterniß schwimmen in seinem Geiste Jakob Böhme  ! Tiefes Denten, er nichts davon zu verstehen glaubt. Und seine erste Versammlung Und den jungen Menschen haucht es an wie kalte modrige flares Schauen! Heinrich sieht sich in der Stube siten bei seiner hat ihm nicht sonderlich gefallen. Ein Arbeiter hielt einen Vortrag Stellerluft. Und auf einmal gedenkt er der Kartoffel, auf welche Arbeit, und die Mutter liest ihm vor, langsam, Wort für Wort, über Naturheilkunde, worauf eine verworrene Diskussion erfolgte. heute beim Erwachen sein Blick fiel... jener grauen, verschrumpften aus einem tiefsinnigen Buche. so etwas wie Spinoza  . Und Nur einer der Aussprüche hat auf Heinrich Eindruck gemacht. Und Knolle mit dem langen blassen Keime. Und nun versteht er das wunderbare Gedanken ziehen durch seine Seele feierlich wie leuch- dieser Ausspruch fällt ihm nun ein. mancher große Geist steckt tende Meteore in der Fabrik, aber er muß verkümmern" ja, das stimmt er selbst ist vielleicht auch ein großer Geist wenigstens fühlt er solch eine Sehnsucht nach Klarheit aber verfümmern nein, das will er nicht.. er will sich recht viel Bücher verschaffen und studieren... freilich das Absolutum

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Da ist Bachmarn's Wohnung! Heinrich steigt die vier Treppen empor und zieht die Klingel neben dem Schilde, auf welchem steht: " 3. Bachmann, Schriftsteller und Volksanwalt." Frau Kruse öffnet.

Herr Bachmann zu Hause?"

Das alte Weib mustert den jungen Mann mit Mißtrauen und öffnet dann Bachmann's Stube. Der Volksanwalt sizt auf seinem Bette, vor welches er den

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" Hier ist das Tuskulum meines Klienten", sagt Bachmann, indem er zwischen den Beeten vor einer Laube stehen bleibt. Ueber dem Eingang der aus Latten gezimmerten Laube befindet sich unter einer hölzernen Lyra, welche den Dachgiebel schmückt, die Inschrift

Gefühl der Wehmuth, welches ihn beschlich bei diesem Anblicke. Gleicht er selbst doch ganz dieser Knolle, die nach Licht und Luft sich sehnend im Keller liegen muß und nun krankhaft bleiche Seime treibt, mit denen sie vergeblich nach Licht und Luft tastet. Die ganze große Stadt da drüben, gleicht sie nicht einem ungeheuren Stellergewölbe, in welchem unzählige Wesen nach Licht und Luft verschmachten?

O du leuchtende Sonne!