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tr. 224.

Dienstag, 23. Dezember 1884.

I. Jabrg.

Berliner Volksblatt.

Organ für die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner Voltsblatt"

sscheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Bf. Boftabonnement 4 Mart. Einzelne Nr. 5 Bf. Sonntags- Nummer mit illuftr. Beilage 10 Pf. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1885 unter Nr. 746.)

Infertionsgebühr

beträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 f. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inferate werden bis 4 thr Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Zimmerstraße 44, sowie von allen Annoncens Bureaux, ohne Erhöhung des Preises, angenommen.

Redaktion und Expedition Berlin SW., Bimmerstraße 44.

Abonnements- Einladung.

Mit dem 1. Januar I. Js. eröffnen wir ein neues Abonne­ment auf das

,, Berliner Volksblatt"

mit der wöchentlichen Gratis- Beilage

,, Illustrirtes Sonntagsblatt".

Wir blicken nunmehr auf ein Bestehen von dreiviertel Jahren zurüd, und der Anklang, den unser Blatt überall ge­funden hat, beweist, daß wir uns mit den Ansichten unserer Leser vollständig in Uebereinstimmung befinden.

Wir werden vom 1. Januar t. Js. ab vor allen Dingen unsere Aufmerksamkeit den parlamentarischen Vorgängen widmen; wir werden die Berichte aus den geseggebenden Rörperschaften so ausführlich bringen, daß wir mit den größten Berliner Zeitungen erfolgreich zu fonfurriren im Stande find.

Der Abonnementspreis beträgt für Berlin wie bisher 4 Mart pro Quartal, 1,35 pro Monat, 35 Pf. pro Woche. Bestellungen nehmen sämmtliche Spediteure, sowie die Expedition dieser Zeitung an. Für Außerhalb nehmen alle Boftanstalten Abonnements für das nächste Quartal zum Preise Don 4 Mart entgegen.

Die neu hinzutretenden Abonnenten erhalten den bisher erschienenen Theil des fesselnden Romans

,, Gesucht und gefunden"

gegen Vorzeigung resp. Einsendung der Abonnements- Quittung in unserer Expedition

Zimmerstraße 44,

in einem Seperatabzuge gratis und franko nachgeliefert.

Probenummern stehen den Freunden unserer Zeitung selbst in größerer Anzahl stets zur Verfügung. Wir bitten hiervon techt ausgiebigen Gebrauch zu machen, damit das Berliner Boltsblati" in immer weiteren Kreisen Eingang finde.

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Was die Straße verschlingt."

Unter dieser Ueberschrift geht ein sonderbarer Re= lameartitel durch die liberale Presse, der sich an einen neuen Roman Wachenhusens anlehnt und von dem feffelnden Bilde spricht, welches der bekannte Romanschrift­teller von unseren heutigen Gesellschaftszu= tänden entwerfe. Der Artikel enthält nun zunächst fol­gende Schilderung Wachenhusens:

, Ein neuer Athem weht wohl seit 10 Jahren durch Deutschland , aber leider auch desto mehr Moschus in der Gesellschaft. Die Scheinsucht, bei all der Theuerung der Lebensbedürfnisse und all den

Rachdruck verboten.]

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Feuilleton.

Gesucht und gefunden.

Roman von Dr. Dug. ( Forseßung.)

Lassen Sie doch dergleichen Firlefanz. Ich wünsche, Waldow, daß dieser Rafen hier entfernt wird und hier Gemüsebeete angelegt werden. Damit Basta!"

Sie warf das Köpfchen hintenüber und ging weiter, das Kopfschütteln des alten Gärtners gar nicht beachtend. Eben wollte sie den Park verlassen, um die Molkerei zu inspiziren, da traf sie den Inspektor Brand. Derselbe grüßte leicht und wollte vorübergehen. Sie aber blieb stehen und nöthigte ihn dadurch, ebenfalls stehen zu bleiben. Gut, daß ich Sie treffe, Herr Brand," sagte sie. Wollen Sie die Güte haben, mir heute, bevor Sie die Löhne auszahlen, die Lohnbücher vorzulegen?"

Ihnen, Fräulein? fragte Brand befremdet. " Ja, mir! Ich finde nämlich, daß die Arbeiter hier Alle aussehen, als wenn sie wohlhabende Leute wären. Man sieht faft Reinen in Zumpen hier, wie das auf anderen Gütern der Fall ist. Ich schließe daraus, daß Sie viel zu hohen Lohn zahlen."

Da irren Sie, Fräulein Amberg! Ich zahle guten Lohn, aber nicht zu hohen."

Wenn das Geld, was man zahlt, nicht eigenes, fon­dern frembes ist, so giebt man's mit leichterer Hand fort." Brand schoß die Bornesröthe in die Wangen : ,, Das heißt an meiner Ehrlichkeit zweifeln, Fräulein Amberg!" Aber " Ich zweifle nicht an Ihrer Ehrlichkeit. wozu sollen Arbeiter mehr Lohn erhalten, als unbedingt nöthig ist?"

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Wollen Sie damit sagen, Fräulein," erwiderte Brand mit einem ironischen Lächeln, das man die Arbeiter, welche ihre Pflicht thun, hungern nnd darben lassen soll?" " Das gerade nicht! Ich wünsche nicht, daß man ihnen mehr giebt, als sie zu ihrem Unterhalt bedürfen." Sie wünschen das nicht, Fräulein?"

Ernährungsforgen, die Nothwendigkeit des unnöthig ften Lurus, die Genußsucht, in die Eines das Andere mit fortreißt, machen den Erhaltungskampf zu einem Handgemenge, in welchem viel von Natur Gutes und Edles zu Grunde geht, und die Sitten unserer Tage werden auf dem großen geschäftlichen und ge= sellschaftlichen Schlachtfeld vom Leichengeruch der Ges fallenen infizirt.

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Die Zeiten sind auch bei uns andere geworden, beffer kaum, denn geschäftlich drückt uns die Steuer­Garotte und gesellschaftlich sind wir bis an die Knie in das Grundwasser der Korruption gewatet, denn Entfittlichung schafft Entnervung.

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Wir haben hohe Adelsgeschlechter, in denen die Rorruption erblich ist. Wir haben eine Geldaristo­fratie, die um des eigenen Gewinnes willen durch ihre Börsenmacht unzählige wohlhabende Familien­väter ruinirt, weil diese durch die Sorge, durch das Lurusbedürfniß der Ihrigen gezwungen werden, nach verheißenden, spekulativen Werthen zu greifen. Und der Bettelstab ist schwer! Der Vater nimmt ihn vielleicht feufzend und entsagend in die Hand, aber die Söhne, die Töchter, denen die Welt noch so schön erscheint!

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Wir haben einen niederen Beamten stand, der mit großem Kindersegen unter larger, unzureichender Besoldung seine Töchter ohne Aussicht auf Versorgung heranwachsen sieht. Der Vater stirbt, die Mutter leidet Noth, die Töchter nimmt die Welt auf... Wo bleiben fie?.. Wer fragt nach der Spreu, die der Wind vers weht!

Wir haben einen Handwerkerstand, der ver­geblich ringt gegen die Uebermacht des Rapitals, der Fabriken, dem der Staat felbst mit feinen sozialistischen Strebungen den viel gepriesenen goldenen Boden unter den Füßen wegzieht! und feine Kinder wachsen heran, die Welt ist ihnen so schön und die Versuchung so groß.

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Wir haben endlich einen Arbeiterstand, der feine Töchter als Mägde verdingt oder sie als Kinder schon in die Fabriken schickt. Es ist turig, zu be­tennen, daß neun Zehntel von ihnen verioren gehen, ohne von dem Werth der Tugend eine Borstellung gehabt zu haben. Die Straße verschlingt sie, auf der schon Kronen und ganze Reiche verloren ge­gangen."

| wird nun von den liberalen Blättern folgende Privats Versicherungs- Reklame gehängt:

,, Manchem wird dieses Bild ein wenig zu düster ers fcheinen; aber wer wollte leugnen, daß unsägliches Elend die Welt erfüllt und daß die klasse der Enterbten aus eigener Schuld und durch die Mitschuld der Gesellschaft täglich im Wachsen begriffen ist. Und doch giebt es naheliegende Mittel und Wege, bessere Zustände herbeizuführen. Arbeit und Sparsamkeit sind der wirksamste Feind dieser Zustände und die Sparsamteit besonders in ihrer entwickelsten Form, der Versicherung. Es ist eine alltägliche Erfahrung, die Jeder an sich selbst macht, daß das Kapital die Welt beherrscht, daß Kapitalbesitz Selbstständigkeit, Sicherheit und Freiheit bedeutet. Dieses Alles schafft, wenn richtig benußt, die Kapitalversicherung, welche wir mit einem allgemeineren Namen auch Lebensversicherung nennen; sie ist eines der bedeutendsten sozialen Heilmittel der Zeit und ihre Ausbreitung sollte von allen verständigen Menschen­freunden gefördert werden."

Soviel Worte, soviel Zugeständnisse macht hier der Liberalismus an den sonst so sehr gehaßten Sozialismus; in welcher Form der lettere auch auftreten möge, als Staatssozialismus , oder als demokratischer Sozialismus, der Haß des Liberalismus bleibt immer derselbe.

Bislang hat derselbe auch die Grundursachen des Sozialismus, die soziale Noth, das soziale Elend immer geleugnet, um auch nicht das geringste Zugeständniß zu

machen.

Hier aber, da es sich um eine Reklame der Privat­Versicherungs- Gesellschaften handelt, malen die liberalen Blätter grau in grau, zitiren Stellen aus einem Sensations­roman, reden von ,, unfäglichem Elend", von der Klasse der Enterbten", von der Mitschuld der Gesellschaft", von der Weltherrschaft des Kapitals", blos um die Menschen in einer Lebensversicherung unterzubringen.

Sie empfehlen hierzu die Sgarsamkeit und diese Sparsamteit empfehlen sie nicht nur Leuten an, die etwas zurücklegen fönnen, sondern auch den niederen Be amten, welche ,, turze, unzureichende Besoldung" erhalten. Und von dieser ,, unzureichenden" Besoldung sollen die Beamten noch im Interesse der Dividenden der Lebens­Versicherungs- Aktionäre sparen!

Uebrigens erhalten die Beamten ja so wie so schon eine Alterspension.

Der angezogene Artikel empfiehlt das Sparen ferner dem Handwerker, dem der, goldene Boden" entzogen ist, dem Arbeiter, der feine Kinder in die Fabriken

An diese wohl im Allgemeinen zutreffende Schilderung schickt. Und das Sparen nicht nur an sich, indem der Ar­

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Sie hören ja, daß ich es nicht wünsche!"

,, Das höre ich allerdings; allein die Normirung der Löhne liegt mir ob."

,, Leider hat Ihnen Herr Rodenburg diese Vollmacht ertheilt. Ich wünsche aber von jezt ab, felber bie Löhne zu normiren; eine Aenderung hierin muß getroffen werden."

Wenn eine Aenderung hierin erforderlich ist, wird Herr Rodenburg voraussichtlich mir seine Weisungen geben."

Herr Rodenburg fümmert sich darum nicht und wünscht auch, namentlich heute nicht, von Ihnen mit den Lohnbüchern belästigt zu werden. Ich wiederhole daher meinen Befehl, die Lohnbücher mir vorzulegen."

Ich habe in der That nicht gewußt, daß Sie gegen­wärtig in Feldau befehlen."

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Sie hören, daß ich hier befehle, und ich fordere Ges horsam von Ihnen!"

,, Den ich leisten werde, Fräulein Amberg, sobald ich weiß, daß Sie ein Recht haben, hier zu befehlen. Bis bahin aber werde ich nur nach der Vorschrift dessen ver­fahren, dem ich zum Gehorsam verpflichtet bin. Adieu!" Er ging an ihr vorüber.

Sie zog die Brauen zusammen; Bornesröthe bedeckte ihr Geficht; ihre Hand zerdrückte fast den dünnen Stiel des Sonnen­schirms. Dann stampfte sie mit den Füßen und sagte:

" Ich werde den Widerspenstigen schon zwingen! Welche Unverschämtheit, mir den Gehorsam zu ver­weigern!... Aber ich weiß, woher es tommt. Er ist Einer von denen, welche beklagen, daß die stille, sanfte Lucie hier nicht mehr waltet.. Aber warte, Du sollst schon Gehorsam lernen!"

Sie ging weiter. Ueberall, wo sie Arbeiter beschäftigt traf, ordnete fie on, genau fo, als ob Alles ihr Eigen thum sei, und sie nach Belieben darüber schalten und walten Die respektvollen Grüße der Leute, welche ihr bes könne. gegneten, erwiderte sie entweder gar nicht, oder nur durch ein leichtes, hochmüthiges Nicken. Ihr Weg führte sie an einem Schuppen vorüber.

In demselben befand sich die Werkstätte Barthel's, des

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Stellmachers, welcher hier die Ausbesserung der Wagen und Geräthschaften besorgte. Gerade als sie an demselben vor­überging, trat Barthel zur Thür des Schuppen hinaus. Er zog seine Müße.

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Guten Morgen, gnädiges Fräulein!" sagte er be scheidenen und demüthigen Tones.

Emmy , ohne zu antworten, wollte schnell vorüber­gehen, doch befann sie sich bald eines andern. Sie blieb stehen. Barthel," sagte fie, ich habe Ihnen einen Dienst ge= leistet." Ich weiß es, gnädiges Fräulein, und vergesse es Ihnen nicht! Sie haben mir dazu verholfen, daß ich die Arbeit wieder bekommen habe auf diesem Gute.

Barthel war jetzt nicht mehr der verkommene, schmutzige Mensch von ehemals; sein Haar war nicht wüst und un­ordentlich; sein Anzug nicht zerrissen und unsauber, und er verbreitete auch keinen Branntweingeruch um sich. Er hatte sein Versprechen, sich zu bessern, redlich gehalten.

Sie waren damals auf Veranlassung des Verwalters aus dem Dienst entlassen," fuhr Emmy fort.

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,, Allerdings!" antwortete Barthel. Und Herr Brand hatte Recht, ich war damals ein unzuverlässiger Arbeiter. Sie wissen, meine häusliche Noth verursachte den häuslichen Unfrieden und vom Unfrieden bis zum Trunke, das ist nur ein Schritt."

Ich weiß, ich weiß!" unterbrach ihn Emmy . Sie waren ein Trunkenbold und mögen meinetwegen heute noch einer sein."

"

Entschuldigen Sie, gnädiges Fräulein

" Lassen Sie's gut sein. Ich will davon nichts wissen. Sie erinnern sich, daß Brand Sie fortjagte und ich sehe voraus, daß Sie sich nicht ungern an ihm rächen möchten."

D nein, gnädiges Fräulein! Herr Brand ist gut und freundlich gegen mich, wie gegen alle Arbeiter."

So!" fagte fie verdrießlich und ihre glatte Stirn fräufelte sich wieder ein wenig. Vielleicht aber hätten Sie nichts dawider, wenn Sie fortan nicht unter Brand's Bot mäßigkeit zu stehen brauchten?"

Laminas

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