noch mitten auf dem Hofe, und weder Pferde noch Kutscher ließen sich erblicken. Vergebens suchte man diesen in den Ställen, den Heuschuppen und den Wagen remisen, sodaß schließlich sämmtliche Herren sich vornahmen vorläufig einen Spaziergang zu machen. Sie gingen und befanden sich bald auf dem Marktplatze, der in einiger Entfernung die Kirche trug und zu beiden Seiten von niedrigen Häusern eingefaßt war, in denen man mehrere preußische Soldaten bemerkte. Der erste, welchen sie zu Gesicht bekamen, schälte Kartoffeln. Der zweite scheuerte den Laden des Friseurs. Ein anderer mit mächtigem Barte schäkerte mit einem kleinen Schreihals und schaukelte ihn auf seinen Knieen, um ihn zu beruhigen; während dicke Bäuerinnen, deren Männer bei der Armee waren, durch Zeichen ihren gehorsamen Siegern die Hausarbeiten andeuteten, welche zu machen waren. Der eine hackte Holz, der andere kochte Suppe, ein dritter mahlte Kaffee; einer wusch sogar die Wäsche seiner Wirthin, eines ganz arbeitsunfähigen alten Mütterchens Der Graf, darüber erstaunt, befrug sich bei dem Küster, welcher eben ans dem Pfarrhause kam. Diese alte Kirchenwanze antwortete: O! die sind gar nicht bösartig; das sind keine Preußen, wie es heißt. Sie stammen weiter her, ich weiß nicht genau mehr, aus welcher Gegend. Alle haben sie Frau und Kinder zu Hause, und der Krieg macht ihnen durchaus kein Vergnügen. Ich bin sicher, daß ihre An- gehörigen ebenso gut um ihre Männer weinen, und daß der Krieg dort ebensoviel Jammer stiftet, wie bei uns. Hier ist man gar nicht unglücklich, weil jene keinem Menschen etwas zu Leide thun und arbeiten, als wenn sie in ihrer Heimuth wären. Sehen Sie, mein Herr, arme Leute müssen einander behilflich sein... Nur die Vor- nehmen haben Lust zum Kriegführen." Cormudet, welcher sich über dieses herzliche Ein- vernehmen zwischen Sieger und Besiegten ärgerte, kehrte um und ging wieder ins Wirthshaus. Loiseau bemerkte scherzend: Sie vermehren die Bevölkerung wieder." Herr Carrö-Lamadon aber entgegnete ernst: Sie machen den Schaden wieder gut." (Fortsetzung solgt.) Bestechungen der Presse im Großen. G. K. Die Presse, das Zeitungswesen, ist eine Macht, die ihre Gewalt nach dem heutigen Wirthschastssysteme ge brauchen oder mißbrauchen kann und der Erfahrung gemäß auch oft mißbraucht. Da wird z. B. ein Prozeß verhandelt, in dem einzelne Personen, es brauchen gerade nicht die Angeklagten zu sein, recht bedenkliche Rollen spielen. Werden ihre Namen bekannt in weiteren Kreisen, so ist für sie nicht gerade Vortheil zu erwarten. Der Zeilen schindende Reporter kann sich unmöglich den fetten Bissen entgehen lassen. Würde er die Prozeßverhandlung ganz verschweigen, so würde das Blatt, das ihn bevor- zngt, den Bericht von einem anderen Zeilen schindenden Reporter aufnehmen. Er kann also dem zahlungs- fähigen Betheiligten nicht die vollständige Unterdrückung des Berichtes über den Prozeß gewährleisten; der Betheiligte kann nicht sämmtliche Zeitungs-Reporter kaufen; man muß also zufriedenjl sein mit Unterdrückung des Namens im Berichte. Da kann der bevorzugte Reporter fürsein Blatt" einstehen. Wir finden also, daß öfters bei Berichten über Prozeßverhandlungen die Namen einzeln er Betheiligten nicht ausgeschrieben sind, während die der anderen Betheiligten mit voller Personen- bezeichnung genannt werden. Daß diese Personen- bezeichnung in der Regel stattfindet, darin besteht eben dasGeschäft"; denn würde man in der Regel die am Prozesse Betheiligten nicht nennen und davon nur in solchen Fällen eine Ausnahme machen, in welchen wirklich ein öffentliches Interesse an die Nennung des Namens geknüpft ist, so gebe es eben keinGeschäft" für die Reporter. So haben wir in der letzten Zeit einen Bericht über einen ziemlich skandalösen Prozeß durch die Berliner Zeitungen laufen sehen, in welchem von den beiden Be- theiligten der erstere, reiche, nur mit einem Buchstaben, der zweite mit vollem Namen bezeichnet war. Eine weitere Erklärung braucht diese Verschiedenheit nicht, dasGeschäft" brachte es so mit sich. SolcheGeschäfte" machen natürlich nur unter- geordnete Zeilenschinder, die Redaktionen halten da ihre Hände von. Pfui, das wäre auch zu gemein. Aber ganz ungerupst läßt man diejenigen, auf die Gunst der Presse angewiesen sind, deshalb doch nicht. Wir wollen nicht davon reden, daß auch Redaktivns- stuben den Verlockungen derGründer" und Börsen- jobber nicht immer verschlossen sein sollen, nein, wir sprechen von der sogenannten«anständigen" bürger- lichen Presse. Diese veranstaltet in Berlin alle Jahre ein großes Kesseltreiben, bei welchem alle die bluten müssen, die auf ihre Gunst angewiesen sind. Bist Du Maler oder Bildhauer oder größerer Geschäftsmann für Kunstindustrie, hast Du ein Interesse daran, daß Deine Erzeugnisse lobend erwähnt werden, daß Tadel zurückgestellt oder unterdrückt wird, nnd kannst Du nicht, wie irgend ein neu eröffnetes oder neu deko- rirtes Vergnügungslokal, durch einProbeessen" für die Herren Vertreter der Presse deranständigen" Richtung, Dir die Gunst der Herren erkaufen, so vergiß es ja nicht, zumBalle der Presse" Deinen Beitrag zu senden. Sonst wehe Dir! Wundere Dich dann nicht, wenn man bei der nächsten Ausstellung mit einem gönner- haftenHm! Hm!" an Deinem Erzeugnisse vorbeigeht, um sofort in den höchsten Ausbrüchen des Phrasenreich- thums Deinen Nachbar loben zu hören. Du meine Zeit! warum warst Du bei der auf solche Schnorrerei begrün- betenTombola des Vereins Berliner Presse" nicht würdiger betheiligt! Weißt Du nicht, daß die Presse den Ruf macht? daß der blinde Hödur in der Redaktions- stube den Mispelzweig des Todtschweigens auch gegen einen Baldur der Kunst abschießen und selbst den Gott tödtlich treffen kann? Also, selbst wenn Du einKünstler von Ruf" zu sein glaubst, versäume es nicht, beizusteu rn zur Tombola des Vereins Berliner Presse". Der Klingel- beute! geht um, ziere Dich nicht. Es ist doch so ver- lockend für den Ballbesucher, die Möglichkeit zu haben, für seine 10 Mark Eintrittsgeld vielleicht die erschnorrte Farbenskizze eines hervorragenden Künstlers vom zwanzig- bis dreißigfachen Werthe alsAndenken", das sich auch zur Roth gut versilbern läßt, nach Hause zu tragen. Ihr Künstler und Künstlerinnen aber, die Ihr nicht Werke" herstellt, die sich in die Hand nehmen lassen, die sich verloosen lassen, Ihr versäumt es nicht, in Per- son zu erscheinen, um Euch begaffen zu lassen, wie die Elephanten in der Menagerie. Diese Erwartung, gefeierte Schauspieler, Sänger u. s. w. dort ganz in der Nähe, nicht fürs Theater, sondern wie im gewöhnlichen Leben geschminkt zu sehen, ist ein angenehmer Nervenkitzel unserer genußgesättigten Bourgeoisie. Viele nehmen nur in dieser Erwartung die Billets zum Balle des Vereins Berliner Presse. Auf diese Einnahmen ist man aber angewiesen, um das Fest mit Glanz durchführen zu können. Dafür werdet Ihr dann auch in besonderen Berich- ten attestirt erhalten, daß Ihrbekannte Schönheiten" seid, Ihr Armen, und man wird den Reichthum der Lappen beschreiben, die Ihr da als Abzahlung für künf- tige Reklame auf dem Balle der Berliner Presse hinter Euch her schlepptet. O nein, die Herren von deranständigen" bürgerlichen Presse sind nicht so kleine Lumpen, wie manche Zeilenichinder, die über Skandalprozesse berichten, deren Hände muß man ganz anders waschen, wenn man wieder Handwaschungen haben will. Also knausert nicht, Ihr, die Ihr auf das Wohlwollen der Presse rechnet. Was Ihr zur Tombola des Vereins Berliner Presse thut, wird Euch nicht vergessen werden. Dabei werdet Ihr Alle Euch noch nicht von kleinen Privatleistungen im Interesse hochanständiger", versteht sich, höchstanständiger" Kunstkritiker ent- bunden erachten können, wenn man Euch zumMit wirken" oderBeisteuern" ferner privatim auffordern wird. Ihr werdet lebende Bilder stellen oder stehen, je nach Eurem Beruf, mimen, deklamiren, malen oder kleben für Wohlthätigkeit, Patriotismus oder sonst zu einem beliebi- gen Zweck, wo und wenn es das Interesse der Herren von der Presse gerade verlangt. Denn vielfältig sind die Wege, auf welchen man zu einem guten Verhältniß mit derPreise" gelangt, und klug sind die, die sie wandeln. Die Motive zur Reformatio». Es war bekanntlich nicht die Sehnsucht nach einem reineren Glauben", welche die Fürsten bestimmte, der Reformation beizutreten, sondern die Aussicht auf die fette Beute, die sie durch das Einzieheil der Klöster zu machen hofften. Ein neulich erschienenes Werk veröffentlicht elne Aufzählung des fabelhaften Raubes an Ländereien und Baargeld. die Heinrich VIII. von England machte, als er reformirte. Die jährlichen Einkünfte ans den Ländereien der eingezogenen Klöster beliefen sich auf vier Millionen Mark in jetzigem Gelbe, und diese Summe würde wohl nach dem heutigen Geldwerth einer solchen von vierzig Mil- lionen, also einem Kapital von etwa einer Milliarde ent- prechen. Der König behielt von diesem ungeheuren Landbesitz für die Krone so viel zurück, daß daraus ährlich ungefähr eine halbe Million Mark in seine Kasse flössen; das Uebrige verkaufte er. und zwar zu Schleuderpreisen. Für die Ländereien einer Abtei, welche ast 2000 Pfund im Jahre einbrachten, wurden nur 5000 Pfund bezahlt; für diejenigen' einer anderen, welche 'ährlich 400 Pfund eintrugen, wurden 1500 Pfund be­zahlt. Trotz dieser niedrigen Preise belief sich doch die aus dem Verkauf solcher konfiszirten Ländereien erzielte Summe auf 150 bis 200 Millionen Mark nach jetzigem Gelde. Von allgemeinerem Interesse sind die Angaben, welche wir über die Kostbarkeiten finden, die aus den geplünderten Klöstern» und Kathedralen in die Königliche Schatzkammer oder zur Eiuschmelzung in die Königliche Münze übergeführt wurden. Wie außerordentlich der Reichthum war, den die englischen Mönche im Laufe der Jahrhunderte an goldenen und silbernen Gegenständen und Edelsteinen aufgespeichert hatten, geht zur Genüge aus den Schilderungen von Augenzeugen hervor. Ein Italiener, der im Jahre 1500 England besuchte, schrieb von dort, daß der Reichthum des Landes besonders in den beispiellosen Schätzen der Geistlichkeit zu Tage trete. Man könne im ganzen Lande kaum eine Kirche und anm ein Bettelmönchskloster finden, wo nicht alle Kirchen geräthe von reinem Silber wären. Die Werth- gegenstände der reicheren Orden spotteten jeder Be- chreibung, und einen Ort gab es in England, der in dieser Beziehung überhaupt wohl nicht seines Gleichen in der ganzen Christenwelt hatte, das war die Grab- stätte des Erzbischofs Thomas a Becket in der Käthe- drale von Canterbury , der hier mm 29. Dezember 1170 sein Leben unter Mörderhand ausgehaucht hatte. Seit der Zeit war er als Heiliger verehrt worden und aus allen Weltgegenden sandten die Gläubigen die kostbarsten Schmucksachen zur Zierde seines Grabes. Der Italiener schrieb-darüber:Das Grabmal des heiligen Thomas, des Märtyrers, Erzbischofs von Canterbury ist von un- glaublicher Pracht. Trotz seines großen Umfanges ist es mit Platten aus reinem Gold bedeckt, und doch kann man kaum das Gold sehen, da es von den herrlichsten Edelsteinen, wie Saphiren, Rubinen, Emeralden und Diamanten übersäet ist. Und zu diesen natürlichen Schönheiten hat sich die Kunst gesellt, denn die goldenen Platten sind mit wunderbar geschnitzten Gemmen und Achaten und Onyxen und Kameen in Relief ausgelegt. Einige Kameen sind von solcher Größe, daß ich diese nicht nennen mag, aber alle Kostbarkeiten werden von einem Rubin in der Größe eines Daumnagels über- troffen, der an der rechten Seite des Altars angebracht ist. Die Kirche ist etwas dunkel, besonders an der teile, wo das Grabmal steht, und als wir uns dort befanden, war die Sonne dem Untergange nahe und der Himmel bewölkt; trotzdem sah ich den Rubin so deutlich, als ob ich ihn in meiner Hand hielt. Man sagt, daß ein König von Frankreich denselben geschenkt hat." Eine französische Dame, Frau von Montreuil , welche die Grabstätte Thomas a Becket's unmittelbar vor deren Plünderung besuchte, erklärte, daß sie niemals an eine solche Ansammlung von Schätzen an einem Orte geglaubt haben würde, wenn sie sich nicht mit eigenen Augen davon überzeugt hätte. Der Appetit kommt bekanntlich, beim Essen, und man wird sich deshalb nicht darüber wundern, daß Heinrich VIII. wenige Jahre nach der Aufhebung der Klöster seine goldgierige Hand auch nach den in der Kathedrale von Canterbury aufgespeicherten Kostbarkeiten ausstreckte. Im Herbst des Jahres 1538 wurde Thomas Becket zum Verräther erklärt und sein Grabmal gründlich geplündert. Was den Werth der Edelsteine anbetrifft, die dadurch in den Besitz des Königs über- gingen, so läßt sich derselbe auch nicht annähernd be- stimmen, weil einige der Juwelen von unschätzbarem Werth waren. Von der Menge des dabei erbeuteten Goldes und Silbers kann man sich jedoch nach folgen- den, urkundlich verbürgten Angaben einen genauen Be- griff machen. Nicht weniger als 5000 Unzen Gold und 5300 Unzen Silber, außerdem noch 4400 Unzen ver­goldetes Silber flössen aus der Kathedrale von Canter- bury in die Königliche Schatzkammer, nnd was die Silberschätze anbelangt, so wurde jene noch von der Kathedrale von Winchester übertroffen. In dieser wurden nicht weniger als 14 000 Unzen Silber'erbeutet, dagegen freilich nur 1000 Unzen Gold. Im Ganzen belies sich das Gewicht der geplünderten Kloster- nnd Kirchenschätze auf 14 500 Unzen Gold, auf 129 000 Unzen vergoldetes Silber und auf 67 600 Unzen reines Silber. Der Gewichtswerth dieser gewaltigen Massen Edelmetall wurde auf ungefähr 90000 Pfund Sterling geschätzt, nach heutigem Geldwerth gegen eine Million Pfund Sterliug, also 20 Millionen Mark. Vielleicht wird es nicht überflüssig erscheinen, wenn wir zum Schluß noch einige Worte über die Verwendung der ungeheuren Summen, die auf diese Weise in die Koffer des Königs flössen, hinzufügen, so weit seine per­sönlichen Bedürfnisse in Betracht kommen. Vom Jahre der Aufhebung der Klöster(1536) bis zum Todesjahr Heinrich's VIII.(1547) wurden allein aus dem Kirchen- gutsfond für den Königlichen Haushalt 270 000 Lstrl. (nach heutigem Geld 50 60 Millionen Mark) ausge­geben. für Geschenke 14 000 Lstrl. und für die König - lichen Schlösser 60 000 Lstrl. für jene Zeit in der That unerhörte Summen. Die Konfiskation der reichen Klostergüter hatte sehr wichtige Folgen für die Entwicklung des Kapitalismus. Die Klosterländereien wurden von den neuen Herren anders bewirthschaftet; sie wurden statt zum Anbau von Korn zur Schafzucht verwendet, wodurch die Bewohner, die sich früher dort hatten nähren können, von der Scholle vertrieben wurden, und um dem Elend der Land- straße zu entgehen, ihre Arbeitskraft um jeden Preis der eben entstehenden Industrie verkauften. Denn auch die letzte Zuflucht der Armen war mit den Klöstern ge- schloffen; es gab jetzt keine Organe der öffentlichen Armenpffege mehr. Die Zölle und die Sozialdemokratie. Ein offenes Wort' nennt dieKreuzztg." einen Ausspruch derSächs. Arbeiterztg.",daß es bei dem Kampf um die Getreidezölle der Hauptsache nach darauf ankomme, den Grundbesitz, vornehmlich seine gegenwärtigen Vertreter, die man sich immer noch alsJunker" vor- stellt, in eine möglichst drückende Nothlage zu bringen und sie dadurch politisch wehrlos zu machen." Es passirt uns ziemlich oft, daß unsere Gegner, da sie sich gewöhnlich nicht die Mühe geben, die Sozial- demokratie genauer zu studiren, ganz verwundert sind über manche Aeußernngen, die eigentlich ganz selbstver- 'ländliche Folgerungen aus unseren Anschauungen sind. Da wir doch danach streben, die politische Macht in unsere Hände zu bekommen, so müssen wir natürlich die- [eilige Klasse, die sie jetzt in den Händen hat, zu schwächen suchen. Das ist doch einfach.