Der Erfurter   Kongreß der Tabakarbeiter

Deutschlands  

nahm einen äußerst befriedigenden Verlauf. Es waren 137 Delegirte anwesend, welche 448 Orte mit 71 000 Tabatarbeitern vertreten, von welchen 16 000 einer gewerk­schaftlichen Organisation angehören. H. Meister- Hannover eröffnete die Verhandlungen mit einer Ansprache, in der er die hohe Bedeutung der imposanten Versammlung betonte und der Hoffnung Ausdruck gab, daß der Kongreß den an ihn geknüpften Wünschen der deutschen   Tabat arbeiter voll gerecht werden und eine möglichst tiefgehende Besserung der wirthschaftlichen Lage derselben anbahnen möge. Berlin   war durch die Herren Otto und Drescher vertreten. Auch eine Arbeiterin, Frau Blohm, war als Delegirte von Hamburg- Altona  - Ottensen   anwesend. Von den gefaßten Refolutionen glauben wir folgende

besonders hervorheben zu sollen:

Die Hausindustrie und deren Schäden.

In Erwägung:

Organisationsfrage. Die Arbeiterinnen in der Schuhmacherbranche. Der Rongreß erkennt die Zentralisation als die einzig Eine öffentliche Versammlung der in der Berliner  richtige Form der Organisation an und erklärt die Vereinigung aller Schäftefabrikation beschäftigten Arbeiterinnen fand am Tabatarbeiter im Unterstüßungsverein, wie im Verein deutscher Bigarrenfortirer als das Hauptmittel zur Besserung der Lage der- Montag im Lokale Inselstraße 10 statt. felben, und verpflichtet alle Tabatarbeiter, mit aller Kraft und Von den 200 in Berlin   beschäftigten Stepperinnen Entschiedenheit für die Ausbreitung dieser Organisationen einzutreten. war ungefähr der vierte Theil anwesend, immerhin ein Tabatarbeiter nachfolgende Beschlüsse zur Berücksichtigung: Der Kongreß empfiehlt dem Unterſtüßungsverein deutscher recht gutes Zeichen für die auflebende Bewegung unter Tabakarbeiter nachfolgende Beschlüsse zur Berücksichtigung: 1. Für die Agitation auch geeignete weibliche Tabak den Arbeiterinnen dieser Branche. Der übrige Theil des arbeiter zu verwenden. Saales war zumeist von Gewerksgenossen der Arbeiterinnen 2. In nächster Zeit in Süddeutschland   eine lebhafte Agitation gefüllt.

zu entfalten. Der Rongreß macht es den Delegirten zur Pflicht, in ihren Nach Wahl von Frau Baake, Fräulein Altenfelder Heimathsorten dahin zu wirken, daß öffentliche Versammlungen und Frau Otto ins Büreau erhielt Fräulein Johanna. der Tabatarbeiter nur gemeinsam mit den weiblichen Kollegen Jagert das Wort zum Referat über Die Lage der in einberufen werden. der Schäftefabrikation beschäftigten Arbeiterinnen". Der Kongreß empfiehlt den deutschen   Tabatarbeitern, energisch Das Bild, das die Rednerin hierüber entrollte ist als ein recht trauriges zu bezeichnen.

für Beseitigung der korrumpirend wirkenden Prämienarbeit einzutreten. Hochinteressant waren besonders die Verhandlungen Die Arbeiterin verdiene in dieser Branche 10-15 Mt., eine über die Arbeiterinnen- und Frauenfrage, welche durch ein sehr tüchtige vielleicht 18 Mt. pro Woche. Dazu komme noch eine Referat des Herrn Postelt- Dresden eingeleitet wurden. 7 bis Abends 210 Uhr! Die einzige Unterbrechung sei die unmenschlich lang ausgedehnte Arbeitszeit, eine Arbeitszeit von früh Das hervorstechendste Moment derselben lag, wie richtig Mittagspause von- einer halben, höchstens einer Stunde. Daß von einem Berliner   Delegirten hervorgehoben wurde, in solche Anstrengungen kein Körper auf die Dauer aushalten könne daß die Hausarbeit in unserem Gewerbe große Schäden der Thatsache, daß, während vor wenigen Jahren noch sei flar; so sehe man denn auch die Arbeiterinnen dieses Berufes im Gefolge hat( ungeeignete Arbeitsräume, unzulässige Gemeinsam- vielfach auf solchen Arbeiterkongressen mit Erfolg die massenhaft erkranken. feit häuslicher und gewerblicher Verrichtungen, nachtheilige Einfluß Was solle man hiergegen thun? Ein Verbot der Frauenarbeit auf das Familienleben, Absonderung der Hausarbeiter von ihren Ansicht vertreten wurde, die Schäden der Frauenarbeit herbeiführen? Das wäre ebenso zwecklos und schädlich, als die Fachgenoffen, Fernbleiben derselben von den Mitteln zur Fort- fönnten nur durch Verbot oder wenigstens erheb. 3. von einigen Seiten gepriesene und vollführte Zerstörung der bildung, Regellosigkeit der Arbeitszeit, Ueberbürdung mit Arbeit, liche Einschränkung derselben beseitigt werden, auf Maschinen; das sei eine vollständige Verkennung der Verhältnisse. Herabdrückung des Arbeitslohnes). Niemandem werde dadurch geholfen; der Arbeiterin nicht, denn sie bas bie bundesräthlichen Bestimmungen durch die dem Kongreſſe deutscher Tabakarbeiter diese Ansicht als werde hierdurch wieder in die alte, vollkommene Abhängigkeit vom Hausarbeit vollständig illusorisch gemacht werden und eine reaktionäre, den wirklichen Verhältnissen durchaus Mann zurückgeschleudert, aus der sie sich mühsam etwas heraus­bis jetzt nur dazu geführt haben, die Einzelhausarbeit zu fördern nicht entsprechende bezeichnet wurde, und zwar von einer gearbeitet; auch für den Arbeiter habe ein Verbot der Frauen­daß das Unfallversicherungs- Gesetz in Bezug auf die sehr großen, an Einstimmigkeit grenzenden Majorität. große Zahl der Hausarbeiter gänzlich wirkungslos geblieben ist, Nach langer, eine ganze Sigung ausfüllender Debatte daß auch das Verbot des Arbeitens von Kindern bei der Haus­industrie nicht zur Durchführung gelangt; in endlicher Erwägung, wurde denn auch folgende von Bruhns- Bremen eingebrachte daß alle noch anzuftrebenden Gefeße, welche zum Schuße der Resolution nahezu einstimmig akzeptirt: Arbeit dringend erforderlich find vornehmlich ein Gesez bezüg­lich Festsetzung einer Marimalarbeitszeit und das Verbot der Sonntagsarbeit wegen der undurchführbaren gesetzlichen Kontrolle, nie zur Geltung gelangen werden,

find

daß

beschließt der Kongreß,

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1. daß einzig und allein durch ein vollständiges gesehliches Verbot der Hausindustrie die Schäden derselben zu beseitigen 2. daß es, wenn die bundesräthlichen Bestimmungen für die Arbeiter der Tabaksindustrie von wirklichem Werth und Nußen sein follen, dringend erforderlich ist, daß dieselben ebenfalls auf die Hausindustrie, besonders auf die Einzelhausarbeit und auf die­jenigen Tabatarbeiter und Tabatarbeiterinnen, welche für eigene Rechnung arbeiten, ausgedehnt werden.

Die Arbeit in den Strafanstalten.

1. Den Fabrikanten, welche in den Strafanstalten arbeiten laffen, find diefelben Löhne, welche den Arbeitern außerhalb der Strafanstalt gezahlt werden zu berechnen.

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2. Das Anlernen von Tabatarbeitern und Tabatarbeiterinnen in Strafanstalten ist vollständig einzustellen.

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Frauen und Kinderarbeit.

arbeit feinen Nugen. Der selbst auf seinen Vortheil bedachte Frauenarbeit sei feine Konkurrentin der Männerarbeit, wenn erstere tapitaliſt werde bald andere billige Arbeitskräfte heranziehen. Die nur in richtige Bahnen gelenkt werde. Als ersten Schritt hierzu empfehle fich eine verfürzte, geregelte Arbeitszeit; das Endziel aber sei der sozialistische Staat. Fragen und Heulmeiereien, wer die Wirthschaft führen solle, seien sehr überflüssig und dumm. Früher seien die Kinder auch nicht in der Schule, wie jezt, sondern zu Haus unterrichtet worden, alles ändere sich mit den Verhältnissen. In in einem Jahrzehnt werde man alsdann ein greifbares Resultat diesem Sinne möge die Arbeiterin an der Bewegung sich betheiligen; sehen; dann fönne auch die Arbeiterin sich rühmen, etwas zur Be freiung der gesammten Menschheit gethan zu haben.( Stürmischer Beifall.)

Der Kongreß erkennt in der immer steigenden Verwendung der Arbeit der Frauen sowohl in der Tabakindustrie wie in allen anderen Industriezweigen nur eine Wirkung der gesammten modernen Produktionsweise, und hält daher ein gesetzliches Verbot oder auch nur eine Einschränkung der Frauenarbeit( soweit nicht eine solche nöthig erscheint in Bezug auf den der verheiratheten Frau zur Erfüllung ihrer häuslichen Pflichten nothwendigen Schuß, wie An der Diskussion betheiligten sich die Herren Krause, in Bezug auf diejenigen Beschäftigungen, welche der körperlichen Otto, Ebert, Bader. Schließlich wurde folgende Resolution Beschaffenheit der Frau widersprechen) nicht nur für vollständig einstimmig angenommen: unwirksam, sondern auch für eine nicht zu rechtfertigende Beeinträchtigung der auch von den Frauen zu beanspruchenden wirthschaftlichen Bewegungsfreiheit, und erklärt deshalb als einzig wirksames Mittel zur Beseitigung der im Gefolge der Frauenarbeit entstandenen Uebelstände die politische und wirthschaftliche Gleichstellung der Frau mit dem Manne.

Die Versammlung erklärt sich mit den Aus­führungen der Referentin einverstanden und fordert

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da die Frau als Produzentin ins öffentliche Leben eingetreten daß derselben auch die öffent-­lichen und politischen Rechte zuerkannt würden. Infolge dessen verpflichtet sich jede Anwesende, Der Kongreß fordert daher zur Erreichung dieses Zieles überall für die Gleichberechtigung beider Einführung eines Maximalarbeitstages. zunächst das unbeschränkte Koolitionsrecht auch für die Frauen und Geschlechter zu agitiren, zunächst aber für gleiche Leistung gleiche Löhne zu verlangen." In Erwägung, daß die Arbeitszeit im Tabafarbeiter- Gewerbe die Beseitigung aller dasselbe beschränkenden Gesetze und Ver­Das Bürcau wurde schließlich noch beauftragt, eine übermäßig lange ist, daß der längere Aufenthalt in von ordnungen, und verlangt im weiteren von allen zielbewußten männ­Tabaksstaub und Nikotin geschwängerten Räumen die Ursache zahl- lichen Tabatarbeitern, unablässig für Aufklärung und Organi- Schritte zu weiteren Versammlungen zu thun und für reicher Erkrankungen vornehmlich der Berufskrankheit, der atton der weiblichen Kollegen, besonders aber für un- Aufklärung unter den Arbeiterinnen der Schäftebranche Schwindfucht bei den Tabatarbeitern ist, und in seinen weiteren bedingte Gleichstellung der Löhne der Frauen mit den Männern Sorge zu tragen. Folgen dahin führt, daß wie statistisch festgestellt die durch­schnittliche Lebensdauer der Tabatarbeiter das zu wirken. 33. Lebensjahr nicht überschreitet, in Erwägung, daß durch Jr Erwägung, daß die Kinderarbeit die körperliche und die übermäßig ausgedehnte Arbeitszeit die Zahl der Arbeitslosen geistige Entwicklung der Kinder hindert und schädigt, beschließt der in unserem Gewerbe stetig vermehrt wird, daß die auch dadurch be- Kongreß, durch eine zu wählende Kommission eine an den Deutschen Verschiedene Berichte mußten leider wegen Raums. wirfte Herabdrückung des Lohnes für die Arbeiter die Folge hat, Reichstag   zu richtende Petition ausarbeiten zu lassen, in welcher mangels zurückbleiben. daß diefelben den Sonntag, anstatt zur Ruhe und Erholung, zur um gänzliches Verbot der Arbeit von Kindern unter Bericht. Wir bringen über unsere eigenen Vorträge innerhalb Arbeit benutzen müssen, 14 Jahren in der Tabakindustrie ersucht wird. Diese Petition und außerhalb Berlins   so gut wie nie sicherlich in 80-90 pct.. beschließt der Kongreß, den Bundesrath, resp. die Bundes- soll bei den gesammten deutschen   Tabakarbeitern zur Unterschrift der Fälle ein Wort. Sie haben also taum Anlaß, sich zu ers regierungen aufzufordern, für die gefeßliche Einführung eines zirkuliren. eifern, wenn wir wegen Raummangels auch Ihrer Rede einmal zehnstündigen Maximalarbeitstages, wie für das gänzliche Ferner ersucht der Stongreß in einer entsprechenden Denkschrift nicht gedenken. Verbot der Sonntagsarbeit Sorge zu tragen, im Weiteren resp. Petition an Reichsregierung und Reichstag  , dem Mißbrauch Abonnenten Bremerhaven  . Da seit Oktober nicht ab= in Anbetracht der Wirkung, die eine Ausdehnung dieser Maßregeln und der Ausbeutung, welche seitens vieler Tabak- und Zigarren- gerechnet wurde, so mußten wir zu unserem Bedauern die Sendung auf alle Induſtrieſtaaten haben würde, in Bezug auf Regulierung fabrikanten mit den jugendlichen Arbeitern und Lehrlingen getrieben des Blattes einstellen. der durch die Konkurrenz auf dem Weltmarkte geschaffenen Ver- wird, durch strengste Anwendung der bestehenden Gesetzesvorschriften Bildhauer. Für Berlin   besteht die Gemeinschaft, wenn hältnisse, auch alle auf internationale Regelung dieser Fragen resp. entsprechende Erweiterung derselben energisch entgegenzutreten. nicht besondere Abmachungen vorliegen. bezüglichen Bestrebungen anderer Staaten nach Kräften zu fördern.

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