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tragen mußte. Der Radfahrer stürzte ebenfalls, erhob stch aber rasch wieder, fuhr davon und emkam, obgleich das Publikum ihn aufzuhalten suchte. Ueberfahren. Die in der Linienftraße wohnende Frau des Handelsmannes Abel passirte Sonntag Morgen gegen 9 Uhr mit ihrem anderthalbjährigen Söhnchen die Weydingerstraße und traf an der Ecke der Linieustraße eine Bekannte, mit welcher sie plaudernd stehen blieb. Während dieser Zeit ließ sie das Kind unbeachtet, welches, sich von der Hand der Mutter losmachend, auf den Straßendamm lief und hier direkt unter die Räder einer in diesem Augenblick die Ecke passtrenden Droschke geneth. Der Kleine erlitt hierbei so schwere innere Verletzungen, daß er in hoffnungslosem Zustande nach dem jüdischen Krankenhanse gebracht werden mußte. Matthe sonderbares Ereignist meldet der gestrige Polizelbencht: Abends schoß in der Oranienburgerstraße der Fuhr­unternehmer Sp. einen Revolver ab. Er hatte seinen 13 Jahre alten Bruder, der sich schon seit mehreren Wochen außerhalb des elterlichen Hauses umhertrieb, auf der Straße getroffen. Dann, als dieser vor ihm fortlief, hatte er ihn verfolgt und schließlich, um thn JU erschrecke», den Schuß abgegeben. Es glückte ihm, sich des Burschen zu bemächtigen.. i Am Sonnabend in der Mittagsstunde wurde das Pferd einer durch die Kanonierstraße fahrenden Droschke scheu und lief auf den Bürgersteig. Hierbei gerieth die aus einem Geschäfte «anomerstr. S heraustretende Wjährige verehelichte Luise Boje unter die Räder des Wagens und erlitt außer einer Verletzung an der Stirn einen Bruch des linken Knöchelgelenks. Sie wurde auf der Unfallstation I verbunden und dann nach ihrer Wohnung gebracht. Aus den Nachbarorten. .. gestörte Eisbeiucssen. Am Sonnabend Abend saßen ber dem Wirthe Tinke in Steglitz   einige fünfzig Damen und Herren beisammen, um sich an einem Eisbeiuessen, das gerade aufgetragen werden sollte, zu erquicken. Die Gesellschaft, die harmlos heiter der Jreuden harrte, die da kommen sollten, hatte aber in unserer Zeit des Kampfes für Ordnung. Religion und Sitte die Rechnung zwar nicht ohne den Wirth. wohl aber ohne die Sicherheitsbehörden unseres Musterstaates gemacht. Denn als man andächtig mit hungrigem Mage» am gedeckte» Tische faß  , erschienen statt der Eisbeine drei Gen- darmen und sechs Polizisten, die einen der Festtheilnehmer fragten. wo er die behördliche Bescheini- gung habe. daß die stattstndende Versammlung regelrecht angemeldet sei. Als der erstaunte Angeredete dem Beamten bedeutete, daß man zum Eisbeinessen und zu keinem anderen Zwecke versammelt sei, und daß keine gesetzliche Be- stiiumung das gemeinschaftliche Vertilgen von Schweinefleisch verbiete, erwiderte ein Gendarm, daß trotz dieser Argumentation eine Versammlung stattfinde, und zwar die eines politischen Vereins, an der nach dem Vereinsgesetz Frauen nun schon gar nickst theilnehmen dürften. Denn die Sache liege so: Wie er, der Gendarm sehe, seien die anwesenden VersammlungstHeilneHmer zumeist Mitglieder des Arbeiter-Sängerbundes von Steglitz  , und der Arbeiter» Sängerbund sei nach der behördlichen Ansicht, an der nicht zu rütteln ist, ein Verein, der die Erörterung politischer Angelegen- Helten bezwecke. Da ferner nun die Versammlung, die er vor sich sehe, entgegen dem Gesetz erstens unangemeldet und sodan» ebenfalls gesetzwidrigerweise unter Theilnahme von Frauens- Personen stattfinde, so löse er diese Versammlung auf und richte an die Anwesenden das Ersuchen, sich aus dem Lokal zu ent- fernen, zum ersten, zum zweiten, zum dritten Mal! Es ist schwer, bei der in Preußen gegen sozialdemokratische Arbeiter beliebten Anwendung des berühmten Vereinsgesetzes stch noch soviel Humor zu bewahren, als zur Schilderung einer trotz des Erustes der Thatsachen so unendlich komischen Sache nöthig ist. Diese besonders drastische Episode aus dem vergeblichen Kampfe, den die Behörden in Preußen gegen die Sozialdemokratie führen, bildet nichts als ein einziges, unbedeutendes Glied in der langen Reihe der hergebrachten Arbeiterverfolgungen. Auch in Steglitz   können unsere Parteigenossen ein Lied von diesem Kampfe singen, der sich in neuerer Zeit aus unersichtlichen Gründen ganz besonders gegen den dortigen Arbeiter- Sängerbund richtet. Es versteht sich, daß unsere Parteigenossen in dem genannten Vororte auch die neueste behördliche That mit Kraft und Umsicht als A g i t a t i o n s- mittel für unsere Sache anwenden werde», und so findet denn übermorgen, Donnerstag, abends S Uhr, im Lokal zum Schwarzen Adler eine Volksversammlung statt, die sich speziell mit dem polizeilichen Kampfe gegen uns beschäftigen wird. Namentlich die Frauen sind zu dieser Versammlung eingeladen. Die Parteigenossen und Genossinnen von Wcistensee werden auf die am Mittwoch, den 7. d. M.. im Prälaten an der Ecke der Königs- Chaussee und Lehderstraße stattfindende Volksversammlung aufmerksam gemacht, in welcher Frau Mesch über Frauenpflichten und Frauenrechte reden wird. Um zahl- reiches Erscheinen ersucht die Einberuferi». Die Neuorganisation der preußischen Gewehrfabriken und der Munitionsfabrik in Spandau   bringt für mehrere Beamten- kategorien einschneidende Aenderungen. Die Oberbüchsenmacher­stellen in den königlichen Gewehrfabriken werden gänzlich ein- gehen; die Revision und die Abnahme der Arbeiten wird von Inspektoren und den ihnen beigestellten Munitionsrevisoren be- werkstelligt werden. Diese Stellen werden zunächst den bisherigen Oberbttchsenmachern übertragen. Die Bataillons-Büchsenmacher werden nicht mehr zum Examen als Oberbüchsenmacher zugelassen, da später die Munitionsrevisoren aus dem Feuerwerkspersonal hervorgehen sollen. Infolge dieser Umwandlungen und durch das Eingehen der Halbbataillone ist die Büchsenmacherlaufbahn zur Zeit wenig anSsichtsvoll; die jetzigen Aspiranten werden in den ersten zehn Jahren aus Anstellung im Militärdienst kaum rechnen können. AnS dem Svandaner Militärgefängniß. Im Februar vorigen Jahres ist der jetzige Militärgesangene Peter Jöres wegen Fahnenflucht zu Gefängniß verurtheilt worden. In der Gesangeuschast beschäftigte man ihn mit Schneiderarbeiten. Jöres konnte sich aber während der Strafzeit, wie geschrieben wird, nicht an Gehorsam gewöhnen. Die ihm übertragenen Arbeiten führte er nachlässig aus, zeigte sich widerspenstig gegen seine Vorgesetzten und war auch durch Disziplinarstrafen, die in mehr als i» 20 Fällen über ihn verhängt wurden, nicht zu beffern. Im Frühjahr d. I. brachte man den körperlich strammen Sträf- ling in das Lazareth, konnte aber dort eine ungesunde Be- schaffenheit des Geistes an ihm nicht entdecken. Im Gefangniß trug er dann wieder sein widerspenstiges Wesen zur Schau, unterhielt sich gegen das Verbot mit den in seiner Nachbarschaft untergebrachte» Gefangenen und unterbrach selbst in der Kirche den Gottesdienst durch lautes Sprechen. Man hat ihn nunmehr wiederum in das Lazareth gebracht, aber auch diesmal ist mit ihm nichts anzufangen. Gegen die Wärter benimmt er sich wortkarg und den Aerzten steht er überhaupt nicht Rede und Antwort. An Geisteskrankheit zweifelt man bei Jöres noch, weil er einer gesunden Familie entstammen soll. bera� wurde kürzlich die� erste �emeiudevenreler.�itzui!g unter Vorsitz des neuen Gemeindevorstehers und Bürgermeisters a. D. Ziethen abgehalten. Man beschäftigte stch in der Sitzung auch mit den letzten Gemeindewahlen und erklärte derVoss. Ztg." zufolge in der dritten Klasse sämmtliche Wahlen und in der zweiten Klasse zwei Wahlen für u n g i l t i g. Ferner wurde be­schlossen, ein eigenes Rathhaus zu bauen und darin sämmtliche Schreibstuben der Gemeindeverwaltung, der Polizei, der Kranken- lasse ze. zu vereinigen. Man hofft, daß der Bau den Preis von 330 000 M. nicht überschreiten werde. Wegen eines an einem Kinde versuchten Sitten- Ver- g e h e n S ist der 28 Jahre alte Friseur Wilhelm G. auS der Kaiser Friedrichstraße zu Schöneberg   am Sonnabend verhaftet worden. Vo» einem Eisenbahn- Unfall giebt die BetriebS- Jnfpektion 10(Berlin  ) Nachricht: Der gestrige Personenzug 87 sollte in Luckenwalde   wegen Ueberholung durch den Schnellzug 31 auf einem Nebeugeleise einfahren. Hierbei ist erstem Zug wegen falscher Weichenstellung auf einen Rangirtheil gefahren, wodurch 5 beladene Wagen entgleisten und beschädigt worden sind. Beim Unfall haben �wei Reisende leichte Kontusionen erlitten. Betriebsstörung ist nicht eingetreten. Die Untersuchung ist ein- geleilet. Verhaftung eines Wilderers. Der Gärtner Schulz, der in hervorragender Weise an zahlreichen in der Umgegend von Hamburg   verübten Wilddiebstählen betheiligt war und dieser- halb steckbrieflich verfolgt wurde, hatte sich nach Berlin   ge- wandt, wo er eine neue Diebesbande gründete und längere Zeit den Grunewald unsicher machte. Der hiesigen Kriminalpolizei ist es nun gelungen, den gefährlichen Wilderer zu ermitteln und dingfest zu mache». Seine Ueberführung nach Hamburg   ist be- reils erfolgt._ Gewerbe Nuslkelluns 1896» Die Ausstellung war auch am vorigen Sonntag überaus zahlreich besucht. Zwischen den beiden feindlichen Stämmen der Suaheli und Maffai kam es vorgestern Vormittag zu einer heftigen Fehde. Die in der Kolonialausstellung vertretenen Mitglieder der beiden Stämme waren miteinander in Streit gerathen, der alsbald in Thätlichkeiten ausartete und emen solchen Umfang annahm, daß die Leute mit Knüttel aufeinander einschlugen und Aufseher und Gendarmen gegen die Exzedenten einschreiten mußten. Die Stimmung der Schwarzen war so erregt, daß die Leute schließ- lich, um eine Fortsetzung des Kampfes zu hindern, vorübergehend eingesperrt werden mußten. Wenn der Paläontologe der Zukunft in kommenden, fem abliegenden Zeiten in der weiteren Umgebung Treptows Aus­grabungen vornehmen sollte, wird er vielleicht auf Funde stoßen, die ihn stutzig machen werden. Er wird nicht wissen, was er mit ihnen anfangen soll. Zwar die Skelette und Ueberreste der von ihm entdeckten Thiere zu klassifiziren wird ihm nicht schwer fallen. Aber daß sie nicht zu den Mammuthexemplaren ihrer Gattung gehören und nicht antediluvianischen Ursprunges sind, wird ihm sofort einleuchten. Wie aber, so wird er sich fragen, kommen die Skelette in dieser Maffenhaftigkeit hierher? Wenn er dann die Aufzeichnungen unserer Tage aus den vermuthlich längst vergilbten Blättern durchstudirt, wird er entdecken, daß in der Gegend seiner Funde im Jahre 1896 eine Gewerbe-Ausstellung stattfand, die mit einem Vergnügungspark verbunden war, und daß in diesem Vergnügungspark der Thierkönig unserer Zeit, Karl Hagenbeck   in Hamburg  , weidlich für die Unterhaltung seiner Besucher gesorgt hatte. Und der Zusammenhang der Grabstätten mit diese» Veranstaltungen wird ihm klar werden. In der That handelt es sich um Massengräber. In der Stille der Nacht, auf weitem Felde, sind nach derNat-Ztg." nicht weniger als 130 Affen, 33 Seebären, I Löwe und 1 Bär, die der Jiauhheit unseres Klimas nicht widerstehen konnten und infolge dessen eingegangen sind, nach und nach verscharrt worden. Der Löwe ist erst in diesen Tagen eingegangen. Bezüglich des Bären sei ausdrücklich bemerkt, daß es sich nicht um den kleinen ulkigen schwarzen Gigerlbär handelt, der durch die gemessene Grandezza seiner Bewegungen ein Liebling aller Be- sucher geworden ist. Der Werth der eingegangenen Thiers ist kein so unbeträchtlicher, wie man wohl annehmen könnte. Der Durchschnittspms der Affen betrug 30 M. Ursprünglich waren gegen 300 in dasAffenparadies" gebracht worden, ein Ersatz für die dahingerafften hat, da die Verluste erst in letzter Zeit eintraten, nicht stattgefunden. Die Eisbären dagegen sind aus dem großen Bestände in Hamburg   stets ergänzt worden. Mnnft nnd AVistvnsltznfk. Hermann Sndermann ist mit seinen neuen Komödien vom Lessing-Theater, wo sein Ruhm ausging, inS Deutsche  Theater übergesiedelt. Die drei Einakter, die am Sonnabend zum ersten Male gespielt wurden, heißenTeja",Fritzchen" und Das Ewig-Männliche". Sie wurden unter dem Gesammttitel Morituri"(Dem Tode geweiht") aufgeführt. Dieser Gesammt- titel soll gleichsam aus ein Leitmotiv, das den drei Stücken ge- meinsam ist, hindeuten; er ist aber nicht recht zutreffend.Teja" und Fritzchen' sind zwei engbrüstige Tragödien; sie wollen weichmüthig z» weichem Mitleid anregen. Sie rühren an schwere Fragen, die von jeher das grüblerisch-sinnende Dichtergemüth angeregt haben. Was wohl die letzten Augenblicke derer, die an Rück- erinnerungen, an Todesahnen zu sterben bereit find, erfüllen mag? Aber auf die schweren Fragen erfährt man keine tiefere Antwort im großen poetischen Sinn. InTeja" ist der Stoff akademischzurechtgelegt,Fritzchen" weistin der knappen und schlagen- den Szenenführung die Vorzüge des ungewöhnlich bühnenkuudigen Sudermann auf, so daß es als Theaterstück wenigstens sehr leb- Haft wirkte. In beiden Dramen hat der Autor eine wohlfeile Art erwählt, elegische Stimmungen wachzurufen. Kein auf- begehrliches Individuum geht am Widerstand der Welt zu gründe. Denn im Hintergrunde find Sndermann's Sterbende längst todt gewesen; das heißt, innerlich abgestorben. Wie Fall- obst von den Zweigen fällst, so sinken die knabenhaften Dulder bei Sudermann zu Boden. Ob man nun über derlei Geschicke mitleidvolle Wehmuth empfindet, das hängt davon ab, wo man selber steht. Der Gothenkönig Teja hat eine Erbschaft übernommen, die seine jungen Schultern erdrückt. Sein Reich ist zerspalten, seine Herrschaft todlwund; und in neronifcher Wuth rast der Jünghng in blindem Morden. Der Wahnwitzige tauscht sich den Schein von kühnem Leben und von Thaten vor; in Wahrheit war er längst ein verdorrter Ast; und wenn er in theatralischer Heldenpose zum Sterben geht, ivas ist mir dann Hekuba  ? Auch Lieutenant Fritzchen hat welkes Blut in seinen Adern. Auch hier stirbt in Wahrheit kein THatendrang, kein Jünglings- muth. Ein kranker.Erbe, ist Fritzchen weit vor der Katastrophe der geistigen TodeSstarre verfallen. Von engsten gesellschaftlichen Gesetzen eingeklemmt, gepeitscht von trostlosen Familienvorschristen, wird der Jüngling bei dem besten Lebens- konflikt niederstürzen, wie ein Kalb, vom Beil des Metzgers ge- troffen, niederstürzt! Fritzchen's eigener Vater, der Major, hat den Sohn auf den Weg zum Tode verwiesen. Fritzchen liebt seine Kousine. Er soll sie auch zur Frau gewinnen. Aber erst soll erehereif" werden: das ist, sich die Hörner abstoßen, Abenteuer erleben. wie sichs für einen schneidigen Offizier schickt. Und Fritzchen er- lebt sein Abenteuer bei der Frau emes anderen. Er wird vom Gatten ertappt und der Wehrlose wird zum Hause hinaus- gepeitscht. Sein Sittenkodex gebietet ihm nun, in den Tod zu gehen, und die Erde hat einen Weichling weniger. Wacker traten die Darsteller, zumal Herr Kainz, der den finsteren Gothenkönig, der in der Todesstunde noch durch Frauen- huld zur Liebe gesänstigt wird, wie den verunglückten Lieutenant spielte, für die beiden Trauerspiele ein. Künstlerisch erfreulicher war das satirische VerZspielDas Ewig-Männliche". Hier decken sich Wollen und Können. Hier giebt es kein gewichtiges Problem zu ergründen; nicht auf dichterisches Empfinden im höchsten Wortsinn kommt es an. Ein satirisch gelaunter kluger Mann erzählt mit dreistem Gelächter eine übemnthige Variation de» alten 'männischen SprucheS:Verachte da? Weib!" Freilich hat man unter dem Weib die Müßiggängeri», die Dame ohne Lebens- inhalt zu verstehen. Diesmal trägt sie sogar Diadem und Krone. Die junge Königin im Maskenspiel hat einen alten Gatten und berückt mit ihrer Schönheit die Köpfe aller Höflinge. Auch den tapferen Mann, den ehrlichen Kriegsführer, wie den witzigen Maler voll gesunder Lebenssülle lockt sie in ihr Netz. Aber die beiden sind Mannskerle; der eine kraft seiner That- bereitschast, der andere kraft seines muthigen Geistes und WitzeS  . Dem Maler wird von tölpelhaften Höflinge» eine Falle gelegt. Er tappt hinein und die Königin, die ihm eben weit zu gehen erlaubte, läßt ihn fallen und liefert ihn an den eifersüchtigen Kriegshelden, seinen Neben- buhler aus. Aber der Maler ist kein Moriturus. Er will nicht wie ein Schlachtopfer um eines buhlerischen Weibes willen fallen. Er hat den Pinsel meisterlich führen, nicht aber den Degen kreuzen gelernt, und so überzeugt er seinen Gegner durch einen listigen Einfall, daß die Königin kein Duell werth sei, daß sie nicht ihn und nicht den Kriegsmarschall geliebt habe. Die überführte Königin kann aber des Ewig- Männlichen nicht entrathen, und so greift sie für den entwischten Maler und den befreiten Kriegsmann zu ihrem schönen Kammerdiener. Mit erquicklicher Jugendlust und mit anmuthiger Koketterie wurde das Satyrspiel von Kainz und der S o r m a wieder- gegeben. Im Schiller-Theater wird morgen zum ersten Male Der Sohn der Wildniß", dramatisches Gedicht von riedrich Halm, gegeben. Die Hauptrollen werden von den amen Pauly, Wille und Werner und de» Herren Pauly, Patry, Eiben und Sleinecke gespielt. Heute findet noch eine Wieder- holung des LustspielsEin Schritt vom Wege" statt. Sozwle Acchkspftcge. AuS der Konfektiou. Gegen eine Frau Adolfine Bauer. die Inhaberin einer Arbeitsstube, in der Kostüme(Konfektions- waare) gefertigt werden, klagte die Kostümarbeiterin Börke auf ahlung einer Lohnentschädigung wegen unberechtigter sofortiger ntlassung. Zur mündlichen Verhandlung vor der Kam merk des Gewerbegertchts hatte Frau Bauer ihren Gatten geschickt, der folgende charakteristischen Ausführungen machte: Am Eut- lassungstage sei eiligeArbeit fertigzustellen gewesen. Fräulein B. aber habe sich geweigert, mehrere Stunden nach Feierabend zu arbeite», der für gewöhnlich auf 8 Uhr abends festgesetzt war. Obwohl die fraghchen Sachen am anderen Tage hätten geliefert werden müssen, sei die Klägerin nach 9 Uhr weggegangen. Eine solche Arbeiterin könnte man natürlich nicht brauchen, fei esdochinderKonfektionüblich. daßjenach Bedarf langer gearbeitet werde. Der Vorsitzende, Assessor Hellwig, unterbrach Herrn Bauer an dieser Stelle seiner Rede, indem er ihm vorhielt, wie er nur so etwas aus- sprechen könne; man könnte niemand zwinge», Ueberstunden zu machen. Herr Bauer machte dann noch geltend, daß die Klägerin nach der Entlassung aufgefordert worden sei, weiter zu arbeiten. Fräulein Börke erklärte hierauf, Frau Bauer habe sich allerdings durch ihren Hinweis auf die gesetzliche Kündiguugs- srist bestimmen lassen, sie zum Wiederkommen aufzufordern; jedoch habe die Beklagte ihr zugleich gesagt, daß sie hinfort mit dem Annähen von Haken und Oese» beschäftigt werden würde. Eine solche Arbeit habe sie als perfekte Kostümarbeiterin aber nicht ausführen mögen. Der Vertreter und Gatte der Beklagten mußte zugeben, daß die Angaben der Klägerin richtig seien; indessen glaubte er auch das Angebot rechtfertigen zu können, das seine Frau Fräulein Börke gemacht hat. Wer die eilige Arbeit nicht machen wolle, ließe sich nur zu Neben- arbeiten verwenden. Der Gerichtshof verurtheilte den Beklagten zur Zahlung der geforderten 30 Mark. Er war der Meinung. daß die Klägerin widerrechtlich entlassen worden sei, und stellte den Grundsatz auf, daß kein Arbeiter verpflichtet sei, über die reguläre Arbeitszeit hinaus zu arbeiten. Auch wurde in der Urtheilsbegründung ausgeführt, daß einer Arbeiterin, die bisher Kostüme gefertigt habe, nicht zugemuthet werden könnte, sich hinfort mit dem Annähen von Haken und Oesen zu beschäftigen. Gertrtzkz»-Wettung. In der Strafsache gegen den Genossen Paul Jahn wegen Verstoßes gegen die§§ 6 und 15 des Vereinsgesetzes, welche die sofortige Räumung eines Versammlungsortes nach der Auflösung einer Versammlung verlangen und die Nichtbeachtung dieser Bestimmung mit Strafe bedrohen, hat nunmehr auch das Kammergericht gesprochen. Es handelte sich bekanntlich um eine Versammlung in Schöneberg  , in der Jahn als Berichterstatter desVorwärts" thätig war. Die Versammlung wurde aufgelöst, als sie beim Eintreten der Polizeistunde nicht geschloffen wurde. Jahn sollte stch da- durch vergangen haben, daß er sich nach der Auflösung nicht sofort entfernte. Er hatte sich noch einen Moment aufgehalten, um seine Notizen zu vervollständigen. Gegen das polizeiliche Strafmandat beantragte Jahn richterliche Entscheidung, und er hatte denn auch dieGenugthuung, vom Schöffengericht freigesprochen zu werden. In der Berufungsinstanz wurde er zedoch zu einer Geldstrafe von 20 M. verurtheilt. DaS Landgericht hielt auf grund der Aussage des Polizeibeamten für erwiesen, daß sich der Angeschuldigte nach der Auslösung wieder hingesetzt, sein Bier ausgetrunken und sich noch Notizen gemacht hätte. Gegenüber der Aussage des Beamten wurde auf Jahn's Be- hauptungen, daß er sich nicht hingesetzt und überhaupt kein Bier gehabt hätte, nichts gegeben. Das Gericht war der Meinung, er hätte sich sofort entfernen müssen, gleichgiltig, ob die Ans- lösung der Versammlung berechtigt oder nicht berechtigt gewesen sei. In der Revision betonte Jahn neben seinen früheren Be- hauptungen, daß er gar kein Bier getrunken habe und daß, weil mehrere hundert Personen in der Versamm- lung waren, er sich nicht sofort hätte entfernen können. Dann bemängelte er auch in dem gestrigen Termin vor dem Strafsenat des Kammergerichts das Verhalten de? Vorsitzenden der Strafkammer des Landgerichts während der Berufungsverhandlung; derselbe hätte ihn nicht genügend zu Worte kommen lassen. Die Revision wurde jedoch mit der Be- gründung zurückgewiesen, daß das landgerichtlich« Urtheil ohne Rechlsirrthum auf die maßgebenden, thalsächlichen Feststellungen gestützt sei. Was den Einwand gegen die Geschäflsführnng des Vorsitzenden angehe, so sei jene Rage prozessualer Art und»ach Z 380 der Strafprozeßordnung in der Revision unzulässig. In der Klagesache der Deutschen   Gasgltthlicht-Aktien- geseUschaft gegen 12 hiesige Firmen, welche Glühlichtkörper fabriziren, stand gestern vor der 4. Zivilkammer unter Vorsitz des Landrichters T h i n i u s Termin zur Urtheilsverküudigung an. Der Klageantrag der Gasglühlicht-Gesellschaft gingdahin: den betr. Firmenunter Androhung einer Strafe von 1000 M. für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu untersagen, solche Glühkörper für Jneandescenzbrenner gewerbsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen, feil zu halten oder zu gebrauchen, welche durch Im- prägnirnng röhrenförmiger Gewebe mit Hilfe der Nitrate oder Sulfate oder äquivalenter Verbindungen von Thoroxyd in ge- ringer Beimengung von Ceroxyd gewonnen sind mit oder ohne Magnesia." Gegen die Firma Siemens u. Co. wurde gestern nach diesem Klageantrage ein Versäumnißuitheil gefällt und letzteres gegen Sicherheilsleistung von 25 000 M. für vorläufig vollstreckbar erklärt. Bezüglich der übrigen Beklagten wurde beschlossen, durch Vernehmung der chemischen Sachverständigen Geh. Rath Dr. Fresenius und Dr. H i n tz e in Wiesbaden  sowie der Professoren Rammelsberg   und L an d o l t Beweis darüber zu erheben: l. ob Thoroxyd im Sinne der chemifchen Erkenntrnß und Darstellung vom Jahre 1336. infonder-