9 454 160 8 437 626 28 706 12 4 807 189 ( 300) 45

7 335 620 4 311 922

5 154 407 58970

1 407 568

590 304

456 632

35 91 362 ( 1000) 847 27 38 919

8 276 258 0759 357

6 648 948

3 661 805

5

Str. 195.

Beilage zum Berliner Volksblatt.

Bur Frage der Schankstätten.

Gegenwärtig, wo sich alle Welt noch mit dem Ausfall der Reichstagswahlen beschäftigt, ist es allerdings kaum gerathen, tine thatsächlich nüchterne Frage zu behandeln; doch dürfte 681 245 diefelbe immerhin einiges Interesse auch in Bezug auf den

4 833 256 5 154 943 4 905 841

4 712 778 1 24( 300) ( 300) 597

9 713 315

Reichstag   in Anspruch nehmen.

fatten

Steuer

Mittwoch, den 19. November 1884.

auf die Trunksucht, die Moral u. s. w. besonderen Einfluß ausübte, so müßten beispielsweise in Lügumkloster, Tondern, Bredstedt  , Krempe und Wilster   lauter Trunkenbolde, in Altona  ,

Ottensen  , Kiel   und Wandsbek aber lauter Tugendbolde wohnen.

Und das wird doch Niemand behaupten wollen!

Doch genug der Beweise.

Die Schankstätten noch besonders zu besteuern, halten wir, wie gesagt, nicht nur für ein Unrecht und für völlig nuglos, sondern direkt für schädlich, weil dadurch auch die durchaus wohlthätigen Konsumtionsgegenstände für große Volkstheile

Der fortwährend auftauchende und von agrarischen Kreisen 6968 814 Unterſtügte Vorschlag, von einer allgemeinen Reichssteuer auf die Produktion des Spiritus abzusehen, dagegen aber durch die Ginzeiftaaten eine Lizenzsteuer von den Bestzern der Schant- vertheuert resp. verschlechtert werden. zu fordern, wird neuerdings wieder lebhaft ventilirt. Wir haben schon einmal unsere Gründe gegen eine solche angegeben. Der vorzüglichste Grund ist der, daß durch bie Lizenzsteuer nicht der Schnaps, sondern gleichmäßig alle 173 459 anderen Getränke und auch die Speisen getroffen werden; daß 991 1 femer diese Steuer zweifellos vom Schantstättenbefizer auf 7 189 Den Ronsumenten, sei es durch höhere Preisforderung oder, 269 935 abgewälzt wird.

41

194 165

Dadurch aber würde auf alle Fälle der Arbeiter und der 367 82 150 leine Mann leiden. Die Schnapssteuer soll- abgesehen vom 596 919 Finanzwede

755 111 1676 835 O). 76469

1000)

283

Ser Schantsteuer würde sie die Voltsgesundheit schädigen.

die Volksgesundheit schüßen: in der Form

Da durch unser indirektes Steuersystem im Reiche der arme Mann schon so wie so übermäßig belastet wird, so muß 658 353 berbies- wenn wir auch nur den Geldpunkt berücksichtigen- 478 33 aufgefaßt werden; von einer rationellen Besteuerung fann 838 39 Dabei gar leine Rede sein.

101 655

Wenn man den Schnapskonsum durch eine Steuer treffen 917 49 will, so muß dies bei der Production geschehen.

665

( 500) 210 395 236( 300)

884 595

3 664 283

596 347

als

Lafters.

-

und wir

Soll der Branntwein höher besteuert werden stimmen dem unter der Bedingung zu, daß andere Konsum­artitel Salz, Petroleum u. s. w. in demselben Grade entlastet werden dann darf diese Besteuerung nur an der Quelle, bei den großen Schnapsbrennern, geübt werden. Dafür möge der nächste Reichstag eintreten!

Lokales.

g. Die Seitens der städtischen Behörden getroffenen Vorkehrungen für ein wirksames Entgegentreten der Cholera in Berlin   haben auch, wie bei dem ersten Auftauchen Cholera in Berlin   haben auch, wie bei dem ersten Auftauchen dieser Gefahr, bei den Vorständen der Berliner   Sanitätswachen zu der Ergreifung ähnlicher Maßnahmen geführt, welche hoffent lich, wie die Seitens der besorgten Behörden, nicht in Ge brauch kommen werden. Auf alle Fälle will man aber auch tätsmachen namentlich von mit inneren Krankheiten behafteten Personen stetig zunimmt und die Erlangung eines Arates in der Nacht in Berlin   immer noch mit den größten Schwierig teiten verbunden ist. In den Berliner   Sanitätswachen würde bei einer Erhöhung der Choleragefahr für Berlin   die Zahl der wachthabenden Aerzte vermehrt werden, damit die Bürgerschaft wachthabenden Aerzte vermehrt werden, damit die Bürgerschaft

hier vorbereitet sein, umſomehr, als die Frequenz der Sant­

1. Jahrgang.

des Thäters muß Jedem, der sich dasselbe aus den Zeitungs­berichten zusammenstellt, als das eines gewaltthätigen, robusten Mannes erscheinen, der aus verlegter Eigenliebe sein Opfer und dann fich hinschlachtet. Der fleine, ewig heitere und herz­lich lachende Portier Lehmann entsprach nun aber einer solchen Vorstellung ganz und gar nicht. Nur die Prophezeihung der Bigeunerin pflegte er mit einem gewissen Ernste zu erzählen, wie er fie in seinem legten Briefe geschildert hat. Leh­mann war von Professton Schuhmacher und betrieb sein Hand­werk; man hat den Schuhmachern als eine Folge ihrer sizen­den, anstrengenden und das Blut zu Kopfe treibende Lebens­weise einen gewissen Hang zum Mystischen nachgesagt. Nach jener Zigeuner- Prophezeihung erkrankte 2. schwer an einem gastrisch nervösen Fieber, das er nur mit genauer Noth über­wand; allein das hochgradig affizirte Nervensystem scheint einen Defekt davon getragen zu haben. Der früher so ruhige und bescheidene Mann war plöglich störrisch und widersprechend und das früher freundliche graue Auge funkelte in einem un­heimlichen Glanze. Möglich, daß unter diesem geistigen Depres ftonszustande eine Neigung zu der jungen, damals bei ihm wohnenden Nichte sich entwickeilte, doch haben weder seine ziemlich rosolute Frau, noch die im verständigen Verkehr mit ihm stehenden Eltern und andere Verwandte' des Mädchens Anlaß zu einem Einschreiten gehabt. Inzwischen verschlechterten sich die Vermögens- und Erwerbsverhältnisse des L. Seire Nichte, die zu ihren Eltern zurückgekehrt war, tam vor Kurzem wieder nach Berlin   und besuchte auch den Onkel, der scherzend mit ihr das Verhältniß besprach, das sie vor Kurzem in ihrer Heimath mit einem Militär angeknüpft hatte. An jenem verhängnißvollen Abende sprach L. in der Wohnung der Nichte in der Javaliden­straße vor; in Gesellschaft von mehreren jungen Mädchen, die zufällig anwesend waren, wurde 2. mit Kaffee bewirthet, wobei die Bemerkung fiel, Marie( die Nichte) habe von ihrem Bräu­tigam einen Brief erhalten. L. verlangte den Brief zu sehen, dessen Hergabe die Nichte verweigerte, schließlich wurde derfelbe herbeigeholt und 2. fand in seinem Inhalt einen ihn schwer beleidigenden Paffus. In höchster Erregung, die man in legter Beit mehrfach an ihm bemerkt hat, sprang er auf, lief einige Male auf und ab und versezte der an dem Tisch fizenden Nichte, fich über diefelbe beugend, den tödtlichen Stich. Wie geistesabwesend blieb er stehen, bis das Geschrei aus dem Hause ihn benachrichtigte, daß sein Opfer verschieden sei. Dann ging er in ein Nebengemach, wo er fich durch einen Stich in die Herzgrube tödtete. Beachtenswerth ist noch, daß L. in dem Briefe an seine Frau nur in der Voraussetzung des Selbst­mordes spricht, an dem das blonde Mädmen Schuld sei, von der Abficht, auch diese tödten zu wollen, aber Nichts sagt. Es ist hiernach fast zweifellos, daß L. die schauerliche That nicht blos unter dem Einflusse eines geistigen Defekts, sondern auch im Banne jener Zigeunerprophezeibung verübt hat, welche bei­den Momente fich wechselseitig unterstügt haben mögen, und für die psychologische Beurtheilung der That beachtenswerth find. Es schien uns nöthig, die Motive der That in diesem Sinne richtig zu stellen, und diese nicht als einen Aft cynischer Mordlust in dem Leben unserer Großstadt erscheinen zu lassen.

Man sagt vielfach, daß es weniger auf die Steuer selbst, fucht ankomme. Die Schankstätten seien eben Bruthöhlen dieses wenigstens hier bestimmt auf Hilfe rechnen kann. Auch für auf die durch dieselbe erzielte Berminderung der Trunk

Auch über diesen Bunkt haben wir uns schon ausgelaffen. 574 630 geben, daß in denjenigen Rantonen, wo die meisten Schank­tätten find, der wenigfte Branntwein fonsumirt wird und die 07 65 8 untjacht geringer ist.

75( 500)

23 407

in Händen.

Das ist wohl ein beachtenswerthes Faktum! Doch haben 894 900 einen noch näher liegenden Beweis für denselben Gedanken 910( 1000) rovinz Schleswig- Holstein   umzusehen.

9597 918

Wir brauchen uns nur in der preußischen

eigene Transportmittel der sich bei den Sanitätswachen mel­benden, an der Cholera schwer erkrankten Personen nach den

Krankenhäusern, Lazarethen 2c. foll eventuell noch Vorsorge ge troffen werden. Als die Cholera im Süden Frankreichs  wüthete und mar in Deutschland   begann, Mittel zur Abwehr zu ergreifen, da zählte die Sanitätswache in der Blumenstraße zu der ersten Sanitätswache, welche bereits einen eigenen Krankentransportwagen zur Verfügung hatte. Jedenfalls ist es erfreulich, wenn auch Privatinstitute, wie die Berliner   Sa­nitätswachen es find, Alles aufbieten, um einer drohenden Ge­

Man fann ficherlich nicht sagen, daß dort im Verhältniß fahr energisch entgegenzutreten. 696 12 dem übrigen Deutschland   der Trunksucht besonders gefröhnt 0) 199 25 erbe, und doch kommt in Schleswig- Holstein   schon auf

2 988 646

231 54

( 300) 654

2561( 300)

342( 300)

5 387 326

0) 691 88

( 300) 334

311( 300)

198 588

9.726 230

land

tätte, während z. B. selbst in Berlin   nur auf 119 Einwohner eine Schantstätte fällt und es einzelne Gegenden in Deutsch  O giebt, wo im Uebrigen recht viel Schnaps tonsumirt wird, in denen aber nur auf 320 Personen eine Schenke kommt.

N. Rirdorf als Garnisonort. Das Kriegsministerium beabsichtigt, wie wir von qut unterrichteter Seite hören, unsern so rasch emporgeblühten Nachbarort Rigdorf demnächst auch in einen Garnisonort zu verwandeln; es sollen von maßgebender Seite augenblicklich Verhandlungen eingeleitet sein, um einen größeren Terrainfompler zum Bau einer Kaserne für ein Artillerie- Regiment anzufaufen. Die Verhandlungen werden Seitens der Militärbehörde direkt geführt, da in Bukunft das

Shenten auf die Trunksucht gar feinen Einfluß ausübt, geht Dazwischentreten von Kommissionären überhaupt vermieden aus einer Zusammenstellung hervor, welche die Zahl der Ein wohner in den einzelnen Orten Schleswig- Hofteins angiebt,

entfallen Einwohner in:

werden soll. Bekanntlich waren vor 2 Jahren bereits Ver handlungen im Gange, Rigdorf in einen Garnisonort zu ver

die auf eine Schantstätte tommt. Auf je eine Schankstätte wandeln, doch hatte der damalige Kriegsminister von Kamede

2 311 877 ( 300) 174 730 756 ( 1000) 490 51 97396 53 29 929 98172 709 8419 72 99309

565 456

Beitung

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64

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133

Meldorf Weffelburen 61

125

Reinfeld

111

Oldesloe

60 57

Mölln  Glückstadt Blön

101

100

98

Üetersen

Apenrade  Hadersleben   53 53

Edernförde

97

Marne  

Steboe Neumünster

94

Büsum

89

Kappeln

51

Schleswig

Segeberg Flensburg

85

Krempe

44

82

Wilfter

44

79

Tondern  

39

77

Husum  

38

71

Bredstedt 36

67

Lügumkloster 31

Rageburg Wedel Rendsburg  

67

geäußert, daß Rirdorf keine Garnison erhalten solle. Der jezige Kriegsminister Bronsart von Schellendorf   scheint den Wünschen der Rigdorfer mit Bezug auf Garnison   günstiger gefonnen zu sein.

Die Direktion der Stadtbahn bemüht sich, auch das Kleinste Stüdchen Terrain im Intereffe des Fiscus auszunuzen. So hat sie jest an der früheren Stralauer Brücke an der Stelle, wo noch vor wenigen Jahren der Königsgraben seine trüben Fluthen wälzte, fahrenden Künstlern gegen Erlegung eines anständigen Mieth schillings gestattet, sich anzuftedeln. Inmitten des lebhaften Treibens der Großstadt präsentirt fich daher ein an der Hasenhaide erinnerndes Genrebild und in nächster Nähe eines fürzlich eröffneten Wiener   Cafés werden Sehenswürdigkeiten angepriesen, wie sie auf kleinstädtischen Schüßenfesten üblich find.

r. Zur Psychologie des Mordes liefert die Blutthat in dem Hause Invalidenstraße 30 einen interessanten Beitrag, freilich unter Berücksichtigung von Gefichtspunkten, die bisher

Wenn es nun wahr wäre, daß die Zahl der Schenken noch nicht zur öffentlichen Kenntniß gekommen sind. Das Bild

Der Gefangene von Hohen- Urach  .

Historische Skizze. ( Fortsetzung.)

Am 4. Januar 1586 ging Oppofition einer Minorität

-

allerdings erst nach starker von Seite des Universitäts­

Herzogs Born wuchs im Gegentheil nur noch mehr, als ihm berichtet ward, daß Frischlin, ohne nur einen Bescheid auf seine Bitte abzuwarten, stolz und troßig nach Tübingen   in fein Haus zurückgekehrt sei und sich daselbst benahm, als ob er in Wirklichkeit das freie Geleit erhalten habe. Auf herzog lichen Befehl wurde der Dichter deshalb durch den Untervogt Daider und den Bürgermeister Kienlen durch Wort und Hand­in seiner Behausung zu halten.

leitung einer Untersuchung gegen Frischlin angegangen wird, schlag verpflichtet, sich bis zum Austrag seiner Angelegenheit und zwar feines geringeren Verbrechens wegen, als des eines Dorbedachten Mordes an einer bei ihm in Dienst gestandenen

gemacht.

Frischlin's Arrest dauerte drei Wochen. Endlich erschienen am 7. Juli der Untervogt, der Stadtschreiber und zwei Ur­

lifeit zu verleihen, wurden unlautere Berdächtigungen geltend tundspersonen in seinem Hause, um ihm des Herzogs Be

Die Untersuchung erregte den leidenschaftlichen Frischlin außerordentlich; er fand es unter seiner Würde, fich gegen die Dorgebrachte Beschuldigung zu vertheidigen, und als ihm im

Beheimen mitgetheilt wurde, daß er mit Nächstem verhaftet sollte. Obenan stand wieder die Beleidigung des hohen Adels

Darauf aber hatten seine

schlüsse anzukünden. Sie lasen ihm ein weitläufiges Attenstüd vor, das ohne auf den eigentlichen Gegenstand der Unter­suchung näher einzugehen ein vollständiges Verzeichniß aller Sünden enthielt, die er begangen hatte oder begangen haben du ch seine Rede über den Bauernstand, dann seine fort­währenden Streitigkeiten mit den Profefforen und dem Senat,

ausdrückliches Verbot, irgend ein Schriftstück ohne sein Vor­

gebungen wegen wolle der Herzog nicht in aller Strenge und Schärfe gegen ihn verfahren, sondern ihm aus angeborener Milde das Getheilt geben: entweder ihm des peinlichen Rechtes zu sein, oder eine Verschreibung von fich zu geben, worin er verspreche, das Herzogthum gänzlich zu verlassen, dabei aber sich zugleich eidlich zu verpflichten, weder den Herzog noch seine Räthe, Diener oder Universitätsverwandten weder mit Wort noch Schrifi anzugreifen oder zu verläſtern."

Freiheit zu bewahren, entfloh er am 4. März aus Tübingen   endlich aber das wiederholte Buwiderhandeln gegen des Herzogs ubige Ueberlegung, und um sich vor Allem seine persönliche und wandte fich nach Frankfurt  . Feinde gerade gerechnet, von welchen aller Wahrscheinlichkeit wissen zu veröffentlichen. Dieser vielen und mannigfachen Ver­nach jene geheime Warnung selbst ausgegangen war. Seine Flucht, die Frischlin später selbst einen der thörichsten Streiche feines Lebens nannte, ward nun als gefährlichster Beuge seiner Edulo angefehen, und obwohl er fofort von Frankfurt   aus eine schriftliche Rechtfertigung seines Verhaltens an den Herzog Belangen ließ, so vermochte er dessen ungeachtet durch dieselbe ben üblen Eindruck, den seine Flucht hervorgerufen batte, nicht zu vermischen. Auch durch eine wenige Tage später gegen feine Antläger losgelaffene fulminante lateinische Elegie, Die eine Unzahl gröbster Beleidigungen vieler hochgestellter Bersonen, besonders aber der Tübinger   Profefforen und des Senates enthielt, vermochte er seine Sache nur zu verschlim­mern, nicht aber zu verbessern. Es hatte dies nämlich zur Folge, daß der Senat eine weitere Klage gegen Frischlin   wegen Injurien einreichte und das Herzog Ludwig neuerdings fich über seinen Hofpoeten erzürnte, der wiederum in so ellatanter Weise gegen die ihm gewordene Weisung gehandelt und sein unbehäb Maul" nicht gehalten hatte. Der

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Auf Befragen, welches von beiden er wähle, entschied sich Frischlin für das Lettere; er mochte wohl einsehen, daß er, da der Herzog sich so entschieden auf die Seite seiner Gegner gestellt hatte, im rechtlichen Verfahren weder Recht noch Ge rechtigkeit finden würde.

Es wurde ihm nunmehr eröffnet, daß, falls Frischlin gegen die neuerdings eingegangene Verpflichtung in irgend einer Weise handeln würde, dem Herzog das Recht zustehe, gegen ihn als einen ,, meineidigen, briefs und siegelbrüchigen Mann zu verfahren und ihn, wo er auch sei, vorzufordern und alle

Gnade und Frischlin vermochte sie nicht wieder zu gewinnen, rechtmäßigen Mittel gegen ihn zu gebrauchen." als er turze Beit nach Veröffentlichung dieses Libells den und Roth getrieben, flehentlichst anging, ihm freies und sicheres Beleit zur Rüdlehr nach Tübingen   zu bewilligen.

Des

Auch auf diese Verpflichtung ging der bedauernswerthe Dichter, und Gelehrte ein; er unterschrieb und bestegelte Diesen Vertrag, ohne zu bedenken, daß er dadurch völlig macht, und rechtlos feinen Gegnern gegenüber werde, er

Ein Vogelsteller erschossen. Am Sonntag Vormittag wurde gegen 11 Uhr die Leiche eines Vogelstellers auf einem Wagen nach Spandau   gebracht. In früher Morgenstunde machte, wie uns mitgetheilt wird, ein Forstgehilfe im Span dauer Forstrevier die Runde und traf dabei auf zwei Vogel steller, die Leimruthen u. f. m. ausgelegt hatten, um Sing­vögel zu fangen und auch bereits einige Vögel eingefangen hatten. Der Forstgehilfe trat auf die Vogelsteller zu und fragte nach ihrem Nationale, Papiere u. s. w., diese gaben ausweichende Antworten und er erklärte fie für seine Arre­stanten. Anscheinend gingen beide nun ruhig mit dem Forstgehilfen mit, als dieser plöglich, mit einem schweren Knüppel oder dergleichen einen heftigen Schlag über den Kopf erhielt, der ihn momentan faft betäubte. Sofort zu fich ge­tommen, sah er seinen Angreifer etwa 30 Schritte vor sich, eilig das Weite fuchend, er rief diesem zu, zu stehen, doch als derselbe dem Rufe feine Folge leistete, schoß er auf ihn und traf ihn gleich beim ersten Schuß derart in den Rücken, daß dieser zusammenbrach und alsbald seinen Geist aufgab. Der andere Vogelsteller folgte nun willig dem Forstgehilfen bis zur Behörde nach Spandau  , wo sich der Forstgehilfe der Be­hörde stellte, von dieser aber auf freiem Fuß belaffen ist. Beide

unterschrieb ihn, ohne zu ahnen, welche Folgen für ihn daraus entstehen würden.

Wenige Tage später zog der Berbannte weg von Tübin gen und seiner schwäbischen Heimath hinaus in die Fremde, ohne zu wissen, wohin er sich zunächst wenden solle. Nach furzem Aufenthalte bei dem ihn und sein Wissen hochschäßen­den Bischof von Speier wanderte er über Worms   und Mainz  nach Frankfurt  , um sich wiederum ganz mit poetischen Arbeiten und deren Veröffentlichung zu beschäftigen. Aber obgleich es herrliche geistige Schöpfungen waren, die er in die Welt sandte, so trugen fie ihm doch nur wenig ein; seine Mittel zum Lebens unterhalte schrumpften mehr und mehr zufammen und bald ge­rieth er in die bitterste Armuth. Da versuchte er der Reihe nach erst in Marburg  , dann in Raffel, in Erfurt  , in Leipzig  und schließlich in Dresden   eine Anstellung zu erhalten; vergeb lich, überall hin verfolgte ihn der Haß seiner Feinde, überall zerschlugen fich Dank ihrer Machinationen die Unterhandlungen. Verzweifelnd begab er sich endlich nach Prag  , wo er als taiser­licher Pfalzgraf sein Glück wieder herzustellen hoffte. Doch auch hier gelang ihm dies nicht, obgleich er am faiserlichen Hofe gute Aufnahme fand und fich in einem Briefe an den württembergischen Kanzler Melchior Jäger unterzeichnete: ,, Der K. K. Majestät böhmischer Historicus und Bibliotheka­rius. Dieses Amt hoffte er wohl zu erhalten, es blieb aber tros aller seiner Bemühungen und selbst Intriguen gegen den gelehrten Hugo Clotius, welcher dieses Amt bekleidete, nur beim Hoffen. Da wandte sich Frischlin, weil seine Lage mehr und mehr eine traurige in Prag   wurde, nach Wittenberg   und hier endlich schien ihm das Glück wieder lächeln zu wollen. Es gelang thm hier einen Privat- Lehrstuhl zu erhalten, und er hatte bald die Freude, seine Vorträge über Rhetorit und Boefte von einem zahlreichen und glänzenden Kreise von Zu­hörern besucht zu sehen.

-

Aber deffen ungeachtet befferten sich Frischlin's   Verhält niffe nicht: er gerieth bei Entbehren eines jeglichen firen Ge haltes immer mehr in Noth, so daß seine Frau wenn wir den Aufzeichnungen seines erbitterten Feindes Cruftus trauen dürfen nach und nach ihre legten Schmudgegenstände und Kleinoter" versezen oder verkaufen müßte. Frischlin   folgte des­halb mit Freuden einem Rufe der Stadt Braunschweig  , welchen er seinem einstigen Studienfreunde in Tübingen   und nachherigen Kollegen in Wittenberg  , dem gleichfalls nach Braun­ schweig   als Superintendent berufenen Doktor Polykarp Leyser  , zu danken hatte. Im März des Jahres 1588 30g er von Wit tenberg ab und übernahm in Braunschweig   die Leitung der lateinischen sogenannten Martinsschule, deren Besuch sich feiner