Nr. 113.

Beilage zum Berliner Volksblatt.

Der ortsübliche Tagelohn gewöhnlicher

Tagearbeiter.

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Ueberall im deutschen Reiche werden jest oder find zum großen Theil schon die Säße des ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher Tagearbeiter" nach Vorschrift des Reichsgefeßes betr. Die Krankenversicherung der Arbeiter behufs Berechnung des Krankengeldes 2c. von den Behörden festgestellt.

Diese Säße gewähren denjenigen, welche fich mit volls­wirthschaftlichen Fragen beschäftigen, ein lebhaftes Intereffe, fordern zu einer öffentlichen Besprechung auf und führen un­willkürlich zu Betrachtungen, welche weit über den nächſtliegen den Zweck jener Feststellung der Tagelohnfäße hinausgreifen. Zunächst einige Worte über die Art der Ermittelung des Tagelohnes. Das Geset schreibt vor, daß nach Anhörung der Gemeindevorstände die höheren Verwaltungsbehörden die Säße festzustellen haben, daß übrigens in gewiffen Beiträumen die Säge einer Revision unterzogen werden sollen. Der Vorschrift entsprechend haben im Laufe des Winters die Gemeinde und Gemeindevorstände über die in Betracht kommenden Ver­hältnisse Bericht erstatten müssen. Auf Grund dieser Be­richte wird alsdann ein durchschnittlicher Sag von den Behörden angenommen und festgesetzt worden sein. Nun ist zunächst darauf aufmerksam zu machen, daß nicht der durchschnittliche Jahresverdienst, nach den jährlichen Ar beitstagen berechnet, in Berücksichtigung zu ziehen war, son­dern daß der für den jeweiligen Arbeitstag wirklich gezahlte Lagelohn maßgebend sein mußte, weil das Gesetz die Pflicht zur Versicherung gegen Krankheit nur an die Thatsache der Arbeit anknüpft, so daß die arbeitslos verlebte Zeit des Ar­beiters feinen Einfluß auf die Tageslohnsberechnung be hufs Leistung der Krankenkassenbeiträge und des Krankengeldes

ausübt.

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Freitag, den 15. August 1884.

wohlthätig wirken. Da alsdann den Erkrankten ein Kranken­geld von mindestens 1 M. anstatt des entbehrten Arbeits­lohnes gesichert wird, ohne daß irgendwo oder unter irgend welchen Verhältnissen die Aufbringung der Beiträge zur Kran­tentaffe( bei 2 M. Tagelohnfaz 3 Pf. für den Arbeitstag, da tentaffe( bei 2 M. Tagelohnfa 3 Pf. für den Arbeitstag, da­Lohn, 1 Bf. Zuschuß vom Arbeitgeber) bechwerlich fallen dürfte. von bei Versicherungspflichtigen 2 Pf. aus dem verdienten

Andererseits ist auch für die Gemeinde- und Ortskranten faffen ein niedriger Tagelohnsaz deshalb vom Nachtheil, weil fie, die nach einem Prozentsaz dieselben Beiträge empfangen, neben dem prozentuellen Krankengeld freie ärztliche Behandlung, Arzenei u. s. w. gewähren müssen. Die lettere Leistung ver­ursacht aber ohne Rücksicht auf die Beiträge gleiche Kosten, fann also da den Bestand der Kaffen gefährden, wo bei niedri gen Tagelohnsägen nur niedrige Beiträge eingezahlt werden lich können die Gemeinden und die Vorstände der Ortskranken­und die Kosten des Arztes und der Arznei nicht decken. Frei­kaffen die Beiträge der Pflichtigen im Falle des Bedarfs er­höhen. Dies ist indessen ein Schritt, den zu vermeiden man dringende Veranlassung hat, um das ohnehin so künstliche System des Reichsgeseßes betr. die Krankenversicherung der Ar­beiter nicht noch mehr zu verwirren.

An verschiedenen Stellen wird darüber Klage geführt, Reichsgesezes betr. die Krankenversicherung der Arbeiter fest­daß für den ortsüblichen Tagelohn, wie er nach Vorschrift des gesezt sei, zu hohe Säße angenommen worden.

Betrachten wir die Gründe, welche zu solchen Beschwerden geführt haben.

Es wird gesagt, die festgesezten Tagelohnsäße entsprächen nicht den wirklich bestehenden Tagelöhnen. Sene Säße wür­den vielfach nicht erreicht und der ortsübliche Tagelohn ,, ge­

wöhnlicher Tagearbeiter" sei durchschnittlich niedriger.

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1. Jahrgang.

hin streben, ihre Einrichtungen so zu treffen, daß ihren durch Krankheit erwerbsunfähig gewordenen Genossen jene Hilfe ge währt werde, und daß insbesondere Drts, Fabrik, einge­schriebene Hilfs- und andere Kaffen Beihilfen für eine reichlich längere Zeit gewähren, als wie solches für die Gemeindekranten­versicherung vorgeschrieben ist. Selbst eine mäßige Erhöhung der Beiträge, wenn solche sich nothwendig zeigt, darf in dieser Beziehung nicht gescheut werden, darf nicht das Mißvergnügen der Kaffenmitglieder erwecken.

Als einen ferneren Grund gegen die höheren Säße des Tagelohnes hört man zuweilen die Befürchtung aussprechen, daß selbige manche Mitglieder von Krankenkassen zu Täuschungen und zu Vorspiegelung von Krankheiten oder Schwächezuständen führen tönnte, um nicht arbeiten zu müssen, aber doch notb= dürftig zu existiren. Für einzelne Fälle mag diese Befürchtung berechtigt sein. Mißbräuche bestehender Einrichtungen kommen überall vor. Aber dieser Umstand darf denn doch wahrlich nicht dahin führen, die weit überwiegend große Zahl der ge­wissenhaften Kassenmitglieder zu benachtheiligen. Auch ist denn doch bei guter und sorgfältiger Organisation der Verwaltung die Möglichkeit vorhanden, durch geeignete Kontrolmaßregeln etwaige Mißbräuche, wenn auch vielleicht nicht völlig zu ver­hindern, so doch auf vereinzelte, und dann die Kasse wenigstens nicht gefährdende Fälle zu beschränken.

Zokales.

r. Beim Ausrichten der gelegten Trottoir- Platten wird trop vielfacher Mahnungen der Presse noch immer mit der größten Rücksichtslosigkeit gegen die Paffanten vorgegangen. Das Behauen der vorstehenden Kanten an den gelegten Granit­platten erfolgt auf den Trottoirs mit der größten Ungenirtheit Es ist ferner die Meinung ausgesprochen, daß, selbst wenn und ohne jede Schußmaßregel gegen die Vorübergehenden. der festgesezte Tagelohn den meisten der wirklich gezahlten Lohnsäge entspräche, die Verwaltungsbehörde nicht die höheren Lohnsäge entspräche, die Verwaltungsbehörde nicht die höheren Die kleinen Steinsplitter stieben umber, treffen schmerzhaft auf Hals und Geficht und müssen dem Auge im höchsten Maße Säße hätte zu Grunde legen, sondern mehr auf die mittleren gefährlich werden. Wer sich am Mittwoch beim Vorübergehen oder gar geringeren Lohnfäße hätte Rücksicht nehmen müssen. an der Schloßfreiheit, zwischen dieser und der Schloßbrücke die Und zwar dies deshalb, um die Beiträge zu den anzuordnenden Mühe nahm darauf zu achten, der konnte bemerken, wie zwei Kaffen nicht allzuhoch ausfallen zu lassen, vornehmlich aber, von je drei Vorübergehenden von den Splittern getroffen wur um den bereits gegründeten Krantentassen insofern ihren Be den, welche bei der Arbeit an den Trottoir- Platten umber­stand zu sichern, daß sie thunlichst in die Lage zu sezen seien, das zu leisten, was die Gemeindekrankenversicherung leistet flogen. Den Arbeitern kann man keine Vorwürfe deswegen ( nämlich ein Krankengeld zur Hälfte des ortsüblichen Tagenehmer wegen geeigneter Schußvorrichtungen. Aber man wird lohnes nebst freier ärztlicher Behandlung, Arznei u. s. w. für 12 Monate gegen Erhebung einer Zulage von 1 Prozent des ortsüblichen Tagelohnes gewöhnlicher Tagearbeiter).

Durchweg erscheint nun der Tagelohn auf dem Lande ge­ringer als in den Städten und deren Umgebung. Dies hat darin seinen Grund, daß auf dem Lande nicht nur neben dem Lohne Naturalien gewährt werden, sondern daß auch der ge­wöhnliche Tagearbeiter daselbst durchschnittlich billiger wohnt und vielfach durch Bebauen von Land zu eigener Nuzung einen Rebenerwerb hat, Umstände, welche bekanntlich einer Eteigerung des Lohnes hinderlich sind, der Regel nach aber ben Arbeiter dennoch günstiger stellen als den Arbeiter in den Städten und städtisch bebauten Orten, zumal da jener Neben­erwerb auf dem Lande( Anbau von Feldfrüchten und Vieh­haltung) vielfach durch die Familienangehörigen beschafft wird, ohne diese dem häuslichen Leben zu entfremden oder anderen Arbeitern die Arbeitsgelegenheit zu schmälern. In Bezug auf die Leistungen der Krankenversicherung haben indeffen jene nie­brigen Säge manches Bedenkliche für die Betheiligten, nämlich für die Versicherungspflichtigen sowohl im Fall ihrer Erkran­fung, wie auch für die Gemeinden selbst. Arbeiter, welche den landesüblichen niedrigen Tagelohn beziehen, bedürfen im Falle ihter Erwerbsunfähigkeit zu ihrer und ihrer Familie Unterhalt eine relativ höhere Beihilfe, als Arbeiter mit höherem Tage lohn. Letterer kann allenfalls mit der Hälfte des Tagelohns nothdürftig auskommen, wenn diese Hälfte auf M. 1,25, ja selbst nur M. 1 sich beläuft, er also für die Woche zu 6'Ar­beitstagen M. 7,50 refp. M. 6 Strankengeld erhält. Der für einen Tagelohn von M. 1,50 Arbeitende erhält aber nur diefer Summe, also mit M. 4,50 während einer Woche aus tommen, oder wenn ein zweiter Festtag in die Woche fallen sollte, mit nur M. 3,75. Ohne Zweifel wird dieser Umstand schon in der nächsten Zeit nach Einführung des Krankenkassen­gefetes zu vielseitigen Beschwerden führen. Ohne Schwierig teit werden solche Beschwerden indessen dadurch beseitigt wer den können, wenn gefeßlich angeordnet werden sollte, daß zur Berechnung des Krankengeldes u. s. w. der Gemeindekranten werbsunfähigkeit( außer ärztlicher Behandlung u. s. w.)

laffen fein geringerer Tagelohnsas als täglich etwa 2 M. an genommen werden darf. Eine solche Festsetung würde sehr

Die Verbannung nach Sibirien .

Von Fürst Krapottin.*) Uebersetzt von Ad. Hepner.

( Frankf. 3tg.")

Nicht umsonst hat das Wort Katorga"( harte Arbeit) eine so schreckliche Bedeutung in der ruffischen Sprache erlangt und

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Nun ist allerdings wahr, daß es vielleicht einigen der jetzt blühenden Krankenkassen dort, wo der Tagelohnsas ein ver­hältnißmäßig höherer ist, schwer werden wird, ihren Mitglie dern das zu bieten, was dieſe mindestens bei der Gemeinde­frankenversicherung oder durch die behördlich geleiteten fünf­tigen Ortsfrankenkassen erhalten würden. Allein wir haben die fefte Ueberzeugung, daß dagegen für die große Mehrzahl der von ihren Mitgliedern selbst verwalteten, freien Rassen( mögen es nun eingeschriebene Hilfskaffen oder andere nach Landes­vorschrift errrichtete Stassen sein) nicht nur die Möglichkeit vor­liegt, die Leistungen, die das Gesez von ihnen verlangt, zu gewähren, sondern daß mittelbar das Gefeß zu ihrem Vortheil gereichen wird, indem unzweifelhaft die Zahl ihrer Mitglie­der zunehmen und damit die Eristenzfähigkeit gefichert wer den wird.

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Es kommt hinzu, daß denn doch die Leistungen aller Krankenkaffen mögen es die auf Grund des Gefeßes von 1883 zu organisirenden Kaffen mit Beitrittszwang( die sog. Zwangskaffen) oder die freien Hilfs- und anderen Kassen sein

dem erkrankten Mitgliede einen ausreichenden Ersatz für den entbehrten Tagelohn im Falle der Erkrankung oder Er

gewähren müssen, wenn fte ernstlich ihrem 3wed ent­Sprechen sollen. Die Mitglieder aller dieser Kaffen müssen da­

graben. Die schrecklichen Erzählungen über die unterirdische Arbeit in den Silber- und Bleigruben, unter den scheußlichsten Lebensverhältnissen, unter der Peitsche der Aufseher, welche jeder 10 Mann antrieben, so viel Arbeit zu leisten, wie kaum die doppelte Anzahl hervorbringen könnte; die Erzählungen über die Verurtheilten, die im Dunkeln arbeiten mußten, mit schweren Retten belastet, die an Eisenstangen festgenietet waren; über Leute, die an den giftigen Grubendünsten starben; über Gefangene, die zum Tode gepeischt wurden oder unter 5 bis 6000 Ruthenhieben starben, die ihnen auf Befehl von Unge­heuern wie Rozguildeeff zuertheilt wurden alle diese wohl­bekannten Geschichten find nicht der Erfindung phantaftereicher Schriftsteller zuzuschreiben, sondern wahrheitsgemäße, historische Erinnerungen einer traurigen Wirklichkeit, und zwar keiner sehr fernen Verhangenheit, denn noch leben Leute, die von Nertschinsk

und Leiden. Ich kann nicht länger dieses Katorga- Leben er­tragen," dieses Leben förperlicher und moralischer Leiden, nichts­würdiger Beleidigungen und grausamer Verfolgungen, dieses Leben voller Anstrengungen, die über menschliche Kräfte hinaus gehen, fagen die Leute, die zur Verzweiflung gebracht wer ben, ehe fie in die Versuchung kommen, ihrem Dasein durch Selbstmord ein Ende zu machen. Nicht umsonst, sage ich, hat zu erzählen wiffen. das Wort Natorga" diese Bedeutung erlangt, und Alle, die die Aussichten der zu harter Arbeit in Sibirien " Verurtheilten ernstlich untersucht haben, find zu dem Schluß gekommen, daß jene Bedeutung des Wortes Katorga " der Bollsauffassung entspricht. In früheren Auffäßen habe ich die Reise, die zur Ratorga führt, beschrieben. Jegt wollen wir einmal die Lebens Derhältnisse der Verurtheilten in den Arbeitskolonien und Ge fängnissen untersuchen.

Bis vor 15 Jahren wurden fast alle die 1500 Leute, die alljährlich zu harter Arbeit verurtheilt wurden,

Noch viele Züge dieser schrecklichen Vergangenheit haben fich bis auf unsere Zeit erhalten. Die Silberbergwerke Kuto­mara und Alexandrowski find wegen ihrer Gesundheitsgefähr­lichkeit( in Folge der arsenischen Ausströmungen aus dem Erz) immer berüchtigt gewesen; nicht nur die Menschen, sondern das Vieh litt darunter und die Bewohner dieser Dörfer waren genöthigt, ihr Jungvieh in den Nachbardörfern aufzuziehen. Wie im ganzen Distrikt Nertschinst, so ist besonders in den von Verurtheilten ausgebeuteten Bergwerken Schakhtama und Saltuma das Silbererz quecksilberhaltig; daher versuchte die

Dit- Sibirien geschidt. Ein Theil davon wurde in den Silbers, Regierung, aus diesen Gruben Quecksilber zu schaffen. Ebenso

Blei und Goldgruben des Distrikts Nertschinsk , oder in den Eisenwerken von Petrowsk( nicht weit von Riakhta) und Irkutst, oder in den Salzwerten von Usolic und Ustkut be schäftigt; einige in einer Tuchfabrik in der Nähe von Irkutst, der Rest ward in die Goldgruben, oder vielmehr Gold­wäschereien von Kara geschickt, wo sie gehalten waren, die üblichen 100 Bud"( 3200 Bf.) Gold für das Kabinet Sr. Majestät", d. h. für die Privatbörse des Baren, auszu

waren stets die Silbergruben von Afatug als gesundheits­gefährlich berüchtigt.

Jedermann in Dstfibirien fennt die schrecklichen Storbut Epidemien, welche in den Kara- Goldgruben 1857 ausbrachen, wobei nach den amtlichen Berichten des Herrn Maximoff, von 17 000 Verbannten nicht weniger als 1000 im Laufe eines Sommers starben; ebenso bekannt ist, daß die Behörden, als fie sahen, daß Niemand im Stande sei, die üblichen ,, 100 Bud" auszugraben, die Leute über ihre Kräfte, ohne Raft und Ruh, arbeiten ließen, bis etliche todt hinfielen. Und später, 1873, haben wir eine ähnliche Epidemie und aus der selben Ursache stammend, im Diftritt Jeniseist ausbrechen sehen, bie hunderte von Menschenleben foftete. Die Tortur, das ge­

Gegenüber den schönfärberigen Vorträgen, die Dr. Brehm vor einigen Monaten in Amerika über das Loos der Abirischen Erilirfen hielt, dürfte nachstehende Schilderung seis des Erils dort zu erleiden hatte, augenblicklich wohl am Plage richtliche Verfahren, ist ein wenig geändert worden, aber die sein. Es ist etwas Anderes, ob ein nicht lange verweilender Hauptsache, dic ,, Katorga", ist bis auf den heutigen Tag die: Reisender Sibirien durch das Verschönerungsglas der offiziellen selbe geblieben. Information anfieht, oder ob ein Verurtheilter aus eigener Erfahrung spricht. Es soll nicht gesagt sein, daß Dr. Brehm abfichtlich oder wissentlich eine Unwahrheit verbreitet, sondern nur, daß ihm lediglich die Lichtseiten gezeigt wurden, die

Während der legten 20 Jahre sind nun mit dem System der harten Arbeit folgende Veränderungen vorgenommen wor den. Nachdem jezt die reicheren Nertschinst- Gruben ausge arbeitet find( denn 1860-63 ergaben sie nur 5 bis 7 Bud

Schattenseiten, die düstere Wirklichkeit aber vielfach unbekannt jährlich, statt 220-280), hat man fie liegen laffen. Die Gold­

geblieben. So geht es allen Reisenden und überall. Um Land und Leute vollkommen richtig zu schildern, genügt feine Reise", sondern nur ein langjähriger Aufenthalt."

Der Uebersezer.

wäschereien erweisen sich auch nicht mehr gewinnbringend ge­nug, und so veranlaßten die Bergwerks- Autoritäten das Ka­binet, die Gruben fenes Distrikte an Privatunternehmungen abzutreten; die Krone behielt nur die Gruben am Kara- Fluß

voraussichtlich auch hier den Brunnen erst wieder zudecken, wenn das Kind hineingefallen, d. h. irgend eine Respektsperson verunglückt ist.

M

Mangel an Findigkeit. Die Pflicht einer Krankenhaus­Verwaltung, die Familie eines in der Heilanstalt aufgenom­menen Kranten von dessen nahem oder erfolgtem Ableben so­fort zu benachrichtigen, wird wohl von feiner Seite angezweifelt werden. Ueber eine solche Unterlassung wird dem B. T." aber eine gegen die Direktion des Elisabeth Krankenhauses in der Lügomstraße gerichtete Beschwerde mitgetheilt. In dieser Anstalt hatte der Bimmerpolier Heide aus der Thaerstraße 11 Aufnahme gefunden, als derselbe durch den Sturz von einem Baugerüft verunglückt war. Als der Sohn des Heide seinen Vater zum ersten Mal nach der Aufnahme besuchte( es war an einem Mittwoch), lebte derfelbe noch. Am Sonnabend darauf aber wurde ihm, als er wieder nach seinem Vater sehen wollte, mitgetheilt, legterer sei gestorben und auch bereits begraben." Man händigte dem Sohne die Hinterlassenschaft des Verſtor­benen ein und entschuldigte die Unterlassung von der Todes nachricht damit, der Beamte habe die Thaerstraße nicht finden fönnen." Eine Veröffentlichung dieses Vorkommnisses dürfte in ähnlichen Fällen wohl dazu führen, die betreffenden Be amten etwas findiger" zu machen.

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t. Eine Pflegemutter. Durch einen groben Vertrauens­bruch ist die Hedwig Quegewes um ihr sauer erspartes Geld gekommen. Als außereheliches Kind geboren, wurde dieselbe von ihrem anderweitig verheiratheten Vater in Pflege genom­

und eine Zollgebühr von den Schilfaminen, sehr reichen Berg­werken, deren Inhalt natürlich erst nach der Publizirung des Gesezes, betreffend die Ueberlassung an Privatunternehmer, entdeckt wurde. Nun mußte die Regierung also für die Sträflinge andere Arbeit finden. So wurden also die ,, Cen­tralgefängnisse", die ich schon früher einmal beschrieben babe, erfunden. Die zu harter Arbeit nach Sibirien Verurtheilten bleiben jezt nur ungefähr ein Drittel threv Strafdauer in diesen Gefängnissen. Die Zahl dieser Unglücklichen, denen die ,, Katorga" in Sibirien als Linderung erscheint, beträgt un­gefähr 5000.

Die 1800 bis 1900, die jährlich nach Sibirien verschickt werden, unterliegen verschiedenen Behandlungsarten. Ungefähr 2700 bis 3000 Gefangene find stets in den Hartarbeitsstraf­anstalten von West- und Ostsibirien eingeschlossen, während der Rest entweder nach den Kara- Goldwäschereien oder den Salz gruben von Usolie und Ust- Kut oder nach den Kohlengruben Der Insel Sakhalin transportirt wird.

Und da nun die wenigen Kron- Bergwerfe in Sibirien nicht im Stande find, 10 000 Verurtheilte zu beschäftigen, so ver pachtet man die Leute jest an Privat Goldwäschereien. Es ist erklärlich, daß je nach der Laune des Vorgesegten und der Börse des Gefangenen die Strafe des Lepteren verschieden aus­fällt. Der Eine stirbt unter den Pletes"( Hieben mit der neunschwänzigen Kaze) von Kara oder Ust- Kut und der An­dere lebt gemächlich im Gold Bergwerfe eines Freundes als Aufseher" und wird an Sibirien nur durch das lange Ausbleiben der Nachrichten von Hause erinnert. Ab­gesehen von diesen Ausnahme Vergünstigungen und einigen minderbedeutenden Unterschieden kann man die zu harter Ar­beit Verurtheilten in 2 Kategorien theilen: in Solche, die in Goldbergwerken, und Andere, die in Salzgruben beschäftigt

werden.

Das Schicksal der Ersteren ist nun das der Gefangenen in den russischen ,, Centralgefängnissen." Der fibirische Zucht­meister mag, wenn er die Insassen peitscht, eine Pfeife statt einer Eigarre rauchen, und vielleicht eine Lederpeitsche statt Birkenruthen benußen, und die Gefangenen prügeln, wenn seine Suppe verdorben ist, während des russischen Zuchtmeisters schlechte Laune von einer unergiebigen Jagd abhängt: für den Sträfling ist das Resultat das gleiche. In Sibirien wie in Rußland folgt auf den Zuchtmeister, der mitleidslos peitscht, Einer, der seinen Fäusten freies Spiel läßt und die letzte Kupfermünze ſeiner Gefangenen stiehlt. Wird zufällig einmal ein anständiger Mann Gefängnißverwalter, so wird er bald von dem Posten verjagt, auf dem anständige Leute als Ge­meinschäden" gelten.

Nicht beffer ist das Schicksal der 2000 Leute, die in den Kara- Goldminen arbeiten. Vor 20 Jahren schilderten die amtlichen Berichte das Gefängniß zu Ober- Kara als ein altes, baufälliges Blauholz- Gebäude auf Sumpfgrund, das durch die langjährige Ueberfüllung mit Gefangenen vor