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Berliner
Volks- Tribune.
Social- Politisches Wochenblatt.
Die Berliner Bolts Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh.-Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Bfg. pränumerando( fret ins Haus). Ginzeine Nummer 15 Bfg. Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis vierteljährlich 1 Mt. 50 Bfg.; eingetragen unter Nr. 893 der Zeitungspreisliste. für das Jahr 1890.)
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Ausgabe für Spediteure: Volksblatt" Zimmer- Straße 44.
№. 7.
Sonnabend, deh 15. Februar 1890.
IV. Jahrgang.
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Zur Beachtung!
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Zur Reichstagswahl - Agitation empfehlen wir diese Nummer der„ Berliner Volkstribüne" allen unseren Freunden und Lesern. Wir berechnen das Exemplar mit 10 Pfg., von 100 Exemplaren ab 8 Pfg. das Stück. Der Verlag der Berliner Volkstribüne ". Berlin S. 0., Oranienstr. 23.
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eine
1. die tägliche Arbeitszeit in allen Betrieben höchstens 10 Stunden beträgt;
2. die Nachtarbeit für alle Betriebe mit Ausnahme solcher, wo dura die Natur des Betriebes dieselbe unumgänglich ist, aufgehoben wird;
3. die erwerbsmäßige Beschäftigung von Kindern unter 14 Jahren versagt wird.
Dieses Regierungsprogramm denn so muß man es trob Genau so feindlich war 1886 ihr Verhalten, als zum Die Kaiserl. Erlasse, das Kartell und die Sozialdemokratie. - Die Steigerung der Blut- oder gerade wegen der fehlenden Gegenzeichnung irgend eines ersten Male im deutschen Reichstage und zwar wiederum Ministers nennen tam so unerwartet und war so ungewöhnlich, seitens der giftig verfolgten Sozialdemokraten Steuer. Was hat unser Militär schon ge- daß im ersten Augenblicke in bürgerlichen Kreisen die Meinungen Resolution zu gunsten einer internationalen Verständigung tostet? Die Ordnungs"-Partei. Ländl. weit auseinander gingen, wem die Erlasse hauptsächlich als Wahl- beantragt wurde. Diese Resolution klang auch wie eine Art Wahlbeeinflussung.- Belagerungszustand und vorspann nüßen würden. Heute sind wohl alle Kundigen ein- Erlaß au den Reichskanzler, der von der Volksvertretung müthig wenn freilich auch oft nur im Stillen der Ueber- ersucht werden sollte, Kanonen. Ein Boykott. zeugung, daß nur die Wahlaussichten und das Macht- möglichst bald eine Einladung zu einer Konferenz_an Gedichte. Der Untergang des Klein- bewußtsein der Sozialdemokratie dadurch steigen können, alle, hauptsächlich als Produzenten von Industrieerzeugnissen in Betracht kommenden Staaten ergehen zu lassen, um sich handels und die Sozialdemokratie. Sozialis- und daß diese ganze kaiserliche Stundgebung- wenn sie auch anders über die Grundzüge einer auf gleichen Grundsäßen bafirten mus und Anarchismus. 1000 Jahre Kerker gemeint war zu einem schweren Schlage gegen die Kartellparteien werden mußte und schon geworden ist. Arbeiterschutzgesetzgebung zu verständigen, welche für alle bedurch das Sozialistengeset. Liebängeleien Auch andere Parteien suchen jezt freilich die veränderte Sach- theiligten Staaten als Norm festsetzt, daß: der heutigen Sozialistenhezer mit der Sozial- lage für sich auszubeuten, aber fragen Sie doch einfach die Leute, demokratie.- Die Ungerechtigkeit der Wahl- die aus den kaiserlichen Kundgeburgen jetzt Leimruthen für den fartellbrüderlichen Gimpelfang machen möchten: Wer hat denn freiseintheilung. Zur Wahlbewegung. derartige Forderungen zuerst mit vollem Ernste er= hoben, wer hat sie zuerst verfochten, als sie noch nicht populär waren wie hente; wer hat die Arbeitermassen für diese Bestrebungen organisirt und in dieser Angelegenheit das politische Gewissen der Alles schwieg damals im Reichstage diesen Vorschlag todt, Nation überhaupt erst aufgerüttelt? Wem verdanken wir es, daß heute fein Staat und fein Staatsmann mehr um die Frage des oder protestirte wie die konservativen Abg. Lohren und Arbeiterschußes mehr herum kann? Der Sozialdemokratie und Dr. Kropatschek- gegen die Möglichkeit irgend welcher interimmer wieder: der Sozialdemokratie. Sie war es, die nationalen Vereinbarung. Und heute sollen die Wähler die über durch ihre großen Gelehrten zuerst theoretisch die Bedeutung des Nacht entstandene Begeisternng derselben Leute für den intergesetzlichen Arbeiterschutzes erwies; sie war es, die von Anbeginn nationalen Arbeiterschutz für waschecht halten? Wie heißt das doch an den Arbeiterschutz zum eisernen Bestand ihres Programms die Urtheilsfähigkeit selbst des blindesten Hödurs unterschäßen, daß zählte; die Sozialdemokratie war es, die lange vor allen Re- er mit einem Male die alten Freunde und Vorkämpfer des gierungskonferenzen internationale Arbeiterkongreffe zu Stande Arbeiterschutzes schmählich verlassen und verrathen und sich als brachte, denen jetzt die Regierungen nachhinfen und auf die Werkzeug der alten Feinde dieser nothwendigen Sozialenform gebrauchen und mißbrauchen lassen soll! Nein, wo die Vergangenheit ich jest der Erlaß des deutschen Kaisers beruft. Wer aber hat jeder Ausbildung des Arbeiterschußes stets so flar für die Sozialdemokrater. une gegen ihre Widersacher verbissensten Widerstand geleistet? Wer hat stets die spricht, da kann die Wirkung der kaiserlichen Erlasse auch nur eine ganze deutsche Industrie und das gesammte deutsche Vaterland Verstärkung der Sozialdemokratie sein. Aber lassen wir einmal die Thätigkeit des älteren Reichsals bedroht hingestellt, wenn auch nur die zahmsten Vorschläge zur Abänderung der Gewerbeordnung Gesetz würden? tages ganz beiseite, halten wir uns me an die Zeit, während Wer hat vollends die große Idee eines internationalen welcher das Kartell, diese Krönung der politischen Versimpelung Vorgehens wer hat auch da mit der der die Köln . 3tg." heute mit einem Male Deutschlands , unumschränkt herrschte einen blendenden Zauber" zuerkennt-wer hat diese stets mit ganzen Wuth der gefährdeten Ausbeutungsfreiheit einen wirklichen giftigem Spott und beleidigendem Hohn übergoffen? Wer und wirksamen Arbeiterschutz bekämpft? hat vollends den Arbeiterkongreß zu Paris die„ internatio= Als im Jahre 1887 die Arbeiterschußanträge wiederum im nalen Verhandlungen zwischen den Arbeitern aller Länder", auf Reichstage auftraten, erschien sofort der Zentralverband deutscher die sich jetzt der kaiserliche Erlaß beruft noch bis vor Industrieller wieder auf dem Plan, die mächtigste Interessenwenigen Tagen in blinder Wuth verdächtigt und denunzirt? Wer vertretung des industriellen Großkapitals in Deutschland , vor der hat sein Möglichstes gethan, jeden Arbeiterschutz zu vereiteln? die Kartellmajorität des Reichstages in Demuth erstirbt, dieser Das Kartell, das Kartell und immer wieder das Zentralverband wandte sich damals in einer unterdeß berüchtigt ge= Kartell, das ganze hierin vereinigte Fabrikanten- und Aus- wordenen Denkschrift gegen alle Reformbestrebungen, die beuterthum mit seinen Anhängseln von Interessenvertretungen, Werk- jetzt selbst vom Kaiser als nöthig erklärt werden. Wir zeugen und Schleppenträgern. heben aus diesem Monument für unserer Zeiten Schande" nur folgende jest doppelt interessante Stellen hervor:
An die sozialdemokratischen Wahlkamitees! Um ine rasche und genaue Zusammenstellung aller am 20. Februar auf unsere Parteikandidaten abgegebenen Stimmen zu ermöglichen, werden die Wahlkomitees ersucht, nachdem ihnen das genaue Wahlresultat bekannt geworden ist, dasselbe sofort per Brief an den Unterzeichneten einzusenden und zwar auch mit Angabe der auf die gegnerischen Kandidaten gefallenen Stimmen. Diejenigen Wahlkomitees, welche bereits am Wahltag Abend oder spätestens am nächsten Tage wichtige Resultate melden können, werden gebeten, biese telegraphisch einzusenden. Telegramm Adresse:
A. Bebel.
Varteigenoffen!
Die kaiserlichen Erlasse,
das Kartell und die Sozialdemokratie.
den
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Will das Kartell das jetzt nicht zugestehen, nun, so find wir in der Lage, seinem beispiellos kurzen Gedächtniß etwas aus unserer eigenen Erinnerung zu Hilfe tommen zu fönnen.
angeregt hatte
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Wir verweisen darauf, daß bisher noch nicht der Versuch gemacht worden ist, den Nachweis zu führen, daß die gegenwärtige Gesezgebung in der vorliegenden Sache unzureichend sei, oder gar schädlich wirke.
Aber gehen wir weiter! Genau so wie der vom Bourgeois
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Auf zur Wahl! Thut Eure volle Schuldigkeit! Im Anfange des Jahres 1885 brachte bekanntlich die Laßt in Euren Gemüthern das Bewußtsein glühen, fozialdemokratische Fraktion des Reichstages nachdem daß Ihr am nächsten Donnerstag eine der seltenen Gee ſeit 1867 ſchon zu wiederholten Malen die Frage größenwahn befallene Centralverband argumentirte die„ Nordd. einen Gesezertwurf ein zur Weiterentwickelung Allg. 3tg.", das Kanzlerblatt. Sie machte sich die hohlen, legenheiten habt, den Massentritt der Arbeiter der erbärmlich rückständigen deutschen Gewerbeordnung. Sofort manchesterlichen Einwände des Fürsten Bismard ganz zu eigen bataillone erdröhnen zu lassen, hörbar allen Nationen, traten die Unternehmer- Verbände und-Vertretungen auf der und bezeichnete selbst die Regelung der Sonntagsarbeit im Sinne welche auf diese Wahl wie auf eine Entscheidungs: ganzen Linie in Aftion- gegen den Arbeiterschutz. Die Han- der Kommissionsvorschläge als praktisch undurchführbar", höchstens delskammern suchten sofort allen etwaigen Sympathieen für einen die Verwaltungspraxis der Lokalbehörden könne die Sonntags= schlacht in dem großen Befreiungskriege des Pro- gefeßlichen Arbeiterschutz durch Reſolutionen und Petitionen einen ruhe gegenüber der Sonntags arbeit erweitern, falls das Beispiel letariats mit Spannung schauen. Damit uns der Sieg Dämpfer aufzufezen. Der Zentralverband deutscher In der guten Sitte(!) sich nicht zu diesem Zweck genügend wirksam ernicht durch augenblickliche Lässigkeit verkümmert werde, dustrieller fomischer Weise nennt er sich gar noch Zentral- weisen sollte."( Jan. 1888). In einer an leitender Stelle reißet durch begeisterungsvolle Thatkraft alle Halbgenossen wandte sich mit der ganzen Entrüstung, in die das Kapital durch die Durchführung der Kommissionsbeschlüsse werde„ statt des be= verband zur Förderung und Wahrung nationaler Arbeit!"( 18. Mai 1887) wiedergegebenen langen Zuschrift meinte sie sogar, und schlaffen Elemente mit Euch fort zur Wahlurne! die Gefährdung seines Geldbeutels versetzt werden kann, gegen absichtigten Schutzes ganz außerordentliche Noth, ganz außerdiese Bestrebungen, welche den Interessen der Arbeitgeber und ordentliches Elend im Gefolge haben." Man müsse„ dem ArbeiterArbeiter gleichmäßig zum Schaden gereichen." Die National stand dasjenige Quantum von Arbeit erhalten", das in dem liberalen hatten sich von vornherein mit einer ganz nichts- nationalen Wirthschaftsgebiet für ihn vorhanden ist. Nun, m. H., sagenden Resolution, die zu gar nichts verpflichtete, begnügt; die dieses Quantum Arbeit " bleibt so oder so mit oder ohne flerital- konservative Mehrheit ließ es nicht einmal zur Ent- Arbeiterschutz erhalten; aber unter dem Arbeiterschutz braucht fcheidung über die Sonntagsfrage kommen, mit welcher allein die man zu seiner Verrichtung mehr Arbeitskräfte infolge der EinUeber den Einfluß der kaiserlichen Erlasse auf den sommiffion fertig geworden war. Die Stellung des Reich 8 schränkung der zulässigen Arbeitszeit für jeden Einzelnen Wahlkampf sprach sich Mar Schippel vor den Chemnißer kanzlers bei dieser Debatte ist bekannt. Den Normalarbeitstag theuere Arbeitskräfte infolge des Verbots der Kinderarbeit; der Wählern etwa folgendermaßen aus: die gefeßliche Regelung der Arbeitsdauer, die jetzt der Kaiser Kapitalist muß also für das gleiche Quantum Arbeit mehr zahlen; verwarf er, weil er den Lohn verringern würde. nicht das„ Quantum Arbeit für die Arbeiterklasse geht zurück, Man sah in den letzten Wochen allgemein einer hervorragenden befürwortet Rundgebung der Regierung für die Wahlen entgegen und Den Ausfall beim Verbot der Sonntagsarbeit könne die Industrie" sondern das Quantum Profit für das Kapital und das genügt dem sollten wir das verhehlen gerade wir Anhänger der Sozial- nicht tragen und schließlich auch nicht der Arbeiter. Die geschädigte Sapital und seinen Wortführern allerdings, ein erbitterter Feind demokratie hatten uns auf das Schlimmste gefaßt gemacht. Um Industrie stelle vielleicht den Betrieb ein, und eine Menge Leute jedes Arbeiterschußes zu sein. so angenehmer war unsere Ueberraschung, als unter dem 4. Fe- müsse sieben Sonntage in der Woche machen." Wenn die Arbeiter bruar die beiden kaiserlichen Erlasse erschienen, die eine geradezu den Sonntag ihren Vergnügungen gewidmet haben, dann wird der verblüffende Umwandlung der Regierungspolitik in der Arbeiter- Montag blau und am Dienstag ist die Arbeitskraft noch geSchubfrage offenbar aus eigenem Antriebe des Kaisers und ringer."" Gar keine Arbeit zu haben, erschüttert zu sein in der gegen den Willen des Fürsten Bismard- verkündeten. Diese Unterlage der Eriſtenz, dem Hunger möglicher Weise gegenüber * Erlasse bezeichneten die bisher getroffenen sozialreformatorischen Maßnahmen als ihre Aufgabe nicht erfüllend, sie stellten es als weitere Pflicht der Staatsgewalt hin ,,, die Zeit, die Dauer und die Art der Arbeit zu regeln."
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warum
fie forderten Arbeiterausschüsse zur Verhandlung mit den Arbeitgebern und mit den Organen der Regierung, fie sprachen sich endlich für eine internationale Regelung des Arbeiterschutzes aus.
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gestellt zu werden, um ein Sonntagsvergnügen zu erreichen, dazu, meine Herren, werden die verbündeten Regierungen wenig stens nicht die Hand bieten, che sie nicht besser als jetzt informirt sind."
Sie sehen also, m. H., die später im Kartell vereinigten Parteien, ihr Abgott und die hinter ihnen stehenden Besitzschichten, haben von Anfang an alles gethau die sozialdemokratischen Forderungen, betreffs des Arbeiterschuhes nicht zur Erfüllung gelangen zu lassen.
Doch hören wir noch weitere Preßstimmen, und zwar aus neuerer Zeit und allesammt aus dem Kartellbrüderlichen Lager. In den ,, Bert. Polit. Nachr." einer offiziösen Korres spondenz, aus welcher die ganze Provinzpreffe des Kartells ihre höheren Offenbarungen bezieht, schrieb Herr Schweinburg noch im Dezember 1888 folgendes gegen das fortgesette Drängen nach erweitertem Arbeiterschutz" mit welchen Gefühlen wird er es heute lesen, wo man auch von höchster Seite fortgesetzt drängt:"
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Die giftigen Wurzeln dieses Strebens werden freilich verdeckt durch die Fülle angeblich humanitärer Zwecke..
Diese praktische Beurtheilung aber muß zu der Ueberzeugung führen, daß die hochgesteckten humanitären Biele von denen heute die nach so wesentlich erweitertem Arbeiter= schutz strebenden Elemente des Reichstages geblendet