das kommt daher. weil wir nicht auf die Fähigkeit sehen können, sondern auch aus die Genossen Rücksicht nehmen müssen. Ich, der ich Quarck vielleicht am besten kenne. proteftire dagegen, daß man den Mann so beschimpft.(Beifall.) Nun komme ich aus die„Neue Welt". Es hat mich im ganzen sehr gefreut, daß wir zum erste» Mal eine Preßdebatte gehabt haben, in der man versucht hat, einen höheren Flug zu nehmen; es ist wirklich einmal von der Kunst gesprochen worden. Nun muß ich sagen, daß ich theoretisch mit den gestrigen Aus- führungen Steigcr's durchaus einverstanden bin, aber das, woraus man ihm einen Vorwurf macht, wird dadurch garnicht getroffen. Ueber die Grundsätze der naturalistischen Kunst sind wir alle einig, wir finden sie schon ausgesprochen bei Schiller , ja schon bei Aristoteles . Der Fehler in der„Neuen Welt" ist der, daß Steiger glaubt, es sei jetzt die neue Kunst, die fertige Kunst entdeckt worden, und das sei die Richtung des „jüngsten Deutschland ". Darin kann ich Steiger allerdings nicht folgen. Es ist richtig: vaturslla von sunt turxia; aber es giebt Dinge, die man in anständiger Gesellschaft nicht sagt und thut. (Sehr richtig!) Wenn jemand das natürliche Bedürsniß, das die Bertha gehabt hat, hier in diesem Saale verrichten würde, dann würde jeder sagen, das ist zwar natürlich, aber es ist äußerst unanständig(Große Heiterkeit); und ob ich das in diesem Saale oder vor eineni Leserkreis von 200 000 Familien thue, so ist das gar kein Unterschied.(Sehr richtig! Steiger ruft: Nur bis an die Thüre!) Der richtige Naturalist thut eine große That, wenn er ein derartiges natürliches Bedürsniß gewissermaßen der übrigen Menschheit zum Trotz, nur um seine eigene Hypermenfchlichkeit zu wahren, direkt vor den anderen und ihnen ins Gesicht ver- richtet!(Große Heiterkeit.) Das ist das, wogegen die Arbeiter protestirt haben. Nun kommen wir aber auf etwa?, was von größter Be- deutuna für das Proletariat ist. Das jüngste Deutschland hat infolge der Deladence eine gewisse prickelnde Lust, alle sexuellen Dinge auszumalen. Und nun sage ich:— ich bin wahrhaftig nicht prüde, in meiiier Gegenwart kann man sehr vieles sagen; aber wenn vor heranwachsenden Kindern— die „Neue Welt" soll ja Familienblatt sein— diese Dinge behandelt werden, wie wirkt denn diese Erregung der Lüsternheit auf die Kinder! Das Proletariat wird heute schon so zu gründe gerichtet durch soziale und ökonomische Verhältnisse; sollen wir noch dazu beitragen, Körper und Geist der Kinder des Proletariats zu ruiniren? Wenn die Arbeiter von diesem Ge- sichtspunkte aus sich widersetzen, dann haben sie vollkommen recht. Steiger wird das auch anerkennen: Die Schweinerei gehört in die„Neue Welt" nicht hinein! Ich habe mit einem Manne, der vielleicht den bekanntesten Namen in unserer modernen Romauliteratur hat, in diesem Sinne eine Polemik gehabt. und er mußte mir schließ- lich zugeben, daß das, was ich unter gebildeten Leuten nicht sage und nicht thue, auch nicht gesagt werden darf in Heilungen, Unterhaltungsblätiern u. s. w. Ich bin mit der Ansicht Sleiger's in bezug auf das jüngste Teutschland auch nicht einverstanden. Ich glaube auch nicht, daß Hauptmann der große Mann ist, als welchen er ihn hingestellt hat; es ist sehr viel Kleines und Häßliches darin, und vor allem ist nichts Revolutionäres darin, nein, spießbürgerlich- reaktionäres zum größten Theil.(Beifall und Widerspruch.) Und die Griechen. die doch auch etwas von Kunst verstanden und große Realisten waren, ließen alle diese grausigen Sachen, statt sie auszumalen, hinter der Thür verrichten. In der„Kunst der Poesie" des Horaz wird das ausdrücklich gelehrt. Der größte aller Realisten, das war ein gewrsser Homer(Heiterkeit); ihn wird Steiger als Autorität ja auch gewissermaßen anerkennen. obgleich das jüngste Deutschland keine anderen Autoritäten kennt, als ihre eigenen Wichtigkeiten.(Heiterkeit.) Da kommt eine wunderschöne Stelle vor, welche ich Freund Steiger bitte zu lesen, ehe er an seine Redaktionsarbeit geht Als die Götter sich streiteten um das Geschick von Troja, als schließlich die Juno eutschlossen ist. die Trojaner zu vernichten, sucht sie den Jupiter für sich zu gewinnen, und es gelingt ihr auch;— aber der große Realist Homer läßt eine Wolke um beide verbreiten; und dies« Wolke empfehle ich Freund Steiger.(Stürniische Heiterkeit). Und ich erinnere ihn noch an ein Sprichwort, das za lateinisch ist und das ich des- halb zitiren kann: cacntuni non est picturn!(Stürmische Heiterkeit und Händeklatschen.) Fischer(Berlin ): Die Haltung de? Genoffen Liebknecht zur.Vorwärtsfrage" ist nicht einladend, dieses Thema fort- zusetzen. Wenn der Mann, der an der Spitze des„Vorwärts" stehtz gegenüber den Vorwürfen, die gegen das Blatt erhoben werden, nichts anderes zu sagen weiß, als daß er sie seit 25 Jahren höre, und daß sie auf ihn keinen Eindruck machen, so ist es überflüssig, darüber zu diskutiren. Ich ziehe den entgegen- gesetzten Schluß von dem. den er gezogen hat; ich meine: weil seit 25 Jahren die Vorwürfe immer wieder erhoben werden, deshalb muß etwas Richtiges an ihnen sein.(Sehr richtig!) sLiebknecht: Habe ich auch gesagt!) Wenn die Partei die ChefredaktionSstelle nach französischem Muster einrichtet, und er die Chefredakleurftelle noch beansprucht, obwohl er daS halbe Jahr nicht in Berlin ist, und wenn er einen Gegensatz macht zwischen Zentralorgan und Loknlorgan. und daß er deshalb absolut außer stand- sei. dem„Vorwärts" den Beruf erfüllen zu lassen,-in unterrichtendes, aktuelles Organ zu sein— gewiß. der Stoff ist sehr ausgedehnt; das Blatt erscheint aber auch 2 bis 4 Boge» stark; und nicht das Ueberwuchern des lokalen Theiles hat die Veranlassung zu den Klagen gegeben, sondern der übrige Tbeil, der Mangel dessen, was nicht drin steht. Wenn Liebknecht sagt, es sei die Ausgabe des sührcuden Organs, überhaupt nicht Stellung zu nehmen, so steht er, glaube ich. damit einzig in der Partei da. Deshalb hat nian ja ein Zentralorgan, deshalb hat man ja einen Mann von Liebknecht'S Bedeutung zum Chefredakteur gemacht, daß er Stellung nimmt, daß er die Führung übernimmt; sonst brauchte man kein Zentralorgap, da haben wir ja die kleine Provinzpresse, dann wäre ja die ganze Aufgabe des Zcnlralorgans, alles ge- mütblich zu registriren— dafür braucht man kein solches Budget! (Beifall.) Ader daran wird ja nichts geändert werden.der„Vorwärts" wird nach wie vor nichts sein, als das Spiegelbild der literarischen und politischen Zerfahrenheit der Parteipresse, als das Organ leerer raisonnirender Redensarten(Unruhe). Wir dürfen nicht empfindlich sein. wir müssen jedem die Freiheit des Urtheils überlaffen, so„st kommen wir zu nichts, als zur Waschlapperei! (Sehr richtig') Wenn der„Vorwärts" nicht führt, nicht unterrichtet, s» ist das ja kein Vorwurf gegen Liebknecht. Was für ein Esel wäre der Parteigenosse, der Liebknecht Mangel an Arbeitslust und Arbeits- kraft vorwerfen würde! Der Fehler liegt in der Individualität Liebknechl's. Sie haben ihn auf«inen Posten gestillt, der sich mit seiner Jndtvidualität nicht verträgt. Er kann den Posten nicht ausfüllen(Sehr richtig! und ledhafter Widerspruch); und seine Ardeilskrast ist für die Partei viel zu kostbar, als daß man sie in diese mechanische Zieh- und Pflügarbeit hinein- spannt! Nicht der Mangel an Leuten, an Intelligenzen ist es, der ihm fehlt— nein, du Sache ist anders, neben Liebknecht können die geistigen Kräfte der Mitarbeiter sich nicht entfalten, sich nicht auswachsen. haben sie keinen Spielraum; an Material fehlt eS nicht, selbständigen Existenzen ist es aber überhaupt nicht möglich, neben Liebknecht zu arbeuen(Beifall und Unruhe). Ich verweise nur aus Echocnlank; wie vorzüglich ist die„Leipziger Volkszeitung", die„Sächsische Arveiter-Zeuuiig" redigirt, wie ist die sächsisch «, die bayrische, die Agrar-.die Gewcrkschaftsfrage behandelt! — Der„Vorwärts" dagegen hat nie de» Muth ver eigenen Meinung bekundet. Berlepsch ist gegangen, der Kriegsini, lister ist gestürzt— der„Vorwärts" schreibt keine Zeile! Diese Dinge sind ja alle neben- sächlich, aber ein führendes politisches Blatt muß doch dazu Stellung nehmen.(Beifall.) WaZ nun die„Neue Welt" angeht, so lasse ich dl- Frage „Realistik".„Kunst".„Klassizität" unberührt, solche Fragen werden nicht durch Abstimmungen gelöst. Aber die Art und Weise, wie man auf die„Neue Welt" loshaut, kann man nicht billigen.(Leb- hafter Beifall.) Auch ich halte die Wahl des Romans von Hans Land „Der neue Gott" für einen Mißgriff; auf der anderen Seile mache ich aber daraus keinen großen Vorwurf— wir i» Berlin sind auch durch den Feuilletontheil des„Vorwärts" zur Resignation und zun, Verzeihen erzogen worden (Heiterkeit und Beifall). Aber daß in diesen, Roman die Sozialdemokratie verhöhnt wird, wie Berard sagt, das ist nicht wahr. Mit einer solchen Kritik, wie Berard es gelhan hat, soll man nicht an die Kritik eines große» Romans herantreten. Richtig aber ist es. in den weitesten Ar- beiterkreisen ist ein gewisses Mißbehagen gegen die„Neue Welt" vorhanden, und Steiger thut gut, das zu berücksichtigen und zu ändern. Es handelt sich hier nicht um eine Moralsrage. nicht nm ein Kunstprogramm, sondern darum, daß Steiger viel zu wenig beachtet hat, daß die„Nene Welt" nicht blos ein Bildungsorgan ist. sondern auch ein Familienblatt, das jeder seinen Kindern in die Hand geben will.(Sehr richtig!) Ich bin gewiß kein Moralsex. aber man läßt sich doch nicht im Kloset photographire».(Stürmische Heiterkeit.) Das sind Kleinig- keilen, die aber das Mißbehagen der Genosse» hervorgerufen haben. Mehr als nothwendig wird das sexuelle Problem behandelt, und zwar nicht das psychologische Geheimniß, sondern der einfache mechanische Vorgang(Sehr wahr!), und dagegen bäumt man sich auf. Die Szenen, die Schoenlank aus Claude Tillier's Roman„Onkel Benjamin" anführte, sind«in ganz prächtiges Beispiel; wenn in der„Neuen Welt" das dargestellt wäre, so bin ich überzeugt, daß der Schriftsteller nicht die Situation, sonder» den häßliche» Körpertheil geschildert hätte.(Heiterkeit.) Das ist der große Unterschied zwischen Meister und Pfuscher. Das muß Steiger beseitigen, dann wird das Mißbehagen verschwinden. Denn das steht fest: Im übrigen ist die„Nene Welt", an geistigem Gehalt. an Aielseiligkeit weitaus Keffer geworden.(Lebhafter Beifall.) Aus diesen, Grunde muß der Antrag abgelehnt werde», sie wieder auf 8 Seilen zu reduziren, denn damit kann man kein gutes Blatt machen. Ebenso lehnen Sie den Berliner Antrag ab. der„Neuen Welt' den Charakter einer Beilage zu nehmen! Wie wollen Sie bei den heutigen Verhält,, iffen mit den bürger- lichen Blättern konkurriren? Dann müßten Sie vielleicht 30 000 bis 40 000 Mark ä ftmäs perdu hineinschustern.(Beifall.) Eichhorn- Dresden : Meine Beschwerde richtet sich gegen den Neuen Weltkalender; er ist bedeutend schlechter geworden. (Widerspruch.) Die Verbilligung des Kalenders ist auf Koste » der Kolporteure erfolgt, und das finden die Genossen nicht schön. Die„Neue Zeit" ist verlheuert worden; sie arbeitet mit einem bedeuten- den Defizit. Es wird deshalb schon davon geredet, die„Neue Zeit" wieder in«ine Monatsschrift zu verwandeln. Den, Genossen Dietz ist nicht zuzumuthen, das Defizit auf die Dauer zu tragen. Ich möchte dem Parteivorstand deshalb empfehlen, sich näher zu überlegen, wie der„Neuen Zeit" zu Hilfe zu kommen ist. Die „Neue Zeit" hat leider nur 4000 Abonnenten; die Partei muß das lebhafteste Interesse für die Existenz ihres wissenschaftlichen Organs haben. Vielleicht empfiehlt es sich, die„Neue Zeit" i» direkte Parteiregie zu nehmen. Redner empfiehlt weiter eine Wochenausgabe deS„Vorwärts" als Ersatz für den„Sozial- demokrat" und bringt einen diesbezüglichen Antrag ein. R a u e- Iserlohn: Die„Nene Welt" kann auch den Kindern ruhig in die Hand gegeben werde». Kinder lesen etwas An- stößige? garnicht heraus, sie verstehen es garnicht. Wenn Frohme so überaus empfindlich ist, soll er doch beantrage», daß die Figuren auf der Lustgarten brücke in Berlin Badehosen be- kommen.(Heiterkeit.) Einzelne Beschwerden gegen die„Neue Welt" sind gewiß berechtigt, aber deshalb braucht der Parteitag noch keine Scheiterhaufen zu erbauen und Steiger und die„Neue Welt" da hinauf zu setzen. Redner tritt für de» Antrag 34 ein, der dahin abgeändert werden könne, daß nach jeder Verabschiedung einer Gesetzesvorlage im„Vorwärts" deren Text in einer besonderen parlamentarischen Beilage bei- gegeben wird. Folgender Antrag ist eingegangen: Der Parteitag möge beschließen, eine Wochen-Ansgabe des„Vorwärts" herauszugeben. — Der Antrag findet jedoch nicht die nöthige Unterstützung. Nunmehr tritt die Mittagspause ein. Nachmittags-Sitzung. (Privatdepeschen de�„Vorwärts".) Singer eröffnet um 2 Uhr die Sitzung. In der wiedereröfineten Diskusston nimmt Schmidt» Magdeburg unter lebhaftem Beifall die Notiz in der„Volks- stimm« gegen Quarck als unbegründet zurück. Quarck hat schon oft experimentirt, aber seinx Experimente niemals zum Abschluß ge- bracht. Es ist meine Ueberzeugung. daß er durch seine Projekte die alte Polemik zwischen Ge>verkschafts- und politischer Bewegung wieder angefacht hat. In manchen Orten sind Genossen, die einen Unterschied zwischen Gewerkschasts» und politischer Be- wegung nicht kennen, als Gegner der Gewerkschaftsbewegung ge- kennzeichnet worden. DaS hat mich, der ich ein temperament- voller Mensch bin(Große Heiterkeit), empört und da kann es schon vorkommen, daß einmal einem die Feder aus. rutscht. Das passirt auch anderen.(Heiterkeit und lebhafter Bei- 'all.) Zu meiner Ansicht, daß Quarck seine Arbeit aus Geldrücksichte» nicht vollendet hat, bin ich durch eine» Ausspruch von ihn, in der ersten Sitzung der Agrarkommission veranlaßt worden. Leider ist es damals nicht zu einer Aufklärung des Mißverständ- nisses gekommen. Ich mußte damals annehmen, daß Quarck meinte, daß er nicht entsprechend peknniär für die Arbeit ent- lohnt fei(Quarck ruft: sehr nobel!) Nobel ist es gewiß, aus einem Herzen keine Mördergrube zu machen.(Lebh.BeifaU.) Ich habe mich als Verfasser des Artikels bekannt. Quarck hat hier eine große Vertheidigungsrede gehalten, als ob ihm nicht die Presse offen stände. Nun. die persönlich beleidigenden Vorwürfe habe ich zurückgenommen, aber Quarck ist zweifellos ein Man», der über die ganze Taktik der Partei in äußerster Unklarheil sich befindet.(Sehr richtig!) Im„Vorwärts" war die Kommission für Arbeilerstatistik scharf angegriffen worden, in einem anderen Artikel wurde sie in Schutz genommen. Es stellte sich heraus, daß der Verfasser dieser beiden Artikel sich aus die eine und die- elbe Person deS Genossen Quarck verdichtet.(Heiterkeit und hört! hört!— Quarck ruft: unwahr l) Dann widerlegen Sie mich. Wie ist die Haltung Quarck's in seiner„Kaufmännischen Presse"! Die antisemitische Partei stellte er als eine Volkspartei neben der sozialdemokratischen Partei bin. I» einem anderen Artikel konstatirt er mit großer Freude die Verleihung des Kronenordens an jemand! Welche Mätzchen macht er gegenüber den Thüringer Genossen. Von sozialdemotratischemThüringerGruß hat er da geredet! Das alles zeigt doch, daß er die Bewegung offenbar gar nicht io erregt nimmt.(Lebhafter Beifall.) Ich habe diese Aus- prache auf dem Parteitage lebhaft gewünscht, denn sie ist sehr dienlich: einmal wird sie Veranlassung, daß in der Presse— und damit bin ich einbegriffen— anständiger geschrieben wird (große Heiterkeit), und sodann wird sie hoffentlich auch Quarck belehren, daß«r etwas sachlicher aufzutreten und sich den An- chauungen und der Taktik der Partei etwas mehr anzupaffen hat.(Beifall.) Damit verlasse ich den Quarck. Die Ausführungen Fifcher's unterschreibe ich. Wir wollen die Kraft Liebknecht'S nicht missen, aber wo er jetzt steht, kann er sie nicht völlig entfalten. Er ist gebunden und das Band muß ihn, genommen werden. Liebknecht ist nicht der Mann, der von 'rüb bis abends auf dem Sessel sitzt. Er gehört draußen hinaus in die Agitation und in das Parlament. Da nützt er der Partei ganz anders. Suchen Sie ihn in den Berichten über die Parlamenlsverhand- lungen. Sie finden ihn nur bei der Etatsberathung und da bat er kein« Zeit gehabt, den Etat zu studiren.(Sehr wahr!) N»n� haben wir den Vorschlag gemacht— wir wollten»S im Fraktions. kreise besprochen wissen-, eS solle Liebknecht unter«elassung eines Jahresgehalts die Milarbeiterschast am„Vorwärts" gesichert sem und wir fallen uns dann bestreben, einen Mann zu finden, der den„Vorwärts" nach dem Muster der„Leipziger Volkszeitung gestaltet, nach Eintheilung, Ausstattung und Eingehen auf die n u e n t b e h r l i ch st e n Fragen.(Beifall und Widerspruch.) Jetzt schöpfe» die Genossen aus der„Leipziger Volkszeitung" ,hre Nahrung. (Widerspruch.) Aus Fifcher's Worten klang ,a heraus: So lange Liebknecht an dieser Stelle ist, ändert sich am„Bor- wärts" nichts; ist es nicht so?(Lebhafte Zustimmung.) Dann ziehen Sie auch die Konsequenzen daraus. Bezüglich der„Neuen Welt bitte ich Sie dringend, an ihr nichts zu ändern, weder nach Inhalt noch nach der Seitenzahl. Wir in Magdeburg fmd mit chr zufrieden. Die besprochenen Mängel wird Steiger ja ab- stellen.(Beifall.) m Bebel: Ich hatte nicht die Absicht, zur„VorwSrts".Frage zu sprechen. Ich bedauere lebhast, daß diese Verhältnisse hier besprochen werden. Ich würde auch trotzdem darauf nicht ein- gegangen sein, wenn Liebknecht selbst nicht auch Dinge m,tgethe,lt hätte, von denen ich annahm, daß sie vorläufig im internen Kreise bleiben follten, und wenn nicht die Erörterung von ihm in einer Weife geführt wäre, die mich zwingt, im Namen der- jeniyen, die damals den Verhandlungen beiwohnten, eine kurz« Erklärung abzugehen, weil unser Schweigen zu auffällig wäre. Liebknecht hat den Beschluß, daß. wenn in solchen Fällen, wo künftig eine Stellungnahme deS„Vorwärts" in Fragen, die die gesammte Partei bewege», nothwendig sein sollte. innerhalb der Redaktion Meinungsverschiedenheiten bestehen, die Mehrheit der Redaktion entscheiden solle, welche Stellung einzunehmen sei.«inen einfachen Unsinn ge- nannt. obgleich der Beschluß mit seiner Zustimmung einstimmig gefaßt worden ist.(Hört! hört!) Wir alle wußten, daß jener Beschluß aus einer langjährige» Nothlage hervorgegangen ist. wir hatten uns in einer großen Masse von Konferenzen, in un- erquicklichen Verhandlunge» mit der Sache beschäftigt; wir haben Liebknecht nicht überzeugt, Liebknecht hat uns nicht überzeugt. Wir stehen uns noch heute gegenüber. wie bereits seit Jahren. und es ist ein Verhältniß. das für uns alle, für ihn zweifellos ebenso wie für uns, so geworden ist, daß wir froh sind. ivenn wir überhaupt nicht über diese Dinge zu sprechen haben. Ob es gelingen wird, in der Preßkonferenz, wie er angedeutet hat, einen gemeinsamen Boden zu finden, weiß ich nicht. Ich bin nicht gewillt, dieses für mich unerquickliche Thema auszudehnen. Dann muß ich noch auf eine zweite Bemerkung von ihm kommen. Als er neulich bei den Angriffen auf die„Sächsische Arbeiterzeitung" erklärte, er habe bei der Auseinandersetzung zwischen Bollmar und mir vor zwei Jahren keine Stellung nehmen wollen, weil es zu einer Spaltung der Partei geführt haben würde, habe ich nicht geantwortet, so nahe es auch mir gelegen hätte. Ich habe mich privatim mit ihm auseinandergesetzt. Nachdem er aber heute wieder erklärte, daß diese seine NichtParteinahme — die beiläufig bemerkt, doch eine Parteinahme war— statt- gefunden habe, um die Partei aufrecht zu erhallen, muß ich erklären: Das hatte weder Liebknecht noch irgend ein ander«» Genoss« in der Partei nothwendig gehabt. Parteigenosse»! Ich habe die felsenfeste Ueberzeugung. daß es keinen Mann in der Partei giebt. er möge noch so mächtig und angesehen sein, ob er Liebknecht, ob er Singer, ob er Auer, ob er Vollmar heißt, der im stände wäre, die Partei anseinanderzureiße».(Stürmischer Beifall). Derjenige. der sich beikommen ließe, den Versuch zu machen, der wäre der erste, der aus der Partei herausfliegt!(Ülnhaltender Beifall). Die Partei ist so in sich gefestigt, es ist bis auf den letzte» Mann in unseren Reihen daS Bewußtsein von der Roth- wendigkeit treuen Zusammenhaltens ein so bedeutendes, so für nothwendig erkannt, daß da niemand auch nur denken kann, einen anderen Geist in die Partei hineinzubringen(Lebhafter Betfall), damit verlasse ich dieses Thema. Ich bitte Sie zunächst den Antrag 34, den Scheidemann befürivortete, als»naussührbar und den Antrag 74. weil er etwaS Selbstverständliches enthält, abzulehnen. Ferner ebenfalls abzulehnen den Antrag 95, der auf eine Ehren- und Rechtfcrtigungserklärung für Quarck hinausläuft. Ich habe dem ganzen Streit in der Presse zur gewerkschaftlichen Bewegung fern gestanden. Quarck kann mir keine Animosität gegen ihn vorwerfen. Er war im vorigen Jahre mit mir zusammen in der Agrarkommission, wo ich an seiner Seite die Schläge mit- bekommen habe.(Heiterkeit.) Sie haben ihn deshalb vielleicht weniger geschmerzt, weil gelheilter Schmerz halber Schmerz ist. Hier aber muß ich erklären, daß er gar keinen Grund zu solchen Rekriminationen hat, wie er sie gemacht hat. Wenn wir solche Erörterungen anf dem Parteitage machen wolle», könne» wir die ganze Woche damit zubringen und würden nicht fertig werden.(Sehr wahr!) Ich habe die Artikel mit großer Sorgfalt mehrmals gelesen und muß erklären. daß der erste Artikel, den die Redaktion deS„Vorwärts" ein- leitet mit de» Worten„Man schreibt uns", Quarck nicht die niiiideste Veranlassung hat geben können, sich verletzt zu fühlen. Wenn einer dazu Grund gegeben hat. war es niemand anders als Quarck selbst.(Sehr wahr!) Aber wie steht es mit dem Antrage? Wissen die 20 Delegirten, was sie unterschrieben haben? Nicht nur ein« persönliche Ehrenerklärung wird da für Quarck verlangt, sondern zugleich die Erwartung ausgesprochen, daß feiner sachlichen Stellungnahme in der Gewerkschaftsbewegung die Zustimmung ertheilt wird! der Parteitag thut am besten, wenn er den hier gestellten Antrag einfach ablehnt. Was die Erörterungen über die„Neue Welt" betrifft, so ist der unter Punkt 3 im Antrag 44 ausgesprochene Wunsch, daß die Redaktion sich an, Druckort des Blattes befinden soll, durchaus berechtigt und erklärlich. Es wundert mich aber. daß Genosse Börard diesen Antrag mit veranlaßt hat, denn er weiß ganz genau, daß von den 4 Redakteuren, die die„Neue Welt" in den letzte» 5 Jahren gehabt hat, 3 nicht geneigt waren, nach Hamburg zu gehen und daß der eine, den ivir mit Müh« und Nolh nach Hamburg gebracht haben, es nicht als das größte Un- glück seines Lebens betrachtete, daß er wieder nach Berlin kam. Bei einem politischen Blatt muß der Redakteur am Orte wohnen, bei einem Unterhaltungsblatt wie die„Neue Welt", ist eS vielleicht wünschenswerth, aber nicht nothwendig. Genosse Steiger ist auch nicht geneigt, nach Hamburg zu gehen und feine Be- Ziehungen in Leipzig aufzugeben, sondern er würde eS dann vorziehen, die Redaktion niederzulegen. In«ine ähnliche Lage würden wir auch mit anderen Genossen kommen. Lehnen wir deshalb diesen Punkt ab. ES wird weiter beantragt, den Um- 'ang des Blattes auf acht Seiten zu reduziren. Bedenken Sie aber, wie lebhaft früher darüber Klage geführt wurde, daß das Blatt nur acht Seiten hat und deshalb zu wenig bietet. Daß das Defizit sehr groß ist, ist richtig. aber als wir im Vorjahre Steiger zur Annahme der Redaktion bewogen und den Umfang auf zwölf Seiten erweiterten und auch Börard und Babing als Sachverständige zuzogen, damit wir«in vergrößertes und gutes Unterhaltungsblatt bekommen, so ist das Blatt für die Partei 25 000 M. mehr werth. Wenn daS Defizit jetzt etwa 43 000 M. beträgt, so kommt daS daher, daß wir nicht an den Abonnentenzuwachs dachten und bei der Berechnung außer acht ließen, daß jedci neue Tausend uns 4 M. kostet. Das Defizit ist aber nur ein rechnerisches(Sehr richtig!), denn die 7—8000 M. Prosite der Druckerei fließen ja wieder in die- selbe Kasse zurück, und um diese Summe rednzirt sich das Defizit. Da aber nach meiner Meinung daS Defizit nicht mehr als 25— 30 000 M. betragen darf, habe ich folgenden Antrag gestellt: Der Parteitag wolle den Antrag 44 ablehnen und beschließen, die Parteileitung zu beaustragen, zu unter-
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