zuletzt nn Vorjahre adgehaltenen Vorträgen und Kursen hier»och vortheilhaft bekannt ist, eine Heilthätigkeit für Stotterndeund Stammelnde in Berlin, Kleine Mauerstraße 6, wieder aufnehmen. Nach den»„Reichs-Medizinal-Anzeiger" soll das vonNeumann gegen das Stotterübel gefundene Verfahren vor denüblichen Sprachmethoden den Vorzug haben, daß es die freie(ungekünstelte) Sprache herbeiführt und somit den Leidendennicht blos auf ein Ersatzmittel hinweist, welches leicht im Stichläßt und dann den Träger nur noch hilfloser macht. Seine Er-fahrungen hat Neumann in einer Broschüre„Ueber dasStottern". Vortrag, gehalten im Aerzteverein zu Altenburg(S.-A.),dargelegt.Ueber ein unglaubliches Borkommnist bei der Unfallstation X wird einem Berichterstatter folgende Mittheilunggemacht. Gestern Vormittag verunglückte in der Neuen Königestraße. Ecke der Lietzmannftraße, ein Mann dadurch, daß er beimAbspringen von einem Pferdebahnwagen zu Boden stürzte undsodann von einem Milchwagen überfahren wurde; derUnglückliche erlitt entsetzliche Verletzungen. Die Pulsaderder rechten Hand war aufgerissen, die Muskeln des'selben Armes bloßgelegt, außerdem erlitt er aucheine Quetschung des Brustkastens. Man brachte denVerunglückten mittels Droschke nach der Unfallstation, dainfolge des Blutabflusses ans der Pulsader schnelle Hilfe vonNöthen war. Von der Unfallstation wurden jedoch bei der Auf-nähme des Patienten Formalitäten halber, solche Schwierig'keiten gemacht, daß eine unverantwortliche Verzögerung, denschwer Verletzten aufzunehmen, eintrat. Der Verunglückte wardurch den Blutverlust bereits so außerordentlich geschwächt, daßer mittels Luck'schen Krankenwagens nach dem KrankenhauseFriedrichshain überführt werden mußte.Der Gürtler Emil Liebe ist am gestrigen Tage in dasUntersuchungsgefängniß in Moabit eingeliefert worden. Derselbe erklärte dem Untersuchungsrichter gegenüber, daß er an demfraglichen Abend so betrunken war, daß er nicht wisse, was ergethan und wollte sich der ganzen Schießaffäre nicht mehr ent-sinnen. Dieser Behauptung steht allerdings die Aussage derBahnbeamte» gegenüber, welche behaupten, daß die Trunkenheitdes Liebe keine bemerkbare gewesen sei. Ferner hat der Gürtler>.m Sonntag früh die bedroht gewesenen Beamten der Straßewbahn gebeten, doch von der Angelegenheit keine Strafanzeige zumachen; er habe nicht die Absicht gehabt, jemand zu treffen, soivdein den Schuß nur aus Uebermuth abgegeben.Gemrrbe�A4tsJtrlhmjfl 1896*Um de« Einfluß, den die Berliner Gewerbe- Anö-stellung auf den hiesigen Fremdenverkehr ausgeübt hat,beurtheilen zu können, dient die Zusammenstellung folgenderfahlen, die sich aus den Anmeldungen der in den Gasthöfen,otel garnis u. f. w. beherbergten Fremden ergeben:Monate 1832 1893 1894 1895 139833 171 32 806 35 770 38 863 41 03338 331 37 852 39181 36 570 44 51738 520 41099 42 944 44 426 48 275JanuarFebruarMärzAprilMaiJuniJuliAugust40 928 43 091 43 046 45 128 45 56842 591 42 561 48 866 47 672 65 73845 333 41023 55 314 51759 74 74351 535 47 826 51 889 54 620 84 87752 324 51608 59 432 63 092 91 893September 40 817 51 137 56 675 60 259 86 651Oktober 46 811 48 254 52 951 56 908—November 39 839 35 320 33408 41707—Dezember 33 881 33 565 36 427 39 775—Zusammen 502 634 506140 560 903 578 579—1891 wurden 504 702 Fremde gemeldet, 1890: 505 432,1889: 469 357, 1888: 416 442, 1887: 388 271, 1886: 410 074,1885: 355 233, 1884: 333 304. Hiernach hat der Besuch vonFremden bereits in den ersten 9 Monaten dieses Jahres 531300betragen gegen 440 189 im Vorjahr. Nun kommt indessen nichtda? ganz« Plus auf Rechnung der Ausstellung, da der Fremden-verkehr ohnedies im Zunehmen ist. Zieht man dies in Rücksicht,so dürfte der Besuch von etwa 116 000 Hotelgästen auf die Ausstellung zurückzuführen sein. Aber es ist bekannt, daß eine sehrgroße Zahl von Berlin Besuchenden sich unangemeldet inFamilien aufhält. Wie viele dies sein mögen, läßt sich schätzen,wenn man berücksichtigt, daß bei der Volkszählung von 1890 nur3623 Personen als Hotelgäste gezählt wurden, während die Zahlder übrigen vorübergehend Anwesenden 14 428 betrug, also vier-mal so groß war. Danach würde sich der durch die Ausstellungherbeigeführte Fremdenverkehr auf gegen 600 000 Personen belaufen, während der Gesammtverkehr in den Monaten Mai bisSeptember die Zahl von 1 616 000 erreichen würde.Die Berliner Motorboots-Gesellfchaft hat nach einermit dem Arbeitsausschuß getroffenen Vereinbarung den Verkehrzwischen Jannowitzbrücke und Gewerbe-Ausstellung seit gesternAnnibaldi, dessen kühne und ehrgeizige Natur ihn sehr anden Tribunen gefesselt hatte, verhielt sich neutral und kehrteerst nach der Vertreibung Rienzi's nach Rom zurück.Der Zufluchtsort des Geliebten Jrenens war sehr ge-eignet sür seine melancholischen Träumereien. Das Kastellwar hinlänglich befestigt, um etwaigen Angriffen derRäuber aus den Bergen oder der kleinen Tyrannen in derNachbarschaft zu widerstehen. Ein früherer Besitzer hatte esaus den Materialien einer halb zerstörten Villa aus derglänzenden Zeit des römischen Kaiserthums erbaut, unddie marmornen Säulen mit ihren korinthischen Kapitälernbildeten einen eigenen Gegensatz zu den grauen Stein-mauern und den massiven Thürmen aus der Feudalzeit.Das Kastell erhob sich auf einem grünen Hügel, der sichsanft nach dem See abdachte, seinen Schatten weit in dasklare Wasser werfend. Zur Seite stürzte au? den hohenund bewaldeten Bergen im Hintergrunde ein wilder Berg-ström herab, dessen Wellen bald durch das Laub verstecktwurden, bald im Lichte glänzten, und der sich in ein großesBassin ergoß, neben dem eine kleine Fontaine sich erhob.Unter ihr sah man auf einem großen Steine halberloscheneBuchstaben, die entschwundene Eleganz der klassischen Zeitbekundend— irgend ein Mernento eines bedeutenden Mannesoder Dichters, dessen Name längst untergegangen war.Von da ergoß sich der Strom, an dessen Ufer Moose undKräuter üppig wucherten, in den See. In der Nähe standmancher, in früheren Zeiten aus dem sonnigen Morgen-lande hierher verpflanzte Baum, der in jenem goldenenKlima, welches fast jedes Erzeugniß der Natur mit derSorgfalt einer Mutter pflegt, herrlich gedieh. Der Ortwar entfernt und abgelegen. Die Wege, welche von dennächsten Städten dahin führten, waren schwer zugänglichund wurden durch Räuber unsicher gemacht. Einige Hüttenund ein kleines Kloster waren die nächsten Wohnungen,und die tiefe Einsamkeit wurde nur selten durch einenPilgrim oder einen verirrten Wanderer unterbrochen.Dieses war gerade der Ort, der einem der Welt über-drüssigen Manne Ruhe gewähren und die Erinnerungen,welche über den Ruinen der Leidenschaft so gern schweben,sich ungestörter ergehen laffen konnte, und der Geist, dessenUnabhängigkeit die Einsamkeit ertragen kann, hätte wohlkaum auf der ganzen Erde einen entsprechenderen Zufluchts-ort gesunden.eingestellt. Die Dampfschifffahrts'Gesellschaft Stern wird denBetrieb zwischen Jannowitzbrücke und Gewerbe-Ausstellung biszum 15. d. M. inkl. ausrecht erhalten.Zwar vor Schluß der Ausstellung beendet, aber nichteröffnet worden ist ein Zslt-Pavillon, welcher vor dem Portal Ineben dem Verwaltungsgebäude steht. Ein Unternehmer be-absichtigte an dieser Stelle einen Treffpunkt für Ausstellungs-besucher zu schaffen, die unter Schutz gegen die Unbilden derWitterung etwa nachkommende Freunde und Verwandte erwartenkönnten. Bei der Errichtung des Zeltes hatte man jedoch ver-geffen, hiervon die Amtsbehörde zu benachrichtigen und wurdeinfolgedessen die Fortsetzung des Aufbaues inhibirt. Als mandann das Versäumte nachgeholt und der Pavillon vor etwa vierWochen endlich fertig geworden ist, fehlte nur noch die Konzesstonzur Eröffnung desselben, die, wie wir erfahren, erst dieser Tageeingetroffen sein soll. Unter diesen Umständen hat der Unter'nehmer den Pavillon erst garnicht eröffnet.GerichkN�Äeikung.Der große Lederbiebstahl, der am 28. August morgensgegen 5 Uhr bei dem Lederhändler Wolf in der Jüdenstraße inBerlin ausgeführt wurde, beschäftigte die I. Strafkammer des BerlinerLandgerichts I unter Vorsitz des Landgerichtsraths Dietz. Ausder Untersuchungsbaft wurden folgende sechs Personen vorgeführt:1. Hausdiener Friedrich Wilhelm Eberstein, 2. Hausdiener Paul Otto Wilhelm Künzel, 3. Arbeiter KarlBöhme, 4. Hausdiener Robert Lehfeld.b. Lederhändlerund Stepper Dieckhöfer und 6. Schuhmacher AugustHeinrich. Sie wurden durch die Rechtsanwälte Graul,Wurm und Dr. S ch w i n d t vertheidigt. Der AngeklagteBöhme war bei dem Lederhändler Wolf in Stellung. Eberstein,der schon längere Zeil arbeitslos war, lernte am Alexanderplatzden Künzel und Lehfeld kennen. Letzterer war Hausdiener ineinem Ledergeschäst und als die beiden anderen ihmihre Roth klagten, brachte er sie aus den Gedanken, daß sie durchAusführung eines Diebstahls in einem Ledergeschäft leicht Geldverdienen könnten. Er lehnte es ab, bei seinem eigenen Prinzipaldie That ausführen zu lassen, brachte die beiden anderen abermit dem Angeklagten Böhme in Verbindung. Am Alexandevplatz bei dem Denkmal der Berolina wurden die Theilnehmer andem Koup einander vorgestellt und dem Böhme wurde nahegelegt, daß er lediglich das Schloß zu dem Lagerkeller seinesChefs offen zu lassen brauche und im übrigen.das Geschäft"ohne seine Mitwirkung ausgeführt werden würde. Böhmesträubte sich zunächst gegen die Mitwirkung, ließ sich schließlich aber doch breit schlagen und sagte seine Mithilfezu. Als er am 27. August das Geschästslokal verließ,lehnte er, der Verabredung gemäß, die Kellerthür nur an. anstattsie zu verschließen. Gegen 5 Uhr morgens erschien ein großergeschlossener Möbelwagen vor dem Wolf'schen Geschäft und dieAngeklagten Eberstein und Künzel, die mit dem Wagen gekommenwaren, verschwanden in dem Keller. Sie schleppten aus dem-selben große Ballen Leder im Gewicht von etwa 56 Zentnernund im Werth« von 12 000 Mark heraus, beluden damitden Möbelwagen und fuhren von bannen. Ihr Weg ging nachder Marsiliusstraße zu dem Schuhmacher Heinrich. Diesem warschon einige Tage vorher mitgetheilt worden, daß ein großerLederdiebstahl ausgeführt werden sollte und er hattesich bereit erklärt, in der Marsiliusstraße einen Ladenzu miethen. Er erwartete am gedachten Morgen inder Marsiliusstraße den Wagen. erklärte aber denLeuten, daß er den Laden nicht habe miethen können und ihnenselbst das Leder nicht abnehmen könne. Er hieß die Leutekurze Zeit zu warten, entfernte sich und nach seiner Rückkehrempfahl er den Dieben, das Leder nach der Kurzenstraße zuDieckhöfer zu fahren. Dies geschah denn auch. Die Lederballenwurden bei Dieckhöfer abgeladen und in deffen Keller gelagert.Eberstein erhielt für den ganzen Posten 400 M., die er unterseine Komplizen vertheilte. Der Kutscher, der das Leder gefahren,erhielt für die Beförderung 50 M., für Heinrich fielen 50 M. ab.Dieckhöfer gab zu, das Leder gekauft, behauptet aber, vondem Diebstahl nichts gewußt zu haben. Nach seiner Darstellungsei Heinrich zu ihm gekommen und habe ihm gesagt, daß eingrößerer Posten Leder, der aus einer Pleite herstammte, schnellund billig verkauft werden solle. Auch Heinrich behauptet, daßdie Diebe ihm von einer großen Pleite gesprochen haben, dieDiebe aber bestritten dies und behaupteten, daß ihnen Heinrichdie Geschichte von der„großen Pleite" an die Hand gegebenhabe.— Zlls der Lederhändler Wolf am 28. August sein Geschäfts-lokal betrat und den Diebstahl entdeckte, that sein HausdienerBöhme ganz erstaunt und entrüstet und gegen ihn wurde an«fänglich gar kein Verdacht laut. Erst durch einen anonymenBrief wurde der Bestohlene darauf aufmerksam gemacht, daßan dem qu. Morgen ein auffallend großer Posten Lederbei Dieckhöfer abgeladen worden sei. Als der Kriminal'kommiffar v. Baeckmann bei diesem erschien, gab DieckAber die früheren Träume Adrians hatten einer solchenEinsamkeit den Ort nicht gewidmet. Hier, hatte er gedacht,sollte die Liebe ihren Hasen finden, und der Reichthumund �der Sinn für geistige Bildung alle edleren Geisterherbeiziehen, deren Italien damals sich erfreute, und dieein zweites und jüngeres goldenes Zeitalter der Poesie,der Wissenschaft und der Kunst versprachen. Dem roman-tischen, aber weniger für das Handeln geneigten Temp«ramente des jungen Ritters, das mehr geeignet war fürruhige und zivilisirte, als für stürmische und barbarischeZeiten, bot der Ehrgeiz keine so angenehme Belohnungdar, als eine ruhige geistige Beschäftigung. Seine Jugendwar durch die Poesien Petrarka's begeistert worden, erhatte von glück- und liebebegünstigter Zurückgezogenheit ge-träumt, in welchem Laura nicht fehlen durste. Diese nichtin Erfüllung gegangenen Visionen, welche ihm das BildJrenens vorgegaukelt hatten, erhöhten jetzt nur seine.Schwer-muth und seine Liebe.In diesem einsamen Zufluchtsorte brachte Adrian denWinter zu, der in diesem bezaubernden Klima so mildeaustritt. Das Geräusch der Welt erreichte nur in schwachemund undeutlichem Gemurmel sein Ohr. Er erfuhr nur un-vollkommen und mit vielen Widersprüchen die Nach»richt, die wie ein Donner durch ganz Italien rollte, daßder seltsame und hochstrebende Mann— er selbst eine Re-volution—, der die Theilnahme von ganz Europa und dieglänzendsten Hoffnungen der Freiheitsschwärmer erregt,den Despoten Schrecken eingeflößt, die Huldigungen derGroßen gewonnen, das Streben aller freien Geister er-muthigt hatte, plötzlich von seiner Höhe gestürzt, sein Namegebrandmarkt und auf seinen Kopf ein Preis gesetzt wordensei. Dieses Ereigniß, welches am Ende des Dezembersich begab, erfuhr Adrian durch einen wandernden Pilgerim Anfang des nächsten März, etwas mehr als zweiMonate später. In diesem Monat März des schrecklichenJahres 1348 wurde Europa, und besonders Italien,durch die furchtbarste Pest heimgesucht, deren die Geschichteerwähnt, und die sich eben so sehr durch die Zahl als durchdie Berühmtheit ihrer Schlachtopfer auszeichnet und dabeiseltsam in Verbindung steht mit den Bildern Boccaccio'sund mit der pathettschen Beredsamkeit Petrarka's.Der Pilger, welcher Adrian von der Umwälzung inRom unterrichtete, konnte ihm durchaus keinen A»ttck,s,>6höfer zu. da? Leder aus einer Pleite gekauft und400 M. darauf„angezahlt"»u haben. Ein Theil des LederSwar bereits verarbeitet, ein anderer Theil in den Regalen, eindritter Theil in einer abgelegenen Kabuse untergebracht. DerBestohlene hat das gesammte gestohlene Gut wieder zurück er-halten. Der Staatsanwalt beantragte gegen E b e r st e i n undKünzel je 3 Jahre Gefängniß, gegen Böhme2 Jahre, gegen Lehfeld 1 Jahr, gegen Heinrich2 Jahre, gegen Dieckhöfer 1 Jahr Gefängniß.—Der Gerichtshof verurtheilte Eberstein zu 3 Jahren.Künzel zu 2�/2 Jahren, Böhme zu 2 Jahren, Leh-feldzulJahr, Heinrich zu2Jahren und Dieck-h ö f e r zu 1>/s Jahren Gefängniß.Auch eine Blüthe deS VereinSgesetzeS. Eine Aus-einandersetzung zwischen dem Vorsitzenden einesVereins und dem überwachenden Polizei-l i e u t e n a n t hat dem ersteren, dem Echankwirth KarlW i l l m e r, eine Anklage wegen Beamtenbeleidigungund Vergehens gegen das Vereinsgesetz zuge>ogen.Das Schöffengericht hatte ihn wegen beider Vergehen mu einerGeldstrafe von insgesammt 80 M. belegt. Hiergegen hatteWillmer Berufung eingelegt, worauf gestern die erste Straf-kammer des Landgerichts I Berlin in dieser Sache verhandelte. Aneinem Sonntage hielt die Vereinigung der Schuhmacher eineöffentliche Versammlung ab, welche vom Angeklagten geleitetwurde. Als einer der Anwesenden das Wort zur Geschäfts-ordnung erhielt, erbat sich der überwachende Polizeilieulenantvom Vorsitzenden den Namen de? Redners. Der Vorsitzendeantwortete nicht darauf, sodaß der Lieutenant seine Frage wieder-holen mußte. Jetzt erwiderte der Angeklagt«, zur Versammlunggewendet:„Der Herr Beamte richtet sich genau nach dem Buch-staben des Gesetzes, er will Namen und Wohnung des Rednerswissen." Der Redner nannte seinen Namen und Wohnung, derPolizeilieutenant hatte ihn aber nicht verstanden und bestanddarauf, diese Angaben vom Vorsitzenden zu erhalten. Diesererklärte, indem er dabei mit der Hand auf den Tisch schlug:„Ich ersuche Sie, mich an der Geschäftsleitung nicht länger z»stören, wenn Sie den Namen nicht verstanden haben, dann wendenSie sich an Ihren Nachbarn, den Schutzmann!"— Der Lieutenantwiederholte noch einmal seine Forderung, worauf der AngeklagteNamen und Wohnung des Redners nannte. Der Angeklagte be-stritt, daß ihm eine beleidigende Absicht innegewohnt. Auch dasVergehen gegen das Vereinsgesetz bestreite er. Er wisse wohl,daß der Vorsitzende dem überwachenden Beamten Namen undWohnung jedes Redners mitzuthcilen habe, wenn es sich abernur um eine Bemerkung zur Geschäftsordnung handle, pflege esnicht so genau genommen zu werden. Zu letzterem Punkte führteder Staatsanwalt aus, daß das Vereinsgesetz keinen Uuterschiedmache, ob ein Redner zur Sache oder zur Geschäftsordnungspreche. Ebenso habe der Beamte den Namen vom Borsitzendenzu verlangen, um eine gewiffe Garantie zu haben, daß der Nameauch richtig genannt werde. Das ganze Verhalten deS An»geklagten habe außerdem einen beleidigenden Charakter, da derPolizeilieutenant vor der Versammlung herabgesetzt worden sei.Er beantrage die Verwerfung der Berufung. Der Gerichtshoferkannte nach diesem Antrage und fand sich auch nicht ver-anlaßt, das vom Vorderrichter erkannte Straßmaß zu ermäßigen.Eine für die Arbeiterschaft außerordentlich wichtige Aus»legung deS 8 153 der Gewerbe-Ordnung wurde inder Strafsache des Metallarbeiters Jim er von dem Land-gerichts I hier gegeben. Die Arbeiter der Fabrik R. F r i st e rhatten am 1. Mai dS. Js. gefeiert. Sie wurden deshalb für diedarauf folgenden Tage ausgesperrt und zugleich entlassen, mitdem Anheimgeben, demnächst wieder mit der Arbeit anfangen zu-.........—.- dj, �beitdürfen. Der größte Theil der Arbeiter erklärte.nicht wieder aufzunehmen, so lange ihnen nicht der Lohn für dieausgesperrteu Tage nachgezahlt werde. Die Firma R. Fristerließ sich nun eine Anzahl Arbeiter auS Wien kommen, welchedie Inhaber der Firma persönlich zur Arbeit begleiteten. Beieiner solchen Gelegenheit soll nun seitens deS Angeklagten derRuf gefallen fein:„Ihr werdet ja geführt wie die Zucht-Häusler!' Das Gericht gelangte. trotz deS BefweitenSdes Angeklagten, zu dem Resultat, daß der Angeklagt«der Rufer sei und damit den Zweck verfolgt habe,die Arbeitenden zur Niederlegung der Arbeit zu bewegen.»gleich wurde die von dem Vertheidiger des Angeklagten,!echtsanwalt Dr. Heinemann. befürwortete Auslegung deS8 153 der Gewerbe-Ordnung verworfen, daß die gedachte Bor-fchrift ihrem klaren Wortlaut nach sich nur auf Vereinigungenerstrecken könne, welche für die Zukunft günstiger Lohn»und Arbeitsbedingungen erzielen wollen, während im vor»liegenden Falle die Arbeiter nur forderten, daß ihnen der vonihnen für die ausgesperrten Tage, also für die Vergangen«h e i t verlangte Lohn bezahlt werde. Daß der§ 168 sich nichtauf solche Verabredungen beziehen könne, folge aus dem Gesetze,das von einer Vereinigung behufS Erlangung geistiger Lohn-und Arbeitsbedingungen spricht. Man wird auf die schließlich«über das jetzige Schicksal Rienzi'S oder seiner Familie geben.Man wußte blos, daß er mit seiner Gemahlin ent-flohen war, niemand aber wußte, wohin; viele glaubten,sie seien schon gestorben und als Opfer der zahlreichenRäuber gefallen, die unmittelbar nach dem Sturz des Tri-bunen in ihre früheren Schlupfwinkel zurückgekehrt warenund weder Alter noch Geschlecht, weder Reichthum nochArmuth verschonten. Da alles, was den Extribunen betras.ein Gegenstand der allgemeinen Theilnahme war, so hatteder Pilger auch erfahren, daß vor dem Sturz Rienzi's seineSchwester Rom verlassen hatte, er wußte aber nicht, wo siesich aufhielt.Diese Nachrichten regten Adrian plötzlich auS seinemträumerischen Leben auf. Irene war also in der Lage, dieer in seinem Briefe anzudeuten gewagt hatte, des äußerenGlanzes beraubt, der sie umgeben hatte, getrennt von ihremBruder, verlassen und einsam. Jetzt, sagte der edelmüthigeLiebende, kann sie die Meinige werden, ohne daß ich meinenNamen beflecke! Welche auch Rienzi's Fehler sein mögen,so hat sie keinen Theil an ihnen. Ihre Hände sind nichtin das Blut meiner Verwandten getaucht. Auch kann dieWelt nicht sagen, daß Adrian di Castello mit einem hoch-gestellten Manne in Verwandtschaft tritt, dessen Macht aufden Ruinen des Hauses der Colonna begründet wurde. DieColonna sind triumphirend nach Rom zurückgekehrt, Rienziist gestürzt. Das Unglück vereinigt mich wieder mit meinerGeliebten! �.Aber wie sollten diese romantischen Entschlüsse a«�geführt werden, da Jrenen's Aufenthaltsort ihm unbekann�war? Er beschloß, nach Rom zu reisen und dort dinöthigen Erkundigungen einzuziehen. Er befahl daher seine»Dienern, die Vorbereitungen zur Reise zu treffen— einereudige Nachricht für sie. Die Rüstung wurde aus demWaffensaal hervorgeholt, und nach zwei Tagen geräusch-vollen Treibens besuchten den Springbrunnen, an dem Adriansich so manche Stunde seinen Träumereien überlassenhatte, nur die munteren Vögel mit dem wiederkehrendenFrühling, und die nächtliche Lampe warf nicht längerihren Schein aus der einsamen Kammer seines Thurmesüber die Fläche des Sees.(Fortsetzung folgt.)