-i-T O/ Berliner il 'S (i% t Sozial-Politisches S A ochenblatt. Wochenschau. Was das Uolk bei einer sozialistischen Organisation materiell gewinnt. Die Korrn�tion der Dresse. Der Kreis lauf des Geldes. Freie Volksbühne. Produktion und Technik. Gewerk s chaftliches Gedicht. Povelle. Ans meinem Daner« spiegel. Die Kartelle. Auf der Stellen suche. Aus der Mache. se.Der König von Holland geruhen an Säufer- «ahnsinn zu leiden." Diese Nachricht geruhte die Rottenburger Zeitung" ihren Lesern mitzutheilen. Was diese daraus geantwortet haben, wir wissen es nicht Vermuthlich nichts. Das deutsche Bürgerthuin besitzt ja den größten Prozentsatz von tapferen Mannesseelen, und seine Nackensteife, und sein Stolz selbst vor Königs- thronen sind weltbekannt. Seine Majestät das deutsche Volk geruht freilich, an dieser Thatsache zu zweifeln und meint: es wäre bald an der Zeit, daß es selbst ein Wörtchen mitspräche, um dem Bauchrutschen ein Ende zu machen, indeß man wird ja sehen. Ein österreichischer Erzherzog ist verschollen stimmt seinem Schisie, ans welchem er nach Chile segeln wollte. Er war früher österreichischer Feldmarschall-Lieutenant und ein Mann von großem Talent. Das hätte man ihm noch verziehe». Aber einen Mann, der vor seinen versammelten Offizieren nach der Besitznahme von Bos- nien den Ausspruch gethan:Es ist unser Glück, daß die Bosniaken keine Geschichte schreiben können," konnte man nicht an der Spitze eines Armeekorps dulden. So drängte man ihn denn aus seinem Baterlande, und das Haus Habsburg ist um eine Familien-Tragödie reicher. Der zweite Luther und Sozialistentödter, Hof Prediger Stöcker ist zu den Bismarcks, Puttkamer und Krüger versammelt worden, er hat seine Entlassung er- halten. Die liberalen Blätter freuen sich darüber wie Schneekönige. Sie müssen denGottesmann" doch sehr gefürchtet haben. Uns kann es gleich bleiben, ob Stöcker geht oder kommt, seine Theilnahme am politischen Leben ist uns nicht einmal unangenehm, wenigstens ist dieses dann um eine humoristische Figur reicher. Stöckcr scheint übrigens der Heilsarmee noch nicht in allen Stücken leichzukommen. Ein politischer Bortrag mit Posaunen- egleitung wie er unlängst zum Besten gegeben wurde ist entschieden was Neues. Hoffentlich breitet sich die neue Ersindung auch bald gebührend aus. Die englischen Afrikareisenden sind an der Ar- beit, einander ihre Geschäftsgeheimnisse vorzureiben. Man erfährt da wenigstens, auf welche Weise die Kultur, Ge- sittung u. s. w. in den dunklen Erdtheil getragen wird. Major Bartellot soll verrückt gewesen sein, als er einen jungenWilden" zu Tode trat und andere Eingeborene peitschen ließ, bis sie umfielen. Warum verrückt? Hat ja einer seiner Mitkumpane, der Kulturträger und Natur- forscher Jameson ein Negermädchen, tas er um 12 baum­wollene Taschentücher gekauft, abschlachten lassen, weil er sehen wollte, wie man in Afrika einen Menschen frißt. Und er hat von dem ganzen Vorgang sechs Zeichnungen angefertigt und den Kannibalen vor Beginn derArbeit" zugerufen:Nun laßt sehen, was ihr leisten könnt". Bei dieser Gelegenheit ersahren wir auch, daß Herr Stanley schon so ein berühmter Mann ist,daß er seine Namensunterschrift nicht einmal seiner Mutter unter zehn Pfund Sterling gäbe." Auch Nordamerika hat seinen 20. Februar er­lebt. Die Patrone und Geburtshelfer der Mac-Kinley Bill, die sogenanntenRepublikaner " sind aus der Wahl- schlackst vollständig besiegt hervorgegangen. Die sieg- reichen Demokraten sind die besten Brüder auch nicht, für einen Sozialisten ist es aber immerhin ein ergötzliches Schauspiel, wenn sich die beiden Löwen gegenseitig auf- fressen. Der preußische Landtag ist unter allgemeiner Theilnahmlosigkeit, seinem langjährigen und wohlver- dienten Schicksal, wieder einmal eröffnet worden. Ueber- raschungen hat die Thronrede nicht gebracht, interessant ist indeß folgender Passus:Der nach dem Abschluß der ersten Veranlagung der direkten Steuern auf der neuen Grundlage auskommende Mehrertrag soll indeß schon jetzt durch eine ausdrückliche Gesetzesvorschrift aus- schließlich zu weiteren Entlastungen insbesondere der Kommunalverbände mittelst Ueberweisung von Grund und Gebäudesteuer bestimmt werden, soweit darüber der Staatshaushalts-Etat nicht anderweitig Verfügung trifft." Es ist also in erster Reihe wieder der nothleidende Großgrundbesitz, der durchUeberweisungen " entlastet werden soll. DasNothleiden" gehört entschieden zu den berechtigten Eigenthümlichkeiten desselben. Vom Schauplatz des Schweinekrieges nichts Neues. Wenn der Landwirthschafts- Minister nicht bald ein Einsehen und die bekannte Ministerkrankheit bekommt ersticken unserebedrängten" Rittergutsbesitzer noch im eigenen Fett. So lustig gedeihen Schutzzoll und Schweine sperre. Wenn ich Theaterdircstor wäre, würde ich jetzt alle Tage denZigennerbaron" aufführen lassen, in welchem der gewiß hochpoetische Refrain wiederkehrt: Mein allerhöchster Lebenszweck Ist Borstenvieh, Ist Schweinespeck. Mas das Volk bei einer sozialistischen Organisation materiell gewinnt. Herr Richter verkündet in derFreis. Zeitung triumphirend, daß von seinenIrrlehren der Sozial- demokratie" 15 000 Exemplare bereits gegen baar verkauft seien. Es sieht aber, fügt er bescheidentlich hinzu, so aus, als obdie Verbreitung noch eine weit größere Ausdehnung nehmen wird, da die freisinnigen Vereine in größerer Zahl erst jetzt beginnen, die Verbreitung in die Hand zu nehmen, und gerade aus solchen Orten, in welchen schon größere Partien verbreitet waren, fortgesetzt Nachbestellungen erfolgen." Die Herren Liberalen scheinen also mit Richter's Irrlehren über Sozialdemokratie", so sollte das Pam- chlet sich eigentlich benennen, einen Feldzug im großen Styl unternehmen zu wollen: ein heiteres Abenteuer, dem man ruhigen Gemüthes zusehen darf. Alle Kanonen, welche die Recken gegen uns auffahren lassen, haben ein überaus ehrwürdiges Alter und verrichteten bereits zu Zeiten Schulze- Dclitzsch's ihre harmlos- geräuschvollen Knalleffekte. Im Einzelnen die Einwände Richter's durchzugehen, wäre eine recht langweilige Bemühung, mau müßte, eben o wie er es gethan, eine ganze Broschüre schreiben. Und was hätte man schließlich damit erreicht? Die Polemik hat denn auch alle sonstigen Allotria außer Acht lassend sich auf einen einzigen Punkt der Richter'schen Ausführungen geworfen, den Punkt, auf welchen der Verfasser selbst offenbar das meiste Gewicht egt, von dem er sich die meiste agitatorische Wirkung versprach. Es ist das die Frage nach dem mate- riellen Vortheil, welchen eine sozialistische Neu- organisation dem Proletariat zu bieten vermag. Herr Richter ist ein bewunderter Finanzkünstler und weiß mit den Millionen großartige Jongleurkunststücke vorzunehmen. Er rechnet aus den Steuerlisten das Gesammteinkommen der preußischen Bevölkerung zusam- men, dividirt dasselbe durch dieZahl der Personen, welche als Haushaltungsvorstände oder als Einzelne ein 'elbständiges Einkommen in Preußen beziehen" und ver- ündet dann mit vergnügtem Schmunzeln, daß jede der- 'elben bei gleicher Vertheilung des Nationaleinkommens nur 842 M. erhielte. Was würden also, ruft er nach dieser Anstrengung triumphirend aus, die Arbeiter bei der Einführung einer sozialistischen Organisation ge- Winnen? Nichts, einen Pappenstiel von ein paar Mark, denn der Durchschnittslohn der gewerblichen Arbeiter betrage schon gegenwärtig 642 M. Es handle sich für den Durchschnitt also um eine Ausbesserung von 60 Pf. täglich, genau besehen aber noch um bedeutend weniger, weil von den 842 M. Durchschnittseinkommen auch in einer sozialistischen Gesellschaft noch ein bedeutender Betrag für Vermehrung der vorhandenen Produktions- mittel jährlich in Abzug zu bringen sei. Die Rechenmethode Richter's einmal als richtig angenommen, lassen sich hier bereits verschiedene Ein- Wendungen machen. Fürs erste wird schon dadurch ein schiefer Eindruck hervorgerufen, daß Richter das Gesammt- einkommen durchdie Zahl der Haushaltungsvorstände und der sonst ein selbständiges Einkommen Beziehenden" dividirt. Das sind ja zwei ganz ungleichartige Größen; während der Einzelne mit 842 M. gemächlich leben kann, muß sich einHaushaltungsvorstand" mit zahlreicher Familie bei solchem Einkommen höchst kümmerlich durch- schlagen. In einer sozialistischen Gesellschaft, die das Gesammtprvdukt nach denvernunftgemäßen Bedürf- nissftx" der Individuen vertheilt, würde auf solche Unterschiede(soweit dieselben dann überhaupt noch be- stehen) natürlich Rücksicht genommen werden. Zu wissen, wie viel auf jeden ökonomisch Selbständigen vom Nationaleinkommen entfällt, nützt garnichts, wenn man wissen will, welche Bequemlichkeiten eine sozialistische Vertheilung des heutigen Gesammteinkommens dem Ein- zelnen verschaffen kann. Man weiß ja nicht, wie viel ökonomisch Unselbständige jeder Selbständige zu unterhalten hat. Die Frage muß lauten: Wie viel entfällt auf den Kopf der preußische Bevölkerung? Herr Richter giebt dieselbe auf 28,7 Millionen an; da bei seiner Schätzung das National- einkommen sich auf 8424 Millionen Mark beläuft, so würde also, bei gleicher Vertheilung, auf den Kopf(gleich, ob Kind, Frau, Mann, Greis) ein jährliches Einkommen von 294 Mark, auf die aus 5 Köpfen bestehende Familie 1470 Mark entfallen, was mit den Richter'schen 842 Mark verglichen schon ein bedeutendes Stück Geld ist, selbst wenn man noch einen gehörigen Abstrich davon macht, um den Unverheiratheten aber ökonomisch Selbständigen mehr als ihre 294 Mark zuzuwenden. Sodann steht die Richter'sche Rechnung in Wider- spruch mit dem Resultat, zu welchem ein weitberühmter Statistiker wie Sötbeer gekommen ist. DieMagde­burger Volksstimme" hat darauf aufmerksam gemacht und an Herrn Richter ist es jetzt, seine Schätzungsmethode, die um eine ganze Milliarde hinter der Sötbeer's zurück- bleibt, zu vertheidigen. In seiner Erwiderung findet sich nichts dergleichen. Nach Sötbeer, der im Vergleich zu Richter von vornherein als maßgebend erscheint, beträgt )as private Gesammteinkommen Preußens jetzt 9382 Millionen, es kommen auf den Kopf also 325, auf die 5köpfige Familie 1625 Mark jährlich. Nach Abzug Zessen, was für Beschaffung neuer Produktionsmittel und ür Aufbesserung der Unverheiratheten unter den ökonomisch Selbständigen nothwendig erscheint, noch immer ein ganz nettes Sümmchen. Selbst angenommen, diese Abzüge betrügen im Ganzen 225 Mark, so bliebe der Familie immerhin ein festes Jahreseinkommen von 1400 Mark. Wie viel proletarische Familien können heute über eine 'olche Summe verfügen? Sie sehen, Ihre AbschreckungS- theorie verfängt nichts, Herr Richter. Sie wollen dem 'ozialdcmokratischen Industriearbeiter es weiß machen, daß er bei einer sozialistischen Organisation nichts ge- Winnen würde, aber selbst bei der durchaus widersiunigen liechnungsmethode, die Sie anzuwenden belieben, würde ür diese Klasse ein sehr bedeutender Vortheil heraus- 'pringen. Bedenken Sie: 1400 Mark festes Einkommen; )ie Krisen, welche den Arbeiter heute brodlos aufs Pflaster werfen, ein für allemal beseitigt; beseitigt auch alle Decküthigungen, die das Privatkapital dem Arbeiter heute auflegt! Halten Sie eine solche Aussicht ür gar so reizlos, daß man daraufhin den Proletarier der Sozialdemokratie abspänstig machen kann?