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Berlagt

Nr. 140.

Dienstag, 16. September 1884.

I. Jahrg.

Berliner Volksblatt.

Organ für die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner Boltsblatt

schein täglich Morgens außer nach Sonn- und Fetagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 3 Mart, monatlich 1 Mart, wöchentlich 25 f. Cinzelne Nummern 5 Pf. Postabonnement pro Quartal 3 Mart.( Eingetragen im VII. Nach trage der Postzeitungspreisliste unter Nr. 719a.)

Insertionsgebühr

beträgt für bie 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 i Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Bimmerstraße 44, sowie von allen Annonce Bureaur, ohne Erhöhung des Preises, angenommen.

Redaktion und Expedition Berlin SW., Bimmerstraße 44.

Von heute ab erscheint unsere Zeitung mit einer täglichen Beilage. Wir erwarten, daß die Berliner Arbeiterbevölkerung uns auch fernerhin unterstützen und dafür sorgen wird, daß das Berliner Volksblatt" eine immer größere Verbreitung erhält.

Trauen Sie Niemandem!"

Diefen allbekannten Ausspruch, der so vielfach, manch mal wohl unbewußt, angewendet wird, hörten wir vor einigen Abenden aus dem Munde einer gutmüthig aussehenden älteren Dame, welche denselben einem gleichfalls alten Herrn, auf den sie mit lebhaften Gestikulationen einredete, zu­rief. Auch glaubten wir noch das Wort Geld" unter dem Bortreichthum, der aus dem Munde der" Dame quoll, zu vernehmen.

Wie oft haben wir diesen Ausruf schon vernommen, mie geläufig ist derselbe in den weitesten Kreisen. Traue Niemandem!" ,, Traue keinem Menschen!"

Man denkt gar nicht mehr darüber nach, was der Aus­druck bedeutet, welchen geradezu infamen Sinn derselbe bat, man hört ihn gewohnheitsmäßig, als etwas Selbstver­ständliches und als etwas absolut Richtiges an.

Das aber ist eben das Bezeichnende!

Als wir aus dem Munde der alten, wohlfituirten Dame ben Ausdruck einem Greise gegenüber vernahmen und zwar bes Abends auf der Straße, da war es auch nur die eigen­thümliche Situation, welche uns veranlaßte, diesem Ausbrud etwas näher auf die Finger zu fehen.

Also Niemandem soll man frauen und besonders in Geldangelegenheiten nicht? Das heißt mit dürren Worten: Alle Menschen sind Gauner und Betrüger! Du mußt dich vorsehen, fie spekuliren sämmtlich auf dein Geld! Sie wollen es dir aus der Tasche locken auf irgend eine Art!

Heinrich Heine läßt in seinem Atta Troll " den miß­muthigen Bärenvater seinen Söhnlein erzählen von der

Leben ist der Kampf Aller gegen Alle, die Ausbeutung Aller der Verfassung in wahrhaft freiheitlichem und föderativem gegen Alle proklamirt.

Und dabei soll einer dem anderen trauen?

Wartet nicht mit Schmerzen der Beamte auf den Tod seines Vorgesezten, um selbst die so heiß ersehnte Stellung besselben endlich zu erlangen? Freut sich nicht der Fabrikant über den Bankerott seines Konkurrenten, durch den ihm hoher Gewinn erblüht? Ist nicht auch der Arbeiter vielfach neidisch auf die bessere Arbeit seines Kollegen, und sucht er diefen nicht oft genug zu verdrängen?

Sehen wir nicht die Ausbeutung der Arbeitskraft durch das Kapital und den allerdings oft sehr nuslosen Haß der Arbeiter gegen einzelne Personen, welche die Fabrikation und das Kapital gerade in Händen haben?

Rennen wir nicht die Gründereien und Schwindeleien, bei denen einzelne wenige Personen die Taschen ihrer Mit­menschen in gröblichster Weise geplündert haben?

Trauen Sie Niemandem!"

Wiffen wir nicht, daß fast alle Nahrungsmittel und Lebensbedürfnisse gefälscht werden, um die Nebenmenschen in geradezu lebensgefährlicher Weise auszubeuten und ihnen das Geld aus den Taschen in unredlichster Art zu locken? Taschendiebe sind die Menschen!"

"

Und kann man, darf man Taschendieben" trauen? Das Sprüchwort: Traue Niemandem!" hat also doch wohl seine innere Berechtigung.

=

Doch wir wollen hoffen, daß durch wahrhafte Sozial Reformen der heutige Gesellschaftszustand Sozial Reformen der heutige Gesellschaftszustand gebessert wird, daß die Ausbeutung der Menschen durch den Menschen aufhört, die signatura temporis zu sein, und daß ein neuer Heine bann feinen Bären die Menschen nicht mehr ein neuer Heine bann feinen Bären die Menschen nicht mehr als Taschendiebe bezeichnen lassen kann.

Eine beffere Beit, eine schönere Zeit ist es sicherlich, wo man die Taschen nicht immer zuzuhalten braucht und

wo man

allen seinen Mitmenschen trauen darf.

Politische Uebersicht.

Schlechtigkeit der Menschen und es endet die betreffende wird nach der B. 3." im Laufe dieser Woche der Beschluß­Strophe mit dem schwerwiegenden Verse: ,, Taschendiebe faffung des Bundesrathes unterliegen.

sind die Menschen!"

Ja einen und bes andern Tasche.

wohl, fie spekuliren gegenseitig auf das Geld in des

unrichtig nicht.

Die ,, Deutsche Volkspartei", die lediglich in Süd­ deutschland einigen Anhang hat, ist mit folgendem Pro­deutschland einigen Anhang hat, ist mit folgendem Pro­gramm vor die Wähler getreten:

Die deutsche Volkspartei, geftüßt auf ihr Programm vom 12. Oftober 1873 und auf die Beschlüsse ihrer Generalver sammlungen, verlangt von den Reichstags- Abgeordneten, die wählt oder unterstügt, daß sie während der nächsten Legis­fte wählt oder unterstügt, daß fie während der nächsten Legis

Sinne und im Geiste der deutschen Grundrechte von 1849, gegen jede Vergewaltigung der Einzelstaaten, für die Gewäh rung von Diäten an die Reichstagsabgeordneten, gegen jede Verfümmerung des allgemeinen, direkten und geheimen Stimm­rechts, gegen jede Verlängerung der einjährigen Budget- und Legislaturperioden, gegen lettere auch auf dem indirekten Wege

der Vorlage zweier Budgets in einem Jahre.

2) Für die Freiheit der Meinungsäußerung in Wort und Schrift, für die Ueberweisung der politischen und der Breß­prozesse an die Schwurgerichte, für gefeßliche Regelung der staatlichen Entschädigungspflicht gegenüber unschuldig Verur theilten, gegen alle Ausnahmegefeße und Ausnahmeregeln zum Nachtheile einzelner Landestheile, Parteien, Confessionen oder Bevölkerungsklaffen.

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3) Für die Herabminderung der öffentlichen Lasten, ins besondere der Gerichtskosten, und für Ersparnisse, namentlich beim Militair Etat, für vollständige Durchführung der allgemeinen Wehrpflicht unter gleichzeitiger Herabseßung Der Präsenzzeit unbeschadet der Aufrechterhaltung der für Kriegstüchtigkeit und Schlagfertigkeit des Heeres, oder Privilegien des Heeres die Beseitigung aller einzelner Stände innerhalb deffelben in Bezug auf das Avan­cement, den Gerichtsstand für militärische Vergehen, das Ges richtsverfahren, die Steuerzahlung, die Penfionsverhältnisse und nach Ablauf des Septenats für gleiche Behandlung des Mili­täretats mit den übrigen Zweigen des Reichshaushaltes.

4) Gegen die Erhöhung von Böllen und Steuern auf nothwendige Lebensbedürfniffe, gegen das Tabaksmonopol, gegen jede Art von Unterscheidungszoll; für die Beseitigung übermäßiger Ausfuhrvergütungen auf Buder und Branntwein; überhaupt gegen jede stärkere Belastung des Volts.

5) Für Förderung der Landwirthschaft, für eine stetige und gerechte, das Volkswohl und nicht nur Einzelintereffen fördernde Boll, Schifffahrts- und Handelspolitik, für Förs derung und Schuß deutscher Handelskolonien im Auslande unter Kontrole des Reichstags, für die vertragsmäßige Rege lung der internationalen Handels-, Arbeits- und Rechtsvers hältniffe, für die Verbesserung und Erweiterung der Genoffen­schaftsgesetzgebung, für die Aufrechterhaltung der vollen Ge­werbefreiheit und Freizügigkeit unter gleichzeitiger Förderung der freien genoffenschaftlichen Vereinigungen des Gewerbes die Uebernahme weiterer Theile des Vers

und anderer Erwerbszweige durch das Reich­

6) Für eine gesunde Sozialpolitik zum Wohle der arbei­tenden Klassen unter den nöthigen verfassungsmäßigen Bürg­schaften, insbesondere für Einführung einer angemessenen Haf tung der Arbeitgeber für Unfälle aller dem Unfallversicherungs­geses nicht unterstellten Arbeiter jeder Art, für die Verbesserung der Arbeiterschußgefeßgebung, für die Einführung des Normal­arbeitstages, für Gewährung der Mittel an die Reichsregierung zur Untersuchung der Frage, wie eine Alters- und Invaliden versorgung der industriellen Lohnarbeiter durchgeführt werden fann, für die Ausdehnung der Frift behufs Erlangung des

Der Sat: man soll Niemandem trauen", wenn man ihn seiner äußeren Brutalität entkleidet, ist in der That so Er ist der Stempel, den fifte unsere heutige Gesellschaft felbst aufge laturperiode eintreten: brudt hat. In unserem ganzen wirthschaftlichen und tommerziellen, sagen wir also in unserem ganzen fozialen Rechte des Volles und der Volksvertretung, für Ausbildung Unterstüßungswohnfizes.

Radbrud verboten.]

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Feuilleton.

Das Kind des Proletariers.

Sensationsroman von U. Rosen.

Forthegung)

1) Für die Aufrechterhaltung aller verfaffungsmäßigen

fuchen. Die ganze Nacht entwarf fie Plan auf Plan zur Wiedererlangung ihrer Freiheit.

und das flein geschnittene Holz häufte fie auf ihrem Tischchen auf, das fie dicht an den hölzernen Laden des Kämmerchens schob. Frau Petigrem hatte ihr ein Meffer zum Zerschneiden Der Speisen gebracht. Dieses bohrte sie durch das Draht geflecht ihres Fensters und stieß damit die Scheibe vor den Ausschnitten in dem eichenem Laden entzwei. Jetzt ergriff ste mit zitternden Händen die Lampe und goß das Del aus der selben auf den Fensterlagen der Kammer, auf das Stroh und das zerschnittene Holz und darauf legte sie den brennenden Noch einen legten Blick auf diese unheimlichen Vorbes reitungen werfend, verließ fie die Kammer, zog die Thür

Auch ste bot Frau Petigrew eine Bestechung an, die aber viel zu gering war, um diese Harpy zu gewinnen, denn sie fonnte das habgierige Weib nur auf das Silber und die Kleidungsstüde hinweisen, die nach dem Häuschen in Hadney geschickt worden waren, von dem sie schon seit einer Ewigkeit geschieden zu sein schien, obwohl erst eine Woche vergangen vernahm fie schaudernd. Ein Tasten und Poltern folgte, Ich hoffe, daß sich das nicht als Mord ausweist, Tony," geschieden zu sein schien, obwohl erst eine Woche vergangen war, seit fie und ihre Mutter und Rupert es in glüdlichster Docht. Seit der Wagen mit ihrer Mutter und dem Manne, deffen heisere Stimme fte aus dem Flur gehört hatte, fortgewahren war, glaubte

Worte.

eine Thür flog Inartend auf, und wieder unterschied fie einige Stimmung wohnlich eingerichtet hatten.

und das Alles durch Deine Schuld, Erbärmlicher! Verflucht Francesca fich mit ihrer Gefangenwärterin allein im Hause ins Schloß und stopfte mit einem Streifen des Teppichs

fei der Tag, an welchem ich zum ersten Male Dein häßliches

Geficht gefehen.

alte Deinen nimmer ruhenden Mund, Weib!" an die Deffnung im Fensterladen. D, wenn das Gitter fte Francesca stürzte ans Fenster und drückte ihr Geficht nur nicht verhindert hätte, die Scheiben entzwei zu brechen und durch die Deffnung hinaus zu schreien in die Nacht! Eine Laterne wurde vor das Thor gestellt, ein Wagen fuhr vor, und Francesca erkannte die Umriffe eines Mannes und einer Frau, welche eine weibliche Gestalt in den Wagen hoben. Das Blut fror in ihren Adern. Was war das? Die Laterne wurde aufgehoben und dem Wagen näher gebracht, und ihr Schein beleuchtete das todtenbleiche Geficht der Gräfin

Foria.

Francesca stieß einen gellenden Schrei aus, der ungehört

und fie faßte die verzweifeltsten Pläne, ihre Gefangenwärterin zu bändigen.

Würde es ihr möglich sein, dieses Weib niederzuwerfen, fie fest zu binden, ihr die Schlüffel zu entreißen Würde es ihr gelingen, die halsstarrige Frau zu überreden, die Nacht bei ibr im Simmer zu bleiben, um, wenn der Schlaf ihre Feindin überwältigt hatte, ihr zu entfliehen?

Aber Frau Petigrew war viel zu schlau. Sie hielt fich in ficherer Entfernung von Francesca, fte wies die versproche nenen Geschente spöttisch zurück und lachte über den Vorschlag, mit dem Fräulein in einem Raum zu übernachten.

Wir bleiben am besten einander fern," sagte fte,., Sie lieben mich nicht gerade und ich muß warten, bis mein Mann zurüdlommt, nicht etwa aus Bärtlichkeit oder Sehnsucht das nach, ihn bei seiner Heimkehr zu begrüßen.

So geben Sie mir wenigstens ein Licht, ich mag nicht

Derhallte. Der Blid in den Wagen hatte ihr die Gewißheit beständig in dieser Finsterniß bleiben." gegeben, daß ihre Mutter noch lebte, aber im bewutlofen Bu

ftande fortgeschafft wurde.

D, wohin, und zu welchem Zweck!

Francesca Iniete in bitterer Verzweiflung nieder.

Frau Petigrew lachte wieder, und als fte Francesca das Abendessen brachte, ließ fie auch eine Lampe zurück.

Als Francesca fich gesättigt hatte, holte fte den Waffer

Ihre Mutter wurde fortgeschleppt, fie wurden gewaltfam frug aus der Kammer. Ihr Geficht war bleich, und ihre Au

von einander getrennt, fie, die vordem auch nicht einen Tag

getrennt gewesen waren.

Sie mußte ihrer Mutter Hilfe bringen, fie mußte fle retten. Wenn sie nur frei wäre, fönnte fte den Weg nach

gen glühten. Sie hatte den verzweifelten Entschluß gefaßt, ihr Leben an die Freiheit zu wagen. Jeßt, da ihre Mutter nicht mehr unter diesem entseglichen Dache war, mußte auch fte entfliehen.

London auffinden. Dann wollte fie nach dem Handlungshause befand, von der Wand herunter und zerschnigelte es mit ihrem

gehen, in welchem Rupert Buchhalter war, um fich nach ihm zu erfundigen und endlich zu Myra Barth.

Diese war reich, edel und flug genug, um ihr erfolgreich beizustehen. Myra Barth würde ihr die unverhüllte Wahrheit über Rupert und Milly fagen und ihr helfen, die Mutter zu

Sie riß das Geschirrbrett, das sich in dem Kämmerchen Federmesser in ganz kleine Stücke, dann trennte sie die alten Riffen ihres Lehnseffels auf und zog das Stroh und das See­gias, mit welchen dieselben gefüllt waren heraus. Als fie mit Diefer Aufgabe fertig war, hob fie den Teppich vom Boden auf und schnitt ihn in drei Theile. Das Stroh, das Seegras

Spalten und Riffe, um den Rauch so lange als möglich aus ihrem Bimmer fern zu halten. Zufrieden mit dem, was fie vollbracht, trat fie vor die zerbrochene Scheibe, um die ein­dringende frische Luft einzuathmen. Draußen war Alles still. Kein Blatt regte fich, feine Grille zirpte, aber nach einigen Sekunden begann es nebenan zu Inistern und zu trachen. Ein wenig Rauch stahl fich bis zu ihr. Das Haus war alt und das vertrocknete Holz lieferte ein ausgezeichnetes Feuer ungsmaterial. Das Krachen und das Emporzüngeln der Flamme wurde lauter und lauter, und Francesca wunderte fich, daß ihre Wächterin nichts davon hörte. Die Scheiben zerbrachen, und als die freie Luft das Feuer berührte, schlug es mächtig und heulend in die Höhe. Es dauerte mehr als eine halbe Stunde, ehe ein gewaltiger Krach das Gebäude erschütterte. Was fie gewünscht war geschehen, der Fenster­laden war aus seinen Angeln gefallen. Ihr eigenes Bimmer füllte fich mit Rauch. Sie öffnete vorsichtig die Kammer­thür. Das Fenster war ausgebrannt, und die Flammen ringelten fich an den Balken der Decke weiter. Die alten Bäume draußen waren von dem röthlichen Licht des Feuers übergossen. Zwischen Francesca und der Außenwelt lag_nur noch das brennende Rämmerchen, wenn es ihr gelang, dasselbe zu durcheilen, dann war fie frei! Sie hüllte sich in einen Theil des Teppichs, den andern tränkte fte mit dem Wasser aus ibrem Kruge und warf den naffen Streifen über den mit glühenden Holzstücken überstreuten Boden, und auch das dritte Ende des Teppichs erfassend und vorsichtig vor sich herhaltend, stürzte fie fich auf die Fensterhöhle zu. Die Flammen Loderten über ihr und um sie her. Der Rauch rollte in dichten Wolken in das von ihr verlassene Simmer.

Sie hatte jede Bewegung genau vorher überlegt. Mit ihren Zähnen hielt fie das Stud Teppich, das ihren Kopf bea