Nr. 169.
Sonntag, 19. Oktober 1884.
I. Jahrg.
Berliner Volksblatt.
der Arbeiter.
Organ für die Interessen der
Das Berlines Belteblatt
seins tiglich Morgens außer nadh Sonn- und Fesitagen. bonnementspreis für Berlin fin's Haus vierteljährlich 3 Mart, monatlich 1 Mart, wöchentlich 25 Bf. Einzelne mern 5 Bf. Boffabonnement pro Quartal 3 Mart.( Eingetragen im VIII. Nachs trage der Postzeitungspreislife unter Nr. 719a.)
Jufertionsgebühr
beträgt für bie 3 gespaltene Betitzeile ober deren Naum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Bj. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 th Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., 8immerstraße 44, sowie von allen Annonces Bureaux , shue Erhöhung des Preises, angenommen.
Redaktion und Expedition Berfin SW., Bimmerstraße 44.
Frauenarbeit.
Auf dem Rongreß für innere Mission, der Hirzlich in Rarlsruhe abgehalten worden ist, hat man auch bie Frauenarbeit zum Gegenstande der Erörterungen gemacht und dabei manchen zutreffenden Gedanken zu Tage gefördert, obgleich das Resultat der Verhandlungen gleich Null war.
Der Referent, Fabrikbefizer Steinheil, stellte zunächst folgende Thesen auf: 1. Die Frau hat nach göttlicher Ordnung ihren Beruf vorzugsweise in der Familie. 2. Wie jebe Familie, so geht auch die Arbeiterfamilie ihrer Auflösung entgegen, wenn bie Frau ihrer ökonomischen und sittlichen Aufgabe nicht gewachsen ist. 3. Da die Industrie in manchen ihrer Zweige die Frauenarbeit nicht entbehren kann, so hat sie die Pflicht, dieselbe so zu gestalten und zu be= grenzen, daß mit dem persönlichen Wohl ber Arbeiterinnen das Wohl der Arbeiter= familien burch fie gewahrt und gefördert wird. 4. Diese Pflicht ruht in besonderem Maße auf ben Arbeitgebern. Dieselben haben in Bezug auf bie arbeitenden Frauen nicht nur die Forderungen der Ge werbe- Gesetzgebung mit Gewissenhaftigkeit zur Ausführung zu bringen, sondern auch über dieselbe hinaus die Forde rungen des christlichen Sittengefeßes den Arbeiterinnen gegenüber zu erfüllen. 5. Es liegt sowohl im Interesse der Industrie, wie im Interesse der Arbeiterfamilien, daß, oweit irgend möglich, nicht verheirathete Frauen, fondern nur ledige in Fabriken beschäftigt werden. 6. Für bie Arbeit lebiger weiblicher Personen in Fabriken ist im Intereffe des Familienwohles geboten: a) Die ihrem Alter und ihrer Leistungskraft entsprechende Beschränkung der Arbeitszeit. b) Die Fürsorge für gesunde Arbeitsräume. 8) Die( möglichste) Trennung von männlichen Arbeitern. d) Eine strengesittliche Haltung der Arbeit geber und bes Aufsichtspersonals. e) Die Darbietung von Gelegenheit zu wirth shaftlicher Ausbildung, welche sie zur Führung eines fünftigen eigenen Hausstandes befähigt. f) Die Darbietung von heilsamer Erholung in Freistunden und Feierdie industrielle Arbeit verheiratheter Frauen find folgende Gesichtspunkte als maßgebend anzuerkennen: a) Daß in Fabriken verheirathete Frauen nur arbeiten dürften, fo lange sie finderlos sind,- und Wittwen nur, wenn gleichzeitig für die Beaufsichtigung und Pflege ihrer Kinder während der Arbeitszeit ausreichend gesorgt ift. b) Daß verheirathete Frauen, die Kinder haben, nur in dringendsten Ausnahmefällen, und bei gleichzeitig
Rachbruc verboten.]
8
tommen.
Feuilleton. Isaura.
( Fortsetzung)
unbegreiflich. Da müßten fie schon den Mädchen täglich 3-4 Stunden von der Arbeitszeit freigeben und sie in einem besonderen Institute unterrichten lassen. Doch wir tennen einen Ausweg: verheirathete Frauen arbeiten gar nicht außer dem Hause und gewinnen so nach und nach Zeit, ihre Töchter hauswirthschaftlich zu erziehen. Selbstverständlich dürfen dann die Menschen auch nicht den ganzen Tag in der Fabrik oder auf der Werkstätte sein.
vorhandener Fürsorge für ihre Kinder, I licher Ausbildung darzubieten, das ist uns völlig zur Arbeit in Fabriken zugelassen werden. e) Daß in folchen Ausnahmefällen Frauen, die einem Wochenbette entgegengehen und die ein Wochenbett überstanden haben, für eine entsprechende Zeit von der Fabrikarbeit unbedingt auszuschließen sind( und für diese Beit einen entsprechenden Theil des Arbeitslohnes er halten). 8. Am heilsamsten ist es, wenn verheirathete Frauen der Arbeiter, die auf Miterwerb angewiesen sind, denselben in der Hausindustrie finden, welche ihnen die dauernde Fürsorge für ihren Hausstand und die Erziehung ihrer Kinder ermöglicht. 9) An aller Fürsorge für die in der Industrie beschäftigten Frauen resp. ihre Kinder fällt den Frauen der Arbeitgeber ein wichtiger Antheil zu. Ebenso hat die bezügliche Kirchliche Gemeinde durch freie Kräfte resp. Vereine an dieser Fürsorge mitzuwirken..
So die aufgestellten Thesen.
Die in denselben enthaltenen Vorschläge sind zum Theil recht beachtenswerth; aber wenn die freie firchliche Thätigkeit oder das Eingreifen der Arbeitgeber diese Forderungen realisiren könnten, dann wäre es eine himmelschreiende Schmach für die christlichen Gemeinschaften und für die Herren Arbeitgeber, daß solche Bus stände, wie sie jetzt in Bezug auf die Frauenarbeit herrschen, immer noch bestehen.
Verheirathete Frauen sollen nur in Fabriken arbeiten dürfen, wenn gleichzeitig Fürsorge für die Kinder vorhanden ist. Warum geht denn nicht lieber die ,, Fürforge" zur Arbeit und läßt die Mutter bei den Kindern, für die Kinder forgen?
Arbeitgeber, laßt es Euch sagen! Die Wöchnerinnen find durch das Gesetz für eine entsprechende Zeit" von jeglicher Arbeit in Fabriken ausgeschlossen, nun aber habt Ihr auch dafür zu sorgen, daß denselben ein entsprechender Theil des Arbeitslohnes während der Ferienzeit ausgezahlt wird. Wenn ihr dies aber nicht thut, so wird die ,, innere Mission " kommen und Euch dazu zwingen!
Die verheiratheten Frauen sollen in der Hausindustrie beschäftigt werden. Glaubt denn wirklich der Referent, daß gerade in der Hausindustrie die Frauen irgend einen nennenswerthen Lohn erzielen fönnten, wenn sie ihre bauernde Fürsorge auf ihren Haushalt und die Er Wie kann aber die Frauenarbeit so gestaltet und beziehung der Kinder richten würden? Da kennt der Herr grenzt werden, daß das Wohl der Arbeiterfamilien durch Referent die Löhne, welche grade in der Hausindustrie gefie gewahrt und gefördert wird? Und zwar soll dies zahlt werden, sehr schlecht. durch die Arbeitgeber, durch den freien Willen derselben geschehen! Haben die Vereine für innere Mission noch niemals von der Konkurrenz gehört, unter der die Arbeitgeber stehen? Will aber die innere Mission erst alle Arbeitgeber zu obiger Ansicht bekehren, dann dürfte der jüngste Tag" längst hereingebrochen sein, ehe sie ihr Biel erreicht hat.
Soweit irgend möglich" sollen nur lebige, nicht verheirathete Frauen in den Fabriken beschäftigt werden. Feder Fabrikbefizer wird schon heut zu Tage sagen, daß er soweit irgend möglich" dies thue.
Das unverheiratheten Fabrikmädchen gegenüber eine fittliche Haltung der Arbeitgeber und bes Aufsichtspersonals verlangt wird, ist ein Bugeständniß an die vielen Klagen der Arbeiter, daß diese fittliche Haltung sehr häufig nicht gewahrt wird. Mögen fich die Herren Arbeitgeber diesen Wink der inneren Wiffion" nur zu Herzen nehmen, die christlichen sowohl, als die unchristlichen- biefe Mahnung fann ihnen allen nicht schaden. Wie es aber die Arbeitgeber anfangen sollen, den Fabrikmädchen Gelegenheit zu hauswirthschaft
Philipp nur zur bereitwillig gab, ein großes Heer zusammenbrachte, auf genuefischen Schiffen nach Mallorca führte dort aber nach langer, blutiger Schlacht von den Ka talanen gefangen wurde, viele Ritter aus Dauphiné, die feinem unglücklichen Sterne gefolgt waren, mit ihm! Die Geschichte dieses Königs, Don Jayme, ist ein so düsteres Trauerspiel, daß wir fie hier nicht weiter aufrollen, sondern nur sein Ende berichten wollen: er wurde in Mallorca enthauptet, mit ihm bluteten die vornehmsten Ritter, die ihn begleitet hatten. Aber Mehrere entfamen auch, und da ste heimkehrten, hatte man auf sie nicht mehr gerechnet: ihr hab' und Gut war von den nächsten Erben in Besitz genommen, die gar keine Luft hatten, es wieder heraus zu geben. Da hatte denn Einer frisch zum Schwerte gegriffen und einen Haufen Kriegsgesellen, der gerade lungernd, weil leider Waffenstillstand zwischen den Engländern und Franzosen war, im Lande bettelte und stahl, für sich geworben, um den Vetter, der ihn voreilig für todt erklärt hatte, aus seinem Befißthume zu werfen. Es hatte Blutvergießen zur Folge gehabt, mit Ueberfällen und Klopffechtereien, die fich in einzelnen Parthien weiter verzweigten: einer davon war Der Herr von Fuccigny zu seinem Unglüd in den Weg gerathen, Versprengte hatten sich vor ihren Verfolgern hier in dies Städt chen geflüchtet, wo die Lepteren mit ihnen zugleich durch die offen gefundene Pforte eindrangen und zwar zum schlechten
Die Sturmglode rief unterdessen mit dröhnenden Klänbrungenen Gäste, die schon hier und da, den eigentlichen Ben die Bürger vom Schlaf zur Wehre gegen die eingeBwed ihres Stampfes vergessend, in die Häuser brachen, um eine nie wieder tommende Gelegenheit zum Plündern zu benugen. Es bekam ihnen übel; vielleicht, wenn sie zusammengehalten und als gute Kriegsgesellen ihren Rückzug fechtend gedeckt hätten, wäre es ihnen gelungen, in der ersten Verwirrung, wo noch Alles durcheinander lief, wieder auf dem Wege, der sie hereingeführt hatte, zu ent Aber sie waren vereinzelt, und der Mond, der ihnen Anfangs so schön zum Frevel geleuchtet hatte, wurde legt zum Berräther an ihnen. Viele fanden nach tapferer Gegenwehr ihren Tod, Mehrere wurden gefangen, nur Wenige freude der wehrhaften Bürger wurde plößlich durch den Ruf: entrannen wieder durch die Ausfallspforte. Aber die SiegesFeuer! getrübt; von Neuem und ängstlicher schwang fich die Sturmglode im grauen Thurme, denn die Flammen schlugen Ausgang für beide Theile. schon an mehreren Orten empor, von versteckten Feinden an gezündet, welche nun ficher darauf rechnen konnten, zu ent tommen. Welche Beit, wo die Gefeße zu schwach waren, den
Landfrieden zu schüßen!
Herr von Mont Aynard batte seinen Leuten Befehl geben, das Haus, in welchem er sie Dame ficher untergebracht, au besetzen und Niemand heraus over herein zu laffen, hatte
auch alle Anstalten getroffen, um
geeilt.
dem Feuer, wenn
es fich dieser Gegend nahen sollte, Einhalt zu thun, und Beellt Dann mit einigen Getreuen den Bürgern au Hilfe Der Widerstand der eingedrungenen Kriegsknechte war bald überwältigt, und nun erfuhr man von den Gefangenen, was der Dauphin selbst noch nicht wußte. Der vertriebene König von Mallorca
-
vertrieben von seinem
aragonischen Better hatte vor längerer Zeit auch in Dauphiné Aufnahme gefunden und Werbungen angestellt, um sein verlorenes Königreich wieder zu erobern. Mehrere feiner Befizungen in Frankreich an die Strone verlaufte, und nun mit diesem Gelde, das ihm der schlaue König
Als Mont Aynard die Erklärung hatte, fand er es für gut, fie bei der Heimkehr zu verschweigen. Er beruhigte die Dame über den Tumult sie bedurfte wenige Worte, da fie nicht viel Theil nahm an Allem, was um fie her vorging. Dann brachen fte auf und verließen die Stadt, als eben ein Eilbote
abgefertigt wurde, um dem Dherrichter von dem Vorfalle Meldung zu thun. Das Schicksal der Gefangenen konnte hiernach
nicht zweifelhaft sein.
hänge von allen Seiten heruntergelaffen waren; zwei bewaff
-
Die Dame wurde in einer Sänfte getragen, deren Vornete Knechte ritten weit voraus denn nicht die friedlichste Reise fonnte ohne Sicherheitsmaßregeln unternommen werden. Dicht bei der Sänfte ritt der Herr von Mont Aynard, und ein fleines Geschwader, nicht so start, als er es gewöhnlich bei fich hatte, folgte in gedrängtem Buge. Bei dem beschwerlichen Wege war es nothwendig gewesen, eine doppelte Ablösung frisch vorrätts, als es nur ibunlich war. Ueber Mittag wurde frisch vorwärts, als es nur thunlich war. Ueber Mittag wurde cine Stunde Raft gemacht in einem schattigen Thale - die Dame stieg aus und setzte sich mit Mono Aynard, fern von
der Sänftenträger
Und alle diese Forderungen sollen durch die chriftliche Gemeinde, durch freie Kräfte resp. Vereine, durch die Arbeitgeber und die Frauen derselben errungen werden.
Wir haben schon angedeutet, daß die freie Konkurrenz hier ein mächtiger Gegner ist, mächtiger, als gegenwärtig die gesammte Kirche und die steht ja noch lange nicht hinter der inneren Mission". Im Gegentheil, die Mehr zahl der Geistlichen verhält sich mehr oder weniger feindlich, mindestens gleichgültig gegen die„ innere Mission "- und zwar natürlich feineswegs aus Abneigung gegen den kirchlich- religiösen Geist dieses Instituts!
Nicht mit einem Worte ist hier angedeutet, daß der Staat resp. die Gesetzgebung berufen fei, solche Forderungen zu verwirklichen; Alles, Alles foll ber freie Wille fchaffen! Das geht ja noch fast über die Bambergerei, die doch der Gefeßgebung einzelne Fragen zur
Lösung überläßt.
Werfen wir nun noch einen Blick auf die Diskussion, welche über die angeführten Thesen stattfand.
Der Rathsherr Soratin schloß sich, nachdem er be merkt hatte, daß unsere Zeit die Mitarbeit der Frauen
den Begleitern, aber noch gesehen von ihnen, unter einen mächtigen Ulmbaum, der seine Bweige weit in die Runde fireckte. Wenig genoß die bleiche Frau von den Vorräthen, aus denen ein Mahl bereitet war; dann, als der Diener sich wieder ents fernt hatte, sagte ste, dem Ritter die Hand reichend:„ Ich will Dir beichten, Raymond".
-
Nenne es nicht so", erwiederte er mild. Vertraue mir Dein Leid ich will Dir eines Freundes Troft geben, aber die wahre heilige Beichte vor Gott wird Dein Herz erst erleichtern".
Weißt Du noch, wie mein Vater mich zum ersten Mal mit zum Turnier nahm? Du warst auch dabei, und die Söhne des Dauphins".( Die legten Worte sprach sie mit halber Stimme.) Dort hab' ich mein langes Leid verschuldet". Sie hielt inne, und Mont Aynard schwieg schonend, bis sie von selbst fortfahren würde. Das geschah nach einer Kleinen Weile.
Jacques von Vinay, mein Gatte, ist nun todt sein edles Haupt habe ich auf einer Lanze gesehen und die Sarazenenmädchen von Mallorca warfen es mit Blumen! Er war Des unglücklichen Königs treuster Freund, ihn schlachteten ste zuerst, das mußte der König mit ansehen, mir hat es der Mann erzählt, mit dem ich zurückgekommen bin; er schwamm unter einem Pfeilhagel an unser Schiff, ach! und brachte die schrecklichste Kunde! Wir hatten die Schlacht am Strande ge fehn ,, Laßt uns nicht bei diesen traurigen Gedanken verweilen!" fagte Mont Aynard.
Ich hab' ihn nie geliebt auch als sein Weib nicht!" fuhr Beatrice leise und vor sich hinſtarrend fort. aber bei dem Turnier log ich's ihm, oder vielmehr ich Dort glaubte es selbst, bis sie schwieg wieder und fuhr mit der Hand nach der Stirn, daß die Haube sich verschob, ohne daß fte es beachtete. Mont Aynard warf einen bewegten Blid auf den langen blutrothen Streif, der über die Schläfe fich hinzog und in dem Haare verlief, die unveriöschliche Spur einer schweren Wunde.
-
Und er glaubte mir auch" sprach Beatrice weiter. Als ich von Allen verlassen, in Schande in meinem Blute lag- war er mir nahe, trug mich auf seinen Armen hinweg, rief mich in's Leben, heilte mich; nun war ich fein; welchen Willen hätte ich haben können, als ihm zu gehorchen und zu folgen, wie das Reh dem Jäger folgt, der ihm den Pfeil aus der Brust gezogen. ( Fortsetzung folgt.)