fm Fachzeichnen, Modellire» und Holzbildhanen 4 M.: für denUnterricht in den übrigen Kursen je 2 M. für das Halbjahr.Die sogenannten Sountagö-Fahrkarten nach Schwedt(Oder) vom Stettiner Bahnhof, nach Dahmsdorf-Münchebergvon den Stadtbahn-Fernstationen und nach Lübbenau von diesenund dein Görlitzer Bahnhose, die bisher nur in der Zeit vom1. Mai bis Sl>. September jedes Jahres zur Ausgabe kamen,werden von jetzt ab während des ganzen Jahres an jedem Hann»und Festtage ausgegeben.Selbstmord veriibt hat gestern Vormittag die 38 Jahrealte Schauspielerin Pauline Dietz, die seit einem Jahre bei demRittmeister a. D. v. Z., mit dessen Gattin sie befreundet war,in der Fruchtstraße bö wohnte. Fräulein Dietz ist auf keinerBerliner Bühne beschäftigt gewesen, sondern ausschließlich außer-halb. Schon feit langer Zeit war sie ohne Engagement und,vurde von Tag zu Tag schwermüthiger. Schon wiederholt hattesie die Absicht geäußert, Hand an sich zu legen, und gesternführte sie die That aus. Als Herr v. Z. mit seiner Gattin aus-gegangen war, benutzte die Lebensmüde die Gelegenheit, sich miteiner Schnur in ihrer Stube am Kleiderschrank zu erhängen.Der Selbstmord wurde erst bei der Rückkehr des Herrn v. Z.entdeckt. Die Leicheustarre war bereits eingetreten.Der Wasserstand der Spree befindet sich seit einigenWochen im ständigen Rückgang und ist gegenwärtig so niedrig,wie seit Jahren nicht. In den ausgearbeiteten Kanälen Berlinstreten an vielen Stellen bereits die Uferseiten zum Vorschein,während das Wasser auf der Oberspree von den Ufern ganz be-deutend zurückgewichen ist. Bei einem weiteren derartigen Fallendes Wasserstandes dürften der Schisssahrt aus der Spree erheb»liche Schwierigkeiten entstehen.Der Direktor deS NiitersuchuiigS- Gefängnisses inMoabit, Major a. D. Edgar von Bornstedt, ist am Frei-tag Morgen, 7V, Uhr, 75 Jahre alt gestorben.Ein gewaltiger Krach, wie bei einer Entgleisung, undeine mächtige, aus der Erde emporschießende Fcuersäule vonManneshöhe erschreckte Donnerstag Abend um 7 Uhr die Be-wohner der Mauerstraße an der Ecke der Schützenstraße. JniN» waren viele Hunderte zusammengeströmt, die nur»ochsehen konnten, daß schon nach einer Minute ein auszwei Wagen bestehender Zug der elektrischen Bahn Treptow—Behrenstraße, dem augenscheinlich etwas zugestoßen war,weiferfuhr. Man hatte zuerst den Eindruck, als obein Eisenbahnzug in die Häuser hineingefahren sei. An dieserStelle ist unterirdische Stromzuleitung. Ganz ähnliche er-schreckende Vorfälle haben sich, wie die„National- Zeitung" be-richtet, schon früher zugetragen. Vor einigen Woche» war einemspielenden Knaben sein Rad in die Rille der unterirdischen Zu-leitnng gerathe»; welche Ursache gestern die Störung herbeiführte,wird erst noch festgestellt werden. Die unterirdische Stromzuleitungscheint nicht geeignet für die Großstadt.Am sog. Nationaldcukmal an der Schloßfreiheit hat dieFinita Bellering u. Komp. in Nixdorf 500 Quadratmeter Mosaikanzubringen. Diese Arbeiten werden, wie man uns berichtet,nur von Italienern ausgeführt, und als die Firma vor einigenWochen Arbeitskräfte gebrauchte, ließ sie sich drei Marmor»mosaiksetzer aus Italien und einen solchen Arbeiter ansParis kommen. Obgleich den Fremde» zugesichert wordenwar, daß sie bis Ende Noveniber Beschäftigung habenwürden und bei täglich elsstündiger Arbeitszeit nurim Stundenlohn arbeiten sollten, erhielten sie doch baldAkkordarbeit, die schließlich aber derart schlecht wurde, daß derWochenverdienst bei täglich löstündiger Arbeitszeit nur 20 M.betrug. Die Arbeiter sind, da es ihnen hier nicht möglich ist,sich auskömmlich zu ernähren, nunmehr gezwungen, wieder inihre Heimath zurückzukehren, obgleich ein Streit, den sie wegeneiner Forderung von 15 M. mit der Firma haben, noch nichterledigt ist. Vielleicht dient dieser Fall anderen auswärtigen Ar-beitern zur Warnung.Bei einem Neubau in der Kolonie Grunewald ist derArbeiter Christian Wagner schwer verunglückt. Auf dem Grund-stück Hubertus-Allee stürzte der 45 Jahre alte Mann infolgeeines Fehtrittes aus beträchtlicher Höhe von einer Leiter herabund zog sich außer inneren Verletzungen einen Schenkelbruch zu.Man brachte den Verunglückten in ein Berliner Krankenhaus.A«S dem Polizeibericht vom S. Oktober. Am 7. d. M.abends»ersuchte die 17jährige Martha B. in der Wohnung ihrerDienstherrschaft in der Bergmannstraße sich mittels verdünnterZuckersäure zu vergiften. Durch ärztlich verordnete Gegenmittelwurde bald jede Geiahr beseitigt.— Am 8. d. M. vormittagswurde der 28jährige Lademeister-Aspirant Georg B. im Flur desHauses Swinemünderstr. 108 bewußtlos und ans mehreren Kopf-wunden blutend aufgefunden und nach Anlege» eines Verbandesauf der Unfallstation II nach der Charitee gebracht. Nach Angabevon Zeuge» hat B. vermuthlich infolge von Geistesstörung sichmit einem starken Knüttel so lange gegen den Kopf geschlagen,bis er bewußtlos zu Boden stürzte.— Byr dem Hause Wiener-straße 55 lief die achtjährige Tochter des Tapezierers Scholzgegen einen in voller Fahrt befindlichen Wagen der elektrischenStraßenbahn der Linie Behrenstraße— Treptow, gerieth unterdie Räder und erlitt außer einem Bruch des rechtenFußes schwere innere Verletzungen, so daß sie nach An-legung eines Verbandes nach dem Krankenhause am Urbangebracht werden mußte.— Nachmittags wurde in der Alexandrinen-straße der siebenjährige Sohn des Arbeiters Gustav Schmidt durcheine Droschke überfahren. Er erlitt dabei einen Brnch deSSchlüsselbeines und wurde durch Vorübergehende in die Wohnungseiner Eltern gebracht.— In der in der Unipflasterung befindlichen Bernauerstraße fiel nachmittags der sechsjährige HansRllckhardt beim Spiel auf einen Haufen Pflastersteine undzog sich eine erhebliche Verletzung im Gesicht zu,so daß seine Ueberführung in die Charitee erforderlich wurde.— An der Ecke der Mohren- und Kanonierstraße wurde der auseinem Dreirade übermäßig schnellfahrende Bote der BerlinerPrivatpost durch einen Rollwagen umgestoßen und blieb be-sinnungslos liegen. Er wurde nach der Charitee gebracht.—Abends wurde in der Leipziger Straße das Pferd einer Kutschescheu, lief gegen einen Pserdebahnwagen und kam dadurch zuFall. Hierbei wurde der Führer der Kutsche, der FuhrherrJulius Preuß, vom Bocke geschleudert und am Kopfe anscheinendleicht verletzt. Er erhielt auf der Unfallstation II einen Verband.AuS den Nachbarorten.Ueber eine recht böse Szene, welche sich in Charlotten-bürg zwischen Polizeibeamten und einem Drehorgelspieler, dembeide Beine fehlen, abgespielt haben soll, fällt die„NeueZeit" folgendes Urtheil: Wenn hier auch Widerstandgegen die Staatsgewalt vorliegt, so kann die Handlungsweiseder Beamten, die sich derartig an einem Krüppel vergriffen, garnicht genug verurtheilt werden. Wir hoffen, daß eine strengeUntersuchung angestellt wird und daß die Beamten, die an-scheinend ihre Amtsbefugniß weit überschritten haben, zur Ver-antworlung gezogen werden. Wie uns von Augenzeugen berichtetwird, ist der Krüppel nicht bis zur Wache, sondern bis zur Eckeder Goethe, und Grolmanstraße geschleift worden, von wo manihn aus einem Handkarren zur Wache lransportirte. Währendder Mann noch auf der Straße lag und abwehrende Geberdenmachte, rief ein Wachtmeister ihm zu: Halten Sie Ihren Mund,oder ich steche Sie über den Hausen. Die Antwort des Krüppelswar: Stechen Sie doch zu, wenn Sie ein Recht dazu haben.Alsdann steckten die Beamten den Säbel in die Scheide. Einempörender Vorfall ereignete sich noch nach Beendigung derAffäre. Ein seingekleideter Mann trat auf einen an dem Vorfallbelheiligt gewesenen Beamten zu und äußerte laut: Hätten Sieden Kerl doch geschlagen. daß da? Gehirn aus dem Schädelherausspritzle; solches Gesindel treibt sich hier überall auf derStraße herum!Ein großer Bankrott ist in Potsdam und Umgegendgegenwärtig das Tagesgespräch. Derselbe betrifft das dort seitetwa zwölf Jahren bestehende Mehl- und Gelreide-EngrosgeschäftAlbert Behrends u. Co. B. hat sich heimlich entfernt. DieSchulden, die er hinterlassen, betragen ca. 450 000 M. Behrendsgalt als ein strebsamer Kaufmann, ließ sich aber in der letztenZeit aus sehr gewagte Spekulationen bei Mehllieferungen ein, dieihn» große Verluste einbrachten.Im östlichen Theil von Schöneberg befindet sich an derSiegfriedstraße die vom Eisenbahnfiskus zu unterhaltende Schrankeüber der bis zu zehn Meter ansteigenden Böschung über derRingbahn in einem trostlosen Zustande. Auf alten, windschiefenrohen Feldsteinen liegen in Meterhöhe verwitterte Balken,während darunter zwischen den Steinen ein einfacher Draht ge-zogen ist. Der Draht ist längst gelockert, die Kinder schaukeln sichdarauf, lehnen sich auch wohl weiter über und schweben so insteter Gefahr, die tiefe Böschung hinabzustürzen. Infolge dessenhatte die Ortsbehörde die Eisenbahnverwaltung ersucht, dieBahnböschung gegen etwaiges Hinabstürzen von Personen undnamentlich Kindern zu sichern. Der Effenbahnfiskus aber hatsich geweigert, die gefahrdrohende Schranke durch einen festenZaun oder dergleichen zu ersetzen, und zwar mit der Begründung,daß ja— noch kein Unglück geschehen sei und mithin auch keineNothwendigkeit vorliege, die Böschung auf andere als die jetzigeWeise abzuschließen!Ein Schifferknecht aus Zerpenschleuse ist vorgestern beimStaken auf der Oberspree unweit von Sedan ertrunken. Er warauf einem Obstkahn, der eine Ladung Aepfel nach Berlin zubringen halte, beschäftigt. Bei den, Staken verlor der Schiffer-knecht das Gleichgewicht, stürzte ins Wasser und ertrank, wie-wohl der Schiffseigner sowie auch die Mannschaften einesvorüberfahrenden Kahnes sofort Rettungsversuche anstellten. DerVerunglückte ist wahrscheinlich sofort unter die Zille gerathe».Gemorbe-Auspkelluttg 18SK.Bei dem nahenden Ende der AnSstellung ist es jetztmögllch, eine genauere Ueberstcht über die Ergebnisse und Er-folge, welche die Aussteller von der Gewerbe-Ausstellung erhalte»,zu gewinnen. Uns wird darüber berichtet: Durch eine Umfrageu, den verschiedenen Gruppen ließ sich feststellen, daß den Haupt-erfolg wohl die Gruppe XIV(Elektrotechnik) zu verzeichnen habe.Der Berliner Elektrotechnik, welche im Auslände za allerdingsschon früher eines bedeutenden Rufes genoß, ist es gelungen, ,»Frankreich festen Fuß zu fassen und ganz besonders für Tele-graphen- und Telephonwese» sich Aufträge zu sicher». MaschinelleAulagen für elektrische Betriebe, Beleuchtungsanlagen sind aller-dings vom Auslande weniger bestellt, dagegen sind wegen An-legung elektrischer Bahnen mit hiesigen Firmen Unterhandlungen an-geknüpft. Einen bedeutendenErfolg hat auch die fürBerlin noch fiigend-liche Gruppe Wagenbau zu verzeichnen, welcher es ebenfalls gelungenist, der Konkurrenz des Auslandes gegenüber eine hervorragendeStellung zu gewinnen. Besonders interessirt zeigte sich hierRußland, welches jedoch, durch den hohen Einführungszoll ge-zwungen, nur wenige Austräge gab. Aber auch sonst hatGruppe XIII, speziell im Schiffsbauwesen, einige ganz gute Er-folge allfznweisen. Im Maschinenbau haben den Hauptersolg dielandwirthschaftlichen Maschinen, sowie Maschinen für gewerb-liche Betriebe errungen. Gruppe I(Textilindustrie) undGruppe XVI(Papierindustrie) haben verhältnihmäßig wenigdirekte Abschlüsse zu verzeichnen, doch sind hier Neimens-werthe Inlands- Verbindungen angeknüpft worden. DieGruppe III(Bau- und Jngenieurwesen) ist zwar vielfach bewundert,doch sind auch hier direkte Erfolge in nennenswerther Weise nichtvorhanden. In Gruppe VII(Metall-Jndustrie) ist eS Haupt-sächlich die Geldschrank-Fabrikatiou, die einen ganz unerwartetenErfolg aufzuweisen hat. Gruppe IV(Holz-Jndustrie) ist eben-falls durch die Zlusstellung sehr zufriedengestellt. Auch hier sindbedeutende Verbiuduugen, speziell durch die großen Firmen, mitdem Auslande angeknüpft, wodurch auch die kleineren Firmen inNahrung gesetzt weiden. Als Einkäufer bei der Möbel-Jndustrietraten hauptsächlich Oesterreich und Rußland hervor, in ge-rtngerem Maße auch Frankreich und Schweden. Die hier ge-trofsenen Abschlüsse sind ganz bedeutende. In der Gruppe VI(Galanterie-Waaren) sind die Erfolge ebenfalls fast ausschließlichmomentane. Es sind viele Verkäufe in der Ausstellung ab-geschlossen, wobei naturgemäß auch daS Ausland innennenswerther Weise vertreten ist. Einen Erfolg hat die Fa-brikation von Refraichiffeurs, ein früher ausschließlich französischerArtikel, der erst seit kürzerer Zeit in Deutschland fabrizirt wird,durch einen ganz bedeutenden Markt im Lande gewonnen. Auchdie Porzellan-Jndnstrie ist sehr zufriedengestellt und hat in Ruß-land und Frankreich neue Abnehmer gefunden. Bemerkenswerthist, daß sich gerade Rußland auf der Berliner Gewerbe-Ausstellungals außerordentlich kauflustig zeigte und beim Anknüpfen neuerGeschäftsverbindungen in hervorragendem Maße belheiligt ist.Fast in sämnitlichen Gruppen haben sich die russischen Jnter-essenten als vorzügliche Käufer erwiesen, mit welchen voraus-sichtlich dauernde Verbindungen erhalten bleiben werden, währendFrankreich als das einzige Land sich im großen und ganzenziemlich ablehnend verhielt.Ruf eine eigenartige Musik, die in der— Maschinenhalleder Gewerbe-Ausstellung ertönt, macht die„Musikinstrumenten-Zeitung" alle musikalischen Sachverständigen aufmerksam. Ge-meint ist nicht etwa das Gesumme und Gebrumme der Ma-schinen, welches wohl kaum als Musik erachtet werden kann.gemeint sind vielmehr ganz bestimmte charakteristische Töne,welche manche Dynamos erzeugen und durchaus nicht unangenehmklingen sollen. Dieselben rühren davon her, daß das inmehr oder weniger starker Bewegung befindliche Schwung-rad, welches zwischen den Elektromagneten rollt, infolgeder die Elektrizität aussaugenden Bürsten sogenannteFriktionstöne erzeugt, die ihrerseits je nach der lang-sanieren oder schnelleren Bewegung des Rades tiefer bezw.höher sind. Am deutlichsten vernehmbar zeigen sich die Reibungs-töne bei einem großen Dynamo der Union-Elekrizitäts-Gesell-schaft, der mit einer Dampfmaschine der Firma Hoppe verbundenist. Als deutlich hörbaren Grundton konstatirt das FachblatldaS mittlere Baß-C. Dazu erklingen in großer Klarheit Ober-töne, von denen das eine Oktave und Quinte hohe eingestricheneG mit dem darunter liegenden C eine so harmonische Quintebildet, daß ob ihrer absoluten Reinheit Helmholtz seine Freudegehabt hätte. Ein sehr aufmerksames Ohr vermag auch noch denhöher liegenden Ton L zu vernehmen. Auf diese musikalischeMerkwürdigkeit macht das Fachblatt Mustkverftändige besondersaufmerksam, da es wohl selten vorkommen dürfte, auch nur einenOberton in solcher Reinheit und Deutlichkeit zu hören.MunXt und HVtssenfilhafk.Wildenbruch und sei« Geschlecht regieren gegenwärtigim Berliner Theater, dem Familientheater in der Cdar-lottenstraße. Ein Nachtreter Wildenbruch's, Herr MaxM e ß n e r, kam am Donnerstag dort mit seiner Historie„Joachim von Brandenburg" zu Wort. Wildenbruch istwenigstens ein lungenkräftiger Trompeter. Sein Nachwuchsaber führt ein hölzernes Kindertrompeten-Konzert auf. Wereiniges Theatergeschick hat, wie Herr Meßner, der darf ruhig aufhistorischen Sinn, auf poetische Form verzichten; auf Klipps-bul-Weisheit schier kann er sein Drama stellen. Um 1500 wüthet die Pestin Berlin; ein Wunder verscheucht sie. Wer aber that diesWunder? Dörchläuchting natürlich, der Kursürst Joachim. DaSBrandenburg'sche Raub- und Mordgethier, die Lindenberg undKöckeritz und Lüderitz, und wie die Stegreifritter sonst geheißenhaben mögen werden fast im Handumdrehen zu Paaren ge-trieben und wiederum ist von schweren wirthschastlichen Känipsenkeine Rede. Joachimken hat's geschaffen, der allergütige Kur-fürst und Zauberer allerhöchst allein. Wie soll da derBürgersmann im Parquet nicht freudig beistimmen, wenner sieht, wie feine Vorfahren vom weisen Fürstengegen die wilden Raubritter behütet wurden? Die Darstellungwar eigentlich nicht so recht auf das Hurrah- Pathos gestimmt,das solche Dramen verlangen. Herr Wehrlin ist weder inder Geste noch in der gesprochenen Phrase der imponirendeKomödienfürst. Seiner Sprache wie seinen Bewegungen haftetetwas bürgerlich- gemessenes an. Schade um die muthige Kraftdes Herrn K r a u ß n e ck, der sich an nichtigen, papiernen Rollen,wie die eines rebellischen Junkers es ist, abquälen muß.Morgen, am Sonntag Nachmittag, findet im Belle-A l l i a n c e- T h e a t e r die letzte Borstellung des Schiller'schcnTrauerspiels„Kabale und Liebe" statt. Den Präsidenten spieltHerr Frey als Gast(Stadttheater in Halle); den FerdinandRobert Hartberg als Gast(Friedrich-Wilhelmstädtisches Theater);Louise: Olga Lorenzo(Sladttheater inKonstanz>; Lady Milford:edwig Margot; Miller: Wilhelm Ruff; Hofmarschall: Rieh.ürgas(früher Lesstng- Theater). Die Vorstellung be-ginnt um 3 Uhr.Tie Tirektion deS VolkS-TheaterS hat den Beginn derWochentags-Vorstellungen auf 8 Uhr, Sonntags auf 7 Uhr fest-gesetzt. Die Gesangspoffe„Ein vorsichtiger Mann" geht amSonntag mit neuer Besetzung der Hauptrollen in Szene. Die„Guste" wird Frl. Helene Schumann vom Carola-Theaterin Leipzig, den vorsichtigen Mann Herr Conrad und denPaul Wendler Herr Heinrich Kamm vom Hoftheater inWürzburg geben.Für daS Alexanderplatz-Theatcr ist das Volksstück in3 Akten„Liebe" von Oscar Klein zur Aufführung angenommenworden.Tie Verlags- Buchhandlung F. R. BrockhauS inLeipzig hat mit Nansen einen Kontrakt abgeschlossen betreffenddie Ausgabe des Werkes über seine Polarreise und zwar fürDeutschland, Böhmen und Ungarn.Der Physiologe Professor Moritz Schiff, dessen Todgestern aus Genf gemeldet worden ist, war ein aller Achtund-vierziger. 1343 eilte er aus Frankfurt, um sich dem badischenRevolutionsheere anzuschließen. Als sich der junge, schon wohl-bekannte Gelehrte 1849 in Göttingen als Privatdozent für Zoologiehabilitiren wollte, wurde er von der hannoverschen Regienmgausgewiesen, weil seine Lehren der Jugend gefährlich wären.Schiff theilte dieses Schicksal damals mit mehreren anderen berühmten Männer» der Wissenschaft, wie Jakob Moschelott, CarlVogt, Ludwig Feuerbach. Mommsen u. a. Gleich ihnen mußteauch er den Staub des Vaterlandes von seinen Füßen schütteln.Die Schweiz gewährte auch ihm eine Heimstätte, die UniversitätBern berief ihn als Professor der vergleichenden Anatomie. 1868siedelte er nach Florenz über, von wo er 1876„ach Gens zurück-kehrte. Hier hat er als Professor der Physiologie sehr erfolgreichbis in seine letzte» Tage gewirkt.GerirszkN""Jeikung.Eine Entscheidung des Kammcrgerichts, die am 3. Ol-tober gefällt wurde, ist für V e r e i n s v o r st ä n d e von Interesse.In Lütgendortmund besteht seit dem Jahre 1892 ein Leseverein.dessen Vorsitzender zur Zeit unser Parteigenosse Schritt ist. Andiesen erging neuerdings die polizeiliche Aufforderung, der Be-Hörde das Mitgliederverzeichniß des Vereins einzureichen. DerVerein wurde als ein solcher angesehen, der bezweckt, auf öffent-liche Angelegenheiten einzuwirken. Schritt unterließ diesund die Folge war eine Anschuldigung, sich gegen die M 2 und 13des Veieinsgesetzes vergangen zu haben. Das Schöffengerichtverurtheilt« ihn zu 15 M. oder drei Tagen Haft, wogegen SchrittBerufniig einlegte. Er machte geltend, der Verein sei gar keinVerein im Sinne des ß 2 des Vereinsgesetzes. Er verfolge nichtpolitische T-ndenze» und sei auch in der Oeffentlichkeit nichthervorgetreten, er wirke demnach auch nicht auf öffentliche Angelegen-heilen ei», und dies zu thun sei nicht sein Zweck. Das Land-gericht stellt fest, daß der Leseverein, der seine Mitglieder be-lehren will, in seiner Bibliothek soziale und freireligiöse Bücherhabe und daß im Kreise der Mitglieder auch aus diesen vor-gelesen werde. Hieraus bestätigte die Strafkammer die schössen-gerichtliche Entscheidung. I» der Revision hob Schritt dannhervor, daß nach dem Wortlaut des§ 2 de? Vereinsgesetzes dieStatuten und die Liste der Mitglieder binnen drei Tagennach Stiftung des Vereins einzureichen wären. Diese Fristsei aber beim Vorgehen der Polizei schon durch Jahre überschrittengewesen. Der Oberstaatsanwalt beim Kammergericht glaubte be-sonders betonen zu müssen, daß der Vereinsvorsitzende Schrittein sozialdemokratischer Agitator sei und der Leseverein sichernur die Arbeiter zu Sozialdemokraten erziehen wolle. TerStrafsenat des Kammergerichts hob die Vorentscheidung auf undsprach den Angeklagten frei. Er habe nicht gegen dieK§ 2 und 13 verstoßen, denn es sei seine Darlegung richtig, daßdie Eiureichung des Mitgliederverzeichnisses innerhalb dreier Tagenach Stiftung des Vereins ,u ersolgen habe; daß sie derAngeklagte weit später unterließ, sei keine Uebertretnng der ge-nannten Gesetzesbestimmungen.Wegen Vergehens gegen die Gewerve-Ordnnng hattensich gestern die Fabrikanten Majc Meyer und Siegsried Oppen-heim aus Bernau vor der ersten Strafkammer am Landgericht IIzu verantworten. Dieselben besitzen je eine Fabrik in Bernau; beieiner Revisto», die im Frühjahr d. I. in beiden Fabriken statt-fand, wurde konsiatirt. daß mehrere jugendliche Arbeiter beiderleiGeschlechts, welche sich im Aller von 14—15 Jahren befanden,während der Frühstückspausen arbeiteten. Beide Fabrikantenwurden deshalb unter Anklage gestellt. Der Gerichtshof hieltein Vergehen gegen§ 146 II b der Gewerbe-Ordnung für erwiesenund erkannte auf je 25 Mark G e l d st r a f e.Der Direktor deS Bclle-Alliance-ITheatcrS CharlesMaurice stand heute vor der Strafkammer des LandgerichtsBerlin I, um sich wegen Körperverletzung und Gewerbevergehenszu verantworten. In bezug auf das letztere Vergebe» wirdihm vorgeworfen, das Theatergewerbe ohne die erforderliche poli-zeilicke Konzession selbständig betrieben zu haben. Er hat dasBelle-Alliance-Theater vom Direktor Stern heim gepachtet und sichum die Konzession beworben, letztere wurde ihm jedoch kurz vorder Eröffnung des Theaters von der Polizei versagt. Da erschon das gesammte Künstlerpersonal engagirt hatte, suchte ersich dadurch zu helfen, daß er vertragsmäßig mit Herrn Stern-heim, der eine Konzession besaß, die Firma Mauriceu. Sternheim bildete. Beide vertrugen sich aber nichtund Slernheim schied am 1. Oktober 1895 aus.Ihm folgte biS zum I. Mai Herr Treumann unddann Herr Häsener. Die Anklagebehörde behaupiet.daß letzterer nur eine Art Strohmann sei, während der An-geklagte diese Ansicht bestreitet und behauptet, daß es sich umeinen regelrechten Associevertrag handele und er selbst amslischer.Häsener aber wirklicher Direktor sei. Da letzlerer diese Sachlageunter seinem Eide beslätigie, ließ der Staatsanwalt diese» Theilder Anklage fallen. Bezüglich der Körperverletzung gab der An-geklagt« zu, dem Schauspieler Hock, der zuerst durch seine Ver-Mittelung wieder engagirt worden sei, und der ihn in unsagbarerWeise gereizt und gekränkt habe, am 10. Mai nach einer KeiiigenSzene ein paar derbe Ohrfeigen versetzt zu haben. Nach denBekunduiigen der Augenzeugen halte sich der Angeklagte in ge.waltiger Aufregung befunden und Hock vielfach Zwist verursach,,