98 20 155 200) 3 1992 9

4.996 Nr. 81.

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921( 1 190 ( 150) B 217 160

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Mittwoch, 9. Juli 1884.

I. Jahrg.

Berliner Volksblatt.

Organ für die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner Bolksblatt

erscheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 3 Mart, monatlich 1 Mart, wöchentlich 25 Pf. Einzelne Nummern 5 Pf. Postabonnement pro Quartal 3 Mart.( Eingetragen im VIII. Nach trage der Postzeitungspreisliste unter Nr. 719a.)

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Redaktion und Expedition Berlin SW., Bimmerstraße 44.

Die Harmoniepauke

des Dr. Max Hirsch hat wiederum ein großes Loch be 7( 200) kommen und das Köstlichste ist, daß der Paukmeister selbst es geschlagen hat.

0) 781 0) 433( 822.

S

Männiglich bekannt ist es, daß Herr Hirsch seit seinem Auftreten im öffentlichen Leben immer den Grundsatz ver­treten hat, daß die größte Harmonie zwischen Rapital und Arbeit herrsche, daß ein Streit zwischen bis Abe diesen beiden Mächten immer nur ein vorübergehender sei, storben; und, wie in der Ehe, die Liebe noch mehr befestige. men Chol Deshalb versuchte der sehr ehrenwerthe soziale Doktor jedesmal nach einem ausgebrochenen Streite zwischen den heute Arbeitgebern und Arbeitern zu vermitteln, d. h. die orgelom Harmonie zwischen Kapital und Arbeit wieder herzustellen. 3 zum Da nun das Kapital meistens in solcher Lage ist, daß es Die Ba xa- Lod nicht schnell nachzugeben braucht, so bestand meistentheils die Vermittlung darin, daß der Herr Harmoniedoktor die rüb find Arbeiter zur Unterwerfung bewog. So lange sich die Ar­große Hi beiter feiner Vereinigungen dies gefallen ließen, Lobsangen ier fünf die Arbeitgeber den Bestrebungen des Dr. Hirsch und freuten fich ob seiner Harmoniepauke, die er immer in ihrem starben Sinne bearbeitete.

sta

fgenomm

Als aber die Arbeiter nicht mehr hörten, als Dr. Mar Nacht Hirsch fich aus direkten Gründen mehr auf die Seite der während Arbeiter bei einer Arbeitseinstellung stellen mußte, da galt Arbeiter bei einer Arbeitseinstellung stellen mußte, da galt auch Dr. Hirsch bei vielen Arbeitgebern schon als ein Auf­hetzer der Arbeiter, und nur dem Umstande, daß es noch lints von ihm eine Arbeiterbewegung giebt, hat er es zu verdanken, daß die Arbeitgeber aller politischen -0. gel Parteien ihn nicht schon längst zum alten Eisen geworfen chiniften haben. ielt eine Bei den Arbeitern hat seine Harmoniepauke den alten tung erfa rlangt wRlang längst verloren; sie bleiben in Menge nur noch in als Ang den Hirsch- Dunderschen Vereinen, um ihre Anzahlungen und iftung Beiträge nicht zu verlieren. Nicht der Geist, der in diesen 36 Uhr Vereinen herrscht, sondern der 3wang, d. h. der Ver­vorkomm lust der Einzahlungen beim Austritte, hält diese Vereine felbft noch aufrecht. 3 beansp Hung Be Jit abe

nden.

Das Vertrauen der Arbeiter sowohl wie der Arbeit­geber hatte Dr. Hirsch schon längst verloren. Da tam der allbekannt gewordene Arbeiter der allbekannt gewordene Arbeiter ine eigen ampel und schlug durch seine Aufklärungen in Bezug gepr auf die Invalidenkassen des Harmoniedoktors bas erste große in gen Loch in die Paule des Herrn Hirsch. Als derfelbe gerade daran war, das Loch auszubessern, tenswert die alte Baute zu flicken, da erklärten die Reichstagswähler des Dr. Hirsch deutsch - freisinnige" Männer zu Gera , Arbeitgeber und Bourgeois, daß sie bei den nächsten Wahlen den edlen Hirsch nicht wieder aufstellen ird die wollten und zwar, weil er die Harmoniepaute nicht mehr ordentlich schlagen könne wenigstens tanzten die Arbeiter em Rinde nicht mehr danach und weil er ferner im Reichstage viel inde voru oft und viel zu lange Neben halte. Derartiges Gequaffel fonnten die braven Geraer auf die Dauer nicht vertragen.

n.

L. M.

-

rch Einfid Die wenigen Arbeiter Hirsch- Dunderscher Richtung in Gera ift es für tönnen aber den armen Hirsch allein nicht wieder aufstellen, m Auguß pa er dann kaum hundert Stimmen erhalten dürfte. Dies zweite Loch in der Harmoniepaufe war nun noch Egypten; gleichzeiti otel größer als das erste. Unser Doktor, der in der That n eine in solchen Dingen recht fleißig ist, setzte sich betrübt an die dorthin so arg verstümmelte Baute und fing an, an derselben herum­te Dotatio audoktern; Rührung malte sich anfangs in seinen eblen n, wo di Mienen; dann aber, als er fah, daß alles Doktern und te schwier Flicken nicht mehr helfe, ergriff er den Bautenschlägel, feine rt, häng schönen Augen blißten Wuth, seine Nase schnaufte hörbar Bums! Bums! Bums! Nieder faufte der Schlägel und daffen, be tüchtige bie Baute war zerschmettert.

-

So geschah es an dem denkwürdigen Freitage, dem 20. Juni 1884, im deutschen Reichstage. Unten an dem Büreau, etwas links, stand ein Mann, der mit den lückarmen wilb umber schlug er war am Bauken! bezirk. Dumpf brangen die Töne aus der empörten Bruft, Schmer­ieder Wenstöne vereinigten sich mit Drohungen. 1) Gefcha chreiet nach frischem Wasser", so schrie jener Mann nach Abstammuinem neuen Mandate. Immer gewaltiger wurde sein Gäste Stöhnen, immer drohender seine Haltung. Endlich: Bums! Nochmals Bums! und abermals Bums!

en.

en Bolle

Ich glaube aber", so sprach der Reichstagsabgeord= Den 8. ete Dr. Max Hirsch in jener Reichstagssigung bei Be ing in athung des Unfallversicherungsgefeßes ich glaube aber, 1) Bortur Harmonie gehören zwei, und zwar zwei, die

M

Vortrag

-

Wer nur einigermaßen den Gerichtsverhandlungen in Dortmund vom vorigen Herbst wegen der willkürlichen Ver­größerung der Kohlenwagen und ähnlicher Ausbeu­tungen gefolgt ist, der wird sich ein flares Bild machen von den außerordentlich humanen Zuständen und von der schönen Harmonie, welche dort zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbei­fer besteht."

Man fönnte meinen: nur dort, nur in Dortmund !

Herr Hirsch hatte aber schon verschiedene ähnliche Vor­fälle, wie gesagt, aus anderen Gegenden Deutschlands vorgebracht, so daß seine antiharmonische Aeußerung nicht nur auf Dortmund paßte, sondern einen ganz allge­meinen Gedanken enthielt.

So zerstörte der eble Harmoniedoktor felbst seine Harmoniepaufe. Armer Dr. Max Hirsch ! Was län st die Welt wußte, hast Du nur in einem Anfall von Verzweiflung gesagt. Wir befürchten Deine Rückfälligkeit, und da Deine Baute zerstört ist, greifst Du vielleicht nach der Harmonieflöte und Dein Harmorniegedu­wohl noch weiter ertönen, bis Dir die Arbeiter selbst das del wird in Deinem und der Arbeitgeber Interesse doch unerfreuliche Instrument vom Munde nehmen.-

Uebrigens wurde das Geständniß des Abgeordneten Hirsch noch in derselben Sitzung von dem Abg. Grillen­berger, der nach ihm sprach, festgenagelt. Herr Grillenberger

fagte:

daß etwas" zu Stande gebracht worden ist. Ja, meine Sie sagen, wir müssen endlich den Beweis liefern, Herren, dazu hatten Sie schon vor 10 Jahren Zeit, wo Sie allesammt sagten, es existire teine soziale Frage, we der Herr Dr. May Hirsch noch erklärte, daß zwischen Kapital und Arbeit die schönste Harmonie existire, welchen Sah er heute zu meiner großen Freude außer Kurs gesetzt hat, indem er das, was vom Zentrum vorgebracht ist über bie angeblich vorhandene Harmonie zwischen Kapital und berlegt und so seinen eigenen Grundsatz zu Grabe ge­Arbeit, burch recht drastische Beispiele aus Westfalen wi=

tragen hat."

Armer Harmoniedoktor, oder wie Du von Deinen zärt­

chließlich

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Du dauerst uns herzlich. Undant allerdings ist der Welt lichsten Freunden genannt wurdest, großer Harmonieapostel, Lohn! Zuerst der undankbare Arbeiter Pampel, dann die noch undankbareren Reichstagswähler zu Gera , und dann Du selbst als Undankbarster gegen Dich selbst! einstmals so schöne, so volltönende, so besinnungraubend Ihr habt nun doch schließlich zu Grunde gerichtet die herzbethörende" Harmoniepaute!

-

Die Kronprinzenpartei.

Mit diefem Namen bezeichnet werden von ihren konserva tiven Gegnern vielfach die Deutsch- Freifinnigen", oder doch wenigstens die rechten Flügelleute dieser Partei, die Forden­becks, Rickerts und Bunsens.

in der Unterstellung dieses Namens die Absicht erblicken, fie Dagegen nun wehren sich diese Herren krampfhaft, da fie des Mangels an Respekt vor dem gegenwärtigen Oberhaupte des deutschen Reiches zu bezichtigen. Wir sind nicht in der Lage, die Herzen und Nieren" dieser Herren zu prüfen und tönnen sie auch nicht nach den privaten Aeußerungen einiger der deutsch freisinnigen Partei" angehörenden Mitglieder be urtheilen, die vor allen Dingen den Einfluß des Fürsten Bismard gebrochen haben wollen, was selbstverständlich unter der Herrschaft des jezigen Monarchen von Preußen unmög­lich ist.

Uebrigens hat es überall und zu allen Zeiten Thronfolger parteien gegeben unter den Hofchranzen sowohl, wie unter po= litischen Parteien.

Und dabei konnte man immer beobachten, daß dem Thron­folger freisinnige Absichten zugeschrieben wurden. Dies läßt sich auch in Preußen nachweisen. Als der strenge, bureau­fratische König Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1840 die Augen schloß und der von damals fortschrittlichen Ideen angehauchte Kronpring als Friedrich Wilhelm IV. den Thron bestieg, da priesen die Liberalen die neue Aera", welche nunmehr ange brochen sei. Und doch spricht man jest in liberalen Kreisen mit Vorliebe von der argen Reaktion, welche unter Friedrich Wil­ helm IV. geherrscht habe. Das entsprechende Gerede hörte man bei den Liberalen vor und während der neuen Aera", zu Ende der fünfziger und zu Anfang der sechsziger Jahre, wo sogar liberale" Minister am Ruder waren. Jept herrscht nun nach denselben Stimmen wieder die Reaktion und der li­berale Kronpring" ist wieder einmal in Sicht.

ng ift erwehrlich und zwar auf dem Boden des gleichen Rechts Kronprinzen" öffentlich ableugnen, haben wir oben angedeutet.

Nachdem nun derselbe Herr Abgeordnete eine größere

er wahre nzahl von außerordentlichen Maßregeln und Unterbrüdun­liner Bollen der Arbeiter durch ihre Arbeitgeber aus verschiede

en Gegenden angeführt und scharf gegeißelt hatte, tam auf die bekannten Vorfälle in Dortmund , wo bei einem ogenannten Arbeitertumulte zahlreiche Arbeiter verhaftet und päter scharf bestraft wurden, und sagte mit bitterer, durch­us wohl angebrachter Ironie wörtlich:

Weshalb die Liberalen die heimliche Liebe zum liberalen Aber es ist nichts so fein gesponnen, es tommt endlich an die Sonnen". Auf private Aeußerungen fann man nichts geben, wenn aber ein ausgesprochen deutsch- freifinniges" Parteiblatt feine heimliche Liebe" öffentlich ausplaudert, so liegt die Sache doch anders.

Die Berliner Zeitung " nämlich brachte vor Kurzem einen Artikel, die Sorge für die 3 utunft überschrieben, in wel chem gegen den wiederauferstandenen preußischen Staatsrath polemisirt wird.

Nachdem das genannte Blatt die Frage, weshalb wohl

eigentlich der Staatsrath wiedererweckt worden, erörtert und auch einige muthmaßliche Gründe dafür angegeben hat, kommt es zu folgendem definitiven Schlusse:

Die Absicht der reaktionären Dunkelmänner geht nun da hin, durch den Staatsrath die Zukunft des Kronprins zen zu binden. Nur zu gut weiß die Partei der Kreuz­ zeitung ", daß der Kronprinz nicht ihres Geistes Kind; der ruhmvolle Erbe des deutschen Thrones hat oft die Kreise der Junker gestört, er hat aus seinem Liberalismus tein Hehl ge­macht und Männer mit seiner Freundschaft beehrt, welche von der gut gesinnten" Presse als Republikaner denunzirt oder gar von amtlicher Seite mit Strafanträgen bedacht wurden. Der Kronprinz hat sein Verdikt über die elende Verhebung der Klaffen gesprochen, er hat noch bei der Lutherfeier für Freiheit und Licht eine Lanze gebrochen. Das Junkerthum fürchtet in ihm einen Verehrer englischer Freiheit und Selbstverwaltung. Deshalb gilt es, die Zukunft des Kronprinzen zu binden, ihm eine liberale Politik unmöglich zu machen. Deshalb paßt ihm der Vorschlag, den Kronprinzen an die Spiße des neuen Staats­raths zu stellen, überraschend in seine Birkel. Ganz naiv hat die

Schlesische Beitung" als unvermeidliche Folge dieses Schrittes zugestanden, daß der Kronprinz über die schwebenden Fragen Ansichten äußern und vertreten müsse, und ,, in jeder amtlich geäußerten Anficht ist eine gewisse Fessel enthalten, welche den Uebergang zu einer anderen Meinung einigermaßen erschwert." Aber was die Schlesische Zeitung" aus der Schule plaudert, hatte die Kölnische Zeitung " schon vorher verrathen, indem fte bestritt, was Niemand behauptet hatte, nämlich, daß das

dabei

" 1

Staatsrathsprojekt sich gegen die Person des Kronprinzen richte, aber zugestand, der Staatsrath ſolle hauptsächlich dazu dienen, den berufenen und unberufenen Rathgebern des zu fünftigen Königs als lebendige Tradition gegenüberzustehen, und allzu schroffe Systemwechsel und die davon befürchteten Erschütterungen zu vermeiden oder doch wenigstens abzuschwächen." Des phrasenhaften Schwulstes entkleidet, heißt das nichts Anderes, als der zukünftige Kaiser und König soll durch den Staatsrath gehindert werden, liberal zu regieren, damit die geheiligten Interessen der Junker nicht verlegt werden. In dem Charakter des zu­fünftigen Trägers der Zollernkrone hat sich aber die Reaktion verrechnet. Der Kronprinz wird sich ungeachtet aller wieder­verpflichten, von Niemand vorschreiben laffen, wie er zu re­holten Versuche, ihn auf irgend ein politisches Bekenntniß zu

gieren hat, wenn er einst Kaiser wird, er wird sich von Nie­mand feine Wege weisen lassen und Niemandem gestatten, ihm Alle Be=

mühungen der Reaktion helfen nichts; denn dem Libera für die kommenden Tage Fesseln anzulegen". lismus gehört die Zukunft."

So das deutsch - liberale Blatt Eugen Richter 'scher Observanz. Liberalen denken und hoffen. Dem Liberalismus gehört die Es wird hier wenigstens offen eingestanden, was die kunft nicht erringen, dazu nämlich ist der Liberalismus Zukunft!" Natürlich fann er selbst sich diese 8u= viel zu liberal"! Die Zukunft muß ihm vielmehr auf dem Präsentirteller entgegengetragen werden durch den ,, liberalen Kronprinzen".

Ganz naiv" ist dieser Gedanke in der That! Ungeheuer naiv fogar, piel naiver noch als die Anficht der Schlesischen Beitung" und aller Derer, die den preußischen Staatsrath dazu verwerthen zu können glauben, dem Rade der Geschichte in die Speichen zu fallen.

So sind sie aber nun einmal, diese Liberalen. Selbst zu schwächlich, fuchen fie irgend wo außer sich einen Stüßpunkt und haben ihn wiederum einmal gefunden in dem ,, liberalen Kronprinzen". Er ist nun einmal die Hoffnung aller Liberalen von Treitschke an bis zu Eugen Richter .

Gönnen wir ihnen wenigstens ihre stille Hoffnung; sie haben doch etwas, woran fie fich halten fönnen. Ob übrigens dem Kronprinzen von Preußen an der heimlichen Liebe der Liberalen etwas liegt, dürfte doch in Zweifel gezogen werden. Aus einigen freundlichen Aeußerungen fann doch nicht sogleich ein System bereitet werden. Und wenn auch wirklich einmal die allerhöchsten" Erwartungen unserer werth­geschäßten Freunde und Gönner von der veilchenblauen Fahne in Erfüllung gehen sollten könnte für diese Herren etwas von dauerndem Erfolge dabei heraushängen? Da müßten die Herren selbst doch von etwas anderem Kaliber sein.

Politische Uebersicht.

Die zweijährigen Budgetperioden, die schon wiederholt formell vom Reichstage abgelehnt, in der That aber in der vorlegten Session des Reichstags angenommen worden find, sollen von der Reichsregierung wiederum vorgelegt wer den. Warum auch nicht. Wenn der Reichstag zu schwach ist, seine Rechte zu vertheidigen, kann man der Regierung es nicht verübeln, wenn sie gegen dieselben Sturm läuft. Niemand verdient beffer behandelt zu werden, als er es sich gefallen lägt dies trifft natürlich auch bei dem Reichstage zu. Seine Hauptrecht hat er 1874 und 1881 preisgegeben, nämlich sein Ausgabebewilligungsrecht, indem er auf volle sieben Jahre die Präsenzstärke des Heeres und die Aus­gabesumme dafür feftfeßte. Die Ausgabe aber für das Heer beträgt über aller Reichsausgaben. Ob nun der Reichstag ein jährliches Einnahmbewilligungsrecht oder ein zweijähriges hat, ist bei seiner notorischen Impotenz, der Regierung auch nur ein einzigesmal ernsthaft zu wiederstehen, ziemlich gleich­gültig. Wenn die Wähler es nicht fertig bringen, anderen Majoritäten die Rechte des Reichstages und des Bolles anzu­vertrauen, so müssen sie es sich eben gefallen laffen, daß die Rechte des Reichstags und des Volkes immer mehr geschmälert werden. Von den Wählern gilt daffelbe, was vom Reichstage gilt: Niemand verdient besser behandelt zu wer

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