Soeial-Politisches Wochenblatt,Zum i. Mai.— Der Streit um den 1. Mai.~~ Versammlungen zun» I. Mai.— Jules Guesdeüber die Berliner Konferenz.— Die Schuledes Bürgerthums. I.� Novelle von Mackay. TU.— SozialistischeSpaziergänge: Wanamaker.— Arbeitsvermittlung in New?)ork.— Eine Frauenarbeits-Enquete in den Bereinigten Staaten I.—lvuesde, Pariser Kommune. II.— LändlicheWahlbeeinflussung.Zur Beachtung!Soeben erschien:Verliner ArtieiterbiMothtK. I. Serie.Heft 11: Die soziale Frage auf dem Lande.Von Paul Kampffmcycr-Genf und***40 Seiten. Preis 20 Pf.Heft 12: Internationale Arbeitsschutzgesetzgebung.Von Paul Erust- Berlin. 30 Seiten. Preis 15 Pf.»Verl. Volks Tribüne," Berlin S.O., Oranieustr. 23,3�" Wicdcrverkanfer. sowie Zlrvcitcrvcreine erhalten hvheu Rabatt."330.dändlet-Zum 1. Mai.Die„Neue Tischlerztg.", das Organ des deutschenTischlerverbandes, sämmtlicher freien Tischleroereme, sowieder Zentralkasse der Tischler schreibt:Unser Vorschlag') zum 1. Mai, eine Masienpetmonitn den Reichstag um Einführung eines gesetzlichen Acaximal-arbeitslages betreffend Hai in Arbeiterkreisen vielsachsympathische Aufnahme gesunden. In verschiedenenOrten haben die Kollegen in ihren Versammlungen bereits�stimmende Beschlüffe gesaßt, und neben einigen anderenArbeiterblätrern, die sick in gleichem Sinne geäußert, hatauch die„Berliner Volks-Tribüne" unseren Vorschlagausgegriffen und veröffentlicht in ihrer letzten Nimtmerbereits einen von mehreren in der Berliner Utbelterbc-wegung bekannten Personen unterzeichneten Ausruf, eme»«.w-.K wdie Hand genommen und so rasch die Jmtlatlve ergriffen worden ist. Denn abgesehen davon, daß es hiermeniger darauf ankommt, wer eine Sache thut, als daßne überhaupt gethan wird, halten wir es auch ausverschiedenen Gründen für ganz am Platze, wenn dasArrangement einer Sache, für welche die gesamnite deutscheArbeiterschaft interessirt werden soll, von Berlingeleitet wird. Nur erlauben wir uns hierbei auch dtErwartung auszusprechen, daß die Leute, welche dieseSache in die Hand genommen haben, nunmehr auch allesthun werden, was zu lhun ist und gethan werden kann,dam» kein Fiasko dabei herauskommt, melmehr zurWahrheit wird, was die„Volks-Tribüne" am Schluß des«mahnten Aufrufs sagt.**Die„Sächsische Arbeiterzeitung" schreibt:.®!>e recht bedauerliche Polemik(damals war nur dererste Angriff„aus Fraklionskreisen" erschienen) hat uchneuerdings anläßlich der Feier des ersten Mai entsponnen.Schon seit Anfang des Jahres steht die Frageaus der Tagesordnung bei Fach- und politischenBlattern, nur die Reichstagswahl hat eine Unterbrechungeintreten lasien... Da die Agitation schon seit WochenSluß, bisher aber noch eine einheitliche Leitungfehlte, nahmen eine Anzahl Berliner Genoffen, unterlhnen auch der Abg. Schippet, die Sache in die Hand, umPositive Vorschläge zu machen, was am 1. Mai zu ge-,,*) Wir bemerken hier, daß die„Neue Tischlerztg." schon vorbangerer Zeit die oben ausgesprochene Anregung vertreten hat.schehen habe. Wir fanden diese Vorschläge sehrvernünftig und veröffentlichten den erlaffenen Aufruf invoriger Nummer.Da kommt jetzt plötzlich:m„Berliner Volksblatt"eine Notiz„aus Fraktionskreisen", die sich gegen das Vor-gehen der Berliner Genossen-rklärt und den Partei-genossen empfiehlt, nicht eher Schritte in dieser Angelegen-heit zu thun, bis die Fraktion gesprochen habe.Nun liegt die Sache so, daß man von der Frak-tion noch gar nichts gehört hat, weder von ihrer Neu-konstituirung nach den Wahlen, noch von irgend einerThätigkeit in Sachen des ersten. Mai, ja es wußte keinMensch, daß die Fraktion noch vor dem 1. Mai überhauptzusammentreten werde. Es wär: äußerst unangebrachtgewesen, zu warten, denn in 14 Tagen läßt sichdie Sache nicht arrangiren, was dann herauskommt, ist Halbheit. Die Zeit, wo die Fraktionsprechen mußte, ist vorüber.Leider hat sich die alte nicht schlüssig über das Vor-gehen gemacht— dann mußte aber die neue sofort nachden Stichwahlen zusammentreten resp. das Zencralwahl-komitee mir den Arrangements betrauen. Jetzt würdeeiner etwaigen Konrreordre nur vis Des ordre folgen, daviele Versammlungen, Vereine, selbst ganze Orte und Wahlkreise bereits ihre Beschlüffe gesaßt haben, die nicht ohneweiteres umzustoßen sind.Wie zur Entschuldigung sagt die Notiz im„Volks-blatt" noch: nach dem Beschluß des internationalen Kon-greffes in Paris sollte die Agitation für den Achtstunden-tag in der ganzen Kulturwelt gleichzeitig erst am 1. Maibeginnen. Abgesehen davon, daß dies positiv unwahrist, ist es auch unlogisch. Einmal ist der Normalarbeitstagein stehendes Thema unserer Agitation, zweitens ist dieAgitation zur Feier des 1. Mai gleichbedeutend imit derAgitation für den Achtstundentag.Noch bedauerlicher in dieser Angelegenheit sind diegeradezu unqualifizirbaren Angriffe, welche in dieser Sachedie demokraiische„Volkszeitung" in Berlin gegen Schippe!schleudert. Diese Tonart von„Narretheien und Schippeleien",die man an diesem Blatte durchaus nicht gewöhnt ist, läßtSchlußfolgerungen zu, über die wir uns einstweilen nichtauslassen.**Die„Münchener Post" der Genossen v. Wollmarund Birk schreibt am Donnerstag: Das„Berliner Volks-blatt" und die„Bolkstribüne" brachten kürzlich einen Auf-ruf der Berliner Arbeiter, die Feier des 1. Mai betreffend.In diesem Aufruf wurden ganz allgemein gehalteneRichtpunkte für die Art und Weise der Feier gegeben.Das„Berliner Volksblatt" veröffentlicht jetzt eine Zuschrift aus Fraktionskreisen, worin das Vorgehen derBerliner Genoffen als ein übereiltes bezeichnet wird. Esheißt in dieser Zuschrift u. A.:„Wir können unseren Parteigenossen nur empfehlen, nichteher in dieser Angelegenheit Schritte zu thun, bis die Frak-tion als Vertreterin der Partei gesprochen hat."Diesem Bedenken und dieser Aufforderung zum Zuwarten können wir uns nicht anschließen. Und zwaraus zwei Gründen: Erstens käme ein Fraktionsbeschlußviel zu spät und würde seinerseits störend in die an vielenOrten schon im vollen Gange befindlichen Vorbereitungeneingreifen und zweitens ist der grundlegende Ge-danke und der Zweck der Feier überall bestimmendund auch bekannt, während sich die Durchführung denörtlichen Verhältnissen anbequemen muß.Der Beschluß des internationalen Arbeiterkongreffes,daß die Agitation für den Achtstundentag gleichzeitig inder ganzen Kulturwelt am 1. Mai beginnen soll, wirddurch die jetzigen Vorbereitungen durchaus nicht berührt,wie es der Verfasser der Zuschrift an das„Berliner Volks-blatt" zu befürchten scheint.*Das„Vereinsblatt für Bauhandwcrker" schreibt:Die übrigen Fragen des Arbeiterschutzes, so noth-wendig einzelne derselben auch erscheinen mögen, treten be-sonders bei uns in Deutschland vor der einen zurück:Abkürzung der Arbeitszeit!Wie die deutsche Arbeiterbewegung sich in allen Fragenals eine zielbewußte, auf die Erreichung bestimmter, genauumschriebener Zwecke gerichtete hinstellt, hat sie auch hierin der Abkürzung der Arbeitszeit den wesentlichsten Punktaller Forderungen gefunden, bei dem zuerst einzusetzen ist.Die Nothwendigkeit, die Möglichkeit und die Zulässig-kcit der Abkürzung der Arbeitszeit muß in erster Linieden Arbeitern selbst klar gemacht werden. Man täuschesich nicht. Es gehört eine ganze Portion wirthschaftlicherKenntnisse, Erkennrniß der thatsächlichen Verhältnisse undUcbersicht über das wirthschafrliche Gebiet dazu, um demsogenannten„gesunden Menschenverstände" es klar zumachen, daß eine Abkürzung der Arbeitszeit durchaus nichtgleichbedeutend ist mit geringerer Leistung, geringeremVerdienst und also Schädigung der Arbeiterinteressen be-deutet, wie unsere Gegner es den Arbeitern so gerne ein-reden möchten.Leider haben die hochgehenden Wogen der Wahlbe-wegung die ruhige und sachliche Erörterung dieser Fragenin der Presse und in Vereinen vielfach zurückgedrängt.Es wird jetzt die Aufgabe sein, die Zeit bis zum1. Mu-«och gehörig.au?*.« nutzen pm die nöthigeBelehrung durch Wort und Schrift' zu verbreiten,! damirbei uns soviel wie möglich der Arbeiter-sesttag am 1. Mai1890 mit der nöthigen Erkenntniß der Sachlage gefeiertwird; denn nur so wird er die erwünschten Früchte tragen.Nur wenn der gesammte erweckte deutsche Arbeiterstandans fester und wohl begründeter innerer Ueberzeugung fürdie Abkürzung der Arbeitszeit eintritt, wird dieselbe indem gewünschten Umfange zu erreichen sein, wird dieKundgebung von nachhaltiger Wirkung sein.Wir hoffen, daß alle unsere Freunde, was in ihrerMacht liegt, muthig und entschlossen thun, um die Kund-gebung der deutschen Arbeiter zum Donnerstag, den 1. Mai1890 zu einer so wirksamen, so eindrucksvollen zu machen,als es nur irgend möglich ist.Die„Burgstädter Zeitung" bemerkt zu der Auf-forderung aus Fraktionskreisen,„nichts" zu thun,„bevornicht die Fraktion gesprochen hat":Wir haben hier zu bemerken, daß die Agitation zugunsten der Achtstundenbewegung lange bevor der letzteReichstag geschlossen, von nicht nur Berliner, sondern auchauswärtigen Genossen begonnen hat. In Oesterreich, Frank-reich, der Schweiz, überhaupt in allen Ländern, die auf demPariser Kongreß vertreten, waren die Arbeiter schon seitdem November vo rigen Jahres in der kräftigstenAgitation begriffen.Da dies jedenfalls den vorigen Fraktionsmitgliedernbekannt gewesen sein mußte, so wäre es richtiger gewesen, schon längst Stellung zu dieser Frage zunehmen, als die deutsche Arbeiterschaft so im Unklarenzu lassen.Die Unterzeichner(des Berliner Aufrufes), woruntersich süns Delcgirte zum Pariser Kongreß befinden, warender Ansicht, daß, wenn wirklich etwas Ersprießliches ge-schaffen werden sollte, eine keineswegs zu früh angesetzteAgitation entfallet werden mußte und der Aufruf istso wohlerwogen und besonnen abgefaßt, daß erwohl allseitig anerkannt werden wird.Das„Norddeutsche Volksblatt"(Bant-Wilhelms-Häven) schreibt:Zu dem Streitfalle selbst Stellung nehmend, hättenwir lieber gesehen, wenn die Fraktion gleich nachden Wahlen ein entscheidendes Wort gesprochenhätte.... Der Zwischenfall in den Vorbereitungen zurAchtstundenbewegung wird nun jedenfalls die Entschei-dung beschleunigen, in welcher Weise der 1. Mai gefeiert werden soll, ein casus belli aber kann er niemalswerden.