etttm nur durch die Unkenntniß der Thatsachen entstanden,daß die indirekten Steuern die ärmeren Klassen bei weitemmehr belasten als die besitzenden? �ind die Theorie desunbeschränkten Arbeitstages, die Gesetze über die freieKonkurrenz, die Mobilisirung des Grundbesitzes etwa nurdie Folge der fehlenden Einsichi, daß diese Gesetzgebungdie große Masie des Volkes besitzlos, elend macht zugunsten eines Theiles des Volkes, der Kapitalisten, oderist die Gesetzgebung nicht vielmehr bestrebt gewesen, denJnreressen der Bourgeoisie zu dienen? Also die Ge-setzgebung ist durchaus nicht die Folge des Intellekts ihrerUrheber, auch zum geringen Theile ihrer moralischen Eigenschasten, sondern fast ausschließlich des Interesses ihrerAustraggeber, der herrschenden Klaffen.Und da wir die Jntereffen des gesammten Volkesvertreten, das zum größten Theile aus besitzlosen Arbeiternund Arbeiterinnen zusammengesetzt ist, wollen wir das all-gemeine, gleiche, direkte und geheime Wahlrecht, weil nureine in dieser Form gewählte Volksvertretung uns die Ge-währ gicbt, das Wohl der arbeitenden Klaffen zu berück-sichtigen.Und was schlagen uns hiergegen die Organe derherrschenden Klaffen vor? Bis jetzt unterlaffen es nochdie drei Paladine der Bourgeoisie, das„Berliner Frem-denblatt", die„ Hamburger Nachrichten" und das„Bcr-liner Tageblatt", auf diese Frage eine Antwort zu geben,daher wollen wir die einzelnen in Betracht kommendenFormen einer Betrachtung unterziehen in Rücksicht aus ihreintellektuellen Fähigkeiten.Befürwortet das„Fremdenblatt" die absolute Bio-narchie, von der der konservative Carlyle schon 1840sagte')(dessen Buch im Verlage des Fremdenblattes erschienen ist) die Vcrfahrungsweise, welche voraussetzte, daßder Aeltestgeborene einer gewisien Geschlechtsfolge der ge-eigneiste auf der geistigen Höhe der Thlbetbewohner stehe?Ein Blick auf die Zustände Rußlands zeigt uns die kulturelle Stärke dieses Systems. Oder eine Form, die nurdie Besitzer von großen Landgütern, den Adel befähigt,Gesetze zu schaffen von dem Ibsen sagt:�)„Jene kleine, engbrüstige kurzathmige Schaar, die hin-ter uns zurückgeblieben ist."Ein Blick aus die Thätigkeit unseres preußischenHerrenhauses kann jeden Zweifelnden über die Größe derIntelligenz aufklären. Oder etwa eine Zensuswahl? DerVergleich der Intelligenz der städtischen Vertretungen, derLandtage mit dem Reichstage illustriren trefflich die Behauptung, daß die durch„Bildung und Besitz" hervor-ragenden Klassen eine intelligentere Vertretung wählten.Also, aus den seither gemachten, reichhaltigen Erfahrungengeht hervor, daß eine aus grund des allgemeinen Stimm-rechts gewählte Volksvertretung immerhin eine größereIntelligenz in sich birgt als alle anderen Formen.Was aber beweist dieser Zusammenschluß der vcr-schieden politischen Elemente in dieser Frage für uns? ZurZeit, da es dem städtischen Unternehmerlhum an Arbeiterngebrach, bekämpfte es den Einfluß des Großgrundbesitzesauf die Gesetzgebung. Jetzt besitzt es genügende Arbeits-kräfre, ja sogar eine genügende Reservearmee. Es ist abergleichzeitig in die Lage gestellt, sich zu vertheidigen gegendas andrängende Proletariat, und mobiles wie immobilesKapital schließen nunmehr ein Kartell, geben jedes politischeIdeal, jedes Sonderintercffe auf, um ihren Besitzstand zu vertheidigen. Es hat sich gezeigt, daß zu dresemKartell die extremen Koilservativen, die um Hammerstein,Puttkamer ebensowenig fähig sind wiejjdie Anhänger EugenRichters, sie werden ausgeschieden, und nun beginnt derletzte Kampf der Ordnungsparlei gegen die Sozialdeniokratie.Die gemeinsame Opposition gegen das bestehendeWahlrecht ist der Beginn des Kampfs. Wir geben unskeinen Illusionen hin, daß wir mit leichter Mühe das Zielerringen werden, ob auch von gewichtiger Seile bedeutsameZugeständnlffe gemacht worden sind; aber wie der Sozialismus unter großen Kämpfen geboren ist, erstarkt ist, sowird er nicht ablaffen, für die Wahrheit seiner Ideen zustreiten und unter diesen leuchtenden Zeichen zu siegen.Wie man die Welt verbessert.P. E. Björnstjerne Björnson ist einem Theil unsererLeser vielleicht schon bekannt; es ist der norwegische Dichter,Schriftsteller und Agitator, deffcn Werke gleich denen desHenrik Ibsen von dem deutschen Spießbürgerthum mit dergebührenden Bewunderung aufgenommen wurden. Björnsonist in seiner Heimath einer der Vorkämpfer des radikalenKle inbürg erlhums, und diese Stellung drückt sich auchin seinen sämmtlichen Werken aus.Sehr bezeichnend ist dafür seine neue Broschüre„Monogamie und Polygamie." Der tiefe Denker, der inseinem Drama„Der Handschuh" das Problem der mo-dernen bürgerlichen Ehe in so überraschender und gcist-reicher Weise gelöst halle, erfreut uns hier mit der Dar-legung des theoretischen Gedankengangs, den er dort prak-tisch darstellt.Die Broschüre ist höchst bezeichnend für den-Standpunkt, den das Spießbürgerthum in der Ehefrage einnimmt; und deshalb verlohnt es sich wohl, den Inhaltnäher zu betrachten.Mit der naiven Unwissenschaftlichkeit, welche stets denspießbürgerlichen Denker auszeichnet, wird zunächst die ganzeFrage aus dem Zusammenhang herausgerissen. Die Ehewird nicht als Produkt gewisser sozialer Verhältnisse be-trachtet, sondern als eine in der Luft hängende Erscheinung,') Helden, Heldcnverehrung und da« Heldenthtmlichc in derGeschichte. Berlin 1853. S. 8.•) Volksfeind. Akt IT. S. 7.die mit nichts weiter zu thun hat. Irgend woher wirdeine„Linie" abstrahirt.„Historisch sieht nian den Laufdieser Linie deutlich: sie läuft zu aus die immer strengereEinhaltung der Ehe eines Mannes mit einer Frau.Die Frau, die in einem so langen Zeitraum zur Treuegegen Einen herangezogen worden, ist dadurch natürlichweiter gekommen, als der Mann, und wirkt auf diesenein."— Also keine Idee davon, daß die monogamischeEhe der Ausdruck des ökonomischen Abhängigkeitsverhält-nisscs des Weibes vom Manne ist— es ist eben eineLinie mit einem historischen Lauf da.Echt spießbürgerlich ist serner die Unbefangenheit, mitwelcher die kl einbürge rlichen Verhältnisse als die all-gemeinen betrachtet weiden. Will man sich über diemoderne Ehe unterrichten, so muß man doch ihre ver-schiedenen Gestaltungen auseinander halten, man muß dieEhe der Großbourgeoisie— des Kleinbürgerthums— desProletariats betrachten; aber der Spießbürger kann nuneinmal nicht aus sich heraus, er kann sich nicht vorstellen,daß es noch andere Menschen giebt, als ihn und seinenNachbar Hans und seinen Nachbar Kunz:„Frauen, viedurch gutes Erbe geschützt sind, durch ein gutes Heiin, guteErziehung, Religion, Aufklärung, Arbeit, Vermögen—durch eins oder das andere— können die im allgemeinendahin gebracht werden, das Gewissen der Monogamie inihrem Liebesverhältniß zu verläugnen?"—„drei Frauenaus recht guten Häusern..."„der junge Mann, deraus einen guten Heim kommt..." und so fort.Aber stellen wir uns auf den Standpunkt des gutenBjörnson. Denken wir nur an die geschlechtliche Frage inder Spießbürg er-Klasse.Die Verhältnisse sind folgende:In dem Kamps, welchen der Kleinbürger führt, umso lange wie möglich seinem Schicksal zu entgehen, dasihn in das Proletariat hinabstößt, müssen alle Kräfte an-gespannt werden. Er muß übermäßig arbeiten für wenigVerdienst. Das äußert sich namentlich fatal für den jungenMann; denn da die Frau ein Artikel ist, welcher Geldkostet, so kann ihn sich der junge Mann nicht anschaffen;er muß erst warten, bis er mehr verdient— wenn erhoch in den Zwanzig oder im Anfang der Dreißig steht.Daß er die Zeit bis zu seiner Heirath im Coelibat lebt,ist natürlich nickt zu erwarten; er hat„Verkehr mitDamen", wie sich Björnson züchtig ausdrückt— das heißt,er befriedigt sein geschlechtliches Bedürfniß mit Prostituirten.Natürlich ist das nur ein schlechter Behelf; einen nureinigermaßen feinfühlenden Menschen wird es anekeln, ausder einen Seite durch Benutzung einer so namenlos ge-meinen Einrichtung, wie die Prostitution ist, mit schuldigdaran zu erscheinen, daß seine Mitmenschen in die tiefsteHerabwürdigung gezogen werden; auf der andern Seitesich selbst in den Schmutz und die Gemeinheit zu begeben;und einen Ersatz für den geschlechtlichen Genuß mit einemWeibe, das man wirklich liebt, kann außerdem die Prosti-tution dock nie gewähren. Aber was will der arme Teufelmachen? Es bleibt ihm nicht anderes übrig, als sich indie Institutionen der Gesellschaft zu schicken, in der er lebt.Immerhin ist der Mann aus der kleinbürgerlichenKlasse noch in weit besserer Lage, als das Weib. Davom Weibe Keuschheit verlangt wird, so ist es ihm außerder Ehe fast unmöglich, das geschlechtliche Bedürfniß zubefriedigen; und. da infolge des späten Heirathens derMänner sehr viele Mädchen nickt oder auch nur spätheirathen, so stellt sich als Folge der erzwungenen Keusch-hcit die Hysterie ein mit allen ihren Folgen, die man inEhcschcidungsprozessen am besten studieren kann.Man sieht, die Frage der Ehe und der Prostitution— oder, um mit dem moralischen Björnson zu sprechen,der Monogamie und Polygamie— läßt sich gar nicht vonder Betrachtung der sozialen Verhältnisse loslösen; denndas ganze Problem hat seinen Grund in den sozialen Ver-Hältnissen.Wie wird es nun der spießbürgerliche Schlaubergeranfangen, die Frage zu lösen?Als Sohn eines Geistlichen, der seine Abstammungtrotz aller radikalen Allüren doch niemals hat verleugnenkönnen, ist Björnson gleich mit einer Antwort bei derHand: Enthaltsamkeit.Ja, es ist ja richtig, meint er, daß sich die Leutespät verheirathcn können; aber sie sollen eben so langeenthaltsam sein, dann leiden sie keinen Schaden, wedersittlich, noch körperlich, indem sie syphilitisch infizirt werden- der Pastorsohn spricht immer nur von der„schrecklichenKrankheit."Natürlich wird das Rezept da hinaus kommen. DiesesSpicßbürgervolk, das noch nicht einmal so viel moralischenMuch hat, um die Dinge mit ihrem richtigen Namen zunennen— mit der Moral ist es gleich bei der Hand, mitder Moral wird alles verkleistert.Natürlich bringt Björnson auch Gründe vor. Er hatnämlich herausgefunden, daß der Mensch von Natur garnicht das Bedürfniß nach Befriedigung des Geschlechtstriebeshat, bevor er nicht ausgewachsen ist, also bei Männernnicht vor dem 25., bei Weibern nicht vor dem 21. Jahre.„Und während die niedrigstehenden Völker, nach Darwin,eine Unzahl von Kinoern haben, halten die höher stehen-öen Maß. Der Trieb zu frühzeitigem Verkehr mußalso auf Gewöhnung basiren, und nicht auf eine Forde-rung der Natur."Wenn man die Sacke vernünftig betrachtet, so wirdman einfach finden, daß der Geschlechtstrieb befriedigtwerden muß, so bald die geschlechtliche Reife da ist; findetdie Befriedigung nicht statt, so werden die armen Jungenvon Pollutionen geplagt; und es giebt mehr als einen.der infolge seiner übertriebenen Keuschheit durch anhaltendePollutionen der Schwindsucht zum Opfer gefallen ist.—Daß höher entwickelte Völker weniger Kinder haben, alsniedriger stehende, hängt durchaus nicht mit geringererBefriedigung des Geschlechtstriebes zusammen, wie dernaive Björnson glaubt, sondern das rührt daher, daß derKulturmensch nicht so viele Kinder ernähren kann wegender sozialen Verhältnisse, und deshalb den Akt durchallerlei Mittel unfruchtbar macht.Aber nichts desto weniger— die Enthaltsamkeit wirdgepredigt, die Enthaltsamkeit wird euch schon selig machen!Aber wie werden die Leute enthaltsam?Die Enthaltsamkeit muß ihnen gepredigt werden;man muß die Kinder schon von Anfang an darauf er-ziehen. Ja, die Erziehung wird es bringen! Die Mutterist die beste Erzieherin der Kinder, sie muß anfangen;dann muß in der Schule fortgefahren werden, bis manschließlich den moralischen Mitsterjüngling erzogen hat, derbis in sein sünfundzwanzigstes Jahr mit eherner Konsequenzund schüchternem Augennicderschlagen jede Versuchung desFleisches von sich abweist, um dann zuletzt eine züchtigeGairin an seinen häuslichen Herd zu führen. Ja, dieSchule muß von ethischen Talenten frei nach ihreni eigenenWillen eingerichtet werden— und dahin kommt es, früheroder später!...„Die Schulen müssen gemeinsame Schulenwerden, wo die beiden Geschlechter von Kindheit an lernen,wie Kameraden mit einander zu verkehren..."Bei uns auf den Dörfern sind die Schulen oft derarteingerichtet; aber das hat durchaus keinen„kameradschaft-lichen" Verkehr der Kinder zur Folge, sondern einen ganzanderen. Aber es bekommt ihnen ganz gut, und sie findendarin auch gar nichts Unnaiürliches.Aber charakteristisch, sehr charakteristisch für den Bürgerist die Idee: durch die Erziehung eine derartige Verände-rung zu schaffen. Bildung und Erziehung find ja über-Haupt die Universalheilmittel der bürgerlichen Apothekegegen sämmtliche soziale Schäden und Krankheiten.Als besonders sortgeschrittener und„aufgeklärter Bürgerzeigt sich Björnson in der Art, wie er sich die Erziehungvorstellt. Bekanntlich ist die moderne allgemeine Erklärung,aus welcher das Bürgerthum wissenschaftlich alles ableitet,die Theorie von der Vererbung. Genie und Irrsinn,Verbrechen und Prostitution, Sausen und Fressen— allesist vererbt, beileibe nicht durch die sozialen Zustände ver-ursacht, sondern durch die Vererbung. Was für das„finstere Mittelalter" der göttliche Rathschluß, das ist fürdas aufgeklärte neunzehnte Jahrhundert die Vererbung, dasgroße, unbekannte T, welches alles erklärt.So wird denn die Vererbung auch hier bei denHaaren herbeigezogen. Es sind nämlich gute und schlechteTrieb« auf den Menschen vererbt; und der Zweck der Er-ziehung muß es nun sein, diese schlechten Triebe zu ver-nichten und die guten zu stärken, in diesem Fall also, diegesellschaftlichen Triebe vis zum 25. Jahre zu vernichten.Ist das erst durch mehrere Generationen durchgeführt, sowird man dann schon eine Generation erzielen, auf welchedie Kraft der sünsundzwanzigjährigen Keuschheit schon ver-erbt ist.—Es wäre zwecklos, diese spießbürgerlichen Utopistereiennoch weiter zu verfolgen, das Vorstehende möge genügenals Probe davon, wie das Spießbürgerthum die großenFragen der Gegenwart zu lösen denkt. Daß eine Klasse,die zu nichts weiter kommt, als zu derartigen Phantasien,die geistige Führung der Gesellschaft nicht mehr besorgenkann, das ist klar; und wir sehen ja auch thatsächlich, wiedas Proletariat im geistigen Leben immer mehr die Stelleeinnimmt, welche früher die Bourgeoisie inne gehabt hat.Interessant ist auch noch eine Notiz aus der Broschüre:„Einige haben behauptet', daß das Idyll in Stücke geht,sobald die Kinder kommen; der eine Theil der betreffendenkann nicht weiter zu dem Erwerb beitragen. Aber auchdas wird sich anders ordnen, wenn es allgemein wird, daßzwei junge Menschen, die sich bei erreichtem völlig reifemAlter ernähren können, die Ehe mit einander eingehen.Die Kindergärten sind der Anfang dazu."Die Verhältnisse sind doch immer logischer, wie dieMenschen. Mitten zwischen die verschrobensten Theorienplatzt mit einem Male diese Bemerkung, erzeugt offenbardurch einfache unbewußte Beobachtung der Verhältnisse:die Ehegatten müssen sozial gleich sein und die Erziehungder Kinder ist Aufgabe der Gesellschaft. Wir wollenden guten Björnsen nicht denunziren als„Zerstörer derFamilie"— aber das ist ja dasselbe, was die Sozial-demokratie sagt! Freilich, daß wir es nicht als eine kate-gorische Forderung hinstellen, sondern daß wir nur nach-weisen, die Dinge werden sich thatsächlich so entwickeln.Aber sonst ist das ganz dasselbe, was wir über die Sachedenken.Unsere Lösung ist eben so einfach, daß sie sich selbstunfern Gegner ohne seinen Willen aufdrängen muß; dennsie wird einfach gewonnen durch die Einsicht in die wirk-lichen Verhältnisse.Arbeitsgesetzgebung.Aus den fiskalischen Gruben des Saarreviers hatdie Bergwerksvenvaltung Arbeitervertretungen ein-geführt. Angeblich sollen die Bergleute in„freier" Wahlihre eigenen Vertrauensmänner in diese Vertretungenschicken, damit die Bergverwaltung sofort und offen vonallen Beschwerden unterrichtet werde.Die Bergleute in den fiskalischen Gruben sind inkleinere Abtheilungen getheilt, deren jede unter einemSteiger steht. Jede dieser einzelnen Abtheilungen solltevor einigen Tagen einen Vertrauensmann wählen. DieLeute wählten naturgemäß diejenigen, welche sich bereits