Glänzend freilich sind ja 14U0 Mark gerade auch nicht. Sollte sich wirklich bei der kolossalen Entwicklung der Technik die Produktivität der Arbeit nur so weit gehoben haben, daß bei vernünftiger Organisation auf die Familie nicht mehr tägliche Bedarfsgüter ent- fallen, als man heute für 1400 Mark zu kaufen vermag? Das scheint von vornherein undenkbar, und dieser Schein, Herr Richter, beruht, wie sich mit Leichtigkeit nachweisen läßt, auf Wahrheit, Ihre Berechnungsmethode dagegen doch sehen wir zu! Das Güterquantum, welches in einer sozialistisch organisicten Gesellschaft prvdnzirt wird und damit natür- lich auch das Quantum, welches auf dm Einzelnen resp. die Familie(einmal angenommen, dieselbe bleibe als ökonomische Einheii wie heute bestehen; NB. eine höchst unsinnige Annahme) entfällt, hängt offenbar von zwei Faktoren ab: von der Ertr agsfähigkeit und von der Masse der aufgewandten Arbeit. Die Ertragsfähigkeit oder Produktivität der Arbeit wird durch den Entwicklungsgrad der Technik in den Gewerben, die für den Masfenkonsum sorgen, bestimmt. Eine Arbeitsstunde des Webers, des Bergmanns  , des Ac'aschinenbauers, des Landmanns, des Müllers u. s. w. produzirt, je nach der Ausbildung der Technik(die natürlichen Bedingungen als gleich gesetzt), in ver- schiedenen Zeiten ganz verschiedene Mengen von Gewebe, Kohlen, Maschinen, Getreide u. s. w.. gegenwärtig z. B. ein vielfaches mehr als vor 50 Jahren. Es fragt fich: bleibt dieser Faktor, die Produktivität der Arbeitsstunde, in einer sozialistischen   Gesell- schaft derselbe, wie in der jetzigen privatwirth- schaftliche u? Offenbar ganz und gar nicht. Und dabei sehen wir von den neuen Ersindungen, die uns die Zukunft bringen kann, noch völlig ab. Es ist wahr, schon die heutige Wirthschaft macht sich die bisher ge- wonneuen Errungenschaften der Technik, welche die Produktivität der Arbeit so mächtig erhöhen, zu Nutze; aber in welch geringem Maße! Indem Herr Richter auf die gewaltige Ausdehnung pocht, die das Kleingewerbe noch heute besitzt, glaubt er etwas gegen uns zu be- «eisen. Er beweist in Wahrheit aber nur etwas gegen das heutige Gesellschaftssystem. Wir können das gesammte Produkt, das eine Branche heute liefert, als eine Produkteinheit betrachten, welche die gesammte in der Branche aufgewandte Arbeit(d. h. die in den verschlissenen Produktionsmitteln enthaltene und die neu hinzugesetzte) repräseutirt. Je größer die Zahl der Betriebe ist, die in dieser Branche ohne die bisher entdeckten Hilfsmittel der Technik arbeitet, je größer im Durchschnitt also die Zahl der Kleingewerbe in einer der Maschinentechnik zugänglichen Branche ist, um so geringer stellt sich bei gleichem Arbeits- aufwand das Güterprodukt der ganzen Branche dar. Die moderne Gesellschaft mit ihrem Privateigen- thum bietet, von allen Krisen noch abgesehen, schon in dieser Hinsicht das Bild einer enormen Arbeitsver- schwendung. Der Grund ist einfach genug. Das aus früheren Zeiten übernommene Kleingewerbe kann sich die Hilfsmittel moderner Technik nicht aneignen, be- hauptet sich aber, so lange es irgend angeht. Der Klein- meister muß erst Bankerott machen, diefreie Konkurrenz" muß ihn erst Jahre lang schwächen, ehe sie ihn endgiltig zu expropriiren vermag. Griu entsetzlicher und unendlich langwieriger Prozeß! Die sozialistische Gesellschafts- organisation kennt dagegen absolut nichts derartiges. Die Produktionsmittel sind Gesammteigenthum und nur ein Interesse aller Gesellschaftsglieder existirt: mit möglichst wenig gesellschaftlicher Arbeit. möglichst viel Produkte in jeder Branche zu er- zielen. Der Anwendung aller technischen Hilfsmittel überall steht kein Hinderniß entgegen, sie wird vielmehr zur Nothwendigkeit. Also Herr Richter: Ihre Ansicht, daß Privat- und Sozialwirthschaft gleichmäßig von dem Entwicklungsgrade der Technik prositiren können, ist grundfalsch. Nur die sozialistische Gesellschaft vermag diesen Faktor voll auszunutzen und da- durch das eine Element des Nationalreichthums, die Produktivität der Arbeit, iu ungeahnter Weise steigern! Neben der Ertragsfähigkeit entscheidet die Masse der aufgewandten Arbeit überdie Menge des zum Konsum ge- langenden Produkts. Es fragt sich: kann die sozia- listische Gesellschaft auch diesen zweiten Faktor des Reichthums über das Maß der heutigen Privatwirthschaft hinaus erhöhen? Auch das ist sicherlich der Fall. Denn erstlich kann bei anderer Or- ganisation der Familie der weitaus größte Theil der Frauenwelt in die Gütererzeugnng hineingezogen werden; sodann hören bei Beseitigung der Privatwirth- schaft die Krisen und damit die Arbeitslosigkeit der Proletarier auf. Die ganze industrielle Reservearmee und in ihrem Gefolge das Lumpenproletariat und Ver­brecherthum läßt sich produktiv verwenden. Ein großer Theil des jetzigen Verkaufpersonals(Kommis, Reisende, Detailgeschäft, Schankgewerbe), das kapitalistische Protzen- thum und das ganze Heer der ihm Dienste leistenden Kräfte kann in die gesellschaftlich nutzbringende Vüterproduktion eingestellt werden und muß die Masse der produktiven Arbeit mächtig an- schwellen. Wir haben ausgeführt, was das Volk bei sozialer Gesellschaftsform durch die erhöhte Produktivität und Masse der gesellschaftlich-nutzbringenden Arbeit gewinnt. Es gewinnt aber nicht nur bei der Produktion, sondern auch bei der Vertheilung des Produzirten. Alle
oben angeführten Menscheuklafsen, die, ohne heute die Gütermenge zu vermehren, sie bei einer sozialistischen  Organisation der Arbeit vermehren müßten, sind vom Standpunkte des Sozialismus aus heute nicht allein unproduktiv, sie nehmen auch den produktiven Arbeitern die von diesen erzeugten Güter weg, sie nähren sich vom Mehrwerth. Bei sozialer Organisation würde der von dieser Klasse verzehrte Produkttheil an seine Erzeuger, die frühere Proletarierklasse, zurückfallen. Der Antheil am Nationalprodukt bemißt sich heutzutage nach dem Geldeinkommen eines jeden. Das Geldeinkommen gleich vertheilen, wie Richter es thut, heißt annehmen, daß die vorhandene Produktenmenge sich gleichmäßig vertheile. Diese Vertheilung allein würde der Prole- tarierfamilie, wie wir oben sahen, schon eine Gütermenge sichern, die heutzutage durch ein Jahreseinkommen von 1400 Mark repräsentirt wird. Die Rechnungsmethode Richter's   in ihrer klassischen Einfachheit berück­sichtigt nur, was das Volk bei einer gleichmäßigen Ver- theilung des jetzigen Nationalprvduktes, nicht was es durch sozialistische Organisation der produktiven Thätigkeit gewinnen würde. Aber gerade darauf kvmmt es an. Es wäre vielleicht nicht unmöglich, gestützt auf das vorhandene statistische Material, zu berechnen, um wieviel Prozent in den hauptsächlichsten Gewerben schon bei heutigem Entwicklungsgrade die Produktivität der Arbeit gesteigert werden kann und andererseits, um wieviel Prozent die produktive Arbeitsmasse sich erhöhen ließe. Zieht man hierzu den Prozentsatz, um welchen die gleich- mäßige Vertheilung des heutigen Produktes den Arbeiter besser stellen würde, so hätte man eine Basis, um den Gewinn einer sozialistischen   Organisation für den Pro- letarier im gegenwärtigen Augenblick zu schätzen. Was meinen Sie, Herr Richter, welche erklecklichen Sümmchen da herauskommen würden! Ich denke, Sie lassen lieber die Hand von der Statistik. So riesig einfach sind die Dinge doch nicht und man kann nicht wissen, ob nicht, wenn man weiter rechnet, gerade das Gegentheil von dem herauskommt, was nach freisinnigem Rezept bewiesen werden sollte. Die Korruption der Dresse. (Ein Märchen.) Kr. Es waren einmal fünf Männer und die zogen aus, das große Ungethüm zu erlegen. Da sie sich aber wegen des Oberbefehls nicht einigen konnten, so beschritt jeder einzeln den Kriegspfad. Als Erster auf der Wahlstatt erschien der Adelige; seine Sporen klirrten, sein Helmbusch flatterte lustig im Winde. Er wunderte sich, daß die Pforten des Gebäudes in welchem das Unthier hauste, unbewacht waren. Kopf- schüttelnd trat er ein. In einem großen, mit Zeitungs- papier ausgeschlagcnen Gemache trat ihm der Preß- d räche entgegen, bot ihm freundlich einen Stuhl und fragte theilnehmeud nach seinen Wünschen. Der Adelige, welcher einen ganz anderen Empfang erwartet hatte, brauste auf:Rechenschaft verlange ich von Dir. Du Ungeheuer, Rechenschaft für all die Unbill, die Du mir durch die Jahre her angethän hast. Als einen Bedrücker des Volkes hast Du mich erklärt, einen Feind der Gesellschaft; ein Verschwender sei ich und nicht mehr werth als eine Drohne ini Bienenstocke. Viele meiner Güter hast Du zertrümmert und als Waare auf den Markt geworfen. Meine Vorrechte hast Du ge- brochen, mich lächerlich zu machen gesucht vor der ganzen Welt. Aber der Tag der Rache ist endlich gekommen. Gieb Rechenschaft!" Und der Adelige schlug mit der Hand an die Seite, an welcher seine Ahnen das Schwert getragen. Das Thier sah ihn mit seinen listigen Aeuglein von der Seite an, kratzte sich das glatte Kinn und sprach: Euer Hochwohl- und Edelgeboren! Bevor ich mich recht- fertige, möchte ich denn doch noch einige Worte voraus- schicken. Nicht Sie habe ich angegriffen, sondern Ihre geehrten Herren Mitbrüder die wie soll ich mich nur ausdrücken die weiter nichts sind als treue Verehrer des seligen Nichtsthuns. Ihre Güter habe ich unter den Hammer gebracht, nicht um ihnen zu schaden, sondern um ihnen die Mittel zu einem standesgemäßen Leben zu verschaffen. Ist das Unrecht? Ich habe nie gegen ihre Vorrechte gestritten, nur den Wunsch sprach ich aus, daß sie sich mehr an unseren Bestrebungen betheiligen sollten, damit einmal voll und ganz zur Wahrheit werde der Spruch: Ein einig Volk von Brüdern.... Männer Ihres Ansehens. Männer Ihrer Einsicht sollten sich nicht damit begnügen, die Zinsen ihres Kapitals zu verzehren, sie sollten mitthätig sein bei Schaffung neuer Werthe. Es wird dieses Ihnen doch so leicht gemacht und so ein- träglich. Warum also wollen Sie die Hand des Freundes zurückstoßen? Ich habe hier die Prospekte und Antheil- scheine einiger neuer Unternehmungen. Hier die Aktien der Gesellschaft, welche sich gebildet hat, um dem Meer- Wasser den Silbergehalt zu entziehen; das hier ist ein Lotterieanlehen zur Vertilgung der Rebläuse   und Mai- käfer; in den nächsten Tagen bildet sich eine Gesellschaft, welche weite Strecken in der Uckermark erwerben wird, um Paradiesäpfel und Annanas zu pflanzen. Ja, mein Herr, das nenne ich eine Förderung der Kultur, das Vermehrung des Volkswohlstandes. Betheiligen Sie sich. greifen Sie zu. Die Dividende beträgt in jedem Fall 25 Prozent..." Dem Adeligen, der nicht gewohnt war zu rechnen, tanzten die Zahlen vor den Augen. Sein Gesicht heiterte sich auf. er erhob sich und reichte demDrachen" die
Hand.Das wäre nicht übel, ich werde mir die Ge- schichte überlegen. Entschuldigen Sie, ich war schlecht unterrichtet." Er storchte hinaus und war geschlagen. Es dauerte einige Zeit, da erschien der Beamte. Er hatte sein Gesicht in ernste Falten gelegt und sprach mit mächtiger Stimme:Es läßt sich nicht lüugnen, daß die Presse einen unerhörten Einfluß errungen hat. Eine gute Presse wird nun diesen Einfluß weift verwerthen. Was geschieht aber heute? Selbst uns, den Richtern und Berathern des Volkes, tritt man schon entgegen. Man kontrolirt unsere Amtsthätigkeit, höhnt uns wohl auch zeitweise, fährt gegen uns los, wenn wir nicht thun, was gewisse Herren wollen. Wohin soll das noch führen? Man schreibt in den Zeitungen, wir zahlten weniger Steuern als die andern Stände. Heißt das nicht unser Ansehen untergraben und vernichten? Jeden unserer Schritte bewacht und belauert man. und jede Kleinigkeit hängt man an die große Glocke. Sieht man denn nicht ein, daß man dadurch jede Autorität zerstört?... Mein Herr, ich verlange Rechenschaft!..." Der Drache lehnte sich in seinen Stuhl zurück und verschränkte die Arme über der Brust. Dann sprach er: Wohl! Eine rechte Presse soll die Hüterin des öffent- lichen Wohles sein. Die Presse hat die Pflicht, all das zu veröffentlichen, was der Allgemeinheit schadet. Auch wir sind Richter. Wenn wir gegen einen Beamten vor- gehen, so ist das immer ein fauler, ein träger, ein un- fähiger, der Schaden statt Nutzen stiftet. Gegen Männer, wie Sie mein Herr, haben wir ganz und gar nichts. Wir wissen recht gut, daß mancher fähige Beamte auf einem unrechten Posten steht, daß er sich dadurch gedrückt fühlt und versauert. Uns macht es Freude, solche Männer aus Licht zu ziehen, sie zu fördern und zu unterstützen. Ihre Fähigkeiten, mein Herr, kennen wir. Wir werden nicht ermangeln, bei Gelegenheit auf Sie hinzuweisen. Und nun Gott befohlen, mein Herr!.. Der Ankläger entfernte sich freudigen Herzens. Nach einer halben Stunde erschien ein Bürger mit glattrasirtem, feuerrotheni Gesicht, angethan mit einem schönen, glänzenden Bratenrock. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und schwang ein Zeitungsblatt in seiner Rechten.Ich komme, mich zu beschweren". sagte er.Ich bin erboßt. Meine Tochter, die Sän- gerin, ist ein Engel. Und hier, in diesem Schandwisch ist sie als ein Ausbund hingestellt. Ich will den Schuft sehen, der das geschrieben hat! Her mit ihm! Ich breche ihm alle Knochen. Wo ist er?! In acht Tagen hei- rathet meine Tochter... Es ist eine Schande.. eine Schmach. Da!.. da... Mein Recht will ich haben". Der Drache griff gleichmüthig nach dem Blatte. Beruhigen Sie sich, mein Lieber. Ja, das ist unser Btatt. Aber der Artikel ist nicht von unserem ständigen Berichterstatter. Ich kann Ihnen die Mittheilung machen. daß wir den Schreiber schon entlassen haben. Beruhigen Sie sich nur. Wir sind nicht allwissend. Die ungeheure Arbeit, die auf uns lastet! Wir sind hintergangen worden. Entschuldigen Sie nur. Wir wollen ja Alles thun, um Sie zufrieden zu stellen. Ihre Tochter heirathet, sagten Sie? Eine tüchtige Sängerin. Ihre Tochter, das muß man sagen. Wir werden bei dieser Gelegenheit Alles widerrufen. Wen heirathet sie denn?... Einen Baron?... Ah! Ich gratulire! Sehr schön! Da werden wir die Namen aller Hochzeitsgäste bringen, die Roben der Damen beschreiben. Lasse» Sie uns nur machen. Wir werden Ihnen Revanche geben. Verlassen Sie sich auf uns. Ich bitte nochmals um Entschuldigung. Es ist uns selbst unangenehm, sehr, sehr unangenehm.... Kann ich sonst noch mit etwas dienen, Herr Flaucher? Apropos, Ihre Butterkuchen sind allerliebst, ausgezeichnet. Meine Frau läßt nur bei Ihnen Butterkuchen holen. Aber, da fällt mir ein, warum machen Sie denn nicht mehr Reklame? Die Butterkuchen verdienen es. Sie würden ein Riesengeschäft machest mit den Butterkucheu. Heutzutage ist die Reklame alles. Alles, sage ich Ihnen Herr Flaucher. Unser Blatt steht Ihren Butterkuchen zur Verfügung. Wir sind Ihnen ja jetzt so verpflichtet. Ja? Versuchen Sie es einmal. Eine halbe Seite, eine Viertelseite?.." Wenn es nicht zu viel kostet?" Was heißt kosten? Das kommt ja alles wieder herein... Also abgemacht. Ich werde Ihnen morgen unseren Administrator hinsenden. Die Nummer, in welcher die Verheirathung Ihres Fräulein Tochter angezeigt wird, geht Ihnen na- türlich in soviel Exemplaren zu, als Sie wünschen. Bitte nur, in der Administration vorzusprechen.... Habe die Ehre! War mir ein Vergnügen. Meine Em- pfehlung dem Herrn Baron  .".. Um 11 Uhr klopfte es dreimal hintereinander, die Thür that sich auf, und es erschien der Bauer. Er drehte seinen Hut in seinen Händen hin und her und fragte:Komm' ich hier recht zu dem Preßdrachen?" Sie wünschen?" Der Mann ging an das Ungeheuer heran und be- trachtete es von oben bis unten.Aha! Dös ist also der Drach, der Schuld ist. daß ma net genug Steuern zahlen können?! Na wart', Du Höllsacra, ich werd' Dich mit mein' Stecken ins Gebet nehme." Halt!" schrie der Drache.Ist das die Manier eines gebildeten Mannes? Weiß er nicht, was sich gehört, wenn man in ein fremdes Zimmer tritt? Ja, sperr er nur sein Maul auf. Haben wir ihm nicht die Schule verschafft? Eiu intelligenter Landwirth weiß sich immer zu helfen und zu benehmen. Marsch hinaus mit ihm!.."