Berliner  Wks-Trimt. Sozial-Politisches Wochenblatt. Au» der Woche. Soziale» au» den Nereinigtrn Staate«. Die SnngerzöUe.- KornzöUe in Deutsch­ land   nach Geschichte und Statistik. IV.(Schlust). ~ie französtschr Revolution und der Sozialismus. roduktion und Technik. Gedicht. Novelle. Marnm geht Rußland   aus Grodrrungrn au«? VI.(Schluß). Die soziale Revo­lution in London  . III.(Schluß). Der Sauer und sein Glend. Aus der Woche. se In Hannover   haben zwei Offiziere auf dem Heimwege von der Schloßwache ihrer Laune dadurch Ausdruck gegeben, daß sie mit ihren Degen an die Fenster- laden schlugen und mit begegnenden Zivilisten in ein Rekontre geriethen. Als sich darauf eine Menge Menschen ansammelten, mußten sich die Nachtwächter in's Mittel legen und die Offiziere nach der Schloßwache sichrem Hätte sich ein Zivilist eingemischt, so wären nach den Theorien derKreuzzeitung  " die jungen Kriegsgötter ge- zwungen gewesen, zu Ehren ihrer Ehre ihre Säbel im Blute zu baden. In Nürnberg   ließ ein jugendlicher Lieutenant eine Abtheilung Soldaten nahezu eine halbe Stunde Laufschritt machen, bis die meisten keuchend und schweiß- triefend sich dahin schleppten. Gleich darauf ließ er die Leute aufs Neue laufen, bis einer von ihnen bewußtlos zusammenbrach. Die Leibwäsche, welche er trug, konnte man thatsächlich auswinden. Derselbe Offizier ließ einmal während des Winters über eine dünne Eisdecke marschiren; dieselbe brach unter den Tritten der Mannschaft ein und viele geriethen bis an's Knie in's eisigkalte Wasser. Und so etwas wagt eine eigeneEhre" für sich in Anspruch zu nehmen, schaut Jeden, der nicht eine bunte Jacke trägt, über die Achsel an und renommirt spät und früh, daß es allein das ganze Gemeinwesen zusammenhält. In Helgoland   war am 22. April der erste deutsche  Gerichtstag. Der Andrang der rechtsuchenden Parteien war ein derartiger, daß die Richter bis 8 Uhr Abends beschäftigt waren. Bei den nächstfolgenden Gerichtstagen war der Zulauf noch größer. Die einst so gut wie freien Helgoländer   scheinen also die Segnungen deutscher  Kultur gar nicht erwarten zu können. Ob die errungene Zivilisation beim Anblick der ellenlangen Expensennoten doch nicht etwas zu theuer erscheint? Uebrigens, wer den Nacken beugt, soll geprügelt werden. Am Sonntag hielten die Profit- und Mehrwerth- jäger, so da Nationallibcrale genannt werden, in Berlin  einen großmächtigen Parteitag ab. Die Partei kracht nämlich schon seit lange in allen Fugen, dem sollte ge­steuert werden. Und so geschah es. Man beschloß ein- stimmig, Jeder könne in politischer und wirthschaftlicher Richlung thun und lassen, was er wolle. Beim Cham  - pagner wurde Bismarck   und der Kern des deutschen  Bürgerthums angehocht. Bismarck   dankte gnädigst, der Kern" war aber nirgends anzutrefien, darum unterblieb das Huldigungstelegramm. Früher hat die Partei ge- kracht, jetzt pfeift sie aus dem letzten Loch. Möge das Schicksal gnädig sein und einen schnellen Tod senden. Andere Leute haben auch noch Nasen.   Auf allerhöchsten Befehl ist, wie die Verlags- Handlung anzeigt, soeben die erste Abtheilung eines Werkes erschienen, welches den Titel führt:Ter Hofzug Sr. Majestät des deutschen   Kaisers Wilhelm II.  " Die erste Abtheilung schildert den Salonwagen auf vier Tafeln Großfolio und zwölf Seiten, mit Holzschnitten aus- gestattetem Text. Das Ganze kostet 10 Mark. Schade, daß der Preis riu so hoher ist. Bei einem menschlicheren Preise hätte doch ab und zu ein Proletarier sich über­zeugen können, wie die heutige Technik es versteht, durch die Pracht und Gediegenheit der Ausstattung von den Benutzern eines solchen Wagens jede Unbequemlichkeit, welche sonst mit dem Reisen verbunden ist, fernzuhalten. Aus den Wagen der vierten Klasse lassen sich leider die Leistungen unserer Eisenbahntechniker auch beim besten Willen nicht beurtheilen. In der Pfingstwoche hat der Sohn eines sehr reichen rheinischen Großindustriellen in Berlin   eine runde Million an zweiCavaliere" im Spiel verloren. Nun ja. der Mann hats ja. Wie muß sich der Kerl plagen und schinden, um das einzustreichen und zu zählen, was seine Arbeiter spielend für ihn verdient haben. Und was schadet denn auch so ein Verlust? Man geht nach dem Vergnügen nach Hause, zwingt die Arbeiter zu einem kleinen Streik, beschneidet dann die Löhne und dekretirt Strafen bis zu 6 Mark und der Verlust ist doppelt wieder herein. Drum nur nicht verzagen. Auch ein Groß- industrieller muß standesgemäß auftreten, besonders wenn er sich in Gesellschaft blaub ütiger Spieler befindet. Nur den dummen Habenichtsen ist das Hazardspiel untersagt. Luther mutz in s Loch. Er lebt im Dorfe Hohen­ staufen   in Württemberg   und ist von Profession Hexen- und Geisteraustreiber. Ende vorigen Jahresarbeitete" er bei einem Bäcker und Wirth zu Göppingen  , und trank, beschwor, räucherte und versteckte hieroglyphische Zettel in allen Ritzen und Löchern. Da er aber das Honorar etwas hoch bemaß, wurde die Sache zu den Ohren der hohen Obrigkeit getragen, und er, der Herr Luther, erhielt drei Wochen Gefängniß. Die Religion muß dem Volke erhalten bleiben, urtheilte unlängst die württembergische Kammer und beschloß, Niemand dürfe als Schulinspektor angestellt werden, der nicht die Be- fähigung zu einem Kirchenamt besitzt. Was verschlägt es, wenn die Dummheit im Lande bleibt: Wer dumm ist, hat kein Kopfweh. DieParole", das Organ für Kasernenhof- blüthen und sonstige Witze, veröffentlicht einen Kriegsruf an den Kriegerlmud, der mit den Worten schließt:Der rothe innere Feind, die Sozialdemokratie, greift uns an! Auf zur Vertheidigung unserer höchsten Güter!" Im Anschluß an diesen Aufruf bringt dieParole" eine Be- trachtung über das Waisenhaus desDeutschen Krieger- Bundes" Römhild  , in dem die Knaben und Mädchen in militärisch-stommer Sitte zu Patrioten und Tugend- Helden erzogen werden. Wie sich nun herausstellt, hat man hier den Bock zum Gärtner gemacht, indem der Hausvater, ein verheiratheter Mann, sich an den ihm anvertrauten Mädchen vergangen hat. Als er sich ent- deckt sah, machte er seinem Leben durch Selbstmord ein Ende! So vertheidigt man die höchsten Güter gegen die Sozialdemokratie. Die heilige Elisabeth war einethüring'schePrinzessin und wurde später Königin von Ungarn  . Man sagt, sie wäre ein sehr frommes Weib gewesen und darum sei sie heilig gesprochen worden. Nun hat ein englischer Maler ein Bild gemalt, auf welchem besagte Elisabeth splitter- nackt vor einem Altar hockt und Buße thut. Um sie herum steht eine ganze Menge bekaputzter Franziskaner. lieber dieses Bild ist in der ganzen englischen bürgerlichen Presse ein furchtbarer Streit entstanden. Die tugend- haften Jnselssöhne können es nicht begreifen, daß eine Königin sich nackend in eine Kirche hocken kann. Das können wir sehr gut uns denken; aber etwas anderes schon wieder weniger. Die Franziskaner auf dem Bilde tragen alle höchst ehrwürdige Mienen zur Schau. Und das ist grundfalsch: Ein Pfaff gleichgiltig welcher Couleur der ein nackendes Weibsbild erblickt, macht ganz andere Augen und zieht eine ganz andere Nase. X Fürst Bismarck schreibt in denHamburger Nachrichten: Das sozialdemokratische BlattBerliner Bolkstribüne" be­hauptet, die Barziner Papierfabrik gewähre eine Dividende von 14 p(5t. und knüpft daran eine gegen den Fürsten Bismarck gerichtete Betrachtung. Ist jene Meldung richtig, so wird sie gewiß auch den Fürsten Bismarck gefreut haben und dies würde vielleicht noch mehr geschehen sein, wenn auch er Aktionär dieses Unternehmens wäre. In Wirklichkeit aber besitzt er keine einzige Aktie oder Berechtigung auf Gewinnantheil. Was die Tele­graphenstangen angeht, so theilen wir zur Beruhigung der Herren von derBolkstribüne�' mit, daß solche auch heute unter den gleichen Bedingungen wie früher von den bisherigen Abnehmern zu deren Zufriedenheit aus dem Sachsenwalde bezogen werden. Wir begreisen den Schmerz unseres Aristides, daß er nicht Aktionär eines Unternehmens ist, das 14 pCt. Dividende bezahlt. Hoffentlich tröstet er sich mit seinen übrigen Aktien. Aber sollte er nicht vielleicht früher Hauptaktionär oder Besitzer der Fabrik gewesen sein, und sollten die Dividenden nicht erst so gefallen sein, nachdem Fürst Bismarck   aus dem Dienst schied llnd die Telegraphen- Verwaltung ihr Papier anderswoher bezog? Daß aus dem Sachsenwald wenigstens noch die Telegraphenstangen geliefert werden, ist gut; wahrscheinlich sind sie Preiswerth. Weshalb thut uns übrigens Aristides nicht die Ehre an, auch einmal auf einen anderen Artikel von uns zu antworten? Wir werden demnächst noch weitere Betrachtungen über seine frühere Thätigkeit anstellen; das ist ja jetzt ein ge- fahrloses Vergnügen, denn wenn Aristides uns jetzt wegen Beleidigung verklagt, so muß er selbst bezahlen, und das thut er nicht. Nach den mecklenburgischen Rittergutsbesitzern, die chinesische Kulis bereits engagirt haben sollen, kommen die deutschen   Großindustriellen mit der Masseneinfuhr fremder Arbeiter. Wenn derSaale  -Ztg." richtig aus Berlin   berichtet wird, so wären seitens der Federazione dei Meccaniei in Mailand   verschiedenen deutschen   Groß- industriellen Anträge zugegangen, für ihren Betrieb be- schäftigungslose Arbeiter zu engagiren. Die betreffende Offerte überlasse ihnen, was die spezielle Leistung der Arbeiter anbelangt, die Auswahl. Hauptsächlich aber würden Maschinenbauer, Schlosser, überhaupt Eisen- arbeiter in beliebiger Zahl zur Verfügung gestellt, und zwar zu Löhnen, die im Vergleich zu den hier zu Lande üblichen sehr bescheiden genannt werden müssen. Mehrere Fabrikbesitzer hätten auf dieser Grundlage bereits Kon- trakte abgeschlossen. Wieder ein Beweis für die in unserem heutigen Leitartikel geschilderte Tendenz des Kapitals, die Arbeiter zu Kulis herabzudrücken. Soziales aus den Nereinigten Staate«. (Nach amerikanischen   Blättern.) Nach einer eben veröffentlichten Statistik giebt es in New-Aork mehr als 150,000 Menschen, welche weniger als 60 Cents täglich verdienen. Darunter giebt es Tausende von jungen Mädchen, welche 1116 Stunden täglich arbeiten müssen, um diesen elenden Lohn zu verdienen. Im vergangenen Jahre sind 23,000 Familien exmittirt, weil ste die Miethe nicht bezahlen konnten. 10 Prozent aller Gestorbenen mußten auf Kosten der Kom- mune beerdigt worden. Die Erhebungen, welche ein Beamter des Senatsaus- schusses hinsichtlich der Behandlung österreichischer Unterthanen in Virginien   angestellt hat, haben einzelne Fälle unerhörter Grausamkeit zu Tage gefördert. Es hat sich demStandard" zufolge herausgestellt, daß die an dem Bau der Norfolk und Western Bahn thätigen Böhmen sich in schrecklicher Weise über- arbeiten mußten, daß ste mißhandelt wurden und dabei die kärglichste Nahrung empfingen. Wenn ein Böhme entfloh, so wurde er mit Hunden verfolgt und bei seiner Gefangennahme bei gespanntem Revolver bis auf's Blut gepeitscht. Auch sonst erfuhren die Böhmen   eine schlimmere Behandlung, als sie ein werthvoller Sklave erhalten haben würde. Zur Erklärung dieser unerhörten Borfälle giebt nian an, daß die Böhmen  beinahe Wilde" waren und in einer Wildniß, wo das Gesetz ein un- bekannter Begriff sei, unter der Peitsche brutaler Aufseher standen. Die Kohlenproduktion»n Pcnnsylvanien wird um 20 pCt. verringert werden. Eine Million und fünfmalhundert- tausend Tonnen Kohlen liegen unverkauft am Lager. Die Kohlen-Kompagnten fürchten ein Fallen der Preise, was nur durch eine Einschränkung der Produktion verhindert werden kann. Tausende von Menschen lesen diese Depesche, ohne sich etwas dabei zu denken. Und doch sollten die wenigen Motte derselben geeignet sein, den Menschen die Schamröthe ins Gesicht zu treiben über ihre eigene Schande. Aus allen Theilen des Landes dringt die Kunde von furchtbarer Kohlennoth. Hunderte, ja Tausende von Menschen sind halb oder ganz erfroren, weil es ihnen an Kohlen mangelte. In Chicago   kostet die Tonne sieben bis acht Dollar ein Preis, der den wirklichen Werth derselben, incl. Transportkosten-c., ums drei-, vier-, fünffache übersteigt. Und in Pennsylvanien werden die Gruben geschlossen, weil es zu viel Kohlen giebt, weil die Ausbeute eine zu reichliche und leichte ist, weil die Kohlenbarone nicht mit 10, 25, 50 Prozent Gewinn zufrieden find, sondern mehr und immer mehr erhalten wollenll Illinois   besitzt 926 Gruben in 57 Counties und produzitte in jenen, Jahre über 12'/, Millionen Tonnen(Tonne= 2000 Pfund) zum Bettage von 12,683,000 Doll. Beschäftigt waren dabei 20,106 Miner und 8468 andere Angestellte, einschließlich