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BestellschreibenZ oder Bestellkarte an das kaiserliche Packet-Post. amt in Berlin   N.(Oranienbnrgerstr. 70) findet die Abholung von Packeten auch aus den i» den Verlangschreiben bezeichneten Wohnungen statt. Die Bestellschreiben und Bestellkarten werden unentgeltlich befördert; für die von den Packetbestellern auf ihren Bestellfahrteu eingesainmelteu Packete kommt außer dem Porto  allgemein eine Gebühr von 10 Pf. zur Erhebung. Ncbcr die königliche Bibliothek schreibt man derVosst- schen Zeitung": Der vorzeitige Schluß des großen Lesesaales der königlichen Bibliothek ist ein vorübergehendes Uebel. ein dauernder aber ist der Mangel an Bibliotheksdienern geworden. Die Besucher des Lesesaales leiden darunter schwer. Durch diesen Mangel wird eine der dankenswerthesten und praktischsten Be- ftimmungen der Bibliotheksordnuug zu nichte gemacht, die über die schleunige Besorgung von Büchern für den Lesesaal. Auch das Einstellen der Bücher in die Fächer nach der Rückgabe wird dadurch sehr verzögert. Roth thut die Vermehrung des Personals, damit die jetzigen Diener etwas entlastet werden und die Bücher- bestellung wieder in Ordnung kommt. Mit 9000 bis 10 000 M. jährlich wäre Wandel zu schaffe». Jeder Sachkenner wird zu- geben, daß die aufzuwendende Summe gering ist im Verhältniß zu dem Nutzen, den sie stiftet. Herr Rösicke will doch General-Direktor der Schultheiß Brauerei bleiben. In der am Sonnabend abgehaltenen Auffichts- rathssitzung war der Vorsitzendein der angenehmen Lage", der Versammlung die Mittheiluug zu machen, daß es gelungen ist, Herrn Kornmerzienrath Richard Rösicke der Gesellschaft als Generaldirektor zu erhalten. Zugleich wurde in Aussicht genommen, eine Vereinigung der Brauerei zum Waldschlößchen Aktiengesellschaft in Dessau  , welche gleichfalls unter der Ober- leituug des Herrn Koinmerzienraths Rösicke steht, mit der Schultheiß' Bräuerei Aktiengesellschaft herbeizusühren und werden demnächst die Generalversammlungen dieser beiden�Gesellschafien zur Beschlußfassung hierüber einberufen werden.' Vor einiger Zeit wollte Herr Rösicke bekanntlich partout sein Reichstags- mandat niederlegen, doch gelang es auch damals, ihn seinen schier verzagten Wählern zu erhalten. Elendsstatistik. Im Berliner   Asylverein für Obdachlose nächtigten während des Monats September 9199 Männer und 910 Frauen. Arbeitsnachweis erbittet der Verein für Männer Büschingstr. 4, für Frauen Füsilierstr. S. Im Mestpalast in der Alexandrinenstraße will man vorn I. bis 31. Dezember eine Weihnachtsausstellung, die mit einem Weihnachtsmarkt verbunden sein soll, abhalten. So scheint der unzeitgemäß gewordene Berliner   Weihnachtsmarkt, dessen letzte klägliche Reste noch alljährlich auf dem Belleallianceplatz ein kümmerliches Dasein fristen, in großkapitalistischer Verwandlung wieder auserstehen zu sollen. Bo»Kicstliug's Berliner Verkehr", dem bekannten rothcn Westentaschen- Kursbuch sämmtlicher Berliner   Verkehrs- mittel, ist soeben die erweiterte Winter- Ausgabe(30 Pf.) er- schienen. Gleichzeitig mit diesem Büchlein ist Kießliug's Taschen plan von Berlin  (20 Pf.) in neuer, übersichtlicher Ausführung herausgegeben worden. Die 42 Tahomeh-Tainen, welche sich am 18. d. M. in Hamburg   nach ihrer Heimath einschiffen sollte», werden, wie die Direktion des Passage-Panoptiknms mittheilt, ihren Aufenthalt um 10 Tage verlängern und erst am 20. Oktober Berlin   verlassen. Die Massendiebstähle von künstlichen Zähnen haben die hiesige Kriminalpolizei zu weiteren Recherchen im Reiche veran- laßt. Wie telegraphisch aus Hamburg   berichtet wird, swd gestern bei dem Deutaldepot Bernhard Stern 332 künstliche Zähne be- schlagnahnit worden, die von einem derartigen Diebstahl her- rühren müssen. Die gestohlenen Zähne trugen sämmtlich den Stempel des hiesigen Dentaldepots von Esch u. Sohn, bei welcher Firma bekanntlich in den letzten Monaten enorme Posten Zähne entwendet wurden. Wenn man vonFortschritten" an der Weidendammer Briitke schreibt, soll man vorsichtig sein. Am Freitag Abend fehlten zur Verbindung des Steinpflasters mit den, Brückenbelag nur noch einige Steinreihen, und auch die Ausbesserung des Holzpflasters>var schon um 4Ve Uhr bis auf einige Dutzend Holzklötze fertig. Jedermann glaubte, daß noch am selben Abend oder spätestens am Sonnabend Morgen der Fahrverkehr un- mittelbar durch die Friedrichstraße über die Brücke geleitet werden würde. Aber weit gefehlt. Man ist nicht nur nicht am Freitag, sondern auch am Sonnabend noch nicht fertig geworden, vielmehr erst Montag Abend. Seitdem fahren nun endlich die Wagen den geraden Weg. Durch den Zusammcnstost zweier Straßenbahnwagen ereignete sich vorgestern Mittag aus der Treptower Chaussee vor dein Verwaltungsgebäude der Ausstellung ein schwerer Unglücks- fall. An der Endstation der elektrischen Straßenbahn wollte der Führer eines Motorwagens nach der Umschaltungsweiche fahren. Infolge eines Versehens gab er vollen Strom, so daß der Wagen mit großer Geschwindigkeit durch die Weiche nach dem anderen Geleise fuhr, auf welchem ein Anhängewagen stand. In diesem Augenblick wollte der Arbeiter Müller an letzterem Wagen vorbei- gehen. Er gerieth zwischen die Puffer der beiden Wagen, wobei ihm der rechte Fuß zermalmt wurde und er außerdem eine Ver- letzung des Schlüsselbeins erlitt. Durch den Zusammenstoß wurde die vordere Plattform des Anhängewagens zertrümmert, die des Motorwagens stark beschädigt. Jäh vom Tode ereilt wurde gestern in der Sprechstunde der Poliklinik des Augusta-Hospitals die 40 Jahre alte Frau Mathilde des Steueraussehers Franke aus der Fennstraße. Die Frau war mit einem kleineu Kmde zur Behandlung in die Poli- klinik gekommen, brach plötzlich zusammen und starb, nachdem man sie kaum auf ein Krankenzimmer getragen hatte. Wahr- scheinlich hat ein Herzschlag sie getödtet. Die Frau dcS Posamentierwaaren- Händlers König, welche an, 23. Septbr. bei einer Benzinexplosion schwere Brand­wunden erlitten, ist gestern an den Verletzimgen gestorben. Mit zertrümmertem Schädel wurde gestern Morgen gegen 0 Uhr in der Prenzlauerstraße, Ecke der Linienstraße, der obdach- und beschäftigungslose Arbeiter Naumann aufgefunden und mittels Lück'schen Krankenwagens nach dem Krankenhause Friedrichshain   gebracht. N. hat sich die Verletzungen durch einen Fall in der Trunkenheit zugezogen. Einen unglücklichen Ausgang hat ein Unfall genommen. der einem jetzt hier weilenden Geschäftsreisenden vor kurzem in Breslau   zugestoßen war. Der Reisende Friedrich Hölzl, dessen Familie in Frankfurt   a. M. wohnt, hatte sich am 22. v. M. bei einer Dampferfahrt mit dem Kopfe an der niedrigen Lesstng- Brücke gestoßen. Die Verletzung schien unbedeutend zu sein und hinderte Hölzl nicht, seinen Geschäften nachzugehen. Bon Breslau kam er nach Berlin  . Hier verursachte ihm gestern Nachmittag die schon fast vergessene Wunde plötzlich solche Schmerzen, daß er ein Krankenhaus aufsuchte. Kaum war er dort aufgenommen, als sich Wundstarrkrampf   einstellte, der nach kurzer Zeit dem Leben des 39jährigen Mannes ein Ziel setzte. Wegen gewerbsmäßiger Kuppelei ist gestern eine in Moabit  , Stephanstraße, wohnende Wittwe Sch., die unter der Maske einer Gesindevermietherin vor den Miethskornptoiren in der Friedrichstadt   flanirte und dort außer Stellung befindliche Dienstmädchen an sich zog, um sie der Prostitution zuzuführen, in Untersuchungshaft genommen worden. DieGeschäftsbücher" der Sch. wurden beschlagnahmt und die luxuriös eingerichtete Wohnung gerichtlich unter Siegel gelegt. Ans dem Polizcibericht vom 6. Oktober. An der Ecke der Köpnjckerstraße und des Mariannen-Ufers warf vormittags durch die Schuld des zu schnell fahrenden Kutschers   ein schwer beladen er Kohlenwagen der,.Firma H. Nikolai um, so daß die außer dem Kutscher auf dem Wagen sitzenden drei Arbeiter auf den Damm geschleudert und zwei von ihnen am Kopfe und an der Hand verletzt wurden. Der Kutscher und der dritte Arbeiter blieben unversehrt. In der Mittagsstunde lief der angetrunkene Tapezirer Wilhelm Sobeck an der Ecke der König- und Neuen Friedrich- straße gegen eine vorüberfahrende Droschke, erfaßte, um sich zu halle  », den einen Scheerbaum und wurde von dem infolge dessen durchgehenden Pferde eine Strecke weit mitgeschleift. Er ließ darauf los und gerieth unter die Räder der Droschke, ohne jedoch irgend welchen Schaden zu nehmen. Auf dem Dombauplatze erlitt nachmittags der 44 jährige Maurer August Leps dadurch einen Bruch des rechten Ober- armes, daß beim Aufwinde» eines schweren Sandsteinblocks die von Leps benutzte Brechstange abglitt und ihm gegen den Arm schlug. In dem Betriebe der elektrischen Straßenbahn der Linie Dönhoffplah Reichenbergerstraße entstand Nachmittags da> durch eine längere Störung, daß in der Ritterstraße ein Straßen- bahnwagen durch die Schuld des Führers gegen einen die Alexandrinenstraße entlang kommenden Müllwagen fuhr. Hier- durch zerbrach das rechte Hinterrad des Müllwagens und der Wagen fiel auf das Geleise. Abends wurde vor dem Hause Orauienburgerstr. 51 die 50 Jahre alte Wittwe Amanda Paul, geb. Berlin   durch einen Geschäftswagen überfahren und erlitt anscheinend innere Verletzungen. Nach Angabe der Zeugen trifft den Führer des Wagens die Schuld an dem Unfälle. Aus de» Nachbarorten. Steglitz  . Umstände halber findet die für Donnerstag ge- plante Volksversammlung erst am Freitag statt. Zahlreicher Besuch wird von den Einberufern erwartet. Eigenartige postalische Verhältnisse herrschen in dem Grenzpostbezirke Berliu-Rixdorf. Für diesen Bezirk ist das Berliner   Postamt 59 zuständig. Dasselbe bestellt in einem großen Reviere, das örtlich zu Rixdorf gehört, und zwar vom Kottbuser Damm bis hinauf zur Kaiser Friedrich- und Hobrechtstraße. Viele Postsendungen, welche innerhalb dieses Bezirks bestellbar sind, enthalten in ihrer Adresse den Vermerk: Nixdorf, dort und dort, indem die Aufgeber der Postsendungen nicht wissen, daß das betreffende Rixdorfer Gebiet zum Postbezirk Berlin gehörig ist. In solchen Fällen wird von den zuständigen Postbeamten die OrtsbezeichnungRixdors" einfach durchstrichen und durch den Vermerk59" ersetzt. So gehen die Postsendungen ohne iveiteres an das Postamt 59 und werden von dort aus bestellt. Anders ist es aber, wenn es in der Adresse heißt:Rixdorf, Schinkestraße." Obgleich die Schinkestraße auch innerhalb des Grenzbestellbezirls Berlin   und zwar unweit der Kottbuser  Brücke liegt, gehen derartige Sendungen doch zumeist nicht an das Berliner   Postaint 59, sondern an das Postamt Rixdorf. Da dieses aber in der Schinkestraße nicht bestellt, so wandern die fraglichen Postsendungen von dem Postamt Rixdorf erst nach dem Berliner   Postaint 59 und werden nun von hier ausgetragen. Natürlicherweise wird durch dieses umständliche Verfahren eine sehr erhebliche Verspätuiig der Bestellung bedingt, die unter Um- ständen für die Interessenten die»nangenehmsten Folgen nach sich ziehen kann. Um solchen vorzubeugen, wäre es angebracht, daß einmal die zuständigen Postbeamten sich klar darüber würden, daß auch die Schinkestraße zum Berliner   Poftbezirk gehört; zum anderen aber auch, daß das Publiktlm selber sich mit den ein- schlägigen postalischen Verhältnissen der Vororte mehr vertraut machte, was mit leichter Mühe durch einen Blick in den neuen Adreßkalender zu erreichen ist. Auf recht traurige Art ist der Kanonier Barsch vom Garde- Fnßartillerie- Regiment kurz vor seiner Entlassung aus dem Militärverhältniß ums Leben gekommen. Er war noch am Sonutag vor acht Tagen nach einem kleinen Ort an der Ober- spree bei Berlin   zum Besuch von Verwandten beurlaubt worden und sollte abends wieder nach seinem Garnisonort Spandau  zurückkehren. Um hierzu noch rechtzeitig den von Köpnick ab- fahrende» Zug zu erreichen, nahm er in Grünau ein Boot, mit dem er nach Köpnick übersetzen wollte. Unterwegs ist er nun in der Dunkelheit verunglückt und ertrunken; am Sonnabend wurde seine Leiche aus der Spree   gezogen.. Durch einen schweren Sturz mit dem Pferde hat vor- gestern auf dem Tempelhofer   Felde der Sekondelieutenant Kühl vom Eisenbahn-Regiment Nr. 3 einen doppelten Bruch des Unter schenkels und eine starke Gehirnerschütterung erlitten. Einen Messerstich ins Auge hat der 32 Jahre alte An- streicher Paul Kellner für ein versagtes Almosen erhalten. Kellner, der in Spandan am Stresowplatz 13 wohnt und bei einem Malermeister in Westend   arbeitet, ging am Sonnabend Abend gegen 9 Uhr von dort nach Haufe. Bei Ruhleben begegneten ihm zwei Männer, die ohne weiteres 50 Pf. von ihm verlangten. Als er sich weigerte, dem Verlangen zu entsprechen, erhielt er von einem der Strolche sofort einen Messerstich in daS linke Auge. Dann liefen beide Männer davon und entkamen. Kellner wurde auf Veranlassung der Spandauer   Polizei zunächst dort in ein Krankenhaus gebracht. Die Verletzung erwies sich aber nachträglich als so schwer, daß man es gestern für angezeigt hielt, den Gestochenen in eine Berliner   Anstalt zu bringen. Die rohen Patrone sind bis jetzt noch nicht ermittelt worden. Kellner glaubt, daß er sie bei einer Gegenüberstellung bestimmt wieder- erkennen würde. Mmtft und UViWenptzafk. Das Schauspielhaus bereitet folgende Novitäten vor Königsidyll" von Rudolf Lothar  (mit MatkowSky und Vollmar und den Danien Poppe und Conrad). FernerDer lange Preuße"(Schauspiel von Rud. Stratz) undEine"(Schwank von Max Dreyer  ). AuS dem Aufstchtsrath des Theaters deS Westens ist demVolk" zufolge der Handelsrichter Julius Kaufmann   aus- getreten. Das genannte Blatt meint, daß dieser Rücktritt mit der bekannten Broschüre des Herrn Blumenreich zusammen- hänge, in welcher Herr Kaufmann ganz besonders scharf an- gegriffen wird. Müde Liebe", das dreiaktige Lustspiel von Friedrich Fuchs und Felix Dörmann  , welches jetzt am Lessing-Theater vorbereitet wird, ist nun auch vom Raimuiid-Theater in Wien   zur Aus- übrung angenommen worden, wo es mit Tewele in der Haupt- rolle noch vor Weihnachten   in Szene gehen soll. Die sittliche Forderung" ist der Titel eines einaktige» Sittenbildes von Otto Erich Hartleben  , das im Neuen Theater zugleich mit der nächsten Novität, dem SchwankBocksprünge" von Kraatz und Hirschberger, in Szene gehen wird. In die Schillerpreis-Kommission soll der Kaiser an stelle des verstorbenen Treilschke den Direktor der Staatsarchive. Pro- essor Reinhold Koser  , berufen habe». Der Kommission sind be- kanntlich vor drei Jahren manche Beileidsbezeugungen zu theil >eworde, als ihr Vorschlag, Fnlda'sTalisman" zu prämiiren, ieine Bestätigung fand. S0tt vtttt Teufel. Graben- Hoffniann's weltbekannt ge- wordenes Lied500 000 Teufel" kann in diesem Jahre das ünfzigjährige Jubiläum seiner Entstehung feiern. Auf An- regung des Lehrers Steffen in Kurnik(Posen) will man dem 77 jährigen Komponisten noch bei Lebzeiten eine Gedenktafel an 'einen, Geburtshaus« in Bnin stiften. Gerichts-�eikung. Der sensationelle FleischlieserunaS- Prozeß des Groß- schlächtermeisters Jhde gegen die Abraham'sche Bolksernährung in der Gewerbe-Ausstellung fand gestern vor der sechsten Handels- lammer des Landgerichts I   unter Vorsitz des Landgerichtsraths Krokisius sein vorläufiges Ende, und zwar war gestern Beweis- termin über die Identität des von Jhde gelieferten mit dem in der Volksernährung beschlagnahmten Fleisches. Jhde hatte zu drei verschiedenen Malen an die Volks- ernährung Fleisch geliefert und jeder Lieferung ein thierärztliches Attest über die Gesundheit des Fleisches beigefügt. Die letzte Lieferung, vom 19. Mai d. I.. soll nun nach der Behauptung Abraham's total verdorben und deshalb behördlich beschlagnahmt sein. Da Abraham über den Zeilpunkt der Beschlagnahme verschiedene von einander abweichende An- gaben gemacht hatte, so glaubte Jhde bestreiten zu müssen, daß das von ihm gelieferte Fleisch mit dem beschlagnahmten identisch sei. Durch die erfolgte Beweisaufnahme erachtete der Gerichtshof den Identitätsnachweis jedoch für erbracht und wies den Kläger Jhde init seiner eingeklagten Forderung für die koufiszirte Sendung kostenpflichtig ab. Eine nene Art von Bauernfang haben zwei vielfach vorbestrafte Personen, der Metallschleifer Achill W e n z l a f f und der Ziseleur Max G e» s i ck e. welche gestern der IX. Straf- kammer des Landgerichts I   aus der Untersuchungshaft vorgeführt wurden, erfunden und in mindestens zehn Fälle» mit Erfolg zur Ausführung gebracht. Die Angeklagten pflegten ihre Rollen in der Weise zu vertheilen, daß Wenzlaff sich als Angestellter des Gensicke ausgab. Wenzlaff suchte die Opfer vor den Mieths- bureaus und den Bahnhöfen. Mit kundigem Blick wußte er solche Personen herauszufinden, welche eben erst aus der Provinz eingetroffen waren, um sich hier Stellung zu suchen. Wenn er auf Befragen diese Aniiahnie bestätigt fand, bot er dem Fremdling eine Stellung als Hausdiener in demselben Zigarren- Engros- geschäst an, in welchem er angestellt sei. Da die Bedingungen sehr günstig waren, so wurde das Anerbieten mit Freuden an- genommen. Sie machten sich aus den Weg nach dem Geschäft. Kaum hatten sie einige Straßen zurückgelegt, so rief Wenzlaff .da kommt der Chef!" Es war ein würdiger Herr mit goldenem Kneifer, der sich ihnen näherte und von Wenzlaff mit gebührender Achtung begrüßt wurde. Chef und Angestellter wechselten einige geschäftliche Worte, dann verwies der letztere auf den mit abgezogener Kopfbedeckiing daneben stehenden Fremden und entfernte sich dann, um den ihm ertheilten Auftrag,schleunigst mit Friedrich nach dein Stettiner Bahnhos zu fahre», um Waare zu holen" auszuführen. Nun konnte sich derChef" mit dem Stelleu- suchenden beschäftige». Der letztere war hoch erfreut, als er nach wenigen Minuten angenommen war, und den Auftrag er- hielt, sich am folgenden Morgen im Geschäfte zu melden. Schon wandte der Chef sich zum Gehen, als er plötzlich wieder um- drehte.Hören Sie mal, Sie können gleich einen Gang für mich besorgen. Ich merke soeben. daß ich mein Portemonnaie vergesse» habe. Gehen Sie mal hin nach meinem Geschäft. Kommandantenstraße 17, Zigarrengeschäft von Schulz. Gleich zur Rechten im Laden sitzt eine junge Dame an der Kasse, sagen Sie den, Fräulein Lieschen, sie möchte mir mein Portemonnaie schicken, welches in meinem unverschlossene» Pult liegt. Es sind 45 M. drin, Fräulein Lieschen möchte mir noch 5 M. aus der Kasse hinzufügen. Das Portemonnaie bringen Sie mir hier nach dein Restaurant drüben." Der neue Hausdiener wollte davon- eilen, um den Auftrag auszuführen. Sein Ches rief ihn wieder zurück.Ja, wissen Sie, das ist doch so eine Sache. Ich kenne Sie ja gar nicht und hier in Berlin   ist es nicht an- gebracht, jedem zu vertrauen. Wer birgt mir dafür, daß Sie mit dem Portemonnaie wiederkommen? Lassen Sie mir Ihr Portemonnaie und Ihre Uhr zum Pfände." Bereit- willigst händigte ihm der Provinziale die Gegenstände aus. Dan» eilte er nach der Kommandantenstraße. Er fand in dem ihm bezeichneten Hause weder ein Zigarrengeschäft von Schulz noch die Kassirerin Frl. Lieschen. Trüber Ahnungen voll begab er sich nach dem Restaurant, wo er sich melden sollte; sein angeblicher Chef war nicht dort. Jetzt wurde dem Aermsten klar, daß er Bauernsängern in die Hände gefallen war, ohne einen Pfennig befand er sich auf der Straße, denn sein Porte- monnaie hatte feine gesammten Ersparnisse, 39,50 M. ent­halten.- I» dieser Weise, die in den einzelnen Fällen nur kleine Abänderungen erfuhr, sollen zehn Personen betrogen worden sein. Die Angeklagten bestritten überhaupt jede Schuld, sodaß eine umfangreiche Beweisausnahme nöthig wurde. Die Schwierigkeit, Personen mit Bestimmtheit wieder zu erkennen, zeigte sich auch im gestrigen Termine. Während ein Theil der Geschädigten die Persönlichkeiten der Angeklagten im Verbrecheralbum herausgefunden und vor dem Untersuchungs- richter behauptet hatte», daß dieselben die Betrüger feien, wurden sie bedenklich, als sie diese Behauptung aus ihren Eid nehmen sollten. In einigen Fällen wurde sogar mit bezug auf Gensicke entschieden bestritten, daß er der Mitthäter des Weuzlaff ge­wesen sei, so daß nur die Annahm« übrig blieb, daß noch eine andere Person bisweilen die Rolle desChefs" gespielt hat. Staatsanwalt Hagen   schied einige Fälle als nicht genügend aufgeklärt aus; für diejenigen, die er als erwiesen ansah, beantragte er gegen Wenzlaff vier, gegen Gensicke drei Jahre Gesängniß und entsprechenden Ehrverlust. Der Gerichts- Hof hielt den Angeklagten Wenzlaff nur in fünf und Gensicke nur in zwei Fällen für hinreichend überführt und verurlheilte den elfteren zu zwei Jahren sechs Monaten Ge- fängniß und vier Jahren Ehrverlust, den letzleren zu einen, Jahre Gefängniß und zweijährigem Ehrverlust. Die Ver- urtheilten erklärten, sich bei dem UrtheU nicht beruhigen zu wollen, da sie völlig unschuldig seien. Wegen Störung des Gottesdienstes in der Dreifaltigkeits- Kirche stand gestern der aus Polen   gebürtige Arbeiter Gregor P a r d r i e r s k y vor der IV. Strafkammer des Landgerichts I  . Wie aus der Urtheils-Verkündigung der unter Ausschluß der Oeffevtlichkeit geführten Verhandlung hervorging, hat der Au- geklagte den Gottesdienst in benannter Kirche am 7. Juni er. durch eine laute lästernde Bemerkung gestört. Der Staats- anwalt beantragte wegen der Aeußerung 1 Jahr Gefängniß. Der Gerichtshof erkannte auf 0 Monate Gefängniß. Unter der Anklage der KindeS-Anssetzung stand gestern die Arbeiterin Anna G r a s s e vor der II. Strafkammer hiesigen Landgerichts I. Die Angeklagte gab am 13. Juni er. in der Charitce einem unehelichen Kinde das Leben. Ais sie nach zehn Tagen entlassen wurde, befand sie sich in bitterster Roth und wußte nicht, wovon sie sich und ihr Kind ernähren sollte. Um wenigstens der Sorge für das kleine Wesen ledig zu sein, setzte sie dieses auf den Parterre- Korridor eines Hauses in der Rathenowerstraße aus und überließ es dort feinem Schicksal. Schon nach kurzer Zeit wurde das 10 Tage alte Kind von einer Hausbewohnerin gefunden und man kam durch die der Charitee entstammenden Kleidungsstücke auf die Spur der Thäleriu. Letztere trat im gestrigen Termine mit der Behauptung hervor, daß sie aus einem Versteck ihr Kind beobachtet und so lange gewartet habe, bis es gefunden wurde. Da der Gerichts- hos keine Veranlassung sah, dieser Behauptung keinen Glauben beizumessen, der Beweis des Gegentheils auch nicht zu erbringen war. so erkannte er auf Freisprechung, indem er an- nahm, daß sich das Kind in keiner hilflosen Lage befunden habe. Die Gastwirthe Berlins   sind noch immer im Zweifel darüber, ob nach der bekannten Polizeiverordnung vom 11. März dieses Jahres, betreffend die Firmenschilder für offene Geschäfts- lokale auch sie verpflichtet sind, ihren Vornamen auf den Schildern ganz auszuschreiben. Die Gastwirthe sind allgemein der Ansicht, daß dies nicht der Fall sei, und stützen sich dabei