Berliner

Volks- Tribüne

Social- Politisches Wochenblatt.

Die Berliner Volks- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh.

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Einzelne Nummer 15 Pfg.

Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Pfg. pränumerando( frei ins Haus). Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis vierteljährlich 1 Mt. 50 Pfg.; eingetragen unter Nr. 867 der Zeitungspreisliste für das Jahr 1889.) Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Naum mit 20 Pfg. berechnet.- Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Pfg. Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

Redaktion und Expedition:

8.0.( 26). Oranien- Straße 23.

№o. 23.

Zur Frage der Doppelkandidaturen.

wir doch gerecht.

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Sonnabend, den 8. Juni 1889.

Ausgabe für Spediteure: Merkur " Zimmer- Straße 54.

III. Jahrgang.

Zur hieße es die Wahlbewegung geradezu schädigen, wenn man Maße in Anspruch genommen, und müsse auf die Dauer auch Frauenfrage, aus München. - Ibsen über die um der Doppelkandidatur willen auf den leistungsfähigeren auf dem Gebiete der Frauenarbeit eintreten. Bis dahin Korruption unserer Gesellschaft. II.- Seien Genossen verzichten wollte. 11. Ein konservativer Flegel. Das klerikale belgische Ministerium. Politische Nachrichten. liches.- Vereine und Versammlungen. Beilage: Das neue Reichsgeset betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung. I.

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Gewerkschaft

Die Beilage des heutigen Blattes

Alters- und Invalidenversicherungsgesetzes, sowie den Wortlaut der wichtigsten Paragraphen.

Es ist daher gar kein Zufall, daß fast alle unsere bekanntesten Genossen in mehr als einem Kreise aufgestellt sind, und wer darin eine Verlegung eines Prinzips" sehen wollte, müßte gerade den namhaftesten Barteifreunden die größten Vorwürfe machen.

Zur Frauenfrage.

aber bleibe der industriellen Thätigkeit um so mehr Spiel­raum, als sich in den sozialen Reformbestrebungen bisher weit weniger Kräfte für die Sache der weiblichen Arbeiter bethätigt hatten. Hier sei daher für einsichtige und hochherzige Frauen aller Lebensstellungen ein reiches Feld nüßlicher und nothwendiger Arbeit, einer wahrhaft sozialen Hilfe, und ergeht an sie die Aufforderung, sich zusammenthun zur Verbesserung der Lage ihrer in leiblichem und geistigem Elende lebenden Geschlechtsgenossinnen."

Eine solche Sprache und Auffassung ist zwar dem Sozialisten nicht neu, von Seiten Angehöriger der bevor­rechteten Klassen, insbesondere aber deutscher Hausfrauen

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Für selbstverständlich halten wir es natürlich, daß jeder in einem sicheren Kreise Neuaufgestellte es den Wählern seines alten Kreises nochmals anheim­giebt, wie sie bei den veränderten Verhältnissen sich ent­scheiden wollen und ob sie nicht einen Anderen finden, der, weil er ausschließlich für den einen Kreis thätig ist, enthält in Broschürenform eine zusammenfassende Dar vielleicht die Sache der Arbeiter mehr zu fördern vermag. jedenfalls etwas ungewöhnliches. Der Aufruf und die stellung des Also unbedingt keine Doppelwahlen. Und Doppel- ganze Sache konnten daher nicht verfehlen, öffentliches Ersaßmann zu beschaffen ist. kandidaturen nur, wo für den Kandidaten kein besserer Aufsehen zu erregen, um so mehr, als es sich hier um die erste Frauenversammlung Münchens handelt. Die Gefeßgebung, bezw. Rechtssprechung Bayerns versagen nämlich den Frauen nicht nur die Theilnahme Ein Nachtrag für die nächste Nummer wird dann an politischen Vereinen, sondern selbst eine solche an Ver­noch die Uebergangsbestimmungen und die Rechte Am Sonntag voriger Woche hat in München eine sammlungen von irgendwelchem öffentlichen Interesse. der Arbeiter( im Ausschuß, Schiedsgericht, als Ver: Frauenversammlung stattgefunden, welche nach mehr als Vor einigen Jahren wurde einmal von Seiten einiger trauensmänner), sowie die Stellung der freien Hilfs- einer Richtung ein hervorragendes Interesse bietet. Arbeiterinnen ein Versuch, zur Veranftung einer öffent­kassen erörtern. Eine Anzahl von Frauen aus den bevorrechteten lichen Besprechung gemacht; er eit the the tolliommen. Ständen eine hochbetagte Gräfin, eine Staatsraths- und auch diese jeßige, erste Münchener Frau sammlung wittwe, Beamten-, Anwalts-, Künstlers Gattinnen, würde ohne jeden Zweifel niemals zu Stande gekommen hatten zu einer öffentlichen Besprechung der Lage der wären, anstatt Gräfinnen und Beamtenfrauen, denen man weiblichen Arbeiter, insbesondere der Näherinnen, Sticke- minder Schlimmes zutraut, auf alle Fälle aber mehr Rück­rinnen, Ladnerinnen und Kellnerinnen eingeladen. Nun sichten zu erweisen sich genöthigt sieht. Uebrigens fühlte Das nächste Heft gelangt am 28. d. M. zur Aus- sind ja zeitenweise philantropische" Anwandlungen der sich das böse Gewissen der herrschenden Macht doch auch gabe und wird enthalten:. höheren Kreise nichts Unerhörtes. Während sich dieselben durch die gesellschaftliche Stellung der voranstehenden Frauen Offip Zetkin= Paris . Charakterköpfe ans aber regelmäßig die Herstellung von Volksküchen, Kinder- nicht gänzlich beruhigt. Das Polizeipräsidium ließ eine der französischen Arbeiterbewegung. Jules frippen und ähnlicher Wohlthätigkeits- Scheidemünze als der Frauen noch vor der Versammlung zu sich laden, Guesde. Paul Lafargue . Gabriel Deville . Malon. Vaillant. Der Pariser Gemeinderath. höchste Ziele zu stecken pflegen, bot der in den Zeitungen um sich über die Gedanken und Bestrebungen der Bewe Louise Michel .) aller Farben veröffentlichte Aufruf der Einberuferinnen gung genau zu unterrichten, vermuthlich dürfte dabei, in Dieses Heft bildet zugleich eine Ergänzung von dem bereits ein wesentlich anderes Bild. In frischer und bestimmter Anlehnung an berühmte Muster, auch vom Sozialismus erschienenen Heft 4: Sprache behandelt derselbe die Frage von dem höheren die Rede gewesen sein.- gesellschaftlichen Gesichtspunkte aus. Anknüpfend an die Die Versammlung selbst war, wenn man den bekannte Untersuchung des Reichsamtes vor kurzem( über Mangel von Plakaten, sowie die sonstigen Umstände, welche die Lohn- und Lebensverhältnisse der Wäsche und Kon- in der Hauptsache nur den Besuch von Nichtarbeiterinnen fektionsarbeiterinnen, welche geradezu schreckliche Zustände erwarten ließen, in Betracht zieht, gut besucht. Es hatten des Darbens, der Noth, des Hungers, der Prostitution, fich nahe an dreihundert Frauen eingefunden, zum weitaus kurz des leiblichen und geistigen Elends von Tausenden größten Theil dem Bürger- und Beamtenstande angehörig; und Abertausenden deutscher Frauen" ergeben habe, er- doch waren auch eine Anzahl Arbeiterinnen, Näherinnen scheine es als festgestellt, daß ein großer Theil der ge- und Stickerinnen anwesend. Männer waren, mit Ausnahme werblichen Arbeiterinnen, nicht minder aber auch die der Vertreter der Presse, ausgeschlossen.

Berliner Arbeiterbibliothek. zusammen mit einem Geheimrath und Generalstabsarzt, sein, wenn die Einberuferinnen Arbeiterinnen geweſen

Vorläufige Anzeige.

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Der Sozialismus in Frankreich seit der Pariser Kommune. Von Offip Zetkin- Paris t. 48 Seiten Preis 20 Pfg. zu beziehen durch die bekannten Kolporteure, sowie durch die Expedition dieses Blattes.

Der Verlag der Berliner Volfstribüne ". Berlin S. O., Oranienstr. 23.

Die Frage der Dopp lkandidaturen

ist neuerdings in Parteikreisen so oft zur Sprache gekommen Ladnerinnen, Kellnerinnen und ähnlicher Bediensteter, in Hauptrednerin war Frau Dr. Naue( Gattin des Ge= und so verschieden beurtheilt worden, daß wir kurz die jedem Betracht unzureichende Löhne beziehen und sich in schichtsmalers). Dieselbe äußerte sich in gewandter Rede unseres Erachtens einzig richtige Stellung begründen einer Lage befinden) welche jedem, nicht durch besondere im Sinne des Aufrufs und wies hierbei insbesondere wollen. Umstände oder außergewöhnliche Festigkeit geschüßten Cha- nach, daß die Verhältnisse der weiblichen Arbeiter gerade

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Unbedingt verwerflich erscheint uns die Aufstellung rakter leicht auf den Weg des Verderbens zu drängen auch in München überaus traurige feien. Thue man eines und desselben Kandidaten in zwei Kreisen, die bei de geeignet ist. Diese traurige Thatsache findet ihre Bestäti- Umfrage bei den Ladnerinnen, Wäscherinnen, Stickerinnen, zu gewinnen sind. Hier würde bei einem Doppelsiege gung durch eine Reihe von Untersuchungen, welche im bei den Mädchen in der Konfektionsbranche u. s. w., so eine Nachwahl in einem Kreise eintreten müssen, die Laufe der letzten Jahre theils in eigenen Werken, theils erhalte man Kenntniß von Dingen, welche tief erschüttern. stets mit neuen großen Opfern verknüpft ist und vielleicht in Spezialzeitschriften über die Frauenarbeit angestellt Außer dem Mangel an den nöthigsten Lebensmitteln fehle gar die im ersten Wahlgange geschlagenen Gegner zu worden sind. Auch die Durchficht der Tagespresse führt es sehr häufig an der gesunden Luft in den Arbeitsräumen. solcher Anspannung ihrer Kräfte herausfordert, daß der zu demselben Ergebnisse, obgleich es hierzu eines aufmerk- Das Mittagsmahl bestehe zumeist aus Kaffee, etwas Wurst, Kreis für uns schließlich verloren geht. sameren Lesens bedarf, als es gewöhnlich ist. Denn die Käse und Brod, höchstens noch Bier, oft Nahrungsmitteln, Anders steht es mit Kandidaturen in Kreisen, die Noth der arbeitenden Frauen wird nur selten in Leit die den Hunger mehr täuschen als nachhaltig stillen. So vorläufig gar nicht zu nehmen sind. Hier kann sehr artikeln oder hervorragenden Noten behandelt; man muß fommen die Mädchen halbhungrig in die dumpfen Arbeits­oft ein Mann auch wenn er bereits anderswo auf die Thatsachen vielmehr da und dort zerstreut, vergraben räume zurück, wo sie viele Stunden rastlos arbeiten müssen gestellt ist der empfehlenswerthefte Kandidat sein, weil zwischen Sensations- und Vergnügungsnachrichten oder im um färglichen Lohn. Die natürlichen Folgen sind Bleich­er sich der größten Sympathien erfreut und agitatorisch Gerichtssaale suchen." Nachdem der Aufruf sodann einige sucht, Magen-, Unterleibs- und Lungenleiden u. s. w. am meisten zu leisten verspricht. Hier hat es also gar besonders arge Fälle von Arbeiterinnen- Ausbeutung hervor Sucht das Mädchen nach zwölfftündiger Arbeit Ruhe, wo keinen Sinn, einfach zu fragen: ist der Mann schon irgend- gehoben, wirft er die Frage auf: Soll man soziale findet sie dieselbe? Die Meisten sind nicht im Stande, sich wo nominirt sondern maßgebend kann hier nur die Zustände, wie die erwähnten, gleichgültig oder achselzuckend ein Zimmer zu miethen, sondern sind auf schlechte Schlaf­Frage sein: würde ein anderer, der nur für den einen als etwas Unabänderliches hinnehmen, um das man sich stellen angewiesen. Der Lebensweg der Meisten läuft Kreis ernannt ist, die Wahlarbeit, die rednerische und am Besten nicht kümmert, um sich den eigenen Lebens- anerkanntermaßen in einer der drei Richtungen aus: Ueber­schriftstellerische Agitation besser und gründlicher be- genuß nicht zu verbittern? Oder sollte nicht vielmehr das anstrengung, Mangel an Nahrung, Krankheit, Tod; oder Sorgen? Bestreben jedes Denkenden darauf gerichtet sein, eine solche Sünde, Schande, Berbrechen, Gefängniß; oder Verzweiflung Findet man einen solchen Anderen, dann liegt Ausbeutung und Verderbung von Tausenden fleißiger und und Tod." Hier müsse geholfen werden und zwar rasch natürlich gar kein Grund zu einer Doppel kandidatur vor nüßlicher Menschen sobald als möglich und durch jedes und gründlich"; denn die Frauen der bevorzugten Klaffen und sie ist zu beseitigen. geeignete Mittel zu beseitigen?" Die Hilfe des Staates hätten bisher eine unverantwortliche Gleichgiltigkeit an den für soziale Gebrechen werde heute in stetig steigendem Tag gelegt. Ferne müsse liegen, die Rolle von Wohl­

Ist ein solcher Anderer aber nicht vorhanden, dann