Gmrkts- Leitung. a TaS Dynamit-Attentat bei der EnthüllungSfeier des Niederwald-Dentmals vor dem Steichs.Gericht. Leiptig, 19. Dezember. Der Prästdcnt eröffnet die Sitzung um 9 Uhr und ertheilt dem Reichsanwalt Treplin das Wort. Derselbe beginnt: Der gegenwältige Prozeß steht außerhalb alles dessen, was bis jetzt deutsche Gerichtshöfe de- schäftigt hat. Staunend fragt man stch: Kann das, was wir erlebt, wuklich wahr sein? beider stehen wir vor einer sehr ernsten und tiaurigen Wirklichkeit. Ich beginne mit den Aus- laffungen des Angeklagten Reinsdorf , die in vieler Beziehung völlig glaubhaft und nur in den Punkten unglaubhaft sind, wo er einzelne seiner Mitangeklagten zu entlasten sucht. Es fragt sich nun, ob die Handlungen und Auslassungen des Reinsdorf mit einander in Konkurrenz stehen. Diese Frage ist zu bejahen. Er will Aufhebung aller Autorität und allen Eigenthums und zieht für seine Person die äußersten Konsequenzen der anarchistischen Prinzipien. Es ist bemcrkens- werth, daß fast zu gleicher Zeit wie hier sich auch in Oester- reich schreckliche von Anarchisten verübte Virbrechen abgespielt haben. Das Atte tat auf die Festhalle scheidet allerdings be- züglich der Anstiftung bei Reinsdorf aus. Was das Attentat rm Willemsen'schen Lokal anbelangt, so find die Angaben des Reinsdorf für die Anstiftung des Attentats� auf dem Nieder- wald nicht ohne Werth für die Beurtheilung seiner Anstiftung auch für dieses Atteniat. Reinsdorf hat in einer Anzahl von Versammlungen verschiedene Attentate, so auf dem Niederwald, im Willemsen'schen Lokal, in Dortmund uird anderen Orten in Anregung gebraeit. Die bezüglichen Auslassungen find durchaus erwiesen. Küchler selbst hat gesagt, Reinsdorf habe wiederholt bemerkt,es müffe etwas gemacht werden", Vach- mann solle hier, Rupsch da agiren Es handelte fich dabei auch nicht um en:c bloße Demonstration� um einen Knall. Im W.llemsen'schen Lokal wurde eine so große Büchse zur Erplosion gebracht, daß vernichtende Wirkungen voraussichtlich waren. Die Büchse enthielt sogar Blei, welches nach allen Richtungen hin zer- rissen auseinanderfloz und den Kellner Frincken verletzte. Das Lokal war damals in allen Theilen gefüllt, in einem Reben- räum befanden sich allein ca. 25 Aerzte. welche dort beriethcn. DieS wußte Bachmann, als er in nächster Nähe die Explosion bewerkstelligte. Bochmann wußte auch nach alledem, was mit Reinsdorf verabredet und in den Versammlungen gesprochen war, daß es fich hier nicht um einen bloßen Linau tändeln sollte, er kannte ja auch das Motiv zu der Explosion, deren vernichtende Wirkung beabsichtigt war, denn es sollte ja eben die im Lckal verkehrendebessere Klaffe" und der bei d-n Ar- bcitern mißliebige Wirth getroffen werden. War ja doch auch stets die Rede davon gewesen,scharf" oufzutictei» im Gegen- satz zu den Sozialdemokraten, deren Aktion eine viel zu ge- linde sei. Objektiv erscheint der Thatdestand im Sinne der An- klage und eben so auch der Dolus des Bachmann erwiesen. i Es kommt der zweite Fall. Es steht fest, daß Reinsdorf dem Rupsch und dem Küchler ganz spezielle Aufträge ertheilt hat. Rupsch sollte das Dynamit so legen und anzünden, daß die Expiosion zur rechter Zeit gegen die versammelten Fürsten und deren Gefolge stattfinden konnte. Er wies den Beiden das Dynamit, Geld und alles Erforderliche nach; er gab dem Rupsch sogar sein eigenes Messer mit. Ter Dolus dcS Reins­dorf ist erwiesen. Er selbst sagt, daß er von der Anwesenheit des Kaisers und der Fürsten wußte; er hatte sogar die Mög- lichkeit erkannt, daß sie Alle um das Leben kommen konnten. Den hier zur Sprache gelegten Umstand anlangend, daß er den Wagen des Kaisers geschont wissen wollte, so geht daraus, falls es wirklich richtig, auch nur hervor, daß er es lediglich darauf ankommen lassen wollte. Den Rupsch betreffend, so wird es sich namentlich auch darum handeln, od Rupsch die Wahr- heit gesagt, wenn er sagt, er habe die Zündschnur durchschnitten, um das Attentat zu vereiteln. Anfangs konnte man fich vielleicht dieser Ansicht zuneigen, die Beweisaufnahme hat aber vollgültige Belege dafür gebracht, daß Rupsch die Unwahrheit gesprochen. Er macht den Eindruck, als wenn er mit trotziger Verbissen- heit seine Tßatcn verübt, er macht nicht den Eindruck eines armen Verführten, alS welcher sein Bild vielleicht nach den Akren erscheinen konnte. ES ist charakteristisch, sich zu ver- gegenwärtigen, was aus dem Menschen im Laufe der Zeit ge- werden ist. In Naumburg noch ein harmloser, unschuldiger- Mensch, kommt er zurück als Mann mit den schrecklichsten, gegen die menschliche Gesellschaft gerichteten Ideen, der sich dieFreiheit" verschreibt, um seine Mußestunden mit deren Lektüre auszufüllen, der gegen Kaiser und Reich konspirirt und zum Mord und zur Anwendung von Dynamit gelangt, der leibst gesagt, daß er, wenn er crtapvt würde, im Stande wäre, sich selbst mit einer in den Mund gcsleckim Dynamitpatcone umzubringen. Nicht ohne Geschick hat stch Reinsdorf in ihm den rechten Mann ausgesucrit und er hat wohl Recht, wenn er saat, daß er nicht viel Ueberredungskunst bedurft. Schritt für Schritt kann dem Rupsch nachgewiesen werden, daß er bis zu einem gewissen Punkte den festen Willen hatte, das zu tbun, was ihm aufgetragen worden. Der Schnitt am Baum als Zeichen beweist, daß er damals noch den festen Willen der wich oft an die Geschichte von den Capuletti und M?n- techi." Ah, nun begreife ich," sagte Brand,weshalb der junge Herr von Wredow Ihr Fräulein Schwester entführte. Die Feindschaft der Väter ließ ihn wahrscheinlich fürchten, deren Einwilligung zu einer Heirath auf gewöhnlichem Wege nicht zu erhalten." Wohl möglich, daß dies der Grund war! Meine Schwester und der junge Herr von Wredow liebten einander, lange bevor sie sich hier in Berlin begegneten." Hat denn Herr von Wredow sonst keinen Erben?" fragte Brand. Noch einen Sohn!" war Helenen's Antwort;und da der Vater den älteren verstoßen hat, so ist dieser zweite Sohn der Erbe der Güter. Ich glaube deshalb, Mylord, Sie werden Schwierigkeiten haben, das Gut käuflich zu er- werben." O, nein!" antwortete Killmare bestimmt.Ich werde bieten einen Preis, den er sonst nicht erhalten würde, und da wird er einwilligen." Was aber veranlaßt Sie, ein Gut zu kaufen, das Sie doch gar nicht kennen?" Haben Sie nicht gesagt. Miß, daß es sehr schön sei, Und daß Sie wünschen, Ihr Lebenlang dort zu sein?" Helene fühlte, vielleicht allein von allen Anwesenden, daß in dieser Antwort eine Huldigung für sie, wenn nicht gar noch mehr als eine bloße Huldigung liege. Dies aber war auch d'e einzige Huldigung, welche der junge Schotte aussprach: durch keine Miene, durch keinen Blick hatte er sonst irgend ein Interesse für Helene verrathen. Als man sich nach Ankunft des ZugeS in Berlin trennte, machte der Bord Killmare den Dorschlag, daß die Gesellschaft ihm das Vergnügen erweism möge, ihn noch ein Stück auf seiner Tour durch Norddeutschland zu begleiten. Er beabsichtige »nächst nach dem Harz und der sächsischen Schweiz zu gehen. Hier aber erhob Cordelia energischen Wider spruch. Harz Sächsische Sckweiz das war ja der Schau- Platz, auf welchem sich das Drama mit Helene's Schwester rntwickclt hatte, davon wollte sie nichts hören. Cordelia bestand darauf, daß man den Aufenthalt hier nicht weiter That hatte. Er hat auch nachher nichts gethan, was als Be­weis dienen könnte, daß er von der That Abstand genommen. Er ist nicht etwa geflüchtet, sondern hat die alten Genossen wieder aufgesucht, dem Reinsdorf Bericht erstattet und mit Holzhauer korrespondirt. Rupsch hat alles das gethan, was geeignet war, die Explosion herbeizuführen. Wenn der Schwamm, den er nochmals entzündete, auch naß war, so glimmte er doch noch und konnte nach dem Gutachten der Sachverständigen eine Explosion verursachen. Er hat dann noch die Zündschnur mit einer Zigarre zu entzünden gesucht, zu der er fich Feuer von Küchler geben ließ. Küchler sagt, daß er dann mit Rupsch nachgesehen und daß er dabei nichts von der Zerschneidung gesehen, welche Rupsch hier behauptet hat. Die WitterungS Verhältnisse anlangend, so hat es ja in der Nacht vom 27. zum 28. stark geregnet. Welchen Einfluß hat nun dies auf die Sachlage gehabt? Der Sachverständige Pagenstecher sagt nun, daß es wohl möglich, wie Rupsch und Küchler behaupten, die Scknur theilweift verbrannt, theilweise nicht verbrannt war. Der Sachverständige sagt aber auch ferner, daß die Explosion unter den beregten Umständen immer leicht möglich gewesen war. Rupsch hat also zum erstenmale mit einer brennenden Zigarre und nachher mit Schwamm zu entzünden versucht und damit ist der Thatbestand im Sinne der Anklage völlig gegeben. Den Küchler anlangend, so ist er bei dem Vorgang zu- gegen und thätig gewesen und er sagt aus, er habe das Attentat vereiteln wollen. Der Nachweis des Gegentheils ist hier aber noch leichter möglich als bei Rupsch. Küchler hat nicht nur eine generelle, sondern auch eine positive Instruktion von Reinsdorf erhalten. Seine Mitthäterschaft ist auch dadurch erwiesen, daß er das Glas mit dem Dynamit an Rupsch ge- geben; er war bereit, sofort mit Rupsch mitzugehen und ver- ließ zu diesem Zweck- sogar seine kranke Frau, er führte die Kasse, veranlaßte die falschen Eintragungen im Gasthaus zu Aßmannshausen , er hielt und wickelte die Zündschnur auf und wies dem Rupsch den Schwamm zum zweiten Anzünden der Zündschnur nach. Küchlcr wollte die Explosion auch schon beim Kaiserzelt. Daß si: dort waren, ist durch Rupsch selbst bewiesen, der gesagt, daß er Arbeiter dort bemerkt. Küchler wollte, wie Rupsch gesagt, auch ein neues Attentat in Wiesbaden . Küchler hat also positive Handlungen der Mit- tbälerschaft begangm. Daß er etwas gelhan, um das Altentat zu vereiteln, ist durch gar nichts erbracht. Er war sogar von Reinsdorf als Aufsichtsperson mitgeschickt wor- den. Er stand auch auf gl-ickem volitischen Standpunkt wie Reinsdorf . Bezüglich der Explosion an der Fcsthalle wird man dem Rupsch glauben können, daß ste Beide die zwei Explofionslörper zusammengebunden, um die Festhalle zu zer- stören. Dies lag in Beider Absicht. Der Erfolg der Explosion war ein solcher, daß er den Thatbestrnv des Gesetzes erschöpft. Es find starke Zerstörungen von Material und auch Verwan- düngen von Menschen vorgekommen- Ich komme zu den andern Angeklagten. Bei Holzhauer beantrage ich das Schuldig, bei Töllner die Freisprechung. Letzterer hat im entscheidenden Moment nicht gewußt, worum es sich handelt. Holzhauer be- findet sich stets auf negirendem Standpunkt, aber es sprechen gegen ihn folgende Thatsachcn. Es ist Dynamit bei ihm ver- borgen gewesen, welches Reinsdorf dort Hingedracht. Holz- Hauer hat bei den Versammlungen auch den Plänen Rems- dorf's stets zugestimmt. Bei Holzhauer war die Versammlung, in welcher der verbrecherische Plan festgestellt wurde, Holzhauer gab die Steinkruke mit Dynamit an Rupsch. Holzhauer ist auch der Schreiber des Briefes an Rupsch, worin ver Geschäfts- gang der Einschmuggelung derFreiheit" nach Deutschland dargestellt wird. Wenn also Holzhauer mit seinem Thun und Wissen die Pläne der Verbrecher förderte, so hat er sich im Sinne des Gesetzes der Beihilfe schuldig gemacht. Bei Rhein- bach und Eöhngen ist die Schuld zweifelhafter, doch müssen auf Grund folgender Thatsachcn hier Strafanträge ge- stellt werden. Wie Palm sagt, wurde in der Versamm- lung, worin das Attentat besprochen wuede, und wo auch Rheinbach und Eöhngen anwesend waren, so laut verhandelt, daß es keinem Anwesenden zweifelhaft sein konnte, worum es sich handelte. Die Angabe der Beiden, daß ste geglaubt, es handle sich nur um de Linderung einer Nothlage des Rupsch, erscheint daher unglaubwürdig. Dagegen sprechen ihre hohen Beiträge, die sie therlweise unter schweren Umständen erst errungen, die späte Stunde, zu der sie in die Versammlung geladen waren. Sie trafen nachher den Rapsch und drückten keincsrregs ihr Erstaunen über seine Zurückkunft aus, ver- langten auch nicht ihr Geld zurück. Es läßt sich annehmen, daß ste gewußt, worum es sich bandelt und daß sie durch ihre Geldspenden Beihilfe geleistet. Ich beantrage gegen Reinsdoif wegen Hcchverrath, Mordversuch und Brandstiftung die Todes- strafe, 15 Jahre Zuchthaus, Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und Polizeiaufsicht; gegen Bachmann 12 Jahre Zuchlhaus, 10 Jahre Ebrverlust und Polizeiaufsicht; gegen Rupsch und Küchler Todesstrafe und 12 Jahre Zuchthaus; 10 Jahre Ebr­verlust und Polizeiaufsicht; gegen Holzhauer 10 Jahre Zucht­haus, 10 Jahre Ehrverlust und Polizeiaufsicht auf gleiche Dauer; gegen Söhngen und Reinbach 5 Jahre Zuchthaus, ausdehne, sondern den andern Morgen in aller Frühe ab- reise. Sie ließ Lucie kaum Zeit, von Elsler's und Amberg's Abschied zu nehmen. Der Abschied war ihr schwer. Sie hatte, als sie ganz verlassen gewesen war, hier liebende Herzen und freundliche Aufnahme, Schutz und Obdach und die innigste Theilnahme gefunden. Der Abschied kostete ihr Thränen und kostete auch den Anderen Thränen; doch wagte Niemand, ihr von ihrem Entschlüsse abzurathen, da sie in Cordelia's Hause eine sor- genfreiere Existenz haben würde und nicht gezwungen sei, für ihre nothwendigsten Bedürfnisse durch ihrer Hände Ar- beit sorgen zu müssen. Wenn man sie auch mit tiefer Be- trübniß scheiden sah, so mußte man sich doch sagen, daß es so besser sei; nur nahmen sie einander das Ver- sprechen ab, in stetem und häufigem brieflichen Verkehr zu bleiben. Als am andern Morgen der Lord Killmare in das Hotel kam, um sich nach dem Befinden der Damen zu erkundigen und namentlich sich Bescheid zu holen, ob man sein Anerbieten, ihn nach der sächsischen Schweiz zu begleiten, nicht dennoch anzunehmen gesonnen sei, erklärte ihm der Portier: Die Damen sind bereits vor zwei Stunden ab- gereist!"_ Dreiunddreißigtes Kapitel. In Feldau sah cS trübseliger aus, denn je. Der alte Rodenburg fühlte sich kränklich und schloß sich mehr und mehr von seiner Umgebung ab. Um sein Gut und um seine übrigen äußeren Angelegenheiten kümmerte er sich fast gar nicht mehr. Die Verwaltung seines Gutes und seines Vermögens überließ er Brand, die häuS- lichen Angelegenheiten überließ er Emmy, und diese hatte sich nach und nach daran gewöhnt, sich völlig als Herrin von Feldau zu betrachten, und gerirte sich denn auch ihren Untergebenen gegenüber als solche. Wenn der alte Rodenburg derliebe, gute Onkel", wie sie ihn nanvte, sich zurückzeg und mit seinem Gram allein zu sein wünschte, dann setzte sie den hübschen kleidsamen Strohhut auf, nahm ihren Sonnenschirm und ging hinaus, um das' 10 Jahre Ehrverlust und Polizeiaufsicht; gegen Töllner Frel- sprcchung. Rupsch und Söhngen brechen nach Anhörung dieser Slrafanträge in Thränen aus- Die Anderen bleiben unbewegt. Rechtsanwalt T h o m s e n alS Vertheidiger des Rupsch entwickelte in längerer eingehender Rede alle die Momente, die für eine Entlastung seines Klienten sprechen können. Er ver- weist namentlich auf die Schwierigkeit, welche für Rupsch vor- lag, fich der verbrecherischen Gesellschaft, in die er gerathen, stch sogleich und ohne Weiteres entziehen zu können. Aller- Vings ist dem Rupsch nicht zu glauben, wenn er als Motiv seiner Reise dasVergnügen" angiebt. Ein so ungeheuer- liches Verbrechen unv eine Vergnügungsreise können nicht zu- sammen gedacht werden. Wie sich uns sein Charakter dar- stellt, so tritt in ihm hauptsächlich intellektuelle und moralische Apathie, aber auch eine gewisse Harmlosigkeit hervor, dabei eine kindische Unreife des Urtheils. Sehr viel näher hätte dem Rupsch die Ausrede gestanden, daß er durch den Zwang seiner Genossen scheinbar deren Austrag angenommen hätte. That- sächlich sind ja auch Drohungen gegen ihn verlautbart worden. Ein psychologisch wichtiges Moment habe ich auch in dm Akten gefunden. Rupsch kaufte sich eine Photographie des Niederwalddenkmals für 30 Pf. und nahm ste mit sich. Als er verhaftet wurde, fragte man auch nach dem Verbleib dieser Photographie. Er sagte zuerst, er habe sie verbrannt, nachher aber, ste hänge noch zu Hause und er habe zuerst anders aus- gesagt, weil es ibm leid gethan hätte, wenn die ihm liebe Photographie mit Beschlag belegt worden wäre. Welche kin- dische Unrufe des Urtheils, aber auch welche Harmlosigkeit. Die That selbst anlangend, so ist sie ohne Erfolg geblieben. Die Beweisaufnahme über die Vorgänge bei der versuchten Anzündung der Schnur hat nicht die Gewißheit er- bracht, daß die Angabe des Rupsch, er habe das Attentat vereiteln wollen, unwahr sei. Der Sachverständige, Major Pagenstccher, hat gesagt, daß die Zündschnur immerhin trotz der Durchnässung zünvfähig gewesen sei. Die Explosion ist aber nicht erfolgt. Rupsch' Angaben, die er zu seinen Gunsten anführt, sind nicht widerlegt; auch hat er nicht alle Beweise für seine Entlastung beizubringen, sondern er muß überführt werden. Der Dolus für die Ausführung ist bei ihm nicht erwiesen, es scheint vielmehr die Annahme be- rechtigt, daß er im letzten Moment vor der Aus'ührunz zurück­geschreckt ist und die Zündschnur durchschnitten hat. Der ob- jekiioe Nichterkolg liegt ja vor, aber es find auch psychologische Momente vorhanden, welche dafür sprechen, daß er im letzten Moment vor ver That zurückgeschreckt ist. Er stand ja unter der Aufficht des Küchler und seine Behauptung, daß er dessen Aufmerksamkeit zu täus ,en und die Zündschnur unbemerkt zu durchschneiden verstanden hat, ist durch nichts widerlegt. Das Attentat an der Festhalle in Rüdeshcim anlangend, so ist in Betracht zu ziehen, daß der objektive Thatbestand in Bezug darauf, an welcher Stelle und in welcher Entfernung von der Halle die Dynamitpatronen entzündet wurden, nicht genügend aufgeklärt erscheint. Justizrath Bussenius als Vertheidiger des Küchler führt aus, daß für den Dolus seines Klienten, das Leben des Kai- scrs und seines Gefolges zu gefährden, ein Beweis nicht er- bracht sei. Der Beweis für die böse Absicht aber müsse dem Angeklagten geführt werden. Küchler habe von vornherein stets behauptet, daß er lediglich bestrebt gewesen sei, ein ernst- liches Attentat zu vereiteln. Seine ganze Thätizkeit auf dem Niederwald erscheint nicht als Mitthäterschaft. sondern höchstens als Beihilfe und Rathertheilung. Ist Rupsch von der Ausfüh- rung zurückgetreten, so kommt dieser Umstand auch dem Küchler zu Gute. Das Auftreten des Ruvsch hat nicht den Eindruck gemacht, daß er ein lügenhafter Mensch sei, und es ist nicht erwiesen, daß seine Angaben über die Vereitelung des Atientats unwahr sind. Der Umstand, daß der Hauptthäier von der That zurücktritt, kommt aber auch den anderen Betheiligten zu Gute. Der Thatbestand des in Rede Menden Verbrechens bilden doch das Hinlegen und das Anzünden der Schnur. Nun war aber Küchler gar nicht abgesandt worden, um in dieser Be» ziehung etwas zu thun. Das Verbrechen war auch nicht zwischen Küchlec und Rupsch verabredet, sondern Reinsdorf hatte mit demselben lediglich den Rupsch beauftragt. Der Herr ReichZanwalt führt für die Milthalerschaft die Uebergabe des Dynamits, die falsche Eintragung und andere Umstände an, Handlungen, die stch aber alle lediglich als Beihülfe charakteristren. Eventuell sind die Handlungen des Küchler auch höchstens als vorbereitende anzunehmen. Die Exoloston an der Festhalle betreffend, so ist dieselbe lediglich durch Rupsch geschehen, Küchler war dabei gar nicht anwesend. Man kann die gegentheiligen Anaaben des Rupsch doch nicht ohne Weite- res zu Ungustcn des Küchlcr als wahr annehmen. D:r Ver- theidiger schließt mit dem Antrage, gegen Küchler auf eine zeit- liche Zuchthausstrafe zu erkennen. (Fortsetzung in der Beilage.) Gut und die Arbeiter desselben zu inspiziren und Revue zu halten über die getroffenen Einrichtungen. In dieser Absicht trat sie auch heute zur Hinterthür des Schlosses hinaus, ging in den Garten und musterte aufmerksamen Blickes Alles, was Waldow, der alte Gärtner, arrangirt�und angeordnet hatte. Endlich traf sie ihn selbst, im Begriff, den Rasen eines Platzes zu begießen, welcher sich zwischen blühendem Strauchwerk ziemlich weit aus- dehnte und in seiner Mitte geschmackvolle Blumenanlagen hatte. Sie stand eine Weile und sah ihm zu. Hören Sie, Waldow, begann sie endlich,wozu ist eigentlich dieser Rasenplatz?" Gnädiges Fräulein," antwortete der alte Gärtner, er dient zum Schmuck des Gartens, wie alle anderen An- lagen." Von den anderen Anlagen sage ich nichts," versetzte Emmy ;aber mich dünkt, ein so großer Rasenplatz wäre hier gar nicht nöthig. Ja, wenn Kinder hier wären, welche auf diesem Platze sich tummeln könnten, oder wenn man häusig Gesellschaften hier sähe, die Spiele arrangirten, drnn wäre eS etwas Anderes; aber Herr Rodenburg selbst findet kein Ver- gnügen an derartigen Anlagen. Ihm ist es daher gleich- giltig, ob ein Rasenplatz im Park ist, oder nicht, und ich halte dafür, daß man diesen Platz viel besser verwerthen könnte." Wie meinen Sie, gnädiges Fräulein?" Man könnte Gemüsebeete hier anbringen." Mitten im Park, gnädiges Fräulein? Sie scherzen wohl!" Nein, es ist mein Ernst! Der Ertrag des Gutes wird natürlich erhöht, je mehr unbenutzt liegendes Land ver- werthet wird. Die vielen Blumenanlagen, namentlich die vielen Plätze sind ganz unnütz. Ihre Pflege kostet nur Geld, während man im anderen Falle, wenn man sie zu Gemüsebeeten kultivirt, daraus noch einen Nutzen erzielt." Oekonomisch maa das sein, Fräulein," entgegnete der Gärtner;aber wer Gefühl für die Schönheiten der Natur hat..(Fortsetzung folgt.)