Da ihm aber die Wissenschaft nie für seine Auffassung und seine Bedürfnisse zurechtgelegt und selbst in unserer Zeit niemals in seinem Interesse ausgebeutet worden ist ohne daß nicht Andere den Löwenantheil des Nutzens ihm vorweg genommen hätten so hat er keine innere Ueberzeugung und Anschauung von der Zweckmäßigkeit des Wissens und von der Realität des Geistigen, so daß jenegewisse" Hochschätzung der Wissenschaft nicht in der Natürlichkeit, sondern nur in der Manier des Landvolkes wurzelt. Wir wissen bereits, wie wenig hierauf zu geben ist, und werden jetzt die Aeußerungen des Bauers über Wissenschast und Studium aus den eigentlichen Werth zu reduzkren im Stande sein. Ja ja, ein Kopf gehört dazu, wenn Einer studiren will," sagt Bäuerlein bewundernd,ein Kops gehört dazu!" und dabei wiegt es mit bedeutungsvoller Miene das Haupt. Diese Manier-Aeußerung auf die natürliche Denkweise des Bauers projizirt, heißt:Zum Lernen ist unter Tausenden kaum Einer berufen, der nämlich, welcher ganz außerordentlich hierzu talentirt ist. Ich bin eigentlich froh, daß ich nicht so talentirt bin, sonst hätte ich vielleicht auch so viel lernen müssen ja, wenn man aus einmal ein studirter Herr sein könnte, dann ließ' ich mir's gefallen!" Oft hört man von Landleuten die, anscheinend von lauter Bescheidenheit und Bewunderung für dieHochstudirten" diktirte Phrase:Das versteh'n wir nicht, dazu sind wir zu wenig gelehrt." Man möchte ihnen z. B. erklären, warum das Steuerzahlen nothwendig ist, oder wie ein sonst religiöser Mensch aus reinen Ueber- zeugungsgründen aus dem Kloster treten kann:Das versteh'n wir nicht." Diese Antwort bedeutet in reinem Deutsch:Es ist uns gar nicht der Mühe Werth, darüber nachzudenken, oder Dich anzuhören; denn Steuerzahlen müssen wir, ob wir's wissen oder nicht. und betreffs eines Menschen, der aus dem Kloster tritt, bleiben wir lieber beim verdammenden Urtheil, weil dieses unseren Traditionen besser entspricht." Dieselbe Geringschätzung, wie gegen alles Geistige, bekundet der Bauer konsequent auch gegen alle ungewohnte wirthschaftliche Spekulation. Es gicbt einige ehrennolle Ausnahmen. Einzelne sehr wenige Bauern wissen durch Holz- oder Hühnerhandel sich Erkleckliches zu er- werben, ihre Kinder auf gute Häuser zu verheirathen; und durch Kauf und Zucht von Stieren und Ochsen versteht fast jeder Bauer, sich jährlich sein Wein- und Tabakgeld zu erobern. Aber im Allgemeinen bewegt sich der Bauer im althergebrachten Geleise jeder selbständigen Spekulation und Berechnung entsagend. Lieber plagt er sich, wie das liebe Vieh, bevor er über- legt, wie er mit weniger Plage dasselbe leisten und produziren könnte. Dies ist sehr begreiflich.Besser ein Spatz in der Hand, als neun Tauben auf dem Dache," denkt sich der Bauer und da fast jede Spekulation mit einem augenblicklichen Nachtheil(Aufwand) verbunden ist, der erst durch den künftigen Nutzen mehrfach auf- gewogen werden soll, der Bauer aber alles Künftige für irrell zu halten geneigt ist, weil es nicht mit Händen gegriffen werden kann und nur durch das geistige Band der Berechnung an die Gegenwart geknüpft ist so leuchtet ein, daß sich der Bauer zu keiner Spekulation erheben kann. Umsonst würde ich meinen Landsleuten predigen:Laßt den Getreidebau in Eurer Gegend Ihr könnt ja ohnehin das Korn nicht verkaufen; die großen Einfuhren gehen heute von Ungarn , der Hanna und dem Marchfelde in die Hauptstadt, um Euer Bischen kümmert sich lein Unternehmer! Verlegt Euch mehr auf Viehzucht, Obst- und Gemüsebau, denn derlei Artikel bringt Ihr besser an den Mann!" Wer wollte da einen größeren Stall bauen, Aecker zu Wiesen stehen lassen, oder Obstbäume pflanzen!? So viel Aufwand für einen Nutzen, der vielleicht lange aus sich warten läßt! Diese Unbeholfenheit geht aber oft bis ins kleinste Detail der täglichen Beschäftigung herab und nun bedenke man, wie viel Kraft die Bauernschaft im Ganzen vergeudet. So platt ist der Bauer an das eben Bestehende ge- bunden, daß er gar nicht glaubt, es könne auch anders sein, und daß er sogar jeden Versuch, eine Aenderung und Besserung herbeizuführen, mit Verdruß und hämischem Aerger wahrnimmt. Mein Großvater setzte Obstbäume längs der sonnigen, staubigen Straße, wo sein Acker an diese stieß.Da wachst nix," war die unberufene Be- merkung der Vorübergehenden.Freilich wachst nix, wenn man nichts ansetzt," gab er zur Antwort.Ja," meinten Andere,da stehlen ja die Bettler und Hand-

werksburschen Alles, neben der Straße!"Besser, sie können mir'was stehlen, als wenn ich nichts Hab'," argumentirte jener ganz richtig, aber überzeugen konnte er doch Niemanden damit." Daß bei dieser Geringschätzung aller Spekulation, alles Geistigen überhaupt, die geistigen Fähigkeiten immer stumpfer werden müssen, leuchtet wohl ein. Es stellt sich schließlich jene eigenthümliche Dummheit ein, welche darin besteht, daß der Mensch nicht einmal die gegen- wältigen Vorgänge, die sich in und um ihn voll- ziehen, richtig auffassen und beurtheilen kann. Solche Leute tappen dann wie blind durch das Leben und fallen Schritt für Schritt sich und Andern zur Last. Es wäre doch, meint man, nicht so schwer, zu beobachten, daß ein Kranker gerne heitere Gesichter um sich sieht nicht ausgelassene, sondern heitere und daß er es gerne hört, wenn man seinen Zustand möglichst günstig darstellt. Da kommen aber diese andächtigen Betteln mit all' ihrer hohläugigen Frömmigkeit daher an's Krankenbett, wundern sich in wiederholten Ausdrücken, wie der Kranke schlecht aussieht:Mein Gott, Kathl, ich hätt' Dich bald nicht erkannt, so bist Du entstellt muß Dir wohl recht schlecht sein, gelt Kathl?" ja, sie sind gleich bereit, den Patienten sür's Aeußerste gefaßt" zn machen. Eine Betschwester litt schwer an Bauchtyphus und Unterleibsentzündnng. Ich suchte sie heim und traf sie im Zustand größter Verzagtheit. Man ließ sie oft lange allein liegen, um auf dem Felde der Arbeit»achzugehen, und redete ihr, wenn man zu Hause war, nochzu hören", wie nothwendig sie jetzt zu thun hätte!Wenn der Mensch nur nicht gar so dumm wäre," seufzte dann die Kranke, und meinte damit ihren langjährigen Eheherrn. Ein Zustand fort- währender Aufregung und Aergerlichkeit, hervorgerufen durch die unerquickliche menschliche und sachliche Um- gebung, hemmte die Genesung. Der Arzt auch gerade kein Genie gab die Hoffnung auf, und, als eine andere Betschwester desselben Dorfes ihn auf der Straße um das Befinden der Kranken befragte, eröffnete er ihr seine ernstliche Besorgniß. Die fromme Seele eilte so- fort zum Krankenbette und theilte ihrer lieben geistlichen Schwester brühwarm mit,was ihr der Doktor heut' g'sagt hat," damit sie sich bereit halten könne. Ein schöner Trost! Nur den Kranken nicht aufregen! Die Arme hat aber eine starke Natur und wagt, während ich dieses schreibe, schon die ersten Gänge ins Freie. Eine schwächere Natur hätte müssen den Fehlern der Behandlung erliegen, und der liebevolle, betschwester- liehe Todesengel würde dann gesagt haben:Js halt doch gut gewesen, daß ich sie früher Hab' gesaßt gemacht drauf;" wollte man aber die andächtige Hexe wegen ihrer Uebereiltheit jetzt zur Rede stellen, so würde sie antworten:Ist sie denn ohnehin gesund geworden wieder, kann ihr ja doch nicht so stark geschadet haben." Selbst die einfachste Diätik kommt solchen Leuten bei ihrer Dummheit abhanden, und wieder ist es der Kranke, der am meisten darunter leidet. Im März d. I. lag ein sechzehnjähriger Vauernbusch, Sohn eines reichen Wirthschaftsbesitzers, an der Lungenschwindsucht schwer darnieder. Man hatte fast alle Hoffnung schon aufgegeben; da trat eine Wendung zum Besseren ein, die etliche Tage anwährte. Plötzlich kam die Mutter des Bettlägerigen bestürzt zu uns und klagte: Heute ist er wieder gar so schlecht geworden über Nacht, ich weiß nicht warum gestern hat er nach Wein ver- langt, und da haben wir ihm kaltenMost"(d. i. Aepfel- wein) zu trinken gegeben; kann sein, daß er etwa gar von diesem so schlecht ist!" Lungenschwindsucht und kalter Aepfel wein, der noch viel dicker und unreiner ist, als schlechter Traubenwein! Etliche Tage darnach war der Bursche eine Leiche. Zu einer Frau, die von der Dorsbewohnerschaft vielseitig um ärztliche Rathschläge angegangen ivird/ kam unlängst eine Dienstmagd mit einem fürchterlich aufgeschwollenen Finger, an dem sie sich drei Monate vorher verwundet hatte. Ein großes starres Pechpflaster hüllte den kranken Finger seit seiner Ver- wundung ein! Die Frau hieß sie dieses Pflaster sofort enffernen und den Finger waschen und rein halten, worauf er schnell heilte. So ertödtet ist in solchen Menschen der unbefangene, natürliche Sinn für das nächstliegende Richtige wie es in diesem Falle das Reinhalten der Wunde wäre daß sie von dem Arzte, der ihnen_ so einfache Mittel anempfiehlt, ganz trostlos und enttäuscht weggehen, weil sie dieselben für nichts achten und vom Arzt lauter Wunderkuren erwarten. Je abenteuerlicher ein Mittel ausfällt, desto mehr bauen sie auf dessen

Wirksamkeit, und diese ihre Neigung wird von aber- gläubischen oder verschmitzten Wunderdoktoren fortwährend reichlichst befriedigt und genährt. Es ist noch ein ver- hältnißmäßig harmloserBauern-Orz", der in Rosegger's Tannenharz und Fichtennadeln"(2. Aufl.) blos mit Warmhalten",Umschlägen" u. dgl. kurirt. Es wäre gewiß von großem Interesse, alle die zahlreichen Volks- Heilmittel, wie sie auf dem Lande gebräuchlich sind, und unter denen übrigens manche ganz vernünftige angetroffen werden, übersichtlich zusamMnzustellen, nach den Motiven, aus welchen man die einzelnen oft nichtssagenden, oft abergläubischen, oft buch schädlichen Hausmittel für wirksam befunden haben mochte. Da sich aber der'Sinn für das Richtige und Wahre zunächst an der Beobachtung und getreuen Auf- fassung des Gegenwärtigen, Naheliegenden üben soll, diese Uebung aber, wie aus dem Gesagten erhellt, größtentheils abhanden gekommen ist, so mußte sich noth- wendig ein Zustand einstellen, in welchem das Landvolk, des inneren Maßstabes für die Richtigkeit und Wahrheit der Dinge entbehrend, in rathlose Unsicherheit und Ueber- zeugungslosigkeit verfällt, die es wieder dem Autoritäls- glauben und dem Dogma selbst in jenen Dingen über- antwortet, wo, wie in kleinen und großen Wirthschafts- angelegenheiten, in Behandlung und Beurtheilung der Mitwelt, im Verhalten gegen neue Anschauungen, Er- findungen und Einführungen, der praktische Verstand zu entscheiden hätte. Wir fassen hier das Wort Dogma nicht vom kirchlichen Standpunkt: Dogma ist uns eben Alles, was der Mensch, wo ihm unmittelbare Ueber- zeugung und lebendiges Urtheil fehlt, auf Grund irgend einer Autorität sei es nun Standestradition, Volks- anschauung, öffentliche Meinung u. s. w. als Norm seines Denkens und Handelns annimmt. Unser Bauer lebt nun fast in lauter Dogmen. Er kann selbst jene Erscheinungen des Lebens, die sich täglich vor ihm ent- rollen, nur in den allergröbsten Zügen auffassen, für die feinere Beurtheilung derselben, ebenso wie für die Auf- fassung aller komplizirteren und ihm etwas ferner stehenden Vorgänge fehlt es ihm vollends an Verständnis. Es ist schwer für denjenigen, der durch Verwandschaft- liehe Beziehungen oder sonstige Interessen an dieses Volk gebunden und unter ihm zu leben genöthigt ist, gegen den Strom dieser Dogmen zu schwimmen. Er kann sein ehrliches Schaffen und Thun , wo es gegen die Tradition ist, durch Argumente vertheidigen, wie er will er kann das Verdikt, welches die Umgebung über ihn verhängt, in den ihm eben gegenüberstehenden Personen momentan zurückdrängen: im Allgemeinen besiegen aber nicht. Die ganze Hoffnung muß der Volksfreund auf die Jugend setzen, die immer verhältnißmäßig unbefangener und natürlicher ist. Selbst junge Leute in den Zwanziger- Jahren können noch von dem Druck der Dogmen befreit werden, wenn man sie der ländlichen Umgebung entrückt. Es ist merkwürdig, wie sich diese, mit pietätvoller An- hänglichkeit an die heimathliche Anschauungsweise, auch noch in der Fremde um ihre Dogmen wehren: sie streiten lange und kapituliren schließlich nicht ausdrücklich. Aber innerlich ist das Dogma durch das sonnige Wort natür- licher Wahrheit geschmolzen, und findet es nicht neue Auffrischung im sonstigen Verkehr, so wird es allmälig aus dem Herzen dieses Menschen verschwinden. Bald wird er, zunächst wo es sein neuer Lehrmeister nicht merkt, in dem Sinne handeln, welchen er jenem gegen- über so eifrig bestritten hat. Wir werden uns jetzt nicht mehr täuschen oder be- irren lassen, wenn ein Bauer emphatisch betheuert:Ich bin davon überzeugt!" Er hat ja in der Regel gar kein Gefühl für Ueberzeugung, er weiß nicht, wie das ist, wenn man überzeugt ist. SeineUeberzeugung" beruht meist auf einer vorgefaßten Meinung, auf einer Selbst- täuschung zu Gunsten einer liebgewordenen Ansicht, oder auf einer allmächtigen Autorität. Ost sagte ich Bauers- leuten:Aber wie kann denn eine Hexe die Milch aus deiner Kuh bringen, ohne in den Stall zu kommen!" oderWas soll denn das kreuzweise Herumfahren mit kalten Steinchen aus den Gliedern eines Gichtkranken diesem helfen!" und erhielt die gereizte Antwort:Wenn ich aber überzeugt bin!" Dann folgte gewöhnlich eine Aufzählung von Beispielen, in denen diese Mittel augenscheinlichst und ganz unbestreitbar geholfen hätten. So ist auch die Betschwester und der Betbruderüber- zeugt", d. i. fanatisch eingenommen von seinen falsch- religiösen Ideen, die er auf Grund einer kirchlichen Autorität sich zu glauben auferlegt findet.

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