verkündet hätten. Darauf wollten wir Sie festnageln und richtig, Sie sind in die Falle gerathen. Sie behaupten unser Vorwurf wäre wahrheitswidrig, daß Sie den Prozentantheil, den die kleinen Besitzer vom gesammten Grund und Boden besitzen, nicht nennen. Das ist eine Verdrehung der Thatsachen. Es handelt sich nicht um den Prozentantheil, um das Ver- hältniß zwischen Kleinbesitz und Großbesitz das führten wir nur nebenbei an; es handelt sich darum, daß die Besitzer unter 1 ha. im Durchschnitt nur 3 ha. besitzen. die Besitzer von 110 ha. 3,7 ha., es handelt sich darum, daß mehr als 87% der Leute, die Sie als Eigenthümer aufspielen, einen Grundbesitz haben, der fast nicht der Rede Werth ist. Aus S. 23 führen Sie das Verhältniß der großen und kleinen Besitzer, den Prozentantheil an, aber ohne jeden Kommew tar. Leute aber, die sich nicht sehr viel mit dem zähen Stoffe der Statistik beschäftigen, verstehen die Zahlen nicht zu deuten. Sie behaupten, wir hätten die Brv- schüre bis S. 23 nicht gelesen; es war zwar ein schweres Stück, das Zeug in sich aufzunehmen; aber wir zitiren S. 23 mehrmals in unserem Artikel, müssen Ihre Bro- schüre wohl also auch gelesen haben. Sie finden es merkwürdig, daß wir bei Berechnung des Verhältnisses von Großbetrieb und Kleinbetrieb die Dampfpferdckräste hinzufügen, über die der Großbetrieb gebietet. Nun, jede Dnmpfpferdekraft gleich 21 Meiifchen- kräften zu rechnen, ist das Werk des fortschrittlichen. nicht sozialdemokratischen Statistikers Engel. dem früberen Leiter des preußischen statistischen Bureaus. Aber was gehen Sie, Herr Richter, die Forschungen der Wissenschaft an! Soetbeer und Engel, obgleich sie beide Ihrer Partei angehören, beide sind nicht würdig, Ihnen die Schuhriemen zu lösen, nicht wahr. Herr Richter? Was soll das Zusammenwerfen der Pserdekräfte mit den Menfchenkräften, fragen Sie in herzinniger Naivität. Wenn wir nachweisen wollen, ob der Großbetrieb stärker ist als der Kleinbetrieb, dann müssen wir doch auch die Stärke des Dampfes berechnen, der das Hilfsmittel der Großindustrie ist und dem Kleinbetrieb fehlt! Herr Richter wirft uns vor, die Rede des Ab- geordneten Sombart falsch zitirt zu haben. Nun, wir konnten aus Bkangel an Raum, die ganze Rede des Abgeordneten Sombart natürlich nicht bringen, darum haben wir nur den wesentlichen Inhalt der Rede gegeben. Ob wir aber den Inhalt richtig wiedergegeben haben, darüber mögen unsere Leser urtheilen. Ter Theil der Rede, den die Freisinnige Zeitung zitirt, lautet: Also wenn er mit Unterbilanz wirthschaftete und die Bauern eine'olche Pacht zahlen können, so gehtauch hieraus hervor, daß der kleine Grundbesitzer billiger in der Lage ist zu wirthschasten als der Großgrundbesitzer. Die Gründe hierfür sind ganz einfach, meine Herren, aber sie sind durchschlagend für das, was wir bezwecken. Der kleine Grundbesitzer ist nun einmal deshalb in der Lage, billiger zu wirthschaften, vorausgesetzt, daß er ein Areal unter dem Pfluge hat, was den Eigenthümer mit seiner Familie möglichst voll und ganz beschäftigt, nehmen wir einmal 50 Mvrgen an; hier wird nun von früh bis spät gearbeitet, es wird gehungert, wenn nichts in der Küche ist, die Kleidung ist erue dürftige, die Ausgaben an barem Gelde sind ein Minimum, und auf diese Weise ist er Widerstands- fähiger als der Großgrundbesitzer, der leider in der Lage ist, wie ich schon vorher gesagt habe, mit schlechten Tagelöhnern, die er doch bezahlen(!) muß. zu wirthschasten, der eine Lebenshaltung, die einmal bei ihm eingeführt ist, weiterführen muß und an den überhaupt ganz andere Ansprüche gestellt werden, als an den Kleinbauern." Was sagt alsoSombart? der Pächter ist widerstands­fähiger als der Großgrundbesitzer; und warum ist er widerstandsfähiger? weil er hungern und darben kann, wenn nichts in der Küche ist, weil seine Kleidung eine dürftige ist. Also ganz genau das, sogar wörtlich das. was wir in unserm Artikel ausführten. Sombart aller- diugs dachte sich nichts dabei, als er offen diese Cha- rakteristik der Großgrundbesitzer gab; wenn er gewußt hätte. welche Folgerungen wir aus seiner Rede ziehen würden, dann hätte er wahrscheinlich minder offen gesprochen. Das also ist Ihre Widerlegung. Ihre Art zn po- lemisiren. Naiv sind Ihre Urtheile über sozialökonomische Dinge, dagegen leisten Sie an Verdrehungen und sogar offenbaren Lügen alles, was man nur verlangen kann. Fahren Sie so fort. Herr Richter, und Ihre Partei. die schon jetzt an gallvpierender Schwindsucht leidet, wird keines Todesstoßes bedürfen, um zur ewigen Ruhe befördert zu werden.

Die Sozialdemokratie und dieGebildeten unserer Tage". Ii. Wir haben in der vorigen Nummer die Ausführun- gen des Verfassers wiedergegeben, mit welchen er nach­zuweisen sucht, daß dieGebildeten unserer Tage" sich solidarisch fühlen müßten mit den Arbeitern. Aber in Wirklichkeit fühlen sich diese Leute nicht als solidarisch mit uns. Si? fühlen sich immer als Bour- geois; zum Theil deshalb, weil sie überhaupt keine Pro­letarier sind, wie z. B. alle sicher Angestellten im Staats- dienste, mag ihr Gehalt noch so jämmerlich sein; zum Theil auch da, wo sie wirklich in's Proletariat hinab- gestoßen sind, weil sie den bürgerlichen Dünkel nicht los

werden können und den Arbeiter immer über die Achsel ansehen, selbst wenn der Arbeiter mehr verdient nnd nicht mit ihnen tauschen würde. Der stellungslose Theil endlich derGebildeten", das gewöhnlich sogenanntege- bildete Proletariat" pflegt so verlumpt zu sein, daß von irgend einer sozialen und politischen Aktion bei ihm keine Rede sein kann. Im Allgemeinen kann man sagen, daß das Proletariat auch fernerhin wird auf sich allein gestellt sein was auch schließlich für seine Bewegung kein Schaden ist, und daß es nur seltene Ueberläuser aus dem Lager der Gebildeten sein können, die zu ihm kommen. Aber wenn man nun auch die gewollte Bedeutung der Broschüre nicht zusprechen kann, so ist sie doch in- teressant zu lesen, wenn man sehen will, wie unsere Forderungen sich in einem vorurtbeilslosen bür- gerlichen Geist spiegeln. Es sind drei Ausstellungen, welche derGebildete" zu unserem Programm zu machen hat: Der Satz von dereinen reaktionären Masse", die Rücksichtslosigkeit gegenüber den geistigen Interessen" und die demokratische Forderung. Begreiflich. Jeder Krämer lobt seine Waare, und die Gebildeten finden also. daß Kunst und Wissenschast nichtnach ihrer Bedeutung gewürdigt werden", rufen mit unserem Schriftsteller Respekt vor der Kunst, Respekt vor der Wissenschaft" und verlangen,daß neben der materiellen auch die geistige Arbeit Aufnahme in dem Programm finde." Der Satz von der einen reaktionären Masse, stößt diese Leute naturgemäß auch vor den Kopf. Sie stehen der Arbeiter- bewegung so sympathisch und wohlwollend gegenüber, sind sogar selbst Sozialdemokraten, in einem gewissen Sinne, aber sie sind eben nicht einseitig, vermöge ihrer Bildung fühlen sie universal, ihr liebster Ausdruck ist, daß sie eigentlichüber den Parteien" stehen, oderihre eigene Meinung" haben und da sagt dieses»»höfliche Pro- letariat:Wer nicht für mich ist, der ist wider mich" nein, das ist wirklich zn viel verlangt, da hört die Objektivität auf.Die freie Weltanschauung, die sich über die Dinge erhebt, sogar über das eigene Interesse, die uns lehrt, gleichsam aus der Vogelperspektive die Ge- sammtheit der Dinge zu überschauen, ist wenigstens nicht vorzugsweise der Arbeiterklasse eigen." Da, jetzt habt ihr's! Daß endlich die demokratischen Forderungen diesen Leuten unbegreiflich sind, ist gleichfalls die nothwendige Folge ihrer Gesammtlage und Gesammtanschauungen. Was man vor Anderen voraus hat, das pflegt Einem stets als legitimster Grund dafür zu erscheinen, daß man die Anderen beherrschen soll; und sobald einmal eine besondere Klasse der Gebildeten existirt, ist auch natürlich sofort die Idee einerAristokratie des Geistes" da, welche die ganzen Geschäfte in die Hand nimmt, und das arme, ungebildete Volk zu Wassertrog und Weide führt; denn von selbst könnte es ja den Weg nicht finden. Ter Verfasser kömmt zwar nicht direkt mit der Aristokratie der Bildung, sondern mit der bekannten sozialen Mo- narchie;es ist hoffnungsgrün im deutschen Lande; und wenn heute der arbeitende Stand auf noch etwas anderes vertrauen kann als auf sich selbst, auf was kann er es denn, als. auf die monarchische Institution?" Es ist ja eine alte Erfahrung, daß eben jeder Bevorrechtete schon einen instinktmäßigen Haß gegen die Demokratie hat; in Deutsch - land haben sie sie noch ganz besonders im Magen. Wie schon gesagt, wir können von unseren For- derungen nichts ablassen, aber wir können doch wenig- stens einem derartigen Ansinnen gegenüber die Notl)- wendigkeit unserer Forderungen für unsere Zwecke be- weisen. Zunächst das Verlange», daß man sich ganz zu uns bekennen muß, und daß Jeder, der uus nurnahesteht", der nicht ganz der unsrige ist, zu dereinen reaktionären Masse" gehört. Die sozialdcniokratische Partei ist keine Partei wie die anderen. Die anderen erkennen die bestehende Ord- nuug an, und die einzigen Unterschiede bei ihnen existiren in der Frage: wie soll der Raub vertheilt werden; die Sozialdemokratie wünscht den Raub und damit die Ver- theilung des Raubes überhaupt abgeschafft. Mögen sich die Anderen also noch so sehr in den Haaren liegen, uns gegenüber werden sie immer einig sein. Politische Parteien sind nicht so dumm, wie die beiden Hunde, welche sich um den Knochen zanken, damit ihn der dritte unterdessen wegnimmt; wenn der dritte kommt, so ver- tragen sie sich überall und fallen über ihn her. Daß aber auch dieGebildeten" trotz allem Pathos schließlich nicht zu uns gehören, ist doch klar. Gewiß, es geht ihnen schlecht. Gewiß, sie fühlen sich eventuell unzufrieden. Gewiß, diese Leute in den untere» Be- amtenstellungen, diese Lehrer, unbesoldete Referendare und Affessoren und so fort, sie alle haben eine elende Existenz Allein ihre Lage kann auch unter den bestehenden Ver- hältniffen gehoben werden, sie haben keine völlige Ne- vvlution nöthig. Es sollte sich nur unter diesen Leuten, deren konservative Gesinnung eine unumgängliche Roth- wendigkeit für den Staat ist, es sollte sich nur einmal eine allgemeine Unzufriedenheit unter ihnen zeigen; und man würde sie sehr bald zufriedenstellen. Das Prole- tariat kann man nicht befriedigen ohne die gesammte be- stehende Ordnung umzuwerfen, das muß schon mit seinen unerfüllten Wünschen auf seine Zeit warten; wenn also wirklich der Fall ist ja ausgeschlossen sich diese Leute mit dem Proletariat verbünden wollten, so würden sie doch in Kurzem das Proletariat verrathen, nachdem sie nämlich befriedigt wären. Deshalb muß sich das Proletariat gegen diese Klasse verwahren, indem es mit

dereinen reaktionären Masse" auch dieobjektiven" über den Parteien stehenden" undnahestehenden" Leute von sich weist. DieGeringschätzung der geistigen Arbeit", welche beim Proletariat vorhanden sein soll, hat gleichfalls ihre guten Gründe. An sich haben gerade die Proletarier eine Hochachtung vor der geistigen Arbeit, wie man sie anderweitig überhaupt nie treffen wird, sie sind von einer Bescheidenheit gegenüber dem Wissen, welche bei diesen, von der offiziellen Bildung Verbannten um so rührender ist. Die Phrase, daß Wissenschaft und Kunst gleich einen derben, handgreiflichen Nutzen haben müssen, welche der Verfasser von Arbeitern gehört haben will, ist mir noch nie beim Proletariat aufgestoßen, nur bei dummdreisten Bourgeois, welche in ihrer Unverschämtheit über alle Dinge ein täppisches Urtheil haben, auch wenn sie keine Idee von ihrer Bedeutung haben; bei Arbeitern findet man im Gegeutheil gerade hier eine zarte Scheu, ein Rückhalten des Urtheils, welche Jeden, der zum ersten Male in Arbeitergesellschaft kommt, in Verwundernng setzt. Aber die Arbeiter haben auch ein feines Gefühl für alle die Mittel, durch welche sie gegenwärtig unter- drückt werden; und da dieGebildeten" doch im Grunde die geistige Gensdarmerie der Bourgeoisie darstellen, so kann man sich nicht wundern, wenn sie gegen diese Wissenschaft" ein ziemlich lebhaftes Mißtrauen hegen. Die Sozialdemokratie verlangt allgemeine Ver- pflichtung zur produktiven Arbeit. Da erscheint für die geistigen Arbeiter" kein Platz. Entrüstung! Die Sozial- demokratie hat keinen Respekt vor Wissenschaft und Kunst! Aber mit diesem Verlangen macht die Sozial- demokratie den geistigen Arbeitern das schönste Köm- pliment, sie bezeichnet damit die geistige Arbeit als einen Genuß, den man, wie jeden anderen Genuß, durch produktive Arbeit erkaufen muß. Sie hebt mit diesem Verlangen alle jene vom Verfasser selbst aufgezählten Uebel auf, welche jetzt mit der geistigen Arbeit ver- bunden sind freilich auch die Klasse derGebildeten" als Klasse: sie schafft sich selbst die Garantie, daß keine alexandrinischeAristokratie des Geistes" entsteht, welche das Volk tyrannisircn würde. UnserGebildeter unserer Tage" denkt sich freilich die Sache so, daß wir im so- ziaiistischen Staat dieselbenGebildeten unserer Tage" haben müssen, nur mit mehr Gehalt. So löst sich eben jeder die soziale Frage, wie es für ihn am vortheil- haftesten ist. Da die wirkliche Lösung aber durch daS Proletariat geliefert werden wird, so müssen sich die Anderen wohl bescheiden, daß sie im Interesse des Pro- letariats gelöst wird. Der dritte Stein des Anstoßes waren die demokra- tischen Forderungen. Unter den Leuten, welcheüber den Parteien stehen" undsich ihre eigene Meinung gebildet haben" wird eS überhaupt Mode, auf die Demokratie geringschätzig herab- zusehen und die Monarchie über das Bohnenlied zu loben. Die Leute mit der eigenen Meinung sind un- verbesserliche Optimisten. Da das Proletariat immer offenbarer die entscheidende Macht wird, so suchen die Regierungen, welche sich beunruhigt fühlen, ihm um den Bart zu gehen und es für sich zu gewinnen. Das hat schon Bonaparte gemacht, und andere machen es ihm nach. Das Proletariat ist freilich nicht so dumm, aus diesen Leim zu gehen, und es müßte auch wirklich sehr dumm sein, wenn es nicht hinter der fadenscheinigen Sozialreform und Arbeiterschutzgcsetzgebung die Lebens- mittelverthellerung und den Militarismus sähe. Nur die Gebildeten" lassen sich dnpiren und rufen pathetisch: Die Republik ist eine der allerältesten und aller verbrauchtesten Ideale der aussterbenden Bourgeoisie das Volk ist wahrhaftig nicht besser daran wer den Vortheil davon zieht, das ist die Bourgeoisie, der es schmeichelt sich Titel und Adelsdiplome beilegen zu können, und die ihrer Neigung zum Schimpfen und Opponiren freien Lauf lassen kann für den Schrei der großen Masse sind die heutigen Republiken noch tauber als die Monarchien. Denn es ist tendenziös, wenn man be- hauptet, daß die Monarchien ihrer Natur nach un- zugänglich für de.' Fortschritt seien. Ste sind dies viel weniger als die Republik , weil die letztere viel weniger sicher dasteht(man vergleiche die Republik der Ver- einigten Staaten von Nordamerika und das Königreich Portugal!) und jeder Erschütterung viel ängstlicher aus- weichen muß. Und wenn irgend eine Monarchie, so hat es ja die deutsche bewiesen, daß die Gedanken deS Sozialismus nicht unvereinbar mit ihren Institutionen sind(sie!). Weshalb sollte man also so schnell ver- zweifeln es ist hoffnungsgrün im Deutschen Lande. Und wenn heute der arbeitende Stand aus etwas An- deres vertrauen kann als auf sich selbst, auf was kann er es denn, als auf die monarchische Institution?" Wäre es nicht ein Weiser von denGebildeten unserer Tage", den man da vor sich hat, so könnte man auf arge Gedanken kommen, wenn man das liest; zu dem System Bonaparte gehörte außer der Sozialreform auch noch die systematische Verfälschung des öffentlicheu. Po- litischen Bewußtsein durch Broschüren und Artikel, wo mit der ehrlichsten Miene von der Welt unter radikalem Schein für Bonaparte, intriguirt wurde. Aber, wie gesagt, das ist ja hier ausgeschlossen. Zu solcher Perfidie ist die treue deutsche Natur nicht im Stande; das ist eigene Schlauheit, und nicht eingeblasene, die uns hier vorgetragen wird. Erstens passirt dem Verfasser das Quid-pio-quo, daß er die soziale Demokratie mit dem Bourgeois- republikaniSmus verwechselt. Die Bourgeois republik steht