mich auch über daS Frankfurter Blatt, dem Genosse Quarck nahe steht, beschweren. Eine Berichtigung, die ich ihm schickte, ist »ichl aufgenommen, eine Postkarte nicht beantwortet worden. (Hört! Hört!) Was nun den Ton in der Partei- presse anlangt, so hätte auch ich Grund zur Klage. Der alte Keßler hat mich in seinem„Bauhandwerker" angezapft; als ich ihm eine Berichtigung schickte, nahm er sie nicht auf, sondern vermöbelte mich in einer Briefkastennotiz aufs neue(Heiterkeit). Nun, ich beruhigte mich, ich dachte, na, dem alten Keßler macht das wohl Freude.(Große Heiterkeit.) Wenn hier und da im Parteileben ein scharfes Wort fällt, so liegt kein Anlaß vor, den Parteitag in Bewegung zu setzen, daß er seine Mißbilligung darüber ausspricht. Genosse Quarck braucht nicht anders behandelt zu werden, als jeder andere Sterbliche. (Sehr richtig!) Würden wir als Arbeiter dem Parteitag mit solchen Beschwerden kommen, wir würden einfach ausgelacht werden.(Lebhafte Zustimmung.) Die„Vorivärts"-Artikel über den Quarck'schenBorschlag sind durchaus sachlich gehalten.(Zustimmung und Widerspruch). jUnsachlich war nur der Vorwurf, daß Genosse Quarck noch mit bürgerlichen Sozinlreformcrn in Verbindung steht. Ich habe aber in dieser Stelle, die der„Vorwärts" ja auch später richtig stellte, nichts anderes gelesen, als daß damit ausgesprochen werden sollte: Der Quarck ist noch nicht fertig(Große Heiterkeit) als Sozialdemokrat. Das er hinterher noch eine Extrabcscheinigung vom Parteitag verlangt, halte ich für höchst über- flüssig.(Beifall.) Wir haben dem„Vorwärts" immer vorgeworfen, daß er zu neu auftauchenden Fragen im Parteileben nicht Stellung nimmt. Hier geschah es, und wir Berliner waren sehr erfreut darüber. In der Debatte wurde dem Genossen Quarck nichts Unanständiges weiter gesagt.(Quarck: Doch!) Das muß sich jeder gefallen lassen, der mit neuen Vorschläge» (Rufe: Mit alten!) hervortritt. Quarck macht es in der Polemik ja auch nicht besser. Auf dem Kongreß der Handelsangestellten in Berlin hat er sich sehr spitzig und ironisch über die Berliner Parteigenossenschaft geäußert. Berlin thut seine Schuldigkeit in vollem Umfange, das zeigen die Lohn- bewegungen dieses Jahres, sowie der Kassenbericht der Partei- leilung und die Agitation in der Provinz Brandenburg . Quarck's ironische Bemerkungen haben uns auch gekränkt, und wenn es überhaupt bei uns Mode werden sollte, daß der Parteitag einzelne Ausdrücke zensirt, dann muß er in erster Linie eine ganze Parteigenossenschaft gegen derartige Angriffe in Schutz nehmen.(Beifall.) Ader ich wünsche nicht, daß es Mode wird und bi>te Sie deshalb alle Anträge, die auf einen Tadel des„Vor- wärts" in dieser Hinsicht hinauslaufen, abzulehnen. So wichtig ist doch Quarck's Person nicht, daß für ihn etwas ganz besonderes gebraten muß.(Lebhafter Beifall.) Schmidt- Berlin III: Anlaß zu unserem Antrag(SI) hat'die Gewerkschaftsfrage und die bayerische Frage gegeben. Wenn man nun dagegen einwenden will, daß der„Vorwärts" als Zentralorgan m Streitfragen der Partei neutral sein müsse, so müssen wir dagegen einfach einwenden, daß der„Vorwärts� auch das Lokalorgan der Berliner Parteigenosse» ist und daher als solches Stellung nehmen muß. Robert Schmidt. Berlin V: Genosse Knauf beklagte sich über den„Vorwärts" wegen Nichtaufnahme einer Notiz; sie hätte, gering eingeschätzt, dem verantwortlichen Redakteur sechs Monate wegen Polizelbeleidigung eingebracht. Das schien uuS die Sache nicht werth. Wir sind ja wohl auch nicht nach Gotha gereist, um uns zu sagen. waS der„Vorwärts" aufgenommen hat und waS nicht. Nun zu der Angelegenheit Quarck. Er hat in richtiger Er- kenutniß der Situation, in der er sich befindet, die fachliche Polemik aufgegeben und sich über den Ton beschwert, in dem gegen ihn geschrieben worden ist. Diese sentimentale Taktik mag ganz geschickt sein. Sachlich ist sein Standpunkt in der Gewerkschaftsfrage nicht zu halten; da wendet er sich nun an das Mitgefühl der Partei- genossen. Der Ton in unserm Parteileben ist. das gestehe ich, sehr derb. Ich bedauere diesen Ton aber nicht. Wir erziehen keine Salonsozialisten, wir sprechen keine Salonsprache, wir haben die Sprache des Arbeiters. Die Klage- lieber über den Ton stimmen in unserer Partei meistens die- jenigen an, die sachlich unterlegen sind. Wie viele haben sich nicht schon beklagt, daß Bebel oder Auer sie schlecht behandelt haben. Hatten Sie in der Sache Unrecht bekommen, dann stimmen Sie ein lautes Wehgeschrei über den Ton an.(Sehr richtig.) Dasselbe Spiel sehen wir auch heute. Wie verhält sich nun die Sache. Der erste Artikel in der Quarck'schen Angelegenheit erschien am 24. Juli im„Vorwärts". Er war in absolut sachlicher Form ge- halten.(Widerspruch und Zustimmung.) Daß Quarck ein Pfadfinder genannt wird, ist doch keine Beleidigung. Es war nur nicht richtig, denn wirklich neues boten die Quarck'schen Vorschläge nicht. In der Erwiderung Quarck's kamen aber genug persön- liche Angriffe vor. Ist es nicht eine Beleidigung, wenn er sagt, der„Vorwärts"- Kritiker unterschiebe ihm etwas? Wen» er die Loyalität der Kritik bezweifelt? Und da verlangt nun Quarck, daß sich der„Vorwärts" in Abwehr berechtigter Angrisse nicht seiner Haut wehren soll. Auf dem Zentralorgan darf doch nicht jeder Genosse Hol, hacken! Wir haben aber auch alle Veranlassung, uns die Person Quarck's anzusehen. Sein'Auftreten in der Gewerkschaftsbewegung muß uns doch sehr mißtrauisch machen.(Sehr richtig!) Noch in den Jahren 1891/92 greift der Mann in der unpolitischen„Kaufmännischen Presse" die Sozialdemokratie an. In der von ihm redigirten „Kaufmännischen Presse" vom 27. August 1892 war zu lesen: „Sozialdemokratische Lockrufe". Wie wir bereits in der jüngsten Nummer unseres Blattes berichtet, soll am 11. September ein Kongreß sozialdemokratischer Handlungsgehilfen in Berlin ab- gehalten werden. Um Theilnehmer für denselben zu ge- wiune», wird jetzt in allen deutschen Lande» die Werbe- tronunel gerührt. So fand auch am 23. dieses Monats in»nserer Stadt eine sozialdemokratische Versammlung statt, zu welcher durch 10 0<X> Flugblätter und Annoncen die hiesigen Handlungsgehilfen eingeladen waren; trotz alledem betheiligie» sich nur ca. 199 von den 16 999 Handlungshilfen Frankfurts . Die Tagesordnung lautete:„Verkürzung der Arbeitszeit im fandelsgewerbe", Referent war auch hier Herr Julius ürk aus Berlin ; und am Schluß heißt es— ich will das weitere nicht verlesen—: diese Vereine sowie ihre Verbände habe» thatsächlich bereits Erfolge erzielt, welche der Sozialdemokratie, die sich erst seit einigen Jahren, und zwar un- berufenerweise der Handlungsgehilse» annimmt, fast gänzlich mangeln.(Hört! hört!) Nun, Parteigenossen, der Parteigenosse Quarck wird aller- dings uns sagen: Das ist im Jahre 1892 geschehen. Ich bin zu einer anderen Anschauung gekommen! Gut, das erkenne ich an. Aber, Parteigenossen, ich weise darauf hin, wie sonderbar es doch berührt, daß der Parteigenosse, der 1892 diesen Standpunkt hervorkehrte, der bis Ende 1898 in der„Frankfurter Zeitung " war, 1894 als sozialdemokratischer Delegirter erscheint, Mitglied der Agrarkommission wird(Heiterkeit) und an- fangs 1395 wird er schon Reichstags- Kandidat für Wiesbaden . (Heiterkeil.) Ja. Parteigenossen, ist das möglich für einen Ar- beiter?(Lebhafter Beifall.) Es ist aber ein Zug bei unseren Parteigenossen. daß sie alles in die Partei ausnehmen, jeden mit offenen Armen empfangen, der nichts anderes in die Partei mitbringt, als e,ne verkrachte bürgerliche Existenz und den Titel„Doktor"!(Lebhafter Beifall.) Parteigenossen! Danüt muß es aufhören.(Lebhafter Beifall.) Ich bin nicht der Mann, der eine Rede hält für die schwielige Faust. Für mich ist jeder genehm und als Genosse gleich, der ehrlich mitarbeitet und sich als zuverlässig erweist; aber eine Zeit der Probe muß er durchmachen. daß man Vertrauen in seine Zuverlässigkeit gewinnt.(Sehr richtig!) Nachdem er in seiner bürgerlichen Existenz Fiasko gemacht hatte, war er, wenn er nur eine gewisse Bescheidenheit und journalistisches Anstandsgefühl besessen hätte, gezwungen, ganz ruhig die Gewerkschaftsbewegung den Weg gehen zu lassen, den sie von ihren alten Führern gewiesen erhalten hat. Die unpolitische kaufmännische Beivegnng, die Quarck bisher protegirt hat, hat allerdings ganz falsch ange- nommen, daß er neue Wege wandeln würde. Daß dem so ist, konnte auch nur erklärlich erscheinen aus seinenArtikeln im„Vorm.", wo es an einer Stelle heißt:„Meine Vorschläge bezwecken also, durch lebhafte und einheitliche Erörterung der Wirth- schaftsgesetzgebung bei der gewerkschaftlichen Agitation den Drang zur politischen Partei und des Bewußtseins daran, daß es doch schließlich immer sie ist, welche das letzte und ent- scheidende Wort spricht, zu wecken und zu stärken, während heute bei dem umgrenzten Gebiete, aus dem sich die Gewerkschafts- bewegung ganz nach dem Wunsch meines Kritikers stellenweise bewegt, alle Instinkte manchmal beinahe einzuschlafen und und verloren zu gehe» drohen. Wo in der deutschen Gewerk- schaftsbewegung gehen diese Instinkte verloren? In der Gewerk- schaftsbewcgung, die sich den Sozialdemokraten angeschlossen hat, sind diese Instinkte vorhanden. Der Hang zur politischen Partei soll erweckt werden durch unpolitische Sozialpolitik! Parteigenossen! Meiner Ueberzeuguny nach, wenn wir Sozialpolitik treiben, muß sie Parteipolitik sein. Eine Sozialpolitik, wie sie Quarck empfiehlt, Sozialpolitik ohne Parteipolitik, ist eben jene Politik bürgerlicher Reformer, deren Schicht er zum theil heute noch angehört, und da hat der„Vorwärts" ganz recht mit der Betonung, daß er in seinen ganzen An- schauungen auf sozialistischem Gebiete eine enge Verbindung mit der bürgerlichen Sozialreform noch heute bethätigt; und der diese Stellung eingenommen hat, der zu guterletzt den Drang zur politischen Partei unter den Kaufleuten so stark entwickelt hat, daß sie ihn herausgeworfen haben, der Mann kann uns nicht für die Gewerkschaftsbewegung als Leiter und Vorbild dienen. Und wenn er es von vornherein darauf angelegt hat, daß von allen seinen Projekten und Programmen nur etwas Neues verwirklicht wird, wenn er nicht mit der be- scheidenen Stellung als Preßkommisstonsmitglied in Frankfurt zufrieden war und die Gründung eines Zentralgewerkfchafts- Bureaus und eines Zentralgewerkschafts- Blattes forderte, dann mußte er das von vornherein sagen, dann hätte sich alles vereinfacht, dann hätte es geheißen: für Quarck muß eine Stellung in der Partei geschaffen werden! Das haben wir durchschaut, und ich bedauere nur, daß der„Vorwärts" viel zu wenig gerade auf diese Dinge zu spreche» kam.(Sehr richtig.) Parteigenossen! Jeder andere Parteigenosse, der diesen Stand- punkt eingenommen hätte, wäre unmöglich in der Partei geworden. Wie verhält es sich den» mit der Tbätigkeit des Parteigenossen Quarck im sogenannten Hamburger Verband? Er ist ein Er- gebniß des unpolitischen Gewerkschastslebens, ein Anhängsel an den Unternehnier-Harmonieverein. Quarck sagt allerdings, wir wollen in diesen Verein eindringen und die Leute zu uns her- überziehen. Mit welchem Erfolg er das gethau hat, haben wir gesehen: als er in Frankfurt herausflog und ganze 24 Man» mit herüberbrachte. Das ist das Fazit seiner Thätigkeit. Und nun kam er mit diesen neuen Plänen. Auf dem Mainzer Verbandstage vom vorigen Jahre trat Quarck ebenfalls auf. In der Nummer der„Kaufmännischen Presse" vom 22. Juni 1395 wird in einem Artikel „Nachklänge zum Mainzer Berbandstage" erwähnt, daß die Sozialdemokratie schon jetzt Versuche macht, unter den Handlungsgehilfen Anhänger zu werben, und zwar nicht ganz ohne Erfolg. Dies haben die Verhandlungen des Verbandtages bewiesen. Darob große Entrüstung bei Herrn Quarck, denn er bemerkt dazu:„Wenn Fabrikanten in Rheinland -Westsalen eine Berufsversamnilung abhalten, so wird jeder Redner sorgsam verzeichnet. Bei Handlungsgehilfen glaubt die„Köln . Ztg." so etwas nicht nöthig zuhaben, desto ausführlicher macht sie hinter- her den Versuch, einzelne Delegirte, die auch ihr Theil zur Durchsetzung„berechtigter Forderungen" beigetragen haben, auf parteipolitischem Gebiete zu verdächtigen. Auf dem Mainzer Ver- bandstag ist von parteipolitischen Dingen überhaupt keine Rede ge- wesen, und wir stehen nicht an, aus diesem A»laß nachträglich noch auch unseren Gegnern bei den Verhandlungen gern das Zeugniß aus- zustellen, daß sie in Mainz jene Anzapfungen, die den Münchener Verhandlungen ein so häßliches Gepräge gaben, wenigstens öffent- lich unterlassen haben. Es ist deshalb unerfindlich, wie die „Kölnische Zeitung " nachträglich zu solche» Verdächtigungen kommt. Jedenfalls ist es immer sehr unvorsichtig gerade vom Standpunkt unserer Gegner, ein entschiedenes Auftreten für die Handlungsgehilfe» sofort als sozialdemokratisch zu bezeichnen. (Hört, hört!) Also der Parleigtnosse Quarck, der die Redaktion der„Kaufmännischen Presse" inne hat, eines unpolitischen Gewerkschaflsblattes. erklärt es für eine unverschämte Verdächtigung, daß er den Versuch mache, unter den Handlungsgehilfen Anhänger für die Sozial- demokratie zu werben. Das ist der Parteigenosse, der als Kandidat für Wiesbaden bei den nächsten Wahle» kandidiren soll! Parteigenossen! Wenn Sie sich über Stegmüller entrüsten, dann ist es ungerecht, wen» Sie die Anschauungen dieses Mannes so schonend behandeln. Jeder andere Parteigenosse wäre nach einem solchen Auftrete» von der Partei kalt gestellt worden. Dan» hat sich Quarck darüber beschwert, daß der Artikel- schreiber im„Vorwärts" sich nicht gemeldet hat. Er ist hier, ihn zu nennen, habe ich keine Veranlassung, die Redaktion über- nimmt die Verantwortung. Welche Meinung vertritt aber Quarck überhaupt in der Gewerkschaftsbewegung? Er sagt, sie werde überhaupt unpolitisch geleitet. I» gewissem Sinne mag das richtig sei», insofern als die Presse, soweit sie GeiverkschaftSpresse ist, nicht gegen die Grundanschauungen der Partei verstößt, aber im Gegensatz dazu steht die Haltung seines Organs „Die kaufmännische Presse". In der„Hilfe" vom 13. Sep- lember d. I. heißt es: Im Interesse der Gewerkschaften, im Interesse der deutschen Arbeiterbewegung begrüßen wir«ine Trennung von der Sozialdemokratie mir großer Freude. Hat etwa die englische Arbeiterschaft Nachtheile davon, daß sie sich von der Sozialdemokratie nicht ins Schlepptau nehmen läßt, oder ist sie im englischen Parlament weniger einflußreich? Die Wahlen und das Bestehen der bürger- lichen Parteien hingen in England doch zum größten Theil von der Stellung der Trades Union? ab. Gewerkschaftsbewegung, das heißt Verbesserung der wirthschaftkichen Lage unter der heutigen Gesellschaftsordnung und Marx' Theorie» können sich eben nie und ninuner vereinen, die beiden Richtungen müssen früher oder später auseinandergelangen. Die Forderungen Quarck's sind geeignet, diese Tren- »ttng anzubahnen. Nun, Parteigenossen, bis dahin hat es noch lange Wege, bis Quarck eine derartige Trennung mit Erfolg anbahnt. Nicht ganz unrichtig ist es aber, daß Quarck derartige Wege wandelt. Dieser Weg wird von der Gewerkschaftsbewegung nicht beschritten, denn ich bin der Ueberzengung, die Gewerkschaftsbewegung ist ent- weder sozialdemokratisch oder sie ist nicht. Es wird außerhalb der Verbände bei der Erörterung politischer Fragen immer und immer wieder darauf hingewiesen, daß es die Partei ist, die stets für diese Dinge eintritt. Ich sehe, daß die Parteigenossen nicht wünsche», daß noch länger über diese Dinge gesprochen wird. Ich weiß ja auch, daß sachlich in der Partei absolut keine Meinungsverschieden- Heiken herrschen, aber es ist uns wiederholt vorgeworfen, daß wir eine Erklärung von Quarck nicht aufgenommen haben. Aber in einer Stelle, die sich gegen den„HandelS-Angestellten" richtet, eS ist das auch charakteristisch für den Ton, den Quarck gegen uns angeschlagen hat, ist die Rede von den„krankhaften Neigungen und Anlagen des Redakteurs:c.". Das verstößt gegen journalistischen Anstand, und der„Vorwärts" mußte es zurück- weisen.(Lebhafter Beifall.) Damit schließt die heulige Sitzung. Singer verliest Begrüßungstelegramme und ein Schreiben unseres alten Genoffen Leßner in London , der sein Bedauern ausspricht, an dem Parteitage diesmal nicht theilnehmen zu können. Die morgige Sitzung wird versuchswelse von 9 bis 1 und von 2 bis 6 dauern. Schluß 7 Uhr. GenrerKMaflliifzes. Achtung, Einsetzer Berlins ! Laut Beschluß der öffent- lichen Versammlung sind in den verschiedensten Stadlvierteln Z a h l st e l l e n eingerichtet worden, wo Sonntags vormittags von 19—12 Uhr Lohntarife und Streikkarten ausgegeben und Beschwerden über einzelne Firmen entgegen genommen werden. Die Zahlstellen befinden sich bei: Franz Gl ein er t, Müller- strabe 7a; R. B u s k e. Gre»ad,erstr. 38; Fritz Felgen- treff(Zur alten Linde), Am Kottbuser Thor; Fritz Wilke, Andreasstr. 26; H. Werner . Bülowstr. 59; Kladziwa, Badstr . 23; Hol, bächer, Thurmstr. 84; Schmidt, Dieven- hofener- und Treskowstraßen-Ecke; Uhlig, Schöneberg , Sedan- straße 2; C. Menke, Charlottenburg , Bismarckstr. 19a. D i e F ü n f e r- K o m m i s s i o n. Achtung, Schuhmacher! In der Schuh- und Pantoffel- Fabrik von W. H a m a» n u. Komp. in Berlin , Neue Friedrichstr. 36, haben sämmtliche Arbeiter die Arbeit nieder- gelegt wegen Lohnreduzirung und Maßregelung. Zuzug ist fern zu halten. Die Agitations-Kommission. Ju Laudsberg a. d. Warthe wurde am 15. September eine öffentliche Gewerkschaftsversammlung abgehalten, wo Ge- nosse Faber aus Berlin über die Bekämpfung der Arbeiter- organisationen durch staatliche Behörden und Unternehmer sprach. Der Vortrag sowohl wie die Diskussion darüber, wobei ein Be- scheid der Polizeiverwaltung Landsbergs kritisirt wurde, ver- anlaßt« den Polizei-Jnspektor Reinhard, die Versammlung auf- zulösen, weil er das„Kritisiren und die unverschämten Be- merkungen nicht mehr länger hören wolle". Dieser wunder- bare Auflösungsgrund fand auch Gnade bei der vorgesetzten Behörde des Beamten, denn die Beschwerde wurde zurückgewiesen, wobei man ankündigte, daß gegen den Einbernfer und gegen den Referenten wegen ihrer Aeußerungen über die Polizei Slrafantrag gestellt werden würde. Eine Agitationstour durch Nordwest- Deutschland unternimmt für den Deutschen Metallarbeiter- Verband der Genosse Karl B r e d e r aus Nürnberg . Die Mctallindnstriellen Lübecks scheinen es. wie der dortige„Volksbote" mittheilt, auf eine Kraftprobe mit den organisirten Arbeitern abgesehen zu haben. Einzelne Industrielle nahmen Entlassungen vor, die nur unter diesem Gesichtspunkt verstanden werden. Ferner haben die Industriellen einen Arbeitsnachweis errichtet, aus den die organisirten Arbeiter keinen Einfluß haben, und der vermulhlich in Verbindung ge- bracht werden soll mit den schwarzen Listen, die ja in der Metallindustrie zur ständigen Einrichtung geworden sind. Eine öffentliche Versammlung von Fabrikarbeitern Lübecks nahm am Donnerstag zu dieser Angelegenheit Stellung und faßte nach einem Vortrag des Genosseil Theodor S ch w a r tz einstimmig eine Resolution, wonach als Gegenwehr gegen den Ar- beitSnachweis der Industriellen beschlossen ist, daß zunächst der Zuzug von Arbeitern der Metallindustrie ferngehalten und die unter den geschilderten Verhältnissen entlassenen Arbeiter Lübecks materiell und moralisch unterstützt werden sollen. Die Steinsetzer und Rümmer Hamburgs hatten auf An- ratheu des Bürgermeisters Dr. Lehmann einen weiteren Ver- such gemacht, die Differenzen mit den Unternehmern in Güte bei- zulegen. Da die Meisterorganisation es jedoch ablehnte, mit der Leitung der Hamburger Filiale des Sleinsetzer-Verbandes zu ver- handeln, ist auch dieser Versuch gescheitert. Eine Versammlung der Streikenden beschloß deshalb, den Ausstand so lange fortzu- setzen, bis sich die Prinzipale herbeilassen, in eiye Einigung zu willigen. Der Wcbcrstreik in der Tuchfabrik von Leonard Peters in E u p e n ist zu Ende. Ueber die Bedingungen. unter welchen Frieden geschlossen wurde, macht die„Köln . Ztg." folgende Angaben: Die Weber arbeiten wie vorher auf Einzel- stählen, jedoch werde» die Löhne nicht mehr nach Scheerlänge, d. h. nach der aus der Länge des fertigen Stückes sich ergeben- den Schußzahl, sondern nach den Angaben von Apparaten be- rechnet, welche die Schüsse während der Arbeit zählen. Ueber das Ergebniß dieser Zählmelhode sollen die Firma wie die Weber bis zum 1. Dezember dieses Jahres Gegen- aufzeichnungen machen. Für den Fall, daß das neue System bis dahin eine Benachtheiligung der Weber gegen früher ergeben sollte, erklärte sich die Firma bereit, diesen Verlust nach- träglich zu ersetzen. Der Ausstand hat sechs Wochen gedauert und einen Aussall von etwa 15 999 M. Löhnen zur Folge ge- habt, wovon die Hälfte den Ausständigen durch Sammlunge» der Fabrikarbeiter von Enpen, Aachen und Burtscheid ersetzt wurde.— Bei der Firma I. T a st ö ist die Lage noch un- verändert. Die entlassenen Weber dieser Fabrik hatten in den letzten Tagen eine Unterredung mit dem Gewerbeiiath Storp in Aachen , der zu ihren Gunsten mit dem Fabrikanten zu ver- handeln versprach. Beim Streik des Personals der H e y l' scheu Schuh- s a b r i k in Groitzsch i. S. handelt es sich nicht etwa um neue Forderungen, sondern das Personal verlangt lediglich die Bezahlung des 1399 er Lohntariss, von dem beständig Ab- züge gemacht worden sind. Die österreichische Bergarbcitcr-Zeituna„Glückauf!" schreibt in ihrer letzten Nummer über den inzwischen erloschenen B e r g a r b e i t e r- A n s st a n d im B r ü x- D u x e r Kohlen- r e v i e r: Ganz unerwartet brach am 23./29. September in ge- nanntem Bergrevier ein Streik aus, der ziemliche Dimensionen annahm. Allerdings kolporcirten einige„ethische" Anarchisten oder Omladinisten das Gerücht von dem Ausbrechen eines all- gemeinen Generalstreiks, welcher im Oktober ausbrechen wird. Aus einer Konferenz in Kladuo sei dies be-� schloffen worden, wo auch festgesetzt wurde, daß zuvor noch eine zweite Konferenz stattzufinden habe. Wir haben zu diesem Beginnen keine ernsthafte Stellung einnehmen können, da die organisirte Arbeiterschaft, insbesondere die Bergarbeiter, weder von dieser Konferenz noch von einer Generalstreik- Aktion etwas wußten, ebenso die Gewerkschafls-Kommission nicht ver- ständigt wurde. Vollständig unbekannt ist auch, was diese Konferenz beschloß und wie sie überhaupt zusammengesetzt war. Thatsache ist, daß diese Konferenz aus einer Anzahl Leuten be- stand, die der bestehenden gewerkschaftlichen Organisation nicht angehören und hinter dem Rücken der organisirten Ar- beiterschaft ihre Putsche veranstalten, unbekümmert. welches Unheil sie auch damit anrichten, sei es um ihre„Theorien" zu verwirklichen oder aus wirklicher Blödheit. Es ist ja Thatsache, daß die Verhältnisse täglich schlimmer werden und die Ausbeutung und Knechtschaft auf die Spitze getrieben werden, aber die organisirte Arbeiterschaft kann verlangen, daß sie zur Veranstaltung einer eventuellen Abwehr auch ein Wort mitzureden hat, das können nicht ein oder zwei Dutzend Querköpfe allein ausmachen. Weiter theilt das genannte Fachblatt mit. daß die Berg- arbeit« W e st b ö h m e n s, die im Juni d. I. in zahlreichen Versammlungen die Forderungen der Z e h n st u n d e n s ch i ch l aufgestellt haben, vorige Woche den Werkbesitzern ein darauf ge- richtetes Memorandum durch die Vertrauensmänner sowie durch den Distriktsverband der Bergleute Westböhmens unterbreiten ließen. Außerdem wird eine entsprechende Lohnerhöhung verlangt. Die Arbeitszeit ist jetzt llstündig, auf drei Gruben Westböhmens besteht jedoch schon die Zehnstundcnschicht.
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