Berliner

Volks- Tribüne

Social- Politisches Wochenblatt.

Die Berliner Wolfs Tribüne" erscheint jeden Sonnabend rruh.

933

Einzelne Nummer 15 fg.

Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Pfg. pränumerando( frei ins Haus) Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis viertel jährlich 1 mt. 50 Bfg.; eingetragen unter Nr. 867 der Zeitungspreistifte für das Jahr 1889.) Redaktion und Expedition: 8.0.( 26). Oranien- Straße 23.

39.

III.

Achtstundentag.

-

-

-

-

-

-

Inserate werden die 4 spaltige Betit- Zeile oder deren Raum mit 20 Pfg. berechnet. Vereins- Anzeigen: 15 Bfg. Arbeitsmarkt: 10 Bfg. Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

-

-

Lohnhöhen.

-

Die Postabonnenten unseres Blattes erinnern wir daran, ohne Säumen und vor Monatsschluß ihr Abonnement zu erneuern, Post- Zeitungskatalog für 1889 Nr. 867. Preis pro Quartal Mt. 1,50

-

Sonnabend, den 28. September 1889.

erhoben werden.

Ausgabe für Spediteure: " Merkur " Zimmer- Straße 54.

"

III. Jahrgang.

An die Bäcker. Das immer im geraden Verhältniß zu der Zahl der besetzbaren daß der Strom der sich zum Studium drängenden Kräfte gebildete Proletariat 1. Der Streik der Aemter und Stellen. eingedämmt werden müsse, und das ist ja auch so weit Dockarbeiter. Erst im Anfang der 70er Jahre beginnen die Klagen ganz löblich, wenn es sich darum handelt, in ihrer grenzen­Die englischen Gewerkschaften Die bishe über den starken Zudrang zu den Staatsämtern, Pfarren losen Beschränktheit und in ihrem Unvermögen die Zeichen Zum Sozialistengeseh. rigen sozialistischen Abgeordneten. und Lehrerposten und über die dadurch hervorgerufene der Zeit" zu deuten, konsequent zu bleiben. Wie in allen Gedicht. Novelle. Der heutige Ge- Konkurrenz unter den Studirten; anfangs den Studirten; anfangs treten sie sozialen Fragen, so bewahrt sie auch hier ihre Charlanterie. schichtsunterricht. Ein bürgerlicher Moralist. vereinzelt auf, werden dann im Lauf der Jahre häufiger Sie weiß der tranfen bürgerlichen Gesellschaft keine andere Frauenstimmrecht in England.- Der Acht- und lauter, bis sie endlich in unseren Tagen mit dröhnen- Medizin zu verschreiben als eine moralische Wassersuppe. stundentag im Amerika . Aus den Fabrik- dem, betäubendem Schall in der ganzen bürgerlichen Presse Ja, da ist der sträfliche Hochmuth, auch wohl der hochfliegende Jdealismus des Kleinbürgerthums schuld. inspektorenberichten II. Sprechende Zahlen. Nach dem, was man in den letzten Wochen über Diese übermüthigen Handwerker sind es, welche, anstatt diesen Gegenstand in den Zeitungen lesen konnte, wäre ihre Söhne in der Werkstatt zu behalten, sie auf das man zu glauben verleitet, Tod und Verderben pochten be- Gymnasium schicken, damit sie sich später in die heiligen reits an das Thor unserer herrlichen bürgerlichen Gesell- Hallen der Wissenschaft eindrängen! Ihre vermaledeite schaft. Warum dies Geschrei? Ein paar tausend studirter Großmannssucht ist es, welche die Gesellschaft in Verwirr­Leute müssen einige Jahre stellenlos umherlaufen! Das ist ung bringt und für den Staat schwere Gefahren herauf­alles, und was will das heißen im Vergleich zu jener rie- beschwört". Daher, laßt ab, ihr Handwerker, von eurem igen Proletarierarmee, die schon jahrelang nicht nur löblichen aber doch verwerflichen Streben und bleibt mit arbeits: sondern sogar brodlos in unserer bürgerlichen Ge- euren Söhnen bei eurem Leisten! sellschaft verkommt, vor unseren eigenen Augen zu grunde Das ist so ungefähr der gewöhnliche Inhalt der geht! Warum erhißen sich die Herren Zeitungsschreiber Standreden, welche die großbürgerlichen Zeitungen dem nicht darüber die Köpfe, warum füllen sie die Spalten Kleinbürgerthum zu halten sich bemüßigt glauben. Haben ihrer gebildeten" Organe nicht mit geist- und wißlosen sie diese Ermahnungen noch mit einigen statistischen Daten Betrachtungen über die Gefahr, welcher der Gesellschaft herausgepußt, dann sind sie aber auch mit ihrem Latein durch die tägliche Vergrößerung der industriellen Reserve- zu Ende. armee " erwächst? Daß sie sich von solchen moralischen Ergüssen eine Die Erklärung ist einfach. Was Teufel scheert man Wirkung auf die Massen" versprechen, daß sie eine so sich um Proletarier, ja, wenn Bourgeois jahrelang ohne ganz und gar gesellschaftlich bedingte Erscheinung Anstellung und Verdienst bleiben, so ist das etwas anderes! wie es die von der Ueberfüllung der gelehrten Berufe doch Hier handelt es sich um eine Nothlage von Klassengenossen, ist in ihrem Wesen so gänzlich verkennen können um eine Durchlöcherung heiliger Privilegien, um das Auf- das wollten wir ihnen nicht übel nehmen; diese Illusion kommen eines Feindes im eigenen Schooße der bürger- und diese Unfähigkeit, die Dinge in ihrer wahren Bedeu­lichen Gesellschaft. Da stößt die Presse angsterfüllt in's tung zu erfassen, ist nöthig, damit sie ihre sittliche Auf­Horn, erschreckt durch das heraufziehende Gespenst des gabe, die Massen aufzuklären und zu belehren", erfüllen ,, Gelehrtenproletariats"!

das sonst von der Post als erlosch en betrachtet wird. Erst nach bem Monatsschluß eingegangene Bestellungen sind mit unnügen Kosten und Arbeits- und Zeitvergendungen verbunden ganz abgesehen davon, daß eine Nachlieferung der bereits erschienenen Nummern oft gar nicht mehr erfolgen kann.

Der Verlag der Berliner Volks - Tribüne".

Berlin S. 6., Leanbeufte. 22.

An alle Arbeiter und Parteigenossen richten wir wiederholt die Aufforderung, unermüdlich neue Abonnenten für unser Blatt zu werben.

Um unseren Genossen die Gewinnung neuer Abonnenten zu erleichtern, werden wir Exemplare gratis zur Agitation versenden. Alle Freunde unseres Blattes, die eine bestimmte Anzahl solcher Gratis- Exemplare wünschen, bitten wir um umgehende Benach richtigung durch Postkarte. Die Vertheilung empfiehlt sich besonders außerhalb Berlins in Vereinen und Versammlungen.

" 1

Der Achtstundentag.

11

-

fönnen.

"

-

-

Und wir wollen sie nicht beruhigen; unsere Ordnungs- Wir aber wollen materialistisch, wie wir nun ein­männer haben alle Ursache, sich gegenseitig gruselig zu mal sind den Dingen auf den Grund gehen, uns be­Das schweizerische Erekutivkomitee( bestehend aus den machen. Wir lassen sie gerne entsetzt vor der Thatsache mühen, die Erscheinung der Ueberproduktion an akademisch Genossen Karl Bürkli , Kantonsrath, D. Lang, K. Manz, stehen, daß die Zahl der zum Studium drängenden jungen gebildeten Leuten zu verstehen und als gesellschaftlich noth­Buchbinder, A. Merk, Sekretär beim schweizerischen Arbeits- Leute sich seit 1871 fast verdoppelt hat, ohne daß die wendig zu erklären. sekretariat und Eugen Wullschleger , Großrath und Redak Bahl der Aemter und Posten auch nur annähernd im Werfen wir zunächst die Frage auf: was bewegt den teur des Basler Arbeiterfreundes) macht folgende Vorschläge, gleichen Verhältniß gewachsen wäre, wir lassen sie hände- Kleinbürger wohl, seinen Sohn auf dem Gymnasium die wohl noch einer sehr eingehenden Erörterung bedürfen: ringend die Resultate der von Prof. Lexis ausgearbeiteten 12-14 Jahre zu bringen zu lassen, ihn dann auf weitere Das vom Kongreß beschlossene dreisprachige Wochen- Denkschrift lesen, worin bewiesen wird, daß allein der 8-12 Semester auf die Universität zu schicken und die blatt Der achtstündige Arbeitstag", erscheint vorläufig in preußische Staat augenblicklich schon ca. 15 000 großen Kosten für diese Erziehung und akademische Aus­zwangsloser Reihenfolge, bis das Unternehmen finanziell ge- überschüssige Studenten hat, die keine Aussicht haben, bildung zu tragen? Hochmuth? Jdealismus? Etwa das sichert ist. Nach dem diesfälligen Beschluß des Kongresses kommt in den nächsten 5-8 Jahren angestellt zu werden. Wir Verlangen, mit seinem Sohn am Wirthshaustisch renom­diesem Blatte die Aufgabe zu, die Bestrebungen zu gun- unsererseits begnügen uns damit, diese Thatsachen zu kon- miren zu können? Ein Narr, der das glauben könnte! sten des achtstündigen Arbeitstages in nähere Ber- statieren. Es ist das nackte Interesse, die Aussicht auf eine bindung zu bringen und die Leser über den Fortgang Wir läugnen auch nicht, daß diese Ueberproduktion gesicherte Lebensstellung", welche den Handwerker der Arbeiterschutzgesetzgebung in Europa und Amerika , an studirten Leuten unter den heutigen Verhältnissen ein veranlaßt, seinen Sohn die sogenannte Gelehrtenlaufbahn sowie über den Stand der Arbeiterbewegung zu informiren. Die Kosten der Herausgabe des Blattes, die Büreau- Uebelstand ist. Im Gegentheil; durch die Jagd nach einer einschlagen zu lassen. Und warum das? wird der Leser arbeiten, die Ueberfegungen, Bublikationen 2c., die auf ca. Anstellung werden tausende in die Lage; gebracht, sich zu weiter fragen. Weil unser Handwerker heute schon weiß 15-20 000 Franken( 12-16000 M.) pro Jahr ver- Handlungen herbeizulassen, die Charakter und Rechtssinn oder doch instinktiv fühlt, daß dem Kleinbetrieb bald die anschlagt werden, sind durch freiwillige Beiträge derjenigen Arbeiterverbände 2c. aufzubringen, die am Kongreß vertreten zu Schanden werden lassen; in dem Wettrennen nach einem leßte Stunde schlägt, weil er merkt, daß eine darauf ge­Staatsamt sucht der eine den anderen in Unterwürfigkeit gründete Existenz durch die rapide Entwicklung der kapita­und reaktionärer Gesinnung zu überbieten. listischen Wirthschaft in ihren Grundfesten erschüttert ist, Was ist denn der Antisemitismus und der Mords- und weil er endlich hundertmal klarer sieht, als alle Bei­An die Bäder Deutschlands . patriotismus der heutigen akademischen Jugend anders als tungsschreiber, und nicht weiß, ob er noch in 10 Jahren Der Reichstagsabgeordnete Bebel beabsichtigt, eine eine Folge dieser übermäßig gesteigerten Wettbewerbung?" bestehen", seinem Sohne etwas hinterlassen kann. Untersuchung über die Zustände im Bädergewerbe anzu- Unverkennbar ist auch der Schaden, welcher der Gesellschaft Darum trachtet er mit durchaus anerkennenswerther stellen. Er giebt zu diesem Zwecke Fragebogen aus, die dadurch erwächst, daß tausende von jungen kräftigen Män- Fürsorge danach, seinen Sohn nicht den Launen des Schick= von ihm selbst ,, Dresden- Plauen,( Hochstraße 22), von der nern zu jahrelangem Faullenzen, oder doch zu Arbeiten fals preiszugeben, seine Existenz bei Zeiten zu sichern, ihn Redaktion der Bäckerzeitung", Berlin NO., Linienstr. 7, verurtheilt sind, die mit ihrer Leistungsfähigkeit in keinem in eine Stellung hineinzubringen, wo er ein gutes und und von C. Kretschmer, Hamburg , Schaumburgerstr. 12, Verhältniß stehen. vor allem sein ,, ficheres Brod" hat. Darum scheut er zu beziehen sind. Er fordert zur Ausfüllung dieser Bogen und Rücksendung an ihn bis spätestens Mitte Oktober dieses Jahres auf.

waren.

Und die durch solche Nothlagen geschaffene Unzufrie- teine Mühen und keine Opfer, er bestreitet die Ausgaben denheit? Anstatt sie zu fürchten, wie die bürgerliche Presse, für Schule und Universität mit Freuden, wofern nur sein freuen wir uns darüber, und anstatt sie für ein gefähr: Sohn das Ziel erreicht. Er, der die Unsicherheit einer liches Moment zu halten, erblicken wir in ihr die gesunde selbständigen auf das Handwerk gegründeten Existenz an Die Ueberfüllung in den gelehrten Berufen. Reaktion gegen die Krankheit, ein heilendes Moment. Hunderten von Fällen gesehen, er schäßt vor allem die Wird sie doch eines Tages helfen, einen Zustand zu Sicherheit" hoch und darum sucht er seinem Sohne, so= schaffen, der keine Ueberfüllung" in den gelehrten Berufen fern dieser nur die nöthigen Fähigkeiten hat, den Weg zur hm. Die Ueberfüllung in den gelehrten Berufen ist kennen wird: die sozialistische Gesellschaft. Beamtenfarrière mit allen Mitteln zu eröffnen. Wer dürfte eine gesellschaftliche Erscheinung neueren Datums. Noch Diese Auffassung theilt natürlich unsere bürgerliche ihn dafür tadeln? Der heutige Kleinbürger sieht sich eben por 25 Jahren konnte man nichts davon hören; die Zahl Presse nicht. por die Alternative gestellt, seine Nachkommen entweder der Studirenden wuchs nur sehr langsam und blieb daher Sie zieht aus den vorliegenden Thatsachen den Schluß, tn's Proletariat, zu Lohnarbeitern herabsinken zu lassen

I.

" 1