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- Merrtzvirhten. Bon der Agitation. Nach fast ziveijähriger Pause konnte im ultramontanen Münster in Westfalen »vieder eine von unserer Seite einberufene Volksversammlung abgehalten werden Mau hatte sich große Mühe gegeben, den Sozi das Lokal abzu treiben, aber der Wirth blieb seinem gegebenen Worte treu. Auch daß der ultramontaneMünsterische Anzeiger" die Versamm- lungsanzeigen nicht brachte, half nichts. Die Versammlung ging vor sich und der über 400 Personen fassende Saal des Herrn Weppelmann war bis auf den letzte» Platz besetzt. Das Referat Dr. L ü t g e n a u' s, der die Bestrebungen unserer Partei au grund des Parteiprogramms darlegte, wurde von der Versammlung obwohldie Gegnerzahlreichvertreten waren, mitgroßemBeifallausi genommen. Der Vorsitzende forderte dann die Gegner wiederholt aus das Wort zu nehmen, wobei er ihnen unbeschränkte Redefreiheit zw sicherte, aber die Schwarze» schwiegen still. Aus dem Hinterhalt läßt sich ja auch leichter kämpfen, als Mann gegen Mann. Der ultramontane Reichstags-Abgeordnete Professor Hitze, der zu der Versammlung brieflich eingeladen war, glänzte überhaupt durch Abwesenheit. So blieb der Sozialdemokratie unbestritten das Terrain. Es ist nun Pflicht der aufgeklärten Arbeiter in Münster , den Wirth Weppelmann durch ihren Besuch so viel wie möglich zu unteistützen, denn es versteht sich, daß die Schwarze» Himmel und Hölle in Bewegung setzen werden, um uns das neu- gewonnene Lokal wieder abzutreiben. Auf seiner Agitationstour durch Württemberg sprach Reichstags-Abgeordneter S t a d t h a g e n in den Orten Heil bronn. Schwäbisch Hall , Schwäbisch Gmünd , Göppingen , Ül»v Eßlingen , Stuttgart , Kannstatt. Schwenningen und Schramberg I» diesen Versannulunge», die sich des regsten Besuches er- freuten, bildete die Klassengesetz-Natur des Bürgerlichen Gesetz buches das Vortragsthema. Ueberall wurden Stadthagen's Aus führungen mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Die anwesenden Gegner traten, trotz Aufforderung, nirgends auf den Plan, um ihre Ansichten darzulegen. Auf Veranlassung der Genossen in Krim mitschau unternahm, wie uns von dort geschrieben wird, Genosse Dr. Q u a r ck aus Frankfurt am Main in der Zeit vom 29. September bis 4. Oktober eine Agitationsreise durch das sächsische Vogtland. In Plauen , Netzschkau und Reichen dach sprach er vor großen Volksversammlungen au Wunsch überchristlichen und wissenschaftlichen Sozialismus", in M e e r a n e übermoderne Arbeiterbewegung und Geiverk schaften". In letzlerer Versammlung erklärten gegen SV Personen ihren Beitritt zur Gewerkschaft. Die in K r i m m i t s ch a u geplanten beiden Versammlungen, wo außer Quarck Reichstags� Abgeordneter Seifert spreche» sollte, wurden verboten. Zuletzt sprach Genosse Quarck in der thüringischen Stadt S a a l f e l d Über die Aufgaben der Gewerkschaften. Das zu Oldenburg gehörige Fürstenthum Birke nfeld in der Rheinprovinz mag der Aufmerksamkeit unserer rheinische» Parteigenossen htermit empfohlen sein. Bei der letzten Landtags- Wahl scheinen dort die Arbeiter so gut wie gar nicht gewählt zu habe», wenigstens ist, wie dasNorddeutsche Volksblatt" schreibt, lein einziger Arbeiter zum Wahlmann gewählt worden Von den 90 Wahlmännern, die zu wählen waren, sind 33 Lehrer. 17 Kaufleute und 17 sonstige Gewerbetreibende, IS Land leute, S Schöffen, k Gemeindebeamler, 1 Fabrikverwalter und 1 Apotheker. Wie wenig qualifizirt der Antisemit G l ö ß in Dresden ist, gegen die A r b e i t e r v e r t r e t e r in der dortigen Orts krankenkasse Vorwürfe zu erheben, ergiebt sich, abgesehen von der Unstichhaltigkeit fetner Behauptungen, noch aus folgender Thatsache. Er sollte als Vorstandsmitglied insgesamml an 49 Sitzungen theilnehmen. In 19 davon fehlte er(davon in 7 unentschuldigt) und in den übrigen 30 Sitzungen kani er m- i st zu spät. Polizeiliches, Gerichtliches ir. In Finsterwalde ist jetzt schon ein Hoch ans die internationale Sozialdemokratiegrober U n f u g". Der Vertranensmann Paul W i n k l e r hat ein solches Hoch in einer öffentlichen Versammlung ausgebracht, er empfing dafür einen aus sieben Tage Haft lautenden Strasbefehl und das Schöffengericht bestätigte denselben, setzte aber gnädigerweise die Strafe auf drei Tage herab. Begründet wurde das Urtheil damit, daß z» der Versammlung auch Nichtsozialdemokrate» Zu- tritt gehabt hätten, die wie man annahm durch das Hoch unzweifelhaft belästigt worden wären. Da heutzutage nicht nur die Arbeiter, sondern sogar schon die Agrarier inter - national sind, so wird die Berufung?- beziehentlich die Revisions- instanz wohl nicht umhin können, das Finsterwalder Schöffeir gericht zu belehren, daß ein Hoch aus die internationale Sozial demokratie wohl oder übel straflos bleiben muh. Genosse S ch w e r i ck e ans Deetz hatte bei der Maifeier der Genossen aus L e h n i n zur Landpartie des Arbeitervereins auf seinem Wagen Bier mitgebracht und selbiges gegen vorher gelöste Marken an die Vercinsmitglieder abgegeben, Er mußte sich dieserhalb am Donnerstag vor dem Brandenburger Schöffen gericht verantworten. Obwohl der Gendarm beschwor, ein Bauer aus Göhlsdorf habe dem Angeklagten Geld für das Bier in die Hand gedrückt, wurde derselbe doch freigesprochen, da ein persönlicher Vorthcil in dem Bierausschank nicht gefunden wurde; auch hatte der Bauer beschworen, daß er kein Geld ge- geben habe. Beim Waldfest de? Sozialdemokratischen Vereins in Frankfurt a. M. waren auf dem Festplatze Karten dazu ver- kauft worden. Der Vorsitzende des Vereins wurde deshalb vom Polizeipräsidium in 100 M. Strafe genommen. Das Wies- badener Regierungspräsidium hat jetzt diese Verfügung auf- gehoben, weil nicht nachgewiesen sei, daß der Vorsitzende de » Kartenverkauf veranlaßt oder doch in schuldhaster Weise geduldet hat.Es wird", so heißt es in dem Wiesbadener Bescheide, Sache des Polizeipräsidiums sein, durch andere Mittel, wenn nöthig durch Beschränkung oder völlige Versagung der be- treffenden Erlaubuiß, ein« derartige Umgehung der für nöthig erachteten Erlaubuiß Bedingungen künftig zu verhindern." Der Landrath in Melsungen bat auf das abermalige Verlangen unseres Genossen Huhn in Kassel , ihm die in zwei Orten konfiszirtenHessischen Volkskalender" herauszugeben oder gegen ihn Strafantrag zu stellen, u. a. erwidert, daß die Be- fchlagnahme zu recht erfolgt sei, zumal in vielen Orlen die Verlheilung von Ker Straße auS, durch Hineinschieben der Kalender unter der Hauslhür, erfolgt wäre. Das Straf­verfahren werde gegen diejenigen Verbreiter eingeleitet werden, deren Persönlichkeit sich Hobe ermitteln lassen. Es wird sich ja nun herausstellen, ob der Herr Landrath jetzt im Recht ist. Zur Konfiskation der Kalender hat er aber die Ortsbehörden schon aufgefordert, bevor noch die Agitationstour begonnen hatte. Damals also war er unserer Ansicht nach bestimmt nicht im Recht. Genosse Keil, der verantwortliche Redakteur des Sächsischen V o l k s b l a t t s" in Zwickau , ist wegen eines Artikels über die Wahlrechtsschmälerung vom dortigen Land- gericht wegen Beleidigung des sächsischen Ministeriums zu vier Monaten Gefängniß verurtheilt. Diese Strafe ist jetzt rechts- kräftig, da das Reichsgericht die gegen das Urtheil eingelegte Revision verworfen hat. Die sächsische Polizeipraktik treibt eine Blüthe nach der andern. In Mittweida sollte Genosse Sindermann aus Dresden über das Thema sprechen: Die Arbeiter- presse. Der Stadlrath aber verbot die Versammlung, weil der angekündigte Referent wegen Aeußerungen in Versamm- lungen mehrfach bestrast sei und weilauch hinsichtlich des zum Vortrage geivählten Themas" die An- ,>ahmegerechtfertigt" erscheine, daß die Versammlung dazu dienen solle, Gesetzesübertretungen zu begehen oder dazu geneigt zu machen./ Achtung, Schuhmacher! Der Streik in der B a l l s ch u h- Fabrik von Michaelis u. K o. in Hamburg dauert unverändert fort. Wir ersuchen die Kollegen. speziell die von Berlin und Dresden , falls dort Arbeit für die genannte Firma gemacht wird, dieselbe zurückzuweisen. Ferner bitten wir. den Zuzug nach Hamburg streng fernzuhalten. I. A.: T i tz e. Verband der Möbelpolirer. Heute Abend s Uhr findet Andreasstraße 26 eine Sitzung der Fachkommission statt. Be schwerden und Mißstände aus den Werkstätten sind daselbst vor- zubringen. Im Auftrage des ZentralberbandeS der deutschen Maurer macht gegenwärtig Genosse S t a n i n g k aus Hamburg eine Agitationstour durch Baden, Elsaß und die P f a l z Tie Buchbinder Dresdens beschlossen, alle Vorarbeiten zu treffen, damit bei Eintritt der günstigen Geschäftszeit in die Lohnbewegung eingetreten werden kann. In der betreffenden Versammlung wurde nach dem Bericht derSächs. Arb.-Ztg." u. a. folgendes mitgethcilt: Die Aktiengesellschaft Kartonnage»-Industrie in Losch witz vertheilt 20 pCl. Dividende. Sie berichtet alljährlich an die Handels kammer:Das Betragen der Arbeiter ist musterhaft; die Löhne blieben unverändert." Das Lob haben die Arbeiter verdient, denn von 20 männlichen und 400 bis S00 weiblichen Arbeitern sind nur 8 organisirt! Der Lohn beträgt für Gehilfen 25 33 Pf. pro Stunde, im Akkord wöchentlich 1324 M. Die Arbeiterinnen haben 1513 Pf. Stundenlohn, im Akkord 912 und 1513 M. Die Arbeitszeit währt von 76 Uhr bei nnr halbstündiger Mittagspause. Die Aufsichtsbehörde ertheilte Dispensation vom§ 137 der Gewerbe-Ordnung, obgleich die kurze Mittagspause bei der überlangen Arbeitszeit äußerst schädlich wirkt. Die Lohnivoche schloß früher am Mittwoch ab jetzt gar schon am Dienstag, und am Sonnabend giebl's erst Geld. Strafen in Höhe eines halben und ganzen Tagelohnes sind vorgesehen. Ost arbeiten mehrere Arbeiter Sonntags. Die Behandlung seitens einzelner Werksührer ist unwürdig. Be zeichnend für den herrschenden Geist ist, daß um jede Lohw zutage schriftlich gebeten werden muß. Von den zirka 220 Drechsler« Leipzigs haben Ivo die Forderungen bewilligt bekommen, 30 stehen wegen Ver- Weigerung derselben im Streik. Zuzug ist deshalb streng fernzuhalten. Die Schriftgiesier Leipzigs stehe» mit den Prinzipalen wegen des Entwurfs eines Tarifs in Unterhandlung, der den Neunstundentag und eine durchschnittlich zehnprozentige Lohn erhöhung vorsieht. Die Prinzipalskommission hat sich dem Ent- würfe nicht abgeneigt gezeigt,». a. auch den Neunstundentag akzeptirt, bei einigen Lohnforderungen kam es aber nicht zur Einigung, wobei sich die Prinzipalsvertreter auf die niedrigen Arbeitspreise der Gießereien in Frankfurt a. M. und Stuttgart beriefen. Eine Schriftgießervcrsammlung beschloß jedoch, auch an den beanstandeten Forderungen festzuhalten und den neuen Tarif am 1. November einzuführen. Die Gehilfenkommission erhielt den Auftrag, weitere Verhandlungen einzuleiten und über das Resultat in der nächsten Versammlung zu berichten. Die Kutscher Nürnbergs beschlossen in einer Versammlung. den geplanten Streik vorerst noch zu vertagen, sich der Ver- einigung der Hilfsarbeiter des Handels- und Transportgewerbes anzuschließen und in einer späteren Versammlung die Frage zu entscheiden, was zur Abschaffung der Uebelstände zu thun ist. über die sie sich beklagen. An Libau in Kurland standen die Hafenarbeiter rm Streik. Sie haben denselben insoweit gewonnen, als die Exporteure eine Ivprozentige Lohnerhöhung bewilligten Die Forderung jedoch, diese Erhöhung durch Kontrakt zu einer bindenden Verpflichtung für die ganze Saison zu gestalten, haben die Exporteure mit der Motivirung zurückgewiesen, daß die Arbeiter für ihre Person keine Sicherstellung bieten könnten, woraus die Arbeiter davon abstanden. Die sehr wichtige Forderung, daß der Lohn nicht mehr in den Schänken ausgezahlt werden soll, ist ebeufavs noch nicht durchgesetzt, da erst eine Wartehalle für die Hasenarbeiter gebaut werden soll. AToKales. (Siehe auch 2. Beilage.) Fest der sozialdemokratische« Fraue « und Mädchen. Unsere Leser und namentlich auch unsere Leserinnen bitten wir uni Beachtung des in der Donnerstag- Nummer enthaltenen Inserats. Es ist das erste von den sozialdemokratischen Frauen und Mädchen arrangirte Fest und soll neben seinem unter- haltenden Zweck auch dazu dienen. Mittel zur Agitation flüssig zu machen, welcher durch den bürgerlichen Frauenkongreß und die dadurch erfolgte Aufrüttelung weiterer bis jetzt indifferenter Kreise der Boden aufs beste bereitet wurde. Ein sehr reich haltiges Programm wird allen Ansprüchen Genüge leisten. Der Besuch des Festes sei daher hiermit angelegentlichst empfohlen. Magistrat und Gasarbeiter. Uns wird geschrieben: Die Vertreter des Magistrats gaben vor dem Eiuignngsamt in Sachen der ausgesperrten städtischen Gasarbeiter das Versprechen ab, die Ausgesperrten, so weil angängig, wieder einstellen zu wollen. Dieses Versprechen wurde in dem Vertrage, der zwischen den beiden streitenden Parteien zu stände kam, schriftlich nieder gelegt; dieser Vertrag ist dann ja auch vom Magistrat an- erkannt worden. Trotzdem nun schon eine Woche seil dem Zu tandekowmen des Vertrages vergangen ist, hat man bis jetzt auch noch nicht-inen der ausgesperrten Arbeiter wieder eingestellt, und als am vergangenen Sonntag die Ausgesperrten um ihre Wiedereinstellung vorstellig wurden, erwiderte man ihnen, daß auch in den nächsten 14 Tagen Einstellungen nicht erfolgen würden. In den Kreisen der Gasanstaltsarbeiter sagt man sich, wenn auch, wie wir annehmen, mit unrecht, daß dieses Verhalten der städtischen Behörden den Anschein gewinnt, als ob sie den wortbrüchigen Berliner Konsektionären nacheifern wollen, oder aber, was nicht viel besser, daß die Verwaltung eine AuShungernng der ausgesperrten Arbeiter beabsichtige. Daß die erste Annahme betreffs des Wort- und Kontraktbruchs viel ür sich bat, wird durch einige Thatsachen bewiesen, die erst jetzt u den Ohren der Ausgesperrten gekommen sind. Bekanntlich träubten sich die Vertreter des Magistrats vor dem Einigungs- amt dagegen, alle ausgesperrten Arbeiter wieder einzustellen, da man soviel Arbeiter augenblicklich nicht gebrauchen könne. An diesem selben Tage jedoch wurden in den Berliner Gasanstalten eine größere Anzahl andere Arbeiter eingestellt. Sieht dies Gebahren nicht aus, als ob man planmäßig vor- gegangen ist, um die nöthigen Arbeitskräste, welche die vergrößerte Gasproduktion in den Wintermonaten erforderte, früher herbei zu schaffen, als eine Einigung erfolgt ist? Sieht es nicht aus. als ob man hierdurch die Ausgesperrten nie wieder einstellen wollte? Man hat einfach die Motivirung, daß Arbeilskräsle nicht gebraucht werden! Eines noch. In den letzten Tagen der vergangenen Woche hat in der Anstalt Danziger- straße ein Schreiben unter den Arbeitern zirkulirt, dessen Verfasser sich mit den Abmachungen vor dem Einigungsamte, mit der Beseitigung der 13 stündigen und Einführung der 15stündigen Sonntagsschicht nicht einverstanden erklärt und die Beibehaltung der 18stündigen Sonntagsschicht verlangt. Dieses Schreiben soll angeblich von Arbeitern aus« gegangen sein. Wer es auf höhere Winke aufgesetzt oder diktirt hat, ist zu unserer Kenntniß noch nicht gekommen. Wir wollen hoffen, daß der Magistrat refp. die Verwaltung der Gaswerke Ii» allernächster Zeit die auSaesperrten Arbeiter wieder einstelle« wird, um den vorhandenen Verbackt deS beabsichtigten Vertrags- bruches von sich abwälzen zu kocien. Die KanalisationS- Kommission hat gestern das Projekt für die Kanalisation des Radialsystems XI., wie es von dem Geh. Baurath Hobrecht vorgelegt worden ist, genehmigt und be- schloffen, es den städtischen Behörden zur definitiven Zustimmung zu unterbreiten. In der gestrige« Stadtverordneten -Ersatzwahl für den 36. Stadlbezirk ist Dr. Paul einstimmig(81 Stimmen) zum Stadtverordneten gewählt worden. Die Vollendung des Tunnels unter der Spree ist, der Voss. Ztg." zufolge, vorab wohl nicht zu erwarten, denn er wird, wie man uns mittheilt, nur noch bis zum 15. Oktober unter Preßluft gehalten werden und dann vorläufig wieder in der Arbeitsstrecke voll Wasser laufen. Frauen an der Berliner Universität. Während bisher nur mehrere Damen einzelne Kollegia belegt hatten, ist es jetzt einer Berlinerin, Fräulein Marie Raschle, gelungen, als ein- geschriebene Hörerin zugelassen zu werden, und zwar hat die Dame die Absicht, einen vollständigen, mindestens dreijährigen Studiengang durchzumachen, um ihre juristischen Kenntnisse als Lehrerin der Gesetzeskunde in Mädchen- und Fortbildungsschulen zu verwerthen. Kolonialmusenm. Hiesige Blätter berichten: Die viel» besprochene Frage der Errichtung eines Kolonialmusenms geht einer Lösung entgegen. Der Vorstand der deutschen Kolonial- ausnellung, in dem auch die hiesigen königlichen Museen ver- treten sind, hat in seiner letzten Sitzung einstimmig beschlossen, den Uebersckuß sowie die vorhandenen Bestände der Kolonial- ausstellung für ein Kolonialmuseum zu verwenden. In demselben sollen hauptsächlich der Handel, die wirlhschaftliche Erschließung der Kolonien und der Verkehr zur Gellimg gelangen. Dieser Beschluß ist einstimmig, also auch von den Vertretern der könig - lichen Museen, gefaßt worden. Demnach sind die von dieser Seite gegen die Existenz eines solchen Museums bestehenden Be- denken behoben woiden. Eine Gesellschaft, welche die Lösung der Aufgabe im speziellen übernehmen will, ist bereits in der Bildung begriffen. Aus dem Staate der Sozialreform. Bürgerliche Blätter berichten: In große Roth ist die junge Wittwe des Eisenbahn- arbeilers Buchholz aus der Brunhildstraße in Schöneberg ge- rathen. Buchholz, der auf dem Anhalter Bahnhos beschäftigt war, ist vor einiger Zeit tödtlich verunglückt; es wurden ihm beide Beine abgefahren, und er blieb auf der Stelle todt. Die Frau hat nun außer drei kleinen Kindern auch noch eine alte Mutter von 70 Jahren zu ernähren. Eine Pension erhält sie nicht, da ihr Mann noch nicht fest angestellter Beamter war, ihr Anspruch auf Unfallrente aber ist noch nicht erledigt. Die Begräbnißkosten hat, da die Wittwe ganz mittellos ist, der Berein ehemaliger Eisenbahn-Pioniere bestritten, die namhafte Unterstützung, die er außerdem noch gewährte, hat wohl für eine zeitlang geholfen, kann aber für die Dauer dem Elend nicht steuern. Was sagt die Behörde zu dieser Anklage? Die Konfiskation einer Theaterprogramm-Zeitnng ist seitens der Charlottenburger Polizei erfolgt. Es handelt sich um ein Theater-Journal, welches unter anderem auch das Programm desTheater des Westens " enthielt. Zwei Verleger konkurrirten um den Druck dieser Programme, bis die Direktion mit einem derselben abschloß. Der andere glaubte auch daS Programm drucken zu dürfen und ließ dasselbe ebenfalls vor dem Theater verkaufen. Dort wurde nun auf ergangene Anzeige die ganze Auflage konfiszirt. Es scheint demnach, daß die Charlotten- bnrger Polizei zum ersten Mal die neuen gesetzlichen Be- stimmungen überunlauteren Wettbewerb" auch auf das Preß- gesetz angewandt hat. Unglücksfälle im Straßenverkehr. Gestern früh fiel der 73 Jahre alt« Arbeiter Wilhelm Hersing aus Rixdorf auf dem Mariannenplatze infolge eines Fehltrittes hin und zog sich einen Bruch des linken Knöckelgelenkes zu. Nach Anlegung eines Ver- bandes wurde er nach dem Krankenhause am Urban gebracht. Vor dem Hause Neue Königstr. 25 kam vormittags der sechzig» jährige Arbeiter Karl Schmidt beim Besteigen eines Pferdebahn- wagens zu Falle, gerieth unter die Räder eines gerade vorüber- kommenden GesckSftswagcns und erlitt eine schwere Verletzung am Oberarm, sodaß seine Uebersührung in das Krankenhaus am Friedrichshain erforderlich wurde. Der mit seinem Dreirade übermäßig schnell über die Waisenbrücke fahrende Bote der Berliner Privatpost Otto Baumann stürzte beim Einbiegen in die Stralaner Straße von seinem Gefährt und gerieth unter einen Pferdebahnwagen der Linie Küstriner Platz Zoologischer Garten, der indessen über ihn hinwegfuhr, ohne ihn zu verletzen. Das Schwungrad einer Lokomobile, die sich auf dem Grundstück Wiesenstr. 27 a befand, ist gestern plötzlich, während die Lokomobile arbeitete, zersprungen. Durch die umherfliegenden Eisenlheile wurde die Mauer des gegenüberliegenden Grundstücks beschädigt und ein Schaufenster im Nachbarhause zertrümmert. Durch den Unfall direkt sind Menschen nicht zu Schaden ge- kommen, indeß lief ei» fünfjähriger Knabe, der bei dem Vor- gange zugegen war, in seiner Angst über den Straßendamm gegen die Pferde eines Arbeitswagens und trug dabei außer einer leichten Verletzung im Gesicht eine Quetschung am linken Knie davon. Vevntipchkes- Talbot". Wie demR. B." auS Halifax gemeldet wird, ist der englische KreuzerTalbot", von dem das Gerücht verbreitet war, er sei untergegangen, in Halifax angekommen. An La Ferrol ist der belgische DampferPrincesse Henriette" mit dem norwegischen SchoonerWinrufrie" im Schlepptau eingetroffen. Die Mannschaft befand sich nicht auf dem Schooner, man glaubt, daß dieselbe ums Leben gekommen ist. I» Kalkutta find drei leicht« Fälle von Beulenpeft vor- gekommen. WitternngSiiberficht vom IS. Oktober k8SS. Wctter-Progiiose für Mittwoch, den 14. Oktober 189«. Ruhig, theils heiter, theils nebelig. Nachts kühl, am Tage mild ohne erhebliche Niederschläge. Berliner Wetterbureau. Verantwortlicher Redakteur: August Jacobey in Berlin . Für den Jnseratentheil verantwortlich: Th. Glocke in Berliu. Druck und Verlag von Max Babing in Berlin . Hierzu S Beilagen.