Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 144.

Poftreisen in Sibirien .

( Aus: Henry Lansdell , Durch Sibirien .)

Wenn Jemand mit der Post in Rußland reisen will, so muß er vor allen Dingen eine Bodorojna oder Erlaubnisschein haben, von der es drei Arten giebt. Die erste ist eine Kurier­podorojna, gewöhnlich von Passagieren gebraucht, die in größter Gile in wichtigen, gewöhnlich Regierungsgeschäften reifen. Jeder Postmeister hat drei Pferde in Reserve für den Fall, daß ein Kurier ankommen sollte. In diesem Falle ist nur eine gewiffe Anzahl von Minuten gestattet, um die Pferde zu wechseln, und fort geht der Kurier in athemloser Haft.-Nr. 2 ift eine Kronpodorojna, die von den Postillonen, die nicht lesen können, daran erkannt wird, daß fie zwei Siegel hat. Für diese zahlt man nichts, und gewöhnlich giebt man ste Offizieren und Personen im Dienste der Regierung, bisweilen auch besonders begünstigten Privatpersonen. Der Inhaber paffirt Brücken und Fähren frei und braucht nichts für das Schmieren der Räder zu zahlen; der Hauptvortheil aber ist der, daß, wenn es an Pferden mangelt, der Inhaber einer Kron­podorojna allen übrigen vorgeht. Bodorojna Nr. 3 ist die, wel­che von gewöhnlichen Reisenden gebraucht wird, für die man gleich zu Anfang nach einer bestimmten Tare eine unbedeutende Summe pro Werst je nach der zu durchfahrenden Entfernung zu bezahlen hat.

Und nun, nachdem du deine Podorojna dir verschafit, ist dein nächstes Geschäft, dir ein Fuhrwerk zu besorgen. Nimmst du einfach das, wozu deine Podorojna dich berechtigt, so ist es ein unbedeckter, fiß- und federloser, halb zylindrischer Karren, an Ringen befestigt, die zwei hölzerne Achsen verbinden und aus dem du dich und deine Bagage aus- und umpacken mußt. Das heißt pericladroi" reisen. Vor diesem Geschick, lieber Leser, möge der Himmel dich bewahren! Nein, besser kauf' dir selber einen Wagen. Das Gefährt, welches ich eben beschrieben habe, geht unter dem allgemeinen Namen Tarantas. Das, was Du Dir taufft, wenn es auch in mancher Beziehung ähn­lich ist und von vielen auch Tarantaß genannt wird, wird von den Postillonen mit der Bezeichnung ,,, Equipage" beehrt. Gleich dem anderen ruht es auf Bäumen, die als Federn dienen, aber das ganze Gestell des Wagens ist von Eisen( wie auch die Achsen), hat einen Sig für den Kutscher und ein Dach mit Gardine und Schußleder, worunter man bei Tage fißen und bei Nacht schlafen fann.

Bum Packen des Wagens gehört vor allen Dingen die Erfahrung eines Sibiriers. Besonders vermeide Kisten wie die Best! Die Eden und Kanten schinden und quetschen Dir den Rücken und die Beine in grausamſter Weise. Lieber wähle platte Reisetaschen und weiche Bündel, und breite ste auf ein Lager von Heu auf den Boden der Tarantaß; dann lege darüber eine dünne Matraße und darüber einen dicken Raminteppich. Als wir nach Tjumen tamen, wurden wir von Frauen mit diesen Teppichen förmlich belagert. Da ich ihren 3wed nicht fannte, so fonnte ich aus ihrem Benehmen gar nicht flug werden. Wäre mein Reisegefährte eine Dame ge wesen, so hätte ich auf den Gedanken fommen können, daß fie uns auf der Hochzeitsreise befindlich glaubten und im Begriffe, unseren Haushalt einzurichten. Aber ich dachte nicht im entferntesten an so etwas und jagte die Frauen weg. Als ich aber durch die Erfahrung lernte, zu welchem Zwecke die Teppiche dienten, bedauerte ich, feinen getauft zu haben. Dann stelle dir in den Rücken des Wagens zwei oder mehrere Kiffen von den weichsten Daunen, bestelle ste dir aber im vor­aus, weil man diese Dinge kaufen muß, wie man gerade Ge­legenheit dazu hat. Wenn eine Hausfrau ein Federkissen fertig hat, welches fie verkaufen will, so bringt sie es nach Jekaterin burg zu Markte, wenn du aber so ein Ding an einem bestimm­ten Tage brauchst, so kannst du die ganze Stadt absuchen, ohne eins zu finden.

Nun steig ein, bedecke deine Beine mit einer Decke und paß auf, wie die Pferde angeschirrt werden. Sibirische Post­pferde find häßlich anzusehen, aber es sind ausgezeichnete Thiere im Gange. Eine Striegel berührt wahrscheinlich nie ihr Haar, aber unter dem vereinten Einflusse von Schmeicheln, Schelten, Fluchen und Beitsche nehmen sie einen Gang an,

Nemesis.

Eine Bühnenerinnerung von W. Niedermann. ( Aus der Frankfurter Zeitung. ") ( Fortsetzung.)

Fast unheimlich muthete ihn dies Fleischwerden seiner innersten Empfindungen an in einer nahezu fremden Person; fe ließ ihm feine Zeit, darüber zu brüten, die Thräne zwis schen ihrer Wimper rig seine Hand nun freiwillig zu der ihrigen, gegen den Bauber gab es feinen Widerstand Reuem spürte er den intensivsten Schlag durch sein ganzes physisches Wesen, nur noch gewaltiger als zuvor.

und von

Rette mich!" lang es plöglich zu ihm empor; denn ste war sehr flein und so dicht zu ihm herangetreten, daß er auf fie nieberblicken mußte. Es lag in ihrer Haltung der heiße Wunsch, sich an ihn zu schmiegen, nur gebändigt von einer mädchenhaften Scheu. Er blidte in ein Auge von reinstem Aryftallglanz, ohne Farbe, nur tief, namenlos tief. Nicht zwei Sefunden hatte er hineingeschaut, so gab es für ihn feinen Bunsch mehr, als ewig selig fich darin zu versenken.

Er wußte nicht, wie er auf einmal draußen stand und wie die Thüre hinter ihnen leise zufiel. Doch lange Jahre nachher erinnerte er sich, daß ihm auf einen Augenblid damals wie durch ferne Nebel die Erzählungen von Ertrintenden vor­geschwebt hätten, die, fich an ihre Retter anflammernd, beide in die Tiefe ziehen.

Schlangenartig umwand fie ihn plöglich und erstickte im beißen Ruß alles Denfen: Komm- wir haben in ein paar Minuten Alles fertig, um mit dem Frühzug südwärts zu

fahren."

II.

Wenige Jahre später war es, wo sich die Saison der

Sonnabend, den 20. September 1884.

den man in England als rasenden Lauf bezeichnen würde. Sie find fleiner als die englischen Pferde, aber viel aus­dauernder, und werden zu 2, 3, 4 und selbst 5 und mehr nebeneinander gespannt. Wenn der Kutscher oder Jemtschik seinen Sig eingenommen hat, stehen die Pferde auch nicht eine Minute länger. In der That werden in einigen Distrikten die Köpfe der Pferde gehalten, während der Kutscher aufsteigt, und Sobald losgelaffen, stürmen Sie mit einem Sage davon. Und nun beginnen deine Bein und deine Qualen. Die Unebenheit der Straßen und der Mangel an Federn verursachen ein solches Schütteln, daß schon beim bloßen Gedanken daran einem die Glieder weh thun. Denke fich der Leser z. B. in die Lage, einen Hügel hinabzufahren, zu dessen Füßen ein Fluß ist, über den eine Knüppelbrücke führt. Die gewöhnliche Tarantaß hat keine scharfen Gebisse, die beiden Außenpferde find lose angespannt und das mittelste in der Schere hat fein Hintergeschirr. Die ganze Wucht des Fuhrwerks legt fich deswegen auf sein Kummet, und die erste Hälfte des Hügels geht es so langsam als möglich bergab. Aber bald geht es schneller und schneller, einmal, weil das Stangenpferd den Wagen nicht halten kann, und dann, weil man einen Anlauf nehmen will, um den gegenüberliegenden Hügel zu gewinnen. Alle drei Pferde werden deswegen allmählich fortgeriffen, und noch lange bevor die Brücke erreicht ist, geht es in sausendem Galopp, und jeder muß fich festhalten. Die Brücke kommt näher und näher, und jezt kommt der fürchterlichste Augenblick. Es ist höchst wahrscheinlich, um nicht zu sagen gewiß, daß der Regen die Erde gut sechs Zoll unter dem ersten Brückenbalken hinweggewaschen hat, und nun geht's: Bumms! die Vorder­räder, und abermals Bumms! die Hinterräder, während Was gen und Kutscher gleich hoch in die Luft fliegen. Ich habe eine lebhafte Erinnerung an diese Stöße beim Erklettern der Brücken, durch die wir bisweilen so hoch flogen, daß wir auf der Reise von Archangel nach dem Onegasee das Dach entfernt hatten, um nicht mit unseren Schädeln dagegen zu stoßen.

Die Pferde werden etwa alle 10 oder 15 Meilen ge­wechselt, und jeder neue Postillon erwartet ein Trinkgeld, euphemistisch, Theegeld" genannt. Von der Höhe des Trink­geldes hängt die Schnelligkeit der Fahrt ab. Man giebt ge­wöhnlich 10 Ropefen; aber wir fanden, daß 15 Kopeken die Burschen in beffere Laune brachten, und so legten wir 100 bis 130 Meilen an einem Tage zurück. Wie schnell man reisen fann, möge der Leser selbst beurtheilen aus einer Geschichte, die man uns in Tjumen von einem Generalgouverneur von Ditfibirien erzählte, deffen Anwesenheit der verstorbene Kaiser urplöglich in Petersburg verlangte, eine Entfernung von 3700( englische) Meilen von Irkutst. Der General wurde in eine Bärenhaut gesteckt, wie ein Bündel eingewickelt, in einen Schlitten gesezt, und in elf Tagen nach der Hauptstadt ge­bracht. Viele Pferde stürzten auf dem Wege todt nieder, ein Ohr wurde jedem als Zeugniß deffen abgeschnitten und die Reise fortgesetzt.

Die Posthäuser find ebenso wie die Postpferde Eigenthum der Regierung und von sehr verschiedener Güte, von den besten die ganz das Ansehen und den Komfort eines in gutem Stande befindlichen englischen Bauernhauses oder ländlichen Wirthshauses haben herab bis zu den schlechtesten, die wenig besser sind als Hütten. Gewisse Einrichtungen haben fte jedoch alle gemein. Tritt man ein, so findet man auf der einen Seite der Thür einen Raum, in dem die Postbeamten mit ihren Kindern wohnen, an der anderen ein oder mehrere für die Gäfte refervirte Zimmer. Das Gastzimmer enthält nie weniger als folgende Dinge: einen Tisch, einen Stuhl, einen Leuchter, ein Bett, oder beffer eine Bant, ein Ikon oder Heiligenbild, einen Spiegel und verschiedene Notizen im Rahmen. Eine dieser Notizen ist ein Tarif für Speisen und Getränke, aber bei Leibe darf man nicht einen Augenblick daran denken, daß man für irgend eine Summe sich die darauf be­zeichneten Lurusartikel faufen könnte, sondern die Regierung läßt jeden Posthalter einen Erlaubnißschein für den Victualien handel lösen, auf dem die Preise angegeben sind für die Delikatessen, die er verkaufen tönnte, wenn er fie nämlich hätte! Allerdings kann man sich darauf verlassen, auf jeder

falls engagirten Ottilie zu. Und doch betrachteten fich Direktor und Liebhaber heimlich mit dem tödtlichsten Haß und suchten die Nähe dieses Geschöpfes auf, die weit weniger schön, weit weniger jung als Frau und Braut war.

Steffen Langer aus Glogau fand fich damals noch häufig auf den Repertoiren. Es mußte als eine Art Caprize er­scheinen, daß der elegante Liebhaber die Rolle des bärbeißigen Naturburschen spielen wollte. Was den Czaar betrifft, so traf bei seinem Vertreter dem Direktor der übliche Ausdruck zu: Die Rolle war ihm wie auf den Leib geschrieben, diesem ro­busten, schwarzen Mann mit der ehernen Stimme und den Fallenaugen.

,, Kerl, richte den Schlauch dort auf den unteren Stod, oder dich soll ein heiliges Kreuzdonnerwetter!" schrie Steffen am Schluß des ersten Attes und warf mit einer Kraft, die bei dem schlanken jungen Mann überraschte, den Choristen, der den Feuerwehrmann spielte, zurück. Doch brutal mußte man es nennen, wie er die statistirenden Theaterarbeiter gleichfalls von sich schleuderte, als sie ihn mit den Worten:

Hilfe, packt den Bösewicht!" umzingeln wollten. Man wun­derte sich im Zuschauerraum über das unnatürliche Fallen der meist so unbehilflichen Leute, während den hinter den Coulissen Stehenden die zitternden Lippen und das funkelnde Auge des jungen Mannes zeugte, daß Angriff und Abwehr bittrer Ernst gewesen.

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Der Vorhang war über dem Brasseln der Flammen und dem Palasteinsturz gefallen. Niemand rührte sich, die Sprige wegzubringen oder die Dekorationen zu wechseln. Mit Latten­stücken bewaffnet oder geballten Fäusten und unheimlichem Ausdruck auf den bärtigen Gefichtern standen die Arbeiter zwischen den Coulissen, bis der eine der Weggeschleuderten feuchend vor Wuth herbeihinkte und, vor dem Direktor fich aufpflanzend, die Worte ausstieg: Jest ist's gerade genug! der Zufall ihr eine Anzahl bedeutender Kräfte zuführte, theils Er oder wir! So haben wir's alle heut ausgemacht. schon Künstler von Ruf, theils junge Leute, die heute Zierden Wir find arme Leute, Herr Direktor, aber eh' wir so'n von Hoftheatern find. Auch das gebildete Element fehlte nicht, Brot länger effen, wollen wir betteln. Bu so' nem Standal die Oper zählte drei Doktoren in ihrer Mitte. Im Schaus find wir nicht mehr behilflich. Tag und Nacht kujonirt er spiele exzellirte ein Komiker, der in Shakespeare 'schen Gestalten uns auf Proben herum, blos damit er beständig mit dem seine Braut aber hat er Döring gleichfam und später eine echte KomilerCarrière machte Weibsbild zusammen sein kann; er starb im Frrenhaus. Der damalige Direktor hat jest gestern angeranzt, daß fie laum vor uns die Thränen ver sint. vor seinem Titel; der Liebhaber ist einer der größten bergen konnte. Dies gute Weibchen, die mit uns so freundlich Bonvivants geworden, dem das deutsche Theater sogar manche ist, die schuld ist, daß meine Frau nach ihrer Krankheit doch hübsche Arbeit zu danken hat. Des ersteren Frau war eine wieder die Stelle an den Logen friegte! Es ist Ihre Sache, junonische Gestalt, eine unerreichte Elisabeth; der lettere hatte ob Sie ihm die Regie länger laffen, aber uns soll er nicht fich damals furz zuvor verlobt mit einem elfenhaften jungen länger regieren! Blos wenn wir weichen müssen, soll Wesen, deren bescheidener Liebreiz sogar kollegialische Läster­er erst spüren, was es heißt" Die drohend geschwungenen Lattenstücke sanken und die Herandrängenden wichen, als das zungen lahm legte, obwohl sie auch als jugendliche Naive be Auge des Direktors im Kreise herum fuhr und seine Hand Und doch jauchzte das Publikum am lebhaftesten der eben gebieterisch winkte. Es lag bei aller Wucht eine unwidersteh­

deutend war.

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1. Jahrgang.

Station fochendes Waffer und wahrscheinlich auch etwas Schwar brot zu bekommen, aber darüber hinaus ist alles ungewiß Soviel ist sicher, man muß seinen eigenen Proviant mitnehmen, und dafür eignet sich der Winter besser als der Sommer weil man dann einfach das Fleisch gefrieren läßt und ge gebenenfalls ein Stück mit dem Beile davon haut. Auc führt jeder Reisende in Rußland Thee und Zucker mit sich dazu fügten wir eine kleine Quantität Fleisch in Zinnbüchsen frische Butter, Anchovis und Marmelade, legte beiden als be sonders geeignet für den Fall, daß wir auf Schwarzbrot redu zirt waren.

Das find so einige Züge von einer Reise in der Tarantaj!

Lokales.

r. Die vielbeklagten Uebelstände des Dönhoffsplay­Wochenmarktes nehmen in letter Zeit eine gefährliche Gestal an. Um den Plaz nach der Süd- und Ostseite zu verlassen fürzen viele der Leute, die dort zu thun haben, ihren Weg da durch ab, daß fie, was allerdings nur mit vielen Mühen mög lich ist, sich durch die an diesen beiden Seiten aufgefahrene dreifache Wagenburg hindurch zu winden versuchen. Wie ge fährlich dies ist, mußte am legten Markttage ein Arbeiter er fahren, der bei dieser Gelegenheit von dem Pferde eines Fleischerwagens so furchtbar ins Geficht gebissen wurde, daß er ohnmächtig vor Schmerz zu Boden fiel. Da die Aufmert samteit aller Umstehenden fich zunächst dem Verunglückten zu wendete, so benußte der Führer des betreffenden Wagens diese günstige Gelegenheit, um unbemerkt mit seinem Fuhrwerk zu entkommen; noch rechtzeitig wurde dies bemerkt, man eilte dem im tollen Trabe davon fahrenden Wagen nach und einige beherzte Männer versuchten, das Gefährt festzuhalten, wobei ein großer aufgerollter Leinewand- Plan vom Wagen herabfiel; diesen einzubüßen, mochte der Fleischer wohl keine Lust haben denn er hielt bald darauf selbst an und kehrte nach dem Markt zurüd.

a. Das strafrechtliche Einschreiten gegen diejenigen Hauswirthe, welche Prostituirte in ihren Häusern dulden, wegen Kuppelei, welches seit einigen Jahren erfolgt, hat zur Folge gehabt, daß zahlreiche Hausbefizer, die sonst das Treiben der artiger Personen in ihren Häusern stillschweind geduldet haben, iegt mit änßerster Strenge dagegen einschreiten, sobald sie von diesem Treiben Kenntniß erhalten; und nur noch in sehr wenigen Häusern vermögen Prostituirte resp. Personen, welche gewerbsmäßig Prostituirte bei sich aufnehmen; anstandslos ein Unterkommen zu erlangen. Diese leider in dem großen Berlin zahlreich vorhandenen Personen bedienen fich demzufolge seil einigen Jahren verschiedener Kunstgriffe, um Hauswirthe zun Vermiethung von Wohnungen an sie zu veranlassen. Ein der artiges seit Kurzem aufgetauchtes Manöver, dessen sich Prostituirte zur Täuschung der Hauswirthe, behufs Erlangung von Wohnungen bedienen, wollen wir zur Warnung mittheilen: Es erscheint bei einem Hauswirth, der Wohnungen zu ver miethen hat, eine anständig gekleidete Frau, welche eine Wohnung zu miethen wünscht, ihren Namen nennt und fich als Wittwe bezeichnet, und die Angabe macht, daß fie vor einigen Tagen von einem auswärtigen Orte nach Berlin gezogen sei, ihr Mobiliar in einem Speicher stehen und bis zum Ablauf des Quartals fich in einem von ihr näher bezeichneten Hotel einquartirt habe. Die Dame leistet eine entsprechende Anzahlung auf den Mieths zins und bittet, den gestempelten Vliethsvertrag dem Por tier des Hotels zuzusenden, welcher auch in der Lage sei, ihre Angaben zu bestätigen. Begiebt sich sodann ein vorsich tiger Wirth selbst zu dem Hotelportier, so werden von diesem die Angaben der neuen Mietherin über ihre Person voll be stätigt. Sobald die Mietherin eingezogen ist, stellt sich heraus daß fie schon seit Jahren in Berlin gewohnt und daß ihre lügnerischen Angaben, von Auswärts hierher verzogen zu sein und im Hotel zu logiren, nur den Zweck hatten, eine Nach frage des Hauswirths in dem Hause ihrer bisherigen Wohnung nach ihrer Person zu verhüten. Einen Ermissionsgrund ge währen diese lügnerischen Vorspiegelungen nicht ohne Weiteres, und ebensowenig vermag der Wirth, sobald die Mietherin in

liche Milde in dem Ton der Stimme, mit dem er ohn Haft erwiderte: Geht sofort an Eure Posten. Stört mi die Vorstellung nicht, sondern vertraut darauf, daß ich mor gen nach genauer Untersuchung Jedem sein Recht geber werde!"

Die Meuterer zerstreuten sich; Seile knarrten, Dekoratio nen wurden geschoben, eilige Füße tappten über die halb dunkle Bühne; ganz vorne waren einzig die beider Männer Aug' in Auge unmittelbar hinter der Gardine steher geblieben.

,, Daß Sie mit dem Back noch so viele Umstände machen!' warf der Liebhaber mit fünstlicher Ruhe hin.

Sie haben früher nicht so geredet!" grollie der Direktor mit Anstrengung seine Stimme dämpfend. Mich gehen Ihre Privatverhältnisse nichts an. Aber wenn die Verwirrung in Ihrem Innern so meit gediehen ist, daß mein Geschäft davon tangirt wird, hab' ich doch wohl das Recht, drein zu reden Sie mißhandeln Ihre Braut, quälen meine Leute, weil Si mit sich selbst unzufrieden sind und Gewissensbiffe Sie plagen

Wirklich? Und was plagte Sie denn gestern, dem Fräulein Ottilie in den dunklen Garderobegang nachzulaufen um fie unbemerkt zu füffen? Wollten Sie etwa ihre Taillen weite als Pariser Taugenichts prüfen?" Die Impertinenz des Tones und das Martiren der Worte mit den Spißen der Lad stiefel auf dem Fußboden brachte den älteren Mann nicht weni ger in Wuth als die Entdeckung, daß das von Beiden begehrt Weib dem Nebenbuhler günstiger zu sein schien. Aber von Sinnen mußte Jener sein, da er schonungslos fortfuhr:., Aha nun schweigt man! Natürlich, der Neid, der hirnzerfreffende -Weil ich nicht im Falle bin, seine Frau zu bedauern, wil er mir Mitleiden für meine Braut empfehlen, der Uneigen nüßige!"

Er fühlte sich plößlich mit furchtbarer Wucht von der beiden Fäusten des Gehöhnten vorn an der Brust gepackt Ganz leise und doch deutlich genug in all dem Wirrwar um ste herum zischte es an sein Ohr: Liebt ste diese Dämon?" Es war, als hätte der Stoß die ganze fünstlich Beherrschung des Jünglings über den Haufen geworfen, f

aus:" War es Ihr Ueberzieher, der im Vorzimmer lag, gestern als ich nicht vorgelassen wurde?"

Wie vom Blig getroffen sanken die kräftigen Fäuste des Direktors am Leibe herab. Schminke und Bart verhüllten seir Entsegen und sein Gegner konnte diesmal den unheimlicher Flüsterton nicht vernehmen: Beide genarrt- also nicht ein mal Dämon nur ein gewöhnliches gemeines 0- pfui!" Aber der Andere hielt das Schweigen niß und legte nun außer sich die Hände auf di

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