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Nr. 238.

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für 1896 unter Str. 7277.

Vorwärts

18. Jahrg.

Insertions- Gebühr beträgt für bte fünfgespaltene Petitzeile oder beren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs Anzeigen 20 fg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in ber Expedition abgegeben werden. Die Expedition ift an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- und Fest tagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet. Fernsprecher: Amt I, Mr. 1508. Telegramm Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Etwas

Sonnabend, den 10. Oktober 1896. Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Ausbeutung und Knechtung viel intenfiver, als der Privat tapitalist oder eine Gesellschaft von Privatkapitalisten es vermag."

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verlangen, daß er in den Staatsbetrieben die Ausbeutung nicht intensiv betreiben, dem wirthschaftlichen Druck, den vom Staats- Sozialismus". Unser neulicher Artikel über" Munizipal- Sozialismus" Staatsfozialismus", aber ist sie nicht eine treffliche Charakteristit heißt von Disteln verlangen, daß sie Feigen tragen, oder dem Der Vorwärts" bezieht diefe Aeußerung allerdings auf den er ausübt, nicht den politischen Druck zugesellen solle, bas hat wegen der Kritik, die wir darin an dem sogenannten bes Bukunftsstaates"?- G8 ist eben fiets das alte sozialistische Bolt blauen Dunst vormachen. Und wenn die Frankfurter  " Staats- Sozialismus" übten, nach verschiedenen und ent- Lied: der Marxismus allein tann Heil und Hilfe bringen. Beitung" unsere Charakteristik des Staats sozialismus gegengesetten Seiten hin angestoßen. Zunächst beschäftigt Dabei übersehen die Sozialdemokraten nur zu oft, wie außer auf den Zukunftsstaat" anwendet, so ist das weder gerecht fich die bürgerlich- demokratische Frankfurter Zeitung  " mit ordentlich viel auf dem ruhigen Wege der Sozialveforim zu noch ehrlich, und obendrein ein so mäßiger Wiz", daß unseren Ausführungen. Sie schrieb in ihrer Nummer von erzielen ist, und so können auch Erscheinungen, wie der das Frankfurter   Organ der bürgerlichen Demokratie ihn Letztem Montag: Solinger   Segerstreit der bekanntlich gezeigt hat, daß die besser Herr Eugen Richter   überlassen hätte. Positiv un­In einer der legten Nummern des Vorwärts" findet sich sozialdemokratische Partei juft nicht der angenehmste Arbeit gerecht und unehrlich" ist es, zu behaupten, wir hätten das folgende Stelle: Der Ausbeutung des" Menschen durch den geber ist nicht Wunder nehmen. Auch diese fatale Geschichte Schlagwort von der einzigen reaktionären Masse" in unserem Menschen ein Ziel zu ſehen, mit der Herrschaft der Ausbeuter- hat die sozialistische Preffe aus der heutigen Gesellschaftsordnung Artikel gegen die bürgerlichen Parteien angewandt. Das tlaffe die Klaffenherrschaft zu beseitigen- das ist das Ziel des erklären und entschuldigen wollen. Da ist es aber denn doch ist uns nicht eingefallen. Wir haben im Gegentheil aus­Sozialismus, der zu diesem Zweckt allerdings die Privat werkwürdig, daß die Arbeiter manches Privatunternehmers, der produktion und den Privatbetrieb abschaffen und durch den nicht auf den großen Kladderadatsch" spekulirt, sich einer un- drücklich hervorgehoben, daß bürgerlich demokratische staatlichen oder gesellschaftlichen Betrieb ersetzen muß." vergleichlich günstigeren Lage erfreuen, als die Solinger   Ge- Forderungen einen Theil unseres Programms bilden. Und Aber wenn der Sozialismus den Privatbetrieb abschafft, so ge noffen". Der Grund hierfür wird wohl darin liegen, daß in wir wissen, und haben es hundertmal anerkannt schieht es, um die Ausbeutung abzuschaffen. Wenn der heutige dem einen Falle das Hauptgewicht auf die praktische Sozialreform daß die bürgerliche Demokratie da, wo sie sich der absoluten Klaffenstaat irgend einen Privatbetrieb abschafft und dafür den gelegt wurde, im andern Falle auf den Kultus des alleinfelig: Herrschaft des Kapitalismus entziehen kann, sehr viel Gutes, Staatsbetrieb einführt, so thut er es, um die Ausbeutung selber machenden Marxismus  . Durch dieses Vorgehen schadet die Sozial- auch auf wirthschaftlichem Gebiete zu leisten vermag. Allein zu üben und sich die Vortheile der Ausbeutung direkt zuzu- demokratie nur sich selbst, und sie wird erst dann als vollwerthig wenden". Deshalb tönne man nicht von einem Staatssozia- gelten fönnen, wenn sie den orthoboren Glauben an allgemeine, außer der Schweiz   fennen wir keinen derartigen Staat, und auch die schweizerische Demokratie ist nicht im stande Iismus, fondern nur von einem Staats ta pitalismus unfehlbare Lösungen aufgiebt. sprechen. Ob diese begriffliche Unterscheidung zutreffend ist oder So die Frankfurter Zeitung  ", deren Artikel wir dem gewesen, schmachvolle Orgien des Kapitalismus zu vev nicht, intereffirt uns sehr wenig. Worauf wir aber nachdrücklich Leser vollständig vorgelegt haben. hindern. binweisen möchten, das ist der Doktrinarismus der deutschen   Man sieht, den Fundamentalsaß, welchen wir aufgestellt Die Frankf. 3tg." sollte außerdem doch auch wissen, daß Sozialdemokratie, der in diesen Ausführungen des Vorwärts" haben: daß das Wesen des Sozialismus fich gegen das wir Sozialdemokraten in dem Großbetrieb einen entschiedenen wieder einmal klar zu tage tritt. Wenn heute irgendwo die Eisen- fapitalistische Ausbeutungssystem richte, be- und nothwendigen Fortschritt gegenüber dem Kleinbetrieb bahnen verstaatlicht werden, fo liegt es nach der Ansicht des kämpft die" Frankfurter Zeitung  " nicht direkt. Dann würde erblicken. Schon von diesem Gesichtspunkt aus sind wir Vorwärts" in der Natur der Sache, daß die Verstaat die infälligkeit ihrer Kritit allzu offenbar werden. Sie be- teine bedingungslosen Gegner des Staatsbetriebes. Selbst lichung lediglich zum Zwecke der Ausbeutung erfolgt. Nun ist es aber Thatsache, daß seinerzeit in Preußen Regierung und streitet blos, daß die Verstaatlichung", also das, was man in grundkapitalistischen Ländern, wie England und den Boltsvertretung, also der Staat, die Werftaatlichung der Eifen- heute gemeiniglich Staatssozialismus  " nennt, auf dem Bereinigten Staaten würden wir die Verstaatlichung der bahnen vor allem deshalb wünschten, damit diese wichtigsten Boden des tapitalistischen Ausbeutungssystems fich bewege. Eisenbahnen für einen außerordentlichen Fortschritt halten, Verkehrsmittel möglichst nach gemeinwirthschaftlichen Daß die Ausbeutung lediglich" 8wed der Ver- um so mehr, als eine Ausnutzung im Interesse rückständiger Brinzipien geleitet werden, und als sich dann trogdem eine ftaatlichung fei, das hat der Borwärts" nicht gesagt. Aber Bevölkerungsschichten und reaktionärer Ziele, ähnlich wie Ueberschuß- Wirthschaft entwickelte, sind es stets auch bürger gesagt haben wir, daß der Staatsbetrieb in der kapitalistischen   es in Deutschland   geschieht, dort vollkommen ausgeschlossen liche Parteien gewesen, die dagegen energisch protestirten und Gesellschaft mit Nothwendigkeit das kapitalistische Prinzip der erscheint. verlangten, daß die Volksvertretung auf die Bildung der Aber der Staatsbetrieb ist doch kein Sozialismus. Tarife 2c. entsprechenden Einfluß nehme. Wenn diese Bestre- Ausbeutung befolgen müsse. Dabei ist allerdings ein Unterschied bungen bisher feinen durchgreifenden Erfolg erzielten, so möge zwischen Ausbeutung und Ausbeutung. Ein demokratischerStaat Und das ist der Punkt, um den es sich in unserem Artikel man die Schuld denjenigen Parteien aufhalsen, die dafür ver- wie die Schweiz  , in der das demokratische Prinzip dem gehandelt hat. antwortlich zu machen find, aber das Generalisiren, das Schlag- tapitalistischen einigermaßen die Stange hält, wird die Aus- Das Hineinziehen des Solinger   Segerstreits beweist die wort von der einzigen reaktionären Masse" ist hier, wie überall, beutung nicht so intensiv betreiben, wie ein undemokratischer Verlegenheit um gute Gründe. Was hat ein kleiner Buch­ungerecht und unehrlich. Es ist ja leider heute der Fall, daß Klassenstaat, gleich dem Deutschen Reich. Unsere schweizerischen druckereibetrieb in Solingen   mit Staatssozialismus   zu thun? einzelne Barteien der Regierung die Möglichkeit bieten, eine sehr Genossen haben deshalb in bezug auf Staatsmonopole einen Was überhaupt mit Sozialismus? Die Parteigeschäfte tapitalistische Politik zu treiben, aber welche Garantie giebt man anderen Standpunkt einnehmen können, als wir Deutsche  . der Sozialisten sind ausnahmslos bürgerlich fapitalistisch uns, daß der Sozialismus mit der Aufhebung des Privat. In Deutschland   konnte die Verstaatlichung nur die verwaltet, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die betriebes wirklich die Ausbeutung" abschaffen würde? Der " Vorwärts" schlägt sich selbst, denn wenige Zeilen nach dem Früchte erzeugen, die sie erzeugt hat. Von einem bürgerlich tapitalistische Welt keine andere Möglichkeit des obigen Zitat fagt er: Junker- und Militärstaat, der alle Machtmittel des Bestandes darbietet. Der Unterschied zwischen unseren Parteis .. Der Staat, der die politische Macht mit der wirth- Kapitalismus in seiner Hand zusammenfassen will, und geschäften und kapitalistischen Privatgeschäften ist nur schaftlichen in seiner Faust vereinigt, betreibt die kapitalistische seiner Natur nach es wollen muß von diesem Staat der, daß der aus der Lohnarbeit gewonnene

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Rienzi.

Der letzte der römischen Volkstribunen. Roman von Edward Lytton Bulwer  . Sechstes Rapitel.

Der Sturz.

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Ueberzeugung die Menge, für sie mußte der Tribun auf tiefen Mitleidens nicht zu verkennen war, überschauend der Höhe seines Ruhms dieses erdulden! Die an so vielen und als das Läuten der Glocke aufhörte, rebete er das Mauern und Säulen gegen ihn angeheftete Bulle machte horchende Volk mit folgenden Worten an: ihm zum Verbrechen: Rebellion( weil er die Freiheiten

Also, Ihr seid doch noch einmal gekommen! Rommt Roms wiederhergestellt), Keßerei( weil er kirchliche Miß- Ihr als Sklaven, oder als freie Männer? Eine geringe bräuche entfernt), Kirchenschändung( weil er sich in der Zahl bewaffneter Söldner ist in Eure Mauern eingedrungen; Porphyrvase Constantins gebadet hatte). Die Römer fühlten wollt Ihr, die Ihr von Euren Thoren die stolzesten Ritter, diese Ueberzeugung; sie seufzten, sie klagten, aber in seinem die erfahrensten Krieger Roms vertrieben habt, jetzt hundert­großen Palast war der Tribun, außer von einigen treuen undfünfzig Miethlingen und Ausländern Euch unterwerfen? und anhänglichen Herzen umgeben, allein und verlassen! Wollt Ihr Euch bewaffnen für Euren Tribunen?

bleiben.

Es war wie ein Donnerschlag an einem heiteren Tage, der Sturz des Tribunen in dem Zenith seiner Macht, als seine Feinde darniedergeschmettert waren und er mit einer fleinen Echaar tapferer Römer, wenn sie hätten frei sein Die tapfersten von seinen toskanischen Söldnern be- hr schweigt? Nun, es sei! Wollt Ihr Euch für Eure, wollen, für immer die der Freiheit Roms entgegenstrebenden gleiteten Jrene. Seine übrigen bewaffneten Soldaten be- eigenen Freiheiten, für Eure eigene Baterstadt bewaffnen? Macht zu vernichten, die Rechte seines Vaterlandes zu sichern standen, außer einer kleinen Wache, aus besoldeten Bürgern Ihr schweigt noch. Seid Ihr so entartet? Habt Ihr keine und seinen eigenen Ruhm für ewig zu begründen vermochte. der römischen Miliz, welche, längst unzufrieden, weil sie Arme für Eure eigene Vertheidigung? Römer, hört mich Ein solcher Untergang war wie ein Hohnlachen des Schicksals, lange feinen Sold erhalten hatten, jetzt die Erkommuni- fan! Habe ich Euch Unrecht gethan, so laßt mich sterben das ihn im Unglück unterstüßte, um ihn auf der Höhe seines tation als Vorwand benutten, um unthätig zu Hause zu durch Eure Hände, dann tretet mit den von meinem Blute Glücks plöglich zu verlassen. noch rauchenden Waffen dem Räuber entgegen, der nur Am nächsten Morgen sah man keinen Menschen in den Am dritten Tage unterbrach ein neues Ereigniß die der Verkünder Eurer Sklaverei ist, und ich sterbe ehrenvoll Straßen, die Läden waren geschlossen, ja selbst die Kirchen; Todtenstille der Stadt; hundertundfünfzig Söldner, mit und mein Tod wird gerächt werden. Ihr weint! Großer Gott, es war, als seufzte die Stadt unter einem Interditt. Der Pepin von Mivorbino, einem Neapolitaner, einer Kreatur ihr weint! Ja, auch ich könnte weinen darüber, daß ich es schreckliche Fluch der päpstlichen Exkommunikation gegen Monreal's  , an der Spize, rückten in Rom   ein, besezten den erleben mußte, vergebens zu den Römern von ihrer Freiheit das Oberhaupt der päpstlichen Stadt schien alle Lebens- Palast der Colonna, und es wurde ein Herold durch die zu sprechen! Weinen! Jst dieses eine Stunde für Thränen? adern erstarrt zu haben. Der Legat selbst hatte sich unter Stadt geschickt, der im Namen des Kardinal- Legaten ver- Weint nur, und Eure Thränen werden Verbrechen, und dem Vorgeben, er halte sich in Rom   nicht für sicher, nach fündete, daß ein Preis von zehntausend Florenen auf den werden Gewaltthätigkeiten und Despotismus bald einernten! Monte Fiascone begeben, wo die Barone unmittelbar nach Ropf des Cola di Rienzi   gesetzt sei. Römer! bewaffnet Euch! folgt mir zu dem Palast des der Bekanntmachung des Edikts mit ihm zusammen trafen. Darauf ertönte, in hellen und lauten Tönen, wie früher, Colonna! vertreibt diese Schurken; vertreibt Euren Feind," Der Fluch sollte besser wirken während der Abwesenheit des die große Glocke des Kapitols, das Bolt, entmuthigt er hielt inne, seine Worte schienen feine Begeisterung zu Verfluchenden. durch die Furcht vor der päpstlichen Autorität( welche erregen, oder," fuhr er fort, ich überlasse Euch Eurem Furcht seit der Entfernung des päpstlichen Sizes von Rom   Schicksal!" nur noch gesteigert worden war) kam unbewaffnet und auf dem Plage des Löwen erwartete es der Tribun. Seine Schildknappen standen unten an der Treppe mit seinem Pferde, seinem Helm und derselben Streitart, die er im glorreichen Kampf geschwungen hatte.

Gegen Abend sah man einige Personen über den großen Platz des Kapitols gehen, die sich bekreuzten, als sie die an dem Löwen angeheftete Bulle erblickten, und in dem großen Thor des Palastes verschwanden. Nach und nach versammelten sich ängstlich einige Gruppen in den Straßen, die sich aber bald wieder zerstreuten. Es war eine plötzliche Unterbrechung alles öffentlichen Verkehrs und Treis Neben ihm standen einige Soldaten von seiner Wache, bens eingetreten. Keine physische Kraft vermochte in jenen seine Dienerschaft und zwei bis drei von den vornehmsten Zeiten der geistlichen und unbewaffneten Autorität zu Bürgern. widerstehen, welche, wie die unsichtbare Haud Gottes, den Mit entblößtem Haupt stand er da in gebietender Marktplatz verödete und die gekrönten Häupter demüthigte. Stellung, die beschämte und unbewaffnete Menge mit einem Aber in dem allgemeinen Schrecken erfüllte doch eine Blick bitterer Verachtung, indem aber auch der Ausdruck

Man vernahm ein allgemeines, tiefes Gemurmel, das endlich sich lauter aussprach, und man hörte mehrere Stimmen gleichzeitig schreien:" Die Bulle des Papstes! Du bist von der Kirche verflucht worden!"

Was!" rief der Tribun, und Ihr verlaßt mich, um deretwillen allein ein Mensch es wagt, den rächenden Blizz Gottes auf mich herab zu rufen! Werde ich nicht um Euretwillen für einen Verbrecher und Rebellen erklärt? Welches sind die Verbrechen, die man mir zur Last legt? Daß ich Rom   frei gemacht und daß ich behauptet habe, ganz Italien   habe Ansprüche, frei zu sein! Daß ich