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NoIMM-«rbrvNchk. Berlin , 20. Oktober. Dem Reichstag , der am 10. November, also in di Wochen wieder zusammentritt, soll, wie wir schon mit- theilten, der Reichshaushalts-Etat sosort zugehen. Auf die Tagesordnung der ersten Sitzung rst der Entwurf betr. Abänderung des GerichtSverfassungs- Gesetzes und der Strafprozeßordnung gesetzt; als Referent fungirt der Abg. Lenzmann. Vertreter unserer Fraktion in der betr. Kommission waren die Abgeordneten Stadthagen und Frohme. Es verlautet und es liegt dies auch als Nothwendigkeit in der augenblicklichen Lage daß sehr bedeutende M ehrfordernngen für Militär, Marine und unsere Kolonien verlangt werden. Ob der Etat alle Forderungen sofort enthalten wird, ist zweifelhaft. Es is> nicht unwahrscheinlich, daß man früherer Praxis entsprechend die Forderungen stückweise vorbringen wird, um nicht durch allzugroße Ziffern zu erschrecken. Wie dem sei für alle Parteien, welche darauf Anspruch machen, das Interesse des Volkes zu wahren, ist es eine unabweisbare Pflicht, diese Forderungen kurzerhand abzuweisen. In jüngster Zeit ist die Stimmung für den M i l i- tarismus durch das Karlsruher Offiziers- Ehren-Ver- brechen nicht gebessert worden; die Mangelhaftigkeit unserer Marine ist durch den Untergang deSIltis" und die Wurmstichigkeit, Steuerlosigkeit und Verfahrenheit unserer Kolonialpolitik durch die sensationellen Enthüllungen des bisherigen Kolonialdirektors Kayscr so grell beleuchtet worden, daß die Volksvertretung sich dem Eindruck dieser symptomatischen und charakteristischen Thatsachen unmöglich verschließen kann. Selbst daS an dem Justizraih Levy verübte Ver- brechen scheut die manchestcrliche Presse sich nicht, zum Ausgangspunkt ihrer profitgierigcn Angriffe gegen die Sonntagsruhe zu machen. Bekanntlich war die polizeiliche Bekanntmachung über den Mord nicht Sonntags, sondern erst an dem darauf folgenden Montag an den Anschlag. faulen zu finden. DieVossische Zeitung" sucht nun in einem spaltenlangen Artikel ihren Lesern weiß zu machen, an dieser späten Veröffentlichnng seien die gesetzlichen Be- stimmungen über Sonntagsruhe schuld gewesen und wünscht, daß den Behörden endlich darüber die Augen aufgehen, daß nicht nur kapitalistische Ausbeutungsgier, sondern auch die Interessen der Polizei die Aufhebung der Sonntagsruhe- Bestimmungen erfordern. Für wie dumm und kenntnißlos muß doch die alte Tante Voß ihre Leser halten! Erstlich sieht die Gewerbe- Ordnung ausdrücklich eine Aus- nähme von der Sonntagsruhe für Fälle schleuniger Be- kanntmachungen vor. In Z 105 c heißt es wörtlich: Die Bestimmungen des ß 105b �über Sonntagsruhe) finden keine Anwendung: 1. auf Arbeiten, welche in Nothfällen oder im öffentlichenJnteresse unverzüglich vorgenommen werden müssen". Demnach hätte ungeachtet der Sonntagsruhe-Bestimmnugen bereits um spätestens 8 Uhr morgens des Sonntags an allen Anschlagsäulen und sonstwo die polizeiliche Bekannt- machung, selbst wenn sie bei den Vossischen Erben bestellt wäre, prangen dürfen. Ueberdies steht der Polizei das Recht zu, selbst derartige Druckarbeiten vorzunehmen sie ist hieran eben so wenig wir an der Ausübung ihrer sonstigen Thätigkeiten irgend wie durch die Sonntagsruhe beschränkt. DieKöniglich privilcgirte Berlinische Zeitung von Staats- und gelehrten Sachen" sollte den Rest ihres Schamgefühls zusammensuchen, um wegen ihres frivolen, zynischen Versuches, ein Mordverbrechen zur Begeiferung der Sonntagsruhe zu mißbrauchen, zu erröthen. Oder will sie jedesRoth" verleugnen? Schmeicheleien der liebenswürdigen Marianna durch den jungen Ritter hätten erwidert werden können. Signora," antwortete er daher mit vielem Ernst, in welchem zugleich einige Verachtung gegen die Angeredete nicht zu verkennen war,ich habe noch nicht lange genug unter den furchtbaren Szenen, die uns umgeben, zu- gebracht, um mein Herz und meinen Geist gegen alles Weh verhärten zu können. Genießet des Lebens, wenn Ihr es vermögt und pflücket die Rosen selbst von den Gräbern, aber mich kann jetzt die Schönheit nicht entzücken, und die Liebe scheint mir verfinstert durch die Schatten des Todes. Verzecht mir und lebt wohl!" So geh denn," sagte die Florentinerin verletzt nnd aufgebracht über seine Kälte,geh und finde Deine Ge- liebte. Ich täuschte Dich, armer Thor, wie ich hoffte, zu Deinem eigenen Besten, als ich Dir erzählte, daß Irene (war das nicht ihr Name?) von Florenz abgereist sei. Ich weiß nichts von ihr und hörte nichts von ihr, außer was Du selbst mir sagtest. Geh zurück und durchsuche die Leichenhäuser und sieh dann, ob Du sie noch liebst!" (Fortsetzung folgt.) Mkevariptzes. K. Th. Ulmer, Bureaukratismus in der Schule. Grundlose Ausweisung eines Schülers aus einem badischen Realgymnasium. Stuttgart , Rod. Lutz, 1LS6. 44 S. 50 Pf. Die Broschüre behandelt einen jener bekannten Konflikte zwischen Schule und Haus, die zu entstehen pflegen. wenn Eltern von Schulkindern sich Anordnungen der Schule widersetzen. Aus dem Karlsruher Realgymnasium wurde im Dezember 1805 ein Quartanerwegen wieder- Holter, durch seinen Vater ihm anbefohlener Auflehnung gegen rechtmäßig getroffene disziplinare Maßregeln der Schule" ausgewiesen. In der Hauptsache handelte es sich darum, daß der Vater nicht geduldet hatte, daß sein Sohn einen angeblichen Arrest in der Wohnung des Lehrers abmachte, nnd Einspruch dagegen erhoben hatte, daß die Schule eigenmächtig über die freie Zeit der Schüler verfügt, indem sie die Zeit für den Arrest oder für besondere, nicht stundenplanmäßtge Uebungsstunden" nach Belieben bestimmt. Nachdem die An- gelegenheit den Oberschulrath, das Unterrichtsministerium, den badischen Landtag und die Presse beschäftigt hat, übergiebt der Vater jetzt der Oeffeutlichkeit eine akten- mäßige Darstellung. Er meint, der böse Ausgang seiner Sache sei im wesentlichen eine Folge deS auch in der Schule herrschenden Bureaukratismus; ich habe mich aber auf grund seiner Darstellung nicht völlig davon zu überzeugen vermocht, daß in dem vorliegenden Falle nur von der einen Seite Fehler gemacht worden sind. Das Schriftchen wird besonders Eltern interessiren, die ähnliche Kämpfe gegen die Schule auszufechten hatten, well sie ihre Kinder nicht zur Theilnahme an Religions- fwnden oder an Sedanfeiern und dergleichen Veranstaltungen zwingen lassen wollten.-r. Schulz TreSde», Karl Theodor . Kleine und große Kinder. Lebens- und Stimmungsbilder. Berlin . Schuster u. Löffler. Gezuckerter Quark! OrdimngSParteiliches Blech. In der national- liberalen und sonstigen Reaktionspresse befindet sich folgender Waschzettel: Berlin , 18. Oktober. Der sozialdemokratische Parteiführer Liebknecht hat vor einiger Zeit sich dahin ausgesprochen, daß das demokratische Prinzip bei der Sozialdemokratie nur so lange Gel- tung haben werde, als diese noch nicht die politische Macht be- sitzt. Sollte einmal der Sozialistenstaat ins Leben getreten sein, so würde statt der Majorität die Autorität herrschen. DaS Liebkuecht'sche Bekenntrnß findet nun auch in der sozial- demokratischenNeuen Zeit" Bestätigung. Dort heißt es:Für die Sozialdemokratie sind demokratische Einrichtungen nur Mittel zum Zweck, nicht Selbstzweck." Und weiter:Einstimmig tritt die Sozialdemokratie für das geheime Wahlrecht ein. Aber niemand wird behaupten können, daß die geheime Stimm- abgäbe ohne weiteres eine Forderung des demokratischen Prinzips sei. Sie hat au sich nichts mit ihm zu thun, sondern ist ein nothweudiges Uebel, bedingt durch die ökonomische Abhängigkeit des einen Theiles der Wähler vom anderen, eine Schutzwehr der unabhängige» Stimmabgabe. In den Anfängen der Demokratie unbekannt, wird sie voraussichtlich eines Tages, weil überflüssig geworden, wieder verschwinden." Die Anhänger der Sozialdemokratie können daraus ersehen, wie unsicher diedemokratischen Errungenschaften" bei der Sozial- demokratie aufgehoben sind. Es ist nach obigen Worten garnickt daran zu zweifeln, daß die geheime Stimmabgabe sofort überflüssig werden und verschwinden würde, wenn die Sozialdeniokratie an die Herrschaft gelangte, da dann die angebliche Vorbedingung, dieökonomische Abhängigkeit", fehlen würde. Daß an stelle dieser Abhängigkeit die sklavische Unterordnung unter das Re- giment derGenossen" treten würde, verschiveige» natürlich die leitenden Sozialdemokraten. So der nationalliberale Waschzettel. Natürlich hat Liebknecht den ihm in den Mund gelegten Blödsinn nicht gesagt. Und was die Aeußerung derNeuen Zeit" betrifft, so ist sie in einer Weise mißverstauden worden, die bei einem normal funktionirenden Hirn einfach unmöglich wäre. Der »ationalliberale Skribifax, der nicht einmal die gemein- plätzige liberale Wahrheit begriffen hat, daß der Staat der Menschen wegen da ist und die Menschen nicht des Staats wegen, begreift auch nicht, daß eine politische Einrichtung, die ihren Zweck erfüllt hat, abzuschaffen ist. Die geheime Abstimmung ist hente nothwendig als Schutz des Wählers gegen politische und ökonomische Unter- drückung. Ist dieser Unterdrückung ein Ende gemacht, wie die Sozialdemokratie es erstrebt und auch erreichen wird, so hat diese Schutzeinrichtung keinen Sinn. Und eine zur Begründung der Demokratie nothwendige Einrichtung ab- schaffen, nachdem die Demokratie begründet ift, das soll undemokratisch sein! O heilige Hirnerweichung! Tie böse Statistik! Ein hiesiges Blatt will berechnet haben, daß die jüdischen Studenten im Verhältniß der Zahl weit weniger Verbrechen begehen, als die christlichen Studenten. Das Verhältniß sei 3 zu 7 bis 8. Ob diese Ziffern richtig sind, bleibe dahingestellt. Gewiß ist, daß im allgemeinen die Juden im Verhältniß der Zahl ein geringeres Kontingent der Vcrbrecher-Armee stellen als die Christen". Das hat aber mit Raffe, Religion und Nationalität gar nichts zu thun, und entspringt der ebenso bekannten als natürlichen Thatsache, daß die besitzenden Klassen weniger Grund haben, gegen die im Interesse der besitzen- den Klassen gemachten Gesetze zu verstoßen, als die nicht besitzenden Klassen. Und da die Juden durch die Verfolgungen des Mittelalters, die ihnen die produktive Arbeit verschlossen, zum Gelderwerb und zur Kapitalbildung gezwungen wurden, so haben sie selbst- verständlich ein verhältnißmäßig größeres Kontingent zu den besitzenden Klaffen gestellt, als die christliche Be- völkernng. TerKreuz-Zeitung ", die das nicht begreift, verursacht die Entdeckung des liberalen Blattes arge Kopfschmerzen. Sie stöhnt und keift: Die Juden sind nichtbesser" wie die Christen; wohl aber sehr viel geriebener nnd schlauer, so daß sie der unmittelbaren Berührung mit den Gerichten entweder ganz entgehe», oder doch selbst da keine Handhaben zur Veruriheilung bieten, wo an der Schuld im sittliche» Sinne ein Zweifel kaum besteht. Dies ist»achgerade so bekannt, daß es den Eindruck des Anachronismus macht, wenn wir den Versuch, den edlen Inden anzupreisen, immer wieder erneuert sehen. An den glaubt»ie- maud mehr, das möge man sich endlich doch gesagt sein lassen. Nun, daß die Indenbesser" seien als die Christen, hat wohl niemand behauptet. DieKreuz-Zeitung " hat aber tausendmal behauptet, die Christen seien besser als die Juden. In ihrer Betrübniß tröstet sie fich damit, daß die »denschlauer" seien und dem Gesetz leichter ein chnippchen schlagen. Diese Resignation der Dummheit ist kostbar. Uebrigens möchten wir bei dieser Gelegenheit die brave Kreuz-Zeitung " daran erinnern, daß sie gleich anderen christlichen Kannegießern die Wurzel des Zerfalls der Türkei in der StabiNtät des Wiuhamedanismus erblickt, der sich nicht wie das Christenthum, weltklug den realen Verhältnissen anbequemen könne. Die Juden sindschlau", die Christenbequemen sich weltklug den realen Verhält- nissen an". Was ist der Unterschied? Was das Mora- lischere? Die französische Kammer ist auf den 27. d. M. heut über 8 Tage einberufen. Dann ist die Schon- zeit für Herrn Melius vorüber, und über dem Haupt der Regierung haben sich schwere Gewitter zusammengezogen. Die Katastrophe in Madagaskar , die Rcaktionsmaßrcgeln gegen die Sozialisten(Liller Skandale, Absetzung des sozia- listischen Maires Telory, Ausweisung Bebel's und Bueb's ze.), und das schamlose Liebäugeln der Regierung mit den Klerikalen bieten reichlichen Stoff für sofortige Angriffe, während die stets zunehmenden Finanzschwierigkeiten eine chronische Krise bilden, die jeder nicht auf radikale Abhilfe bedachten Regierung verderblich werden muß. Mehrere Interpellationen sind bereits angekündigt eine von G u e s d e in Sachen der Ausweisung Bueb's und Bebel's. Es lebe Polen ! so rief bekanntlich der jetzt fett und stumm gewordene F l o q u e t, heute französischer Regierungs- Republikaner, dem Großvater des jetzigen Zaren zu, als dieser zu Ende der sechziger Jahre Paris besuchte. Wer heute in Paris ruft:'Es lebe Polen !, wird eingesperrt. Ja man wird sogar eingesperrt auf den bloßen Verdacht hin: Es lebe Polen ! rufen zu w o l l e n. So erzählte vor- gestern im Pariser Matin" ein Pole namens S t a n i s- laus P a c e w i t s ch, er, der ruhig in Paris wohnt, sei einige Tage vor Ankunft des Zaren von der Polizei brutal verhaftet, und auf den Verdacht hin, daß er beim Einzug Väterchens" habedcmonstriren" wollen, neun Tage e i n g e s p e r r t w o r d e n, bis der Angstzar wieder über die Grenze gelangt war. Und ähnlich ist eS anderen Pole» ergangen. Es lebe Polen ." Das ist heute im kosakischen Europa ein verpönter Ruf. Desto lieber gehört wird der Ruf: Hoch Sibirien ! Hoch Armenien ! Hoch Kreta und Make- donien! Hoch alles, wasVäterchen" genehm ist! Sogar das freie und republikanische und selbst sozial- demokratische Armenien , Kreta und Makedonien erlaubt Väterchen" hoch leben zu lassen. Nur nicht Polen ! Und nur nicht daS freie Rußland . Da hört der Spaß D Deutsches Reich. Der Prozeß Auer un d G en o ssen wegen Ver- lstzung des preußischen VereinsgesetzcS wird am 10. November i» der Nevisions-Jnstanz vor dem Reichsgericht in Leipzig ver- handelt werden. Ueber die Enthüllungen des ehemaligen Kolonialdirektors Dr. Kayser sagt dieFrankfurter Zeitung ": -- In welchem Umfange die oberste Kolonialbehörde Machinationen der ve-r schieden st en Art aus- gesetzt gewesen ist, wie von ihr der krasseste Ehr- geiz offen und versteckt seine Befriedigung ge- fordert und bei Nichterfüllung mit seiner Rache gedroht und sie auch geübt hat, darüber liefern die Ausführungen des Kolonialdirektors, die an anderer Stelle dieses Blattes wiedergegeben sind, ei» ebenso anschauliches wie abschreckendes Bild, und es wird verständlich, daß selbst bei einem so überzeugten Kolonialpolitikcr, wie das Dr. Kayser ist, dadurch derBegeisterungsfonds" vollständig erschöpft wurde. Man sieht jetzt aber auch mit voller Klarheit, was an vielen der Männer ist, die jahrelang in der Kolonialpotilik das große Wort führten, und deren Einfluß so groß war, daß sich ihm auch der Leiter der Kolonialpolitik nicht ohne weiteres entziehen konnte. Das, was er in dieser Be- ziehung über die Einwirkung der Arendt, Peters, Schröder zu persönlichen Zwecken mitgetheilt hat, wirft ein erschreckend grelles Schlaglicht auf unsere inneren Ver- h ält nisse und zeigt, welche zweifelhafften Persön- lichkeiten sich in den Vordergrund zu drängen gewußt haben. Der freikonservative Abgeordnete Dr. Arendt nimmt keinen SInstand, mit verblümten Drohungen die weitere Verwendung von Dr. Peters in guter Stellung zu fordern. Er weist, nachdem er einegute Behandlung" des Dr. Peters verlangt hat, auf dessenmächtige Freunde" hin und fügt, damit dieser Hinweis auch richtig ver- standen werde, hinzu:er brauche nicht auseinanderzusetzen, was die? zu bedeuten habe." Freilich, ein solcher Wink war nicht gut zu verkennen, und es war unseres Erachtens eine falsche Rücksicht von Herrn Dr. Kayser auf die Abgeordneten- qualität des Dr. Arendt, daß er nicht unmittelbar nach diesem unqualifizirbaren Vorgehen das Gespräch und jegliche Beziehung zu ihm abbrach. So dieFrankfurter Zeitung ", deren weitere Ausführungen wir nicht wiederzugeben brauchen. Dr. Kayser hat offenbar die besten Absichten gehabt, aber es fehlte ihm die nöthige Charakterstärke, Entschlossenheit und Macht. um mit dem Gesindel, das die Kolonialpolitik als Geschäft be­treibt, aufräumen zu können. Der Nachfolger wird ebensowenig dazu im stände sein. DaS ist durch den Zickzackkurs und das bei uns herrschend« persön- liche Regiment ausgeschlossen. Ueber die Bäckerei-Verordnung ist, wie daS Bäckerinnungs-Organ mittheilt, gleich nach Eröffnung des Reichs- tages eine Interpellation in Aussicht genommen. Einige Bäcker- meister, die mit großem Gesellen- und Lehrlingspersonal arbeiten und trotzdem ihre Arbeit in 12 Stunden nicht erledigen konnten. haben das Personal vergrößert und lassen nun, um dieses auch während der übrigen Zeit zu verwenden, auch gegen Abend noch frisches Gebäck herstellen. Die Folge davon ist, daß fie das Publikum an sich ziehen, und daß die kleinen Bäckereien ihre Kunden verlieren. Das Jnnungsorgan meint, daß, wenn der Maximalarbeitstag noch ein Jahr besteht, dann die Hälfte aller Bäckereien vernichtet sein wird. Das badische Ministerium läßt, wie da? bayerische, Gr- Hebungen über die Schwierigkeiten, die sich bei der Durchführung der Bäckerei-Verordnnng ergeben haben sollen, vornehmen. An- scheinend handelt es sich um eine das ganze Reich betreffende Enquete. DaS Menschenopfer, welches in Karlsruhe auf dem Altar der Offiziersehre gebracht worden ist, hat im Ausland ungeheures Aussehen erregt, und die Zweifel, daß Deutschland zu den Kulturländern gehöre, beträchtlich vermehrt. Die englische» Blätter finden den Vorgang einfach unbegreiflich und das begreifen wir, weil die Engländer keinen Militaris- mus, keine Slandesehre und keinen Duell-Kultus haben. Aber auch die Franzosen , die selber noch im Militarismus stecke» und dem Duell-Aberglauben sröhnen, befinden sich vor einem Räthsel. Daß die Ehre eines Offiziers durch das Anstreifen eines bürgerlichen Rockeskapnt" gemacht, und nur durch das Niederstechen eines wehrlosen Menschen gesühnt werden kann ist eine so ungeheuerliche Geistesverwirrung, daß nur in einer durch und durch ungesunden, die Hirnthätigkeit lähmen- den Atmosphäre Verständniß für sie möglich ist. DerTemps", der unter allen französischen Blättern die Sache noch am ruhigsten bespricht und zwar in einem längeren Leitartikel sagt u. a.: Es giebt also in Deutschland -ine zahlreiche, äußerst ivichtige, sehr mächtige, von dem Souverän und der Mehrheit der fried- lichen Bürger für nothwendig gehaltene, mit Ehrenprivilegien ausgestattete Kaste, die sich das Recht über Leben und Tod einem jeden gegenüber zuschreibt, dessen Blick oder sonstiges Handeln ihr nicht respekt» voll genug erscheinen." DerTemps" stellt die Karlsruher Blutthat mit den sich Häusenden Militärexzessen. dem Duellunfug, den Soldaten- Mißhandlungen zusammen und fragt dann, ob das deutsche Volk. das doch für gesittet gelte, sich derartige Ausschreitungen gefallen lassen könne. Das Hauptorgan des französischen BürgerlhumS kommt zu dem Schluß, daß die Bewegung gegen den Mililaris- mus durch dieses Verbrechen mächtigen Vorschub erhalten werde. Und das hoffen auch wir! Duellanten. Nach derKöln . Volksztg." wurden vierzehn wegen Zweikampfs zu dreimonatlicher Festungshaft ver- urtheilte Studirende der Aachener technischen Hochschule und der Bonner Universität zu achttägiger Hast begnadigt. Halberstadt , 12. Oktober. Die Anklage wegen Gottes­lästerung, die infolge einer von Orthodoxen ausgegangenen Denunziation gegen den Redakteur desGeneralanzeigers für Halberstadt" wegen Veröffentlichung eines Gedichts des Astronomen Mädler aus dem Jahre 1830 erhoben worden war. ist auf Beschluß der Strafkammer in Halberstadt fallen gelassen worden. Das Gericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Daß aber überhaupt Anklage erhoben werden konnte, hat in weiten Kreisen berechtigtes Befremden erregt. Aus dem Königreiche Stumm. DieFranks. Zeitung" veröffentlichte im Frühsommer dieses Jahres eine ArtikelseriePolitische und wirlhschaftliche Zustände im Saar- revier", die sich mit der öffentlichen Thätigkeit des Freiherrn v. Stumm befaßte und wegen ihres frappanle» Inhaltes weit- gehendes Aussehen erregte. Während Freiherr v. Stumm es vorzog,