Uebergabe von Mctz befürchtet ward) verhindern und die revolutionäre Kommune anbahnen sollte, nahm Malon nebst seinem Bataillon lhätigen Anthcil und zeichnete sich durch seine Energie auä. Bald darauf ward er zum Beisitzer des Maire vom 17. Arrondissement erwählt, und organisirte in dieser Eigenschaft die Armenpflege und das Unterstützungswescn des Bezirks in geradezu mustergültiger Weise, was unter den herrschenden Umständen schwierig genug war. Malon bethciligte sich auch an dem zweiten verzweisel- ten Versuch der Faubourgs, die Kommune zu gründen, vom 22. Januar 1871. Die Folge davon war, daß die Regierung einen Haftbefehl gegen ihn erließ und die Zahl der Späher und Häscher, welche sich an die Fersen des jungen Agitators und Insurgenten hefteten, verdoppelte. Die Wahlen zur Nationalversammlung von Bordeaux  geboten jedoch bald weiteren öffentlichen Verfolgungen halt, denn Malon ward am 8. Februar mit mehr als 118 000 Stimmen, als fünfzehnter aus dreiundvierzig zum Vertreter von Paris   erwählt. Nickt ganz einen Monat später(3. März) gab er seine Entlaffung, um gegen die Abtretung von Elsaß-Lothringen   und die reaktionären Be- strebungen der Regierung zu protestiren, welche immer nackter zu Tage traten. Am Morgen des ercignißschweren 18. März nach Paris   zurückgekehrt, ward er von beiden Regierungen der sogenannten ausständischen der Kommune und der Versailler zum Maire von Balignolles ernannt. Er er- klärte sich in den ersten Tagen noch nicht rückhaltslos für die Kommune, sondern suchte eine vermittelnde Rolle zwischen ihr und der Regierung zu spielen, nicht etwa aus Rücksicht auf letztere, sondern nur aus Gewiffenhaftigkeit der erstere» gegenüber. Ihm schien eine Niederlage infolge der Rückständigkeit der Provinzialbevölkerung unvermeidlich, und mit Recht fürchtete er, daß unter solchen Umständen auf jede Aktion eine noch stärkere Reaktion folgen würde. Als jedoch Jules Favre   am 21. Februar seine berüchtigte Rede gehalten, kannte Malon kein Zögern mehr und schloß sich ganz und offen an die Kommune an, um so mehr, da immer deutlicher zu erkennen war, daß dieselbe mit dem Fortbestand und der Erhaltung der Republik   gleichbedeutend sei. Er lehnte zwar alle weiteren Aemter ab, da er sich ausschließlich seinen Pflichten als Maire von Batignolles widmen wollte, ward aber trotzdem am 26 März zum Mit- glied der Kommune erwählt. Hier wie da seine Aufgabe voll und ganz erfüllend, entwickelte er gleichzeitig in Kommissionen, Komitee's, Klubs und Versammlungen eine fieberhaft rege Thätigkeit und machte sich durch seine energische und klug besonnene Haltung bemerklich. Dieselbe brachte ihn verschiedene Male in Gegensatz zu den in der Kommune vertretenen jakobinistischen Elementen, denen gegenüber er, wenn auch noch verschwommen und unklar, das moderne zielbewußte Proletarierthum vertrat. Als die Kommune ihrem unvermeidlichen Geschick er- lag, kämpfte Malon bis zu den letzten Minuten auf der Barrikade und verließ seinen Posten erst, als jeder weitere Versuch, denselben zu halten, unmöglich geworden. Körper- lich bis zum äußersten ermattet, seelisch bis zum Tode be- trübt, da, wo alles verloren schien, gleichgiltig gegen das eigene Ick, irrte Malon ohne Rücksicht auf die persönliche Sicherheit mitten durch die pulvergeschwärzten, niassakri- renden Versailler Truppen, die seilten Freund, den edlen Varlin, gemordet hatten. Wahrscheinlich verdankt er es gerade dieser absoluten Gleichgiltigkeit, die ihm ein kalt- blütiges sicheres Auftreten verlieh, daß er nicht erkannt und, wie besohlen, füsilirt ward. Von der Mutter eines Waffcngefährten für die Nacht aufgenommen, ward er aus Furcht vor einer etwaigen Denunziation und Haus­suchung bereits am nächsten Tage so gut wie auf die Straße geworfen. Der Tod schien ihn nicht zu wollen, denn abermals entging er der mordenden Soldateska und fand nach allerhand Kreuz- und Qucrmärschcn durch die im Blute schwimmende Stadt im Hause eines alternden be- rühmten Bildhauers Ausnahme, welcher ihn mit folgenden Worten empfing:Wer Sie auch sind, Sie sind hier willkommen, denn Sie sind ein Opfer des Ungeheuers, das heute auf den Ruinen von Paris   triumphirt, und das die Menschheit schändet." Sechs Wochen lang hielt sich der Geächtete in dem stillen Asyle auf, gelangte dann mit Hilfe des Paffes und des Geldbeutels des Sohnes seiner Gastfrcunde über die Grenze, undgrüßte und betrat endlich einen freien Boden." Er ließ sich zunächst in Genf   nieder und erwarb seinen Lebensunterhalt als Korbflechter, Typograph und Lastträger. Wie nach seiner Ankunft in Paris   so widmete er auch jetzt wieder den größten Theil seiner Nächte einem eiftigeu Studium, das er während der großen Kämpfe der letzten Zeil gezwungener Weise vernachlässigt hatte. Die Zeit seines Exils stellt Malon's wahre Studienzeit dar, und sie war es besonders, welche ihn in den Stand setzte, für die Ideen, welche er mit der Flinte vertheidigt hatte, auch mit der Feder erfolgreich einzutreten. In den Studien, welche er damals betrieb, nahmen die ökonomi­schen Werke und die Schriften der Utopisten und Sozialisten einen breiten Raum ein. Adam Smith  , Mc Culloch, Malthus  , Ricardo, Bastiat  , Garnier, Saint-Simon  , Fourier, Louis Blanc  , Proudhon  , Cabet, Pecqueur, Vidal, Owen, Mill, Laffalle, Karl Marx   wurden eiftig durchstudirt. Hand in Hand mit der Aneignung einer tieferen Aus- bildung ging eine energische Propaganda in Wort und Schrift; Malon arbeitete an verschiedenen sozialistischen  Zeitungen in französischer und italienischer Sprache mit er war von der Schweiz   nach Italien   übergesiedelt so an derSolidarite" von Neuchatel  , an derPlebe" von Lobi, derRöpublique Republicaine" von Lyon  , dem Mirabeau  " von Verviers  , demPovero" von Palermo  :c. Daneben veröffentlichte er eine Reihe von Studien zur Geschichte der sozialistischen   Bewegung, die sehr schätzens- werthes Material für eine spätere sichtende und kritisirende Geschichtsforschung bilden, wiedie dritte Niederlage des französischen   Proletariats", ferner eineDarlegung der französischen   sozialistischen   Schulen" unddie Jnternalio- nale, ihre Geschichte und Prinzipien", ferner Agitalions- broschüren wieSpartacus",der Sozialismus, die Reli- gion, die Familie und das Eigenihum", einekritische Geschichte der Nationalökonomie",Geschichte des Sozialis- mus", Uebersetzungen von Lassalle's  Kapital und Arbeil", von Sckaeffle'sQuintessenz des Sozialismus" rc. Mit Caesar de Paepe zusammen rief er zur gleichen Zeit die Revueder progressive Sozialismus" ins Leben, und mit Höchberg   zusammen gründete er dieSozialistische Revue  ", welche nack einem Jahre wieder einging. Die Aufzählung seiner Schriften, die Nennung der Zeitungen allein, an denen Malon mitarbeitete, geben einen Begriff von der unermüdlichen Thätigkeit, der Arbeitsfähigkeit des Mannes. Die Sünden der Dresse. .III. B. W. Dasjenige Ziel, welches alle öffentlichen Be- strcbungen leiten sollte, ist das Gemeinwohl, Auf die allgemeine Wohlfahrt sollten also auch die Tendenzen der Presse gerichtet sein. Möchten die Mittel, welche von den verschiedenen Zeitungen empfohlen werden, immerhin ver- schieden sein, gemäß der verschiedenen Einsicht und Erfah­rung der Menschen; wenn nur die Parteien ehrlich bestrebt wären, der Allgemeinheit zu dienen! Wie verhält sich nun dieser sittlichen Forderung gegen- über die herrschende Presse? Sie ist im allgemeinen so weit entfernt, im Dienste der Moral zu stehen, daß sie sogar dem gemeinsten Eigennutze fröhnt. Wer aller- dings die salbungsvollen Redensarten und klangvollen Schlagworte ihrer Leitartikel für den Ausdruck der Ehrlich­keit hält, glaubt nicht nur die Geistvollste», sondern auch die Edelsten der Nation zu hören. Schlimm genug! Besser wär's, der Egoismus der Zeitungsleiter und ihrer Parteien träte unverhüllt zu Tage. Das würde den Kampf der entgegenstehenden Interessen anfeuern und somit die Entwickelung der Gesellschaft beschleunigen. Daß die politischen Bestrebungen der Zeitungen nicht gemeinnützig, sondern partikularistisch zu sein pflegen, gehl daraus hervor, daß die politischen Färbungen der Presse zusammenfallen mit den Färbungen im Parlamente. Die parlamentarischen Parteien aber sind Jnteressenparteien. Das beweisen die Berathungen und Abstimmungen über wichtige Gesetze. Mit seltener Einmüthigkeit stimmen da die einzelnen Parteien so, wie es das Interesse ihrer Wähler oder richtiger der Wahlmacher verlangt. Als es sich z. B. darum handelte, durch Kornzölle die Einnahmen der Regierung und zugleich der Großgrundbesitzer zu er­höhen, da agitirten die Konservativen mit Energie für den Zoll, weil eben der Großgrundbesitz die Hauptmacht der konservativen Partei ist. Und als über die Einschränkung der Frauen- und Kinderarbeit berathen wurde, da zeterte derDeutschfreisinn" gegen einen derartigen Arbeiterschutz; natürlich! denn die ausschlaggebende Macht dieser Partei sind die Großhändler und Großindustriellen, welche gegen alles zetern, was die manchestcrliche, d. h. rücksichtslose Freiheit der Arbeiterausbentung einschränkt. Wenn die Nationalliberalen über den fraglichen Gegenstand gcthcilter Meinung waren, so geschah dies eben, weil die Interessen der nationalliberalen Fabrikanten gelheilt waren. So trat auch der Elberfelder Abg. Schmidt für Einschränkung der Kinderarbeit ein, weil, wie er selbst gestand, in seinem Wahlkreis die Kinderarbeit ziemlich gering ist, während die bösen Konkurrenten der Elberfelder Fabrikanten in Sachsen   stark mit billiger Kinderarbeit wirthschasten. Unsere Behauptung, sämmtlicke politischen Parteien seien Vertreter von Standes- und Klasseninteressen, gilt in gewisser Beziehung auch von der sozialdemokratischen Partei. Diese Partei wendet sich gegen die Kapitalistenklasse und die mit derselben verbündeten Volksschichten und tritt für die Wohlfahrt des Proletariats ein. Während aber die bürgerlichen Parteien bei Verfolgung ihrer Interessen gegen die Volksmehrheit der Gegenwart und der Zukunft sündigen, fallen die sozialdemokratischen Bestrebungen mit den Ten- denzen der wissenschaftlichen Moral(wie dies der sogenannte Utilitarismus d. h. die Moral der allgemeinen Wohlfahrt ist) zusammen. Die Sozialdemokratie wendet sich eben nur gegen unberechtigte Klasseninteressen, z. B. gegen die Ausbeutung der Arbeit, und tritt ein für die berechtigten Interessen des Proletariats, deren Befriedigung eine Ver- besserung und Beglückung der Menschheit bedeutet. Daß die Zeitungen im allgemeinen Jnteressenpolitik treiben, ergiebt sich aus ihrem Endzwecke. Die Zeitungen werden gegründet, um Geld zu machen. Recht viel Abonnenten und besonders Inserenten! Das ist die Losung der Verleger und Redakteure. Durch Vorberechnung oder tastende Versuche finden die Männer der Presse eine Bevölkerungsschicht, deren Interessen ihr Blatt vertreten kann. Ist der Abonnenten- und Jnserentenstamm gefunden, so wird das Blatt durch diesen geleitet. Mit Recht läßt Ibsen   in seinem DramaEin Volksfeind  " einen Redakteur sagen: Die eigentlichen Leiter eines Blattes sind die Abonnenten. Zu den schwersten Sünden der Presse gehören die Sünden wider die Uebcrzeugung: Bestechlichkeit und feige Nachgiebigkeit. Der Journalismus hat eine starke Verwandtschaft mit der Prostitution. Wie nämlich die prostituirten Weiber ihre Liebe für Geld verkaufen, so verkaufen zahlreiche Männer der Presse ihre Ueberzeugung, d. h. schreiben mit dem erheuchelten Ton der Ueberzeugung für eine Sacke, der sie innerlich nicht angehören. Die Federhelden dieser Sorte gleichen auch den mittelalterlichen Landsknechten, welche für denjenigen Herrn kämpften, der sie besoldete, ohne viel zu fragen, ob dessen Sache gerecht sei. Welches ist nun die Ursache der journalistischen Prostitution? Die gleiche, wie die der erotischen: Roth. Die Ueberfüllung der sogenannten geistigen Berufe hat ein Proletariat geschaffen, dessen Angehörige großentheils froh sind, wenn sie als Redakteure oder Schriftsteller bei irgend einem Blatte, gleichviel von welcher politischen Färbung, ihr Brod finde», und welche alsdann den Grund- satz befolgen:Wes' Brod ich ess', des' Lied ich sing'". Nicht minder, als die Journalisten, vielfach sogar gröber, sündigen die Verleger wider die Ueberzeugung. Ihre Geldgier versührt sie oft dazu, die Tendenz ihrer Zeitungen zu verkaufen. Es ist geschichtlich, daß ein großer Theil der französischen   Zeitungen sowie auch ein kleiner Theil deutscher Blätter im Jahre 1870 im Solde Napoleons III. stand. Und genug Anzeichen sind dafür vorhanden, daß die Presse der Gegenwart die der Ver- gangenheil an diesbezüglicher Korruption noch übertrifft. In Zeiten, wo die Demokratie unfähig ist, die Freiheit der Presse zu behaupten, wuchert die Bestechlichkeit aus Furcht vor Unterdrückung des Blattes. Ein klägliches Beispiel dieses journalistischen Servilismus, der von Geld- liebe gezeugten Verlegerseigheit, ist von Lassalle der Geschichte übergeben worden: In Preußen war unter dem Regiment Hinkeldey die Angst vor polizeilicher Unterdrückung der Zeitungen so groß, daß von einzelnen Verlegern Spitzel gehalten wurden, um zu erforschen, ob vonOben" der Wind mehr oder weniger schneidig wehe, und wie weit die Demokratie in Leitartikeln gehen dürfe. Nicht bloß die geistige Haltung der Presse dem Publi- kum gegenüber, sondern auch die geschäft lich e Haltung den Preß arbeitern gegenüber verdient unsere Kritik. Daß die Handproletarier von dem Preßkapital ebenso ausgebeutet werden, wie überhaupt von dem Kapital, ist eine unseren Lesern selbstverständliche Thatsache. Minder bekannt ist es aber, daß die Lage der Journalisten großentheils fast ebenso elend ist, wie die jener Arbeiter. Die Ueberfüllung ihres Standes sorgt dafür, daß die Journalisten ausge- beutet und behandelt werden wie alle andern Proletarier. Oft müssen sie bei Verlegern und Redakteuren geradezu um Beschäftigung betteln, und diese Herren fühlen sich dann so recht als Arbeitgeber, als Brodherren. Vielfach erhalten die Schriftsteller ihren Lohn erst nach langem Drängen und Bitten, zuweilen gar nicht. Das Verleger- kapital aber mästet sich durch solche Drangsalirungen armer Proletarier von der Feder. Die Entwickelung der Agrarverhältnisse in Deutschland  . Eine sozialpolitische Studie. II. Während in den zwei vorher gehenden Jahrhunderten der Expropriationsprozeß mit einer gewissen lauten Auf- fälligkeit vor sich ging, schritt er im 19. fein sachte einher. Nur die Einführung bestimmter Paragraphen genügte, um ganze Klassen des Bauernstandes dem nimmersatten Junker- thum aufzuopfern. Die schöne Legende von der Rettung und Wiedergeburt des Bauernstandes durch die Stein-Hardenberg' sche Gesetzgebung zerfließt vor unseren Augen in ein Nichts, wenn wir uns die Hauptzüge derselben an der Hand des Knapp- schcn Werkes über dieBauernbefreiung  " vor Augen führen.") Wir wollen hier nicht trübsinnig den Kopf über die> systematische Abschlachtung der Bauern zur Erde senken, wir wollen auch nicht in den bekannten politischen Wasch- weiberton versallen, indem wir für die betrübenden Re- sultate der preußischen Agrargesetzgebung diese oder jene Männer verantwortlich machen, nein wir bemühen uns nur, die Nothwendigkeit für einen solchen wenig erheben- den Erfolg der Gesetzgebung nachzuweisen. Wir haben gesehen, daß selbst der Adel den Bauern- schutzedikten Friedrichs II. Trotz bot. Es ließ sich eben nicht erfolgreich gegen eine so starke, ökonomisch wohl or- ganisirte Macht wie die des preußischen Adels ankämpfen. Viel weniger wie Friedrich II.   vermochten seine Nachfolger den Kampf gegen das Junkerthum zu führen. Gewiß, sie waren unumschränkte absolute Machthaber. Aber ge- rade der absolute Monarch ist wenig Herr der ausgedehn- ten, schwerfälligen, bureaukratisch-gegliederten Staatsmaschine. Der Monarch ist unumschränkt, aber er hat leider nur fünf Sinne wie der gewöhnliche Sterbliche, er hat nur einen Kopf. Der Unumschränkte kennt also viele Schran- ken. Seine Kenntniß von den staatlichen Verhältnissen hängt von vielen Ober- und Unterbeamten ab. Und diese sind natürlich in einem Staate, dessen Stärke noch aus einem halb-feudalen Grundbesitze ruht, die Herrn vom Adel und ihre ergebenen bürgerlichen Diener. Klar führt uns das Verhältniß zwischen absolutem Monarchen und seinen adligen Beamten die Regierung Friedrich Wilhelms II.   vor Augen. Durch gewissenlose Minister und Beamte wurde der preußische Staat durch ') G. Fr. Knapp, Professor in Straßburg  :Die Bauernbe- freiung und der Ursprung der Landarbeiter je." 1887.