Der vierte Streiter verzog sich und ward nicht mehr gesehen. Der fünfte fam.

"

Sie: Ja- gieb.( Er zieht den zerknitterten Brief] aus dem Papierkorb. Sie reißt ihn aus seinen Händen Gott   sei Dant", rief der Drache, daß man endlich und liest:" Werther Herr Ephraim! Ich brauche absolut einmal wieder einen ordentlichen Menschen erblickt. Vier 10000 Fr. Ich weiß, wie viel ich Ihnen bereits schulde. Rülpse waren heute schon bei mir. Und denk' Dir nur, Aber wenn Sie mir nicht diesmal helfen, bin ich ein ver­was die Kerle wollten! Rechenschaft forderten sie. Es lorener, ein gesellschaftlich ruinirter Mann.") ist zum Lachen. Die Menschheit wird immer brutaler." Er erhob sich und drückte seinen Bekannten, den Zei­tungsschreiber, in seinen Polsterstuhl. Dann öffnete er einen Schrank und brachte eine Weinflasche mit Glä­sern. Laß Dir's munden Bruderherz. Auf die Zukunft!" Der Zeitungsschreiber schnalzte mit der Zunge und sprach: Ihr scheint ja hier recht in der Wolle zu ſizen?" " Es thut sich, Freundchen."

Ja, das ist alles recht schön und gut", begann der Zeitungsschreiber wieder, nachdem er nochmals getrunken. Aber ein bischen mehr Ehrlichkeit könnte Euch nichts schaden. Ihr nehmt ja von allen und Jedem."

,, Es riecht nicht, mein Junge."

Schon gut. Dann seid Ihr aber doch die größten Heuchler, die es auf Erden giebt! So fann es nicht weiter gehen. Die ganze Welt steht noch auf gegen Euch. Ein Joch habt Ihr den Menschen aufgelegt, das härter ist denn Stahl, drückender als Schande. Du lachst? Gut! Ich muß Dir sagen, daß ich es nicht länger mit ansehe. Wenn keiner gegen Euch los geht, ich

thue es!.."

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Wenn Du kannst? Aber, Bester, warum er eiferst Du Dich? Ich weiß, Du schreibst einen schneidigen Stil, Deine Bilder sind prächtig. Willst Du mir nicht einen Gefallen thun? Wir zahlen unsere Leitartikler nicht schlecht, das weißt Du. Die blauen Scheine dort unter dem gläsernen Briefbeschwerer sind für Dich. Was meinst Du? Ich werde mich für kurze Zeit entfernen, dort in der Ecke stehen die Cigarren Adje!

"

Der fünfte Streiter fuhr mit der Feder ins Tinten­faß. Nach zwei Stunden hatte er einen ellenlangen Artikel vor sich liegen, der mit den Worten schloß " Die Korruption der Presse ist ein Märchen".

Der Kreislauf des Geldes.

Eine ökonomische Studie aus der Börsenwelt. Anläßlich der Aufführung des neuesten Dramas von Sudermann schreibt die Kreuzzeitung  ":

Sie( ihn umarmend): Wie glücklich ich bin! Er( bitter): Worüber? Darum, daß ich 10000 Fr.

brauche?

-

Sie: Nein Schäfchen. Darüber, daß Du mich nicht hintergehst( den Brief nochmals betrachtend). Ist das Dein Freund, dieser Herr Ephraim? Er: Nein ein Wucherer.

-

-

Sie: Wozu brauchst Du 10000 Fr.? Du hattest mir doch versprochen, keine Karte mehr anzurühren. Er: Auf der Börse auf der Börse habe ich verloren. Die Hausse in den Kupferwerthen Sie( nach einer Pause): Wird Dir Ephraim die 10 000 Fr. leihen?

die

Er: Ich glaube nein.

--

-

Sie: Warum hast Du denn an ihn geschrieben? Er: Weil er schließlich doch die einzige Person ist, mir diese Summe leihen kann.

-

schön

Sie( traurig): Armand, das ist nicht wie häßlich bin ich nicht da? Ich brauche meinem Gatten ja bloß ein Wort zu sagen

-

Sie( mit den Zähnen knirschend und ihm das Geld gebend): Ich wünsch' Dir den Tod!

Er( erhebt sich, nachdem er das Geld eingesteckt): Adieu, ich gehe los!

Sie( empört): Schon! Ha! Oh! Das ist ja un­möglich. Du hast doch wohl noch 5 Minuten Zeit! Er( fehrt um): Wenn Du willst aber nicht eine Sekunde länger. ( Sie gehen ins Nebenzimmer.)

Am Abend des nämlichen Tages. ( Bei Zabulons. Herr Zabulon allein.)

Er( an seinem Schreibtisch abrechnend): Passiva: 10 000 Frcs., welche ich meiner Frau gegeben. Aktiva: 10 000 Frcs., welche eben ein verrückter Friseur bei mir hinterlegt hat und die ich in mein neuestes Aftienunternehmen: " Den Tunnel quer durch den Atlantischen Ocean" ver­senten werde. Gewinn und Verlust balanziren. Tages­gewinn Null  . Es geht!

( Er geht in's Schlafzimmer.)

Freie Volksbühne.*) Zweite Aufführung.

Am vorigen Sonntag fand im Ostend- Theater die zweite Aufführung für die erste Abtheilung des Vereins Er( den Kopf senkend): Dein Geld! Das Geld" Freie Voltsbühne" statt. Gegeben wurde das soziale einer Frau, oh!( nach einer Pause) Ich bin sehr elend. Drama" Vor Sonnenaufgang  " von Gerhart Hauptmann  . Sie: Weine nicht, Liebchen. Das ist im Hand- Die Vorstellung erzielte einen vollen, ungetheilten Erfolg, umdrehen gemacht. Seit einiger Zeit schlägt mir mein zumal nach dem zweiten und vierten Akt kam derselbe Mann nichts mehr ab. Sein Bankhaus gewinnt Gel- aus vollem Herzen. häuserhoch.

der

-

Hiernach sollte man meinen, die Frage, ob sich wird mir in der Hand brennen. Er( sehr traurig): Das Geld des Herrn Zabulon unser junger konsequenter" Bühnennaturalismus, also Hauptmann, Strindberg, Holz und Schlaf, für das Publikum der freien Volksbühne" eigne, sei durch die That, durch diesen großen, lauten Erfolg in bejahendem

Sie: Mein Armand!

Sinne beantwortet.

Er( niedergeschlagen): was Geld Deines Gatten. Sie( im Triumphgefühl, soeben ein durchschlagendes Argument entdeckt zu haben): Es ist nicht sein Geld, Ich will vorweg gestehen, daß ich zu denen gehört Armand. Er hat nur als Baissier gewonnen, was Du habe, welche, zumal nach dem erfreulichen Resultate der als Haussier bei diesen verwünschten Kupfersachen ver- ersten Aufführung der Stüßen der Gesellschaft" von lorst. Nur was Du verloren, wird er jetzt durch meine Ibsen, gehofft haben, es würde jene bejahende Antwort Hände Dir zurückerstatten. Ja, es ist ein Aft der gegeben werden. In dieser Hoffnung fühle ich mich jetzt Wiedererstattung. getäuscht, zu mindesten scheint mir die erwähnte Frage

Sie: Ja

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Er( erhebt sich und füßt sie): Du bist ein Engel! auch jetzt noch eine offene zu sein. Sie( strahlend): Ah, endlich ein leises Lächeln eine Folge seiner Vorzüge, sondern Der Erfolg des Hauptmannschen Dramas war nicht seiner Mängel Den Nagel auf den Kopf trifft das Berliner   unter diesem niedlichen blonden Schnurrbart. Volksblatt", wenn es den Applaus, welchen Sodoms Er: Ein Engel, sage ich!( Nachdem er sie lange und seiner schlechten Darstellung. Ende" im Lessing- Theater seitens   der Berliner Bourgeküßt hat): Du hast doch die Entreethür gut zugemacht? Das ist die grobe Wahrheit. Nicht die entzückende geoisie fand, mit dem Beifall vergleicht, den 1784 der jawohl jawohl( auf seine Kniee französische Adel Beaumarchais  " Figaro" spendete. springend). Und weißt Du, Schatz, heute bin ich bis Von dieser Gesellschaft gilt wahrlich das Wort: 7 Uhr frei. " Spottet ihrer selbst und weiß nicht wie." Sie füh­len sich in ihrer ganzen Hohlheit und Nichtswürdigkeit, in ihrer geistigen und sittlichen Misère treffend cha rakterisirt und karrifirt, und dazu jubeln sie noch."

Einen Tag später, bei Frl. Paquita, Rue de Prony. Armand und Paquita sigen nach dem Diner auf dem Sopha des Salons. Armand hat Paquita umfaßt und ist beschäftigt, ihr

allerhand Kosenamen zu geben.)

Sie sich losmachend): Nein, Du weißt Kleiner, so etwas giebt es nicht.

Und in der That, Niemand schreibt giftigere Satiren auf die Bourgeoisie und ergößt sich lieber daran als sie jelber  . Die Pariser Boulevardpresse mit ihren grotesken Frivolitäten bietet vielleicht das klassischste Beispiel für vieie frankhafte Sucht der goldenen Schmuggesellschaft, daß sich zu bespiegeln und ihre farrifirten Spiegelbilder mit wig, behaglichstem Vergnügen zu bewundern.

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für

Er( versuchend, sie zurückzuhalten): Aber sieh doch Sie: Hier giebt es nichts zu sehn. Du weist doch, ich nicht so zu haben bin. Du kannst Octave, Lud­Leopold und alle Deine Freunde darnach fragen. Er: Donnerwetter, bist Du aber praktisch. Sie: Glaubst Du etwa, daß man die Schneiderinnen Modistinnen mit schönen Worten bezahlt! Er: Wohlan, ich verspreche Dir

Sie: Versprechungen! Was ich mir dafür kaufe, Versprechungen!

Er(   beiseit): Mein Gott! Ach

Feinheit der dichterischen Detailmalerei, die erschütternde Wahrhaftigkeit der Konzeption, nicht die" Fruchtbarkeit des psychologischen Chaos" wirkten und wurden genossen, die sozialistischen, revolutionären Tiraden des Herrn Hagemann als Alfred Loth, die Häufung des Drastischen im Stück- das waren die Zugmittel, das machte den Erfolg. Das übrige that dann die Liebe zur Sache", das Parteiinteresse", die Disziplin, welche unsere Ar­beiter auch im Theater nicht verläßt. Der gezollte Applaus war ein naturalistisches Kunstwerk an sich.

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Es wäre natürlich mehr als thöricht, wollte man dem Publikum daraus, daß es um es furz zu sagen- dieses Stück nicht verstanden hat, irgend einen Vorwurf machen. Ich glaube, es giebt für das naturalistische Kunstwerk dieser Arbeit überhaupt noch kein Publikum, Die folgenden Szenen, die wir freilich in schul­wenigstens hat sich das Bourgeoispublifum bisher weder digem Respekt vor der deutschen Polizei ein wenig ge- und in der Freien Bühne" noch im Belle- Alliance- Theater" mildert unseren Lesern vorseßen wollen, sind dem Diesem Stücke gegenüber verständiger gezeigt. Im Gegen­ Vie Parisienne", einer ausschließlich auf Welt und Halb­theil, wenn der Dichter zu wählen hätte, würde er das welt  " berechneten Pariser Boulevardzeitung, entnommen. naive Publikum der Freien Volksbühne gewiß jener Horde Sie sind in doppelter Beziehung interessant, denn sie charak wie sie einen bornirter Besserwisser. welche über ihn mit einem idea­terisiren ganz vortrefflich den skeptischen Cynismus des nimmt! Ich kann nicht, ich kapitulire.( Laut:) Also listischen" Schlagwort aburtheilen zu können glaubten, Publikums, für welches solche Blätter arbeiten, und 500 Louisdor brauchst Du? stellen gleichzeitig die blutigste Satire dar, die auf die noch vorziehen. Das erstere war wenigstens mit Ernst Sie: Das hab' ich Dir doch schon einmal gesagt. bei der Sache und trat ohne dumme Vorurtheile an Börsenwelt geschrieben werden kann. Ausbeutung und Meinst Du, ich bin ein Weib, mit dem Du handeln dieselbe heran. tein Ende! Aber am Schlusse triumphirt der große fannst. Börsenjobber über all die kleinen Polypen; Die gnädige Er( nachdem er die 10 000 Frcs. aus der Tasche Ansicht des Herrn zuneige, welcher in Nr. 44 dieses Aber ich muß sagen, daß ich mich doch sehr der Frau, der Liebhaber, die Kokotte, der Friseur, all die gezogen und sie Paquita gegeben, welche sich die Finger Blattes den Artikel Die Arbeiter und die Kunst" ein­Gelegenheitsdiebe verlieren ihr erjagtes Geld im Augenblick. naßmacht und die Scheine einzeln nachzählt, bei Seite): gesandt hat und der da sagt: Er allein, der große Mann, versteht sich wahrhaft aufs Daß ich, ich einem Weib 10 000 Frcs. rausrücken muß gesandt hat und der da sagt: ,, Soweit ich die Versammlungsberichte der Freien Stehlen und weiß seine Louisdors mit unfehlbarer Kunst Paquita( nachdem sie zu Ende gezählt): Du bist Volksbühne" habe verfolgen können, ist es denn auch wieder zurückzuerobern. Doch geben wir dem Dichter doch eigentlich sehr schneidig, Du. Man hatte mir gesagt, nicht das rein Künstlerische, was auf das Publikum an­Du hättest keinen Pfennig mehr. Darum wollt ich auch die Probe anstellen;( nachdem sie das Geld in einer ziehend wirkte, sondern der rohe Stoff. Schublade verwahrt) Du weißt, mein Kleiner, daß ich heute nur eine halbe Stunde für Dich übrig habe. ( Sie gehen ins Nebenzimmer.)

der Börje das Wort: (  

In den Champs  - Elysees in Paris. Barterrewohnung eines jungen

Mannes. 4 Uhr Nachmittag.)

( Sie" ist mit ihrem Schlüssel eingetreten und be­unruhigt bis in den Salon gegangen. Warum hat er nicht wie sonst das Geräusch der Schlüssels gehört und fie gleich hinter der Thüre erwartet? Athemlos öffnet sie die Thür des Arbeitszimmers.

Er sigt tief in Gedanken über einem Briefe, erhebt bei dem Geräusche seinen Kopf, scheint verwirrt, ergreift den Brief, ballt ihn wüthend zusammen, als wäre er

( Bei

Noch einen Tag später.

*) Wir bringen diese Ausführungen, obgleich wir persönlich einen durchaus anderen Eindruck von der Vorstellung gewonnen haben. Uns schien die Haltung des Publikums im ganzen vor­trefflich. Daß hier und da Heiterkeit durchbrach, wo der Dichter lieber gespannten Ernst gesehen hätte, ist nur natürlich. Wir sind Bühne zu sehen. Mischt der Dichter solche kleine Natürlichkeiten seiner Darstellung bei, so entsteht ein prickelndes Gefühl der Ueber mit welcher man die Liebesscene aufnahm, ist mir z. B. kein Be­raschung, das sich gerne im Lachen Luft macht. Die Heiterkeit, Kundschaft! Alle Kutscher aus der Umgegend! gut Stück Komit in ihr und was die Tendenz betrifft, so weiß Sie: Ich habe Dir schon in diesem Halbjahr Gelegenheit reservirter verhalten konnte. Ist etwa Loth's Rede ich taum, wie ein sozialdemokratisches Publikum sich bei solcher 7000 Fres. gegeben, weil Du Papiere gekauft und durch Beifallflatschen unterbrochen, tiß man ihn aus dem Kreise immer verloren hast.

demselben Frl. Paquita im Boudoir. Sie ist mit dem Friseur, eben gewohnt, gewisse Dinge nur im Leben und nicht auf der der ihr das Haar zu machen hat, allein.) Sie: 10 000 Frcs.! Bist Du verrückt? Er: Ja, ich brauche das, um einen fleinen

Friseur

auf einer Wechselfälschung ertappt, und wirft ihn in den laden in der Rue des Sausfoies zu kaufen. Famose weis, daß man diefelbe falsch verstanden. Es liegt thatsächlich ein

Papierforb.)

Sie: Was thust Du da?

Er: Nichts

-

nichts.

Sie: An wen schreibst Du?

Er: Anan Niemand. Sie: Armand

-

-

pfui Armand!( Sie nimmt

den Schleier ab und macht ein furchtbares Scheidungs­gesicht. Dann tritt sie auf den Papierkorb zu. Armand hält sie sanft am Arme zurück.)

Er: Laß das, ich bitte Dich. Sie: Du schriebst an eine Frau! Er: Nein ich schwöre es Dir.

Sie: Nun, so laß mich doch den Brief nehmen. Er( traurig): Du willst es- Du bestehst darauf.

Du

als

Er( schmollend): Das   Leben ist so theuer in Paris. Sie: Und Du machst Dich noch lustig! Wart'! sollst sie nicht kriegen diese 10 000 Frcs.( Sie thut, ob sie fort will.)

Er( mit den Achseln zuckend): Vorwärts, na hol sie mal, und ein bischen plößlicher.( Sie giebt nach, zieht die Schublade auf und nimmt daraus die 10 000 Franks, die ihr Armand gegeben.) Siehst Du, meine Kleine, wenn man mal in einen Mann verschossen ist, so hilft es nichts, mit ihm lange zu fackeln.

des übrigen Stückes heraus, um ihm zuzujubeln? Ich habe davon nichts bemerkt. Was meiner Meinung nach gefehlt hat, war das Bewußtsein des langsam heraufschwebenden tragischen Konfliktes, die ahnungsvolle Spannnng. Aber dieser Konflikt, Loth's Ent­schluß, Helene wegen alkoholischer Bedenken nicht zu heirathen, ist auch der schwächste Theil in diesem guten Stücke, und liegt vor und die Aufführung sehr wenig gethan, um für diesen Konflikt im allem dem Arbeiter ganz fern. Auch hat der Dichter nicht zu viel voraus die rechte Stimmung zu machen. Natürlich ist alles dies meine individuelle Meinung, es würde mich aber freuen, wenn obige Stritit und diese polemischen Zeilen für einen Arbeiter, einen über den eigenen Eindruck zu äußern und zu sagen, wie seiner rechten Vertreter unseres Publikums Anlaß geben würden, sich Meinung nach das Hauptmann'sche Stück auf unsere Leute gewirkt hat.