Beiblatt zur Berliner Volks- Tribüne.

8.

Feld der Ehre.

[ Nachbruc verboten.]

Halbbämmer graut im dürft'gen Raum, Es tickt die Uhr, es rückt der Weiser, Und aus dem Winkel keucht es heiser;

Ein Kranker schrickt aus schwerem Traum. Er stüßt sich auf im harten Bette, Strählt seufzend das ergraute Haar, Es deckt der Stirn erhitzte Stätte Sich trüb mit finstrer Furchen Schaar.

Am staub'gen Fenster stirbt der Tag, In leisem Noth die Scheibe zittert, Des Kranken Auge folgt verbittert Dem Zug des letzten Strahles nach. Schon weben Schattennachtgespenster Ein graues Tuch, es kommt ein Wind, Wie mahnend rüttelt er am Fenster: ,, Auf! geh, wo die Genossen sind!"

Von schnellen Schritten trägt empor Der Wind den Schall aus dunkler Gasse, Da zieht entlang in dichter Masse Von Männern jung und alt ein Chor. Der Kranke fühlt sein Herz erbeben, Er weiß es ja, die Menge geht, Auf starken Schild den Mann zu heben, Den besten Sehnens Geist durchweht.

Den Mann, der oft für grimme Noth

Sich reisig stellte zum Gefechte:

Wir sind wie ihr, gebt eure Rechte

Und unsrer Armuth spendet Brot!

Seht ihr nicht, wie wir jammernd darben? Gebt einen Funken eures Lichts! Wir schneiden euch des Glückes Garben,- Doch davon weiß die Habsucht nichts. Die Luft wird schwül, gewitterheiß, Wie Brandung dröhnt fernher ein Nollen, Zu wilder Hochfluth find geschwollen Die unbezahlten Tropfen Schweiß. Es stöhnt von Klagen und Entsagen Verzweiflungsbanger Stimmen Ton, Die Zeit ist reif zum Früchtetragen. Auf denn aus schwerer Arbett Frohn!

Des Alten Brust tocht fieberheiß, Er sieht in jagenden Gedanken Aus wirren Zukunftsbildern ranken Ein leuchtend grünes Freiheitsreis.

Da raunt sein welter Mund mit Zittern: ,, Und denken sollte man, ich war, Als man das Unrecht schlug in Splittern, Nicht in der Kämpfer Siegesschaar?

,, Als man zum Balsam grauser Noth Der Scherflein Bestes rief zu geben,

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Da hielt ihn fern die Angst um's Leben,- Ist das die Tren bis in den Tod? Nein, lieber soll gebietend sprechen Zum letzten Gang der Knochenmann! Der ist ein Schuft und übt Verbrechen, Wer heut' die Pflicht versäumen kann."

Da ruft vom Thurm ein Glockenschlag.

Auf springt der Greis, zu Rock und Stocke Schnell faßt er ,, Schlag nicht weiter, Glocke!"

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Zu fliegt die Thür mit hast'gem Krach.

Hin eilt er an den Häusermauern,

' S ist höchste Zeit, dort liegt der Saal! Blaß reicht er unter Fieberschauern

Der heil'gen Urne seine Wahl.

Er schiebt sich durch der Menschenreih'n Vieltausendstimmiges Gebrause,

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Die Augen flirren, schnell nach Hauset Erschöpft wankt er zur Thür herein. Er sinkt auf's Bett, die Finger klammern Sich schmerzvoll um des Lagers Saum, In seinen Schläfen tobt ein Hammern, Ein wimmernd Stöhnen weckt den Raum. Es tickt die Uhr, das Pendel fliegt, Da stürmt's herauf der Treppe Stufen, Die Thür springt auf und Stimmen rufen: ,, Triumph! Triumph! Sie sind besiegt!" Licht flammt durch's Zimmer um den Alten, Der kraftlos auf dem Rissen liegt. Er starrt empor, die Hände falten Wie betend fich: ,, Und wir gefiegt?"

Ja, wir! Doch war's ein hartes Stud. Sie wehrten sich mit starrem Grimme, Bis denn zuletzt durch eine Stimme Der feste Sieg uns ließ sein Glück." Da reckt sich mit Gewalt im Kissen

Der Greis empor: Durch eine, wie?"

Die Augen blizen aufgerissen,

In lichter Luft erlodern sie.

Sonnabend, den 22. Februar 1890.

Hoch fährt die Hand, wild schwenkt er sie, Im Raum zwei Schreie wiederhallen: ,, Triumph! Triumph!" Ein jähes Lallen Schloß seines Jubels Melodie-

Die Sense Klang- Bringt Sarg und Tragen! Hut ab, ihr Männer! Tretet her!

Ein Heldenherz hat ausgeschlagen

Jm Rampf, auf schönstem Feld der Ehr'.

Franz Diedrich.

Die Denkschrift über die Ausstände der

Berglente.

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IV. Jahrgang.

ich nicht sagen. Fr. Haben Sie je einen Bericht gemacht Sie sind der Sekretär oder Schaßmeister? A Ja.

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- Fr. Haben Sie dem Board jemals einen Bericht ge­liefert? A. Nein. Fr. Sie sagten doch, Sie hätten Berichte erstattet? A. nicht dem Board. Fr. Hat irgend ein Mitglied der Unternehmung, deren Sekretär Sie find, jemals den Bericht erstattet? A. Meines Wissen nicht. Fr. Senator Coggeshall( ein Mitglied der Enquete- Kommission) sagt, Sie hätten ausgesagt, daß Sie einen Bericht gemacht haben. Haben Sie das gethan? A. Dem Board berichtete ich nicht.- Fr. Wem? Seinem Präsidenten? A. Nein.-Fr. Dem Sekretär? A. Ja. Fr. Sie haben Herrn Searls( dem Sekretär Ueber den Werth der Denkschrift im Allgemeinen des Board) Bericht erstattet? A. Ja. Fr. Gut das A. Ja. haben wir uns schon geäußert. Die Untersuchungen, welche geschah schriftlich?- Fr. Wann geschah das, der Denkschrift zu Grunde liegen, wurden für die einzelnen wann ward der erste Bericht erstattet?- A. Nun, er Gruben von dem Landrath des Kreises und dem zuständigen er bezieht sich auf unsere Zuckerverkäufe. Ich bin Ver­Bergrevierbeamten geführt. Diese Kommission stellte zuerst fäufer des Hauses, und ich berichtete ihm über die Anzahl die thatsächlichen Verhältnisse der einzelnen Gruben fest, der Barrels Zucker, die ich verkauft hatte. Fr. Wann las sich dann eine Anzahl Bergleute aus, die vernommen" war das? A. Vor einiger Zeit. Fr. Wie lange ist wurden und hörte dann den Vertreter der Bergwerksbe- es her? A. Wahrscheinlich eine Woche.- Fr. Sagen fie fizer und erforderlichen Falls einige der Betriebsbeamten. uns, wann es war. Ist es drei Wochen her? A. Fr. Um wie viel später? Es wurden die zu vernehmenden Bergarbeiter so aus Nein, es war später.- gewählt: 1) ein oder zwei Bergleute, die während des A. Ich denke, es war legten Donnerstag. Fr. Nun, Streits als Delegirte thätig waren, nach Auswahl der damals war Herr Searles bereits abgereift?- A. Ueber Untersuchungskommission, 2) ein Knappschaftsältester( d. H. die Reisen des Herrn Searles ist mir nichts bekannt. ein Vorstandsmitglied der sogenannten Knappschaftskassen), Fr. Wann wurde Ihre Mittheilung übergeben?- A. Ich wenn ein solcher auf der Grube arbeitet, 3) solche Berg- adressirte sie an Herrn Searles. Fr. Sie schickten sie leute, deren Vernehmung der Revierbeamte oder der Ver- durch die Post?-A. Ich sandte sie nach seinem Bureau. waltungsbeamte als wünschenswerth bezeichnete. -Fr. Durch einen Boten? A. Durch einen Boten. Später, als die Untersuchung vielfach schon abge= Fr. Und diese Mittheilung bezog sich auf den Verkauf schlossen war, wurde bestimmt, daß jeder Bergarbeiter, einer Anzahl Barrels Zucker oder auf die von Ihnen der es wünscht, vernommen werden sollte. Es haben sich verkaufte Zuckermenge? A. Ja. Fr. Und auch den Verkaufspreis? A. Ja. selbstredend nur wenige dazu gemeldet. Fr. Und an wen der Zucker Die Aussagen, wenn sie sich widersprachen, wurden verkauft wurde? A. Nein.-Fr. Wollen Sie gütigst nicht durch Gegenüberstellen der betreffenden Personen mittheilen, wie viele Barrels waren? A. Ich kann richtig gestellt, sondern die Wahrheit wurde in der Schwebe mich nicht erinnern.- Fr. Waren es tausend? A. gelassen. Nein. Fr. Oder zehntausend?- A. Ich kann Ihnen Wie dabei verfahren wurde, giebt eine Probe" an, überhaupt nichts darüber sagen.-Fr. Der Bericht bezog die in den Anlagen zur Denkschrift mitgetheilt ist. sich also auf die von Ihnen gemachten Zuckerverkäufe.

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Von der Zeche Zollern wurden zwei Delegirte, ein Gab er den Zeitraum an, innerhalb dessen dieselben er­dort arbeitender Knappschafts- Aeltester, der Bergmann folgten?- A. Nein.-Fr. Oder war es ein Bericht Siegel und noch zwei andere Bergleute vernommen. Die für einen besonderen Zeitpunkt? A. Nein, es war beiden Lettgenannten, sowie der Aelteste, haben sich an ich machte diesen Bericht. Fr. Ja, und Sie stellten dem Ausstande nicht betheiligt, die Kommission hat also darin fest, daß so und viele Barrels Zucker während eines von den wenigen Leuten, die nicht gestreift hatten, gerade gewissen Zeitabschnitts verkauft worden sind?- A. Ja- so viel vernommen, wie von der großen Mehrzahl, die Fr. Wie groß war diese Periode, wann begann, wann sich dem Ausstande angeschlossen hatten. Bei seiner Ver endete sie? A. Ich weiß nicht, wann ich den letzten

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nehmung sagte Siegel aus, es wäre auf Zeche Zollern Bericht erstattete.- Fr. Wann sandten Sie den vorlegten wiederholt vorgefommen, daß denjenigen Leuten, welche ein? A. Wahrscheinlich einige Tage vorher. Fr. die von der Verwaltung angefeßte Ueberschicht nicht ver- Einige Tage. Wie lange, nicht wahr, einige Tage vor fahren wollten, die Seilfahrt nicht zur Verfügung gestellt Donnerstag? A. Ja. Fr. Wie viel Tage? Ich wurde. Mir selbst ist es im vorigen Jahre passirt, daß bestehe nicht auf einer ganz genauen Angabe, nur auf ich nicht in der Lage war, Ueberschicht zu verfahren, nach eine solche in Bausch und Bogen. A. Zwei oder drei Ende meiner eigentlichen Schicht die Seilfahrt aber nicht Tage vorher. Fr. Und wie viele Tage vorher erstatteten in Betrieb gesetzt wurde." An welchem Tag dies ge Sie den vorhergehenden Bericht? A. Das ist schwer schehen, konnte Siegel nicht genau angeben. Der Delegirte zu sagen. Fr. Alles was wir wünschen, ist eine allge­Risse sagt aus: Auf Zeche Zollern wurde nur denjenigen meine, der Eraktheit sich möglichst nähernde Angabe.- Arbeitern, welche die Ueberschicht nicht anfahren wollten, A. Nun, wir erstatten über unsere Produktion Bericht. Seilfahrt gestattet, sofern sie die schriftliche Erlaubniß des Jch meine, diese Auskunft genügt. Fr. Und das thun Steigers hierzu hatten. Diese Erlaubniß wurde jedoch erst Sie regelmäßig? A. Ja. Fr. Sie pflegen also nach mannigfacher Rückfrage, weßhalb man denn die über einen Zeitabschnitt von je drei oder vier Tagen Ueberschicht nicht anfahren wolle, ertheilt. Wir fühlten wöchentlich Bericht zu erstatten. Sie pflegen zu bestimmten immer, daß auf uns ein gewisser Zwang zum Verfahren Perioden ihre Produktionsziffer für diese Perioden mit­A. Ja.- der angesetzten Ueberschichten ausgeübt werden sollte. Es zutheilen? find hierüber vielfach Klagen laut geworden." Die vier So hellt man dort jedes Dunkel auf, hier ließ man übrigen Bergleute, welche gemeinsam vernommen wurden, die fich theilweise widersprechenden Angaben neben einander haben laut Protokoll erklärt: Es mag wohl vorgestehen, und schenkte zuleßt denjenigen mehr Glauben, die kommen sein, daß ein Druck zum Verfahren von Ueber den Grubenbesißern günstig waren. schichten seitens der Zechenbeamten ausgeübt worden ist. Bei einer anderen Grube kam die Frage der ge= Uns persönlich ist dies nicht widerfahren. Dem mit Auszeichneten Abkehrscheine" zur Sprache. Vorschriftsmäßig fahrtschein versehenen Bergmanne ist nach der eigentlichen entlassen", dann konnte der Bergmann wieder Arbeit er= Schicht stets die Seilfahrt zur Verfügung gestellt worden." halten. Lautete die Abkehr anders, erhielt er keine Arbeit. Die beiden Direktoren erklären: Wenn wirklich vor dem Die für die Untersuchung vorgeschriebenen Fragen Streik in irgend welcher Beziehung ein Druck ausgeübt sein sollte, so ist es ohne Vorwissen im Gegensaße zu der Absicht der Direktion gewesen." Alle diese Aussagen faßt die Untersuchungs Kommission, bestehend aus dem Berg­meister Scharf und dem Landrathe v. Nynsch, in ihrem Gutachten" dahin zusammen: Die Aussagen der übrigen Vernommenen widerlegen die Angaben Siegel's, daß bei angefeßten Ueberschichten die Seilfahrt nach der eigentlichen Schicht nicht zur Verfügung gestanden habe."

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Daß in dieser Art die Wahrheit nicht zu ermitteln

ist, ist klar.

lauteten:

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, Sind die Klagen dagegen gerichtet, daß Seitens der Betriebsführer durch gewisse Schreibweise oder durch nur oen Betriebsführern selbst bekannte besondere Zeichen eine Bensur ausgeübt wird? In letterem Falle müßte thunlichst ermittelt werden, worin diese geheime Verständigung der Betriebsführer erfolgt?"

Befragt wurden auf der Zeche Zollern der Bergmann Siegel. Er sagt aus: " Dem abfchrenden Bergmann wurde auf dem Scheine In welcher Art man in England bei solchen Unter- entweder bescheinigt, auf Wunsch entlassen" oder vorschrifts­fuchungen die Wahrheit herausdrückt, selbst wenn der mäßig gekündigt." Diejenigen Arbeiter, welche ersteren Zusat Vernommene offenbar die Wahrheit nicht sagen will, oder überhaupt keinen Zusatz in der Abkehr hatten fanden möge folgendes Beispiel lehren. feine Arbeit. Diese Eincichtung der Abkehrscheine ist zurück

Es handelte sich in England um Feststellung der zuführen auf einen Beschluß des Vereins für technische Thätigkeit eines Zucker- Ringes( einer Vereinigung von Grubenbeamte." Die vier anderen Arbeiter, darunter die Zuckerfabrikanten zum Hochtreiben der Preise). Ein Mr orei, welche nicht gestreift hatten, erklärten: Auch auf Sierts soll aussagen, wie oft er an die Leiter des Ringes den Abkehrscheinen der Zeche Zollern sollen geheime Zeichen berichtet hat. Er will nicht. Er wird vereidet und nun existiren; wir wünschen, daß dieser Mißstand beseitigt wird. beginnt das Verhör: Im besondern bezieht sich dies auf die Bemerkung, auf Frage. Wie oft machen Sie dem Board Mit- Wunsch entlassen" und" Führung Gut", d. h. gut mit theilungen, oder dieser Ihnen? Antwort. Das kann einem großen& und nicht mit einem kleinen g geschrieben."

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