Dtm'n Herrn Jerichtshof det Wort habe, denn reifen Se man nich'mal auS Versehen Ihre Kauakademie uf. Jlooben Ee schon, et fliegt Ihnen mal ändert wie vor'n Jroschen Honig- kuchen'rin. Frl. Möser: Nun werde ich Ihnen auch noch wegen Jmpcrtinentigkeit anklagen. Herr Jerichtshof, Sie haben gehört, wem das ordinäre Jeschöpf gemeint hat. Mancher Menich lernt es doch nie, sich mit Bildung zu bewegen. Da es nun auch Herr Lehmann für angezeigt hielt, mit mehr kräftigen als gewählten Worten in die Debatte einzu- greifen, so blieb nichts übrig, als diesen aus dem Saal zu entfernen, die klagenden Schonen in der Besorgnis; thätlicher Ausschreitungen aber möglichst weit von einander und in einer Weise zu vlaziren, daß der Nuntius jeden Augenblick vermit- telnd dazwischen treten konnte. Dank dieser Vorsicht verlief die Beweisaufnahme, durch welche in Ansehung beider Parteien Belastungsmaterral in Hülle und Fülle zu Tage gefördert wurde, ohne nennenswerthe Störung. Die von beiden Seiten gefallenen Ausdrücke, welche sich ihrer Anstößigkeit wegen der Wiedergabt entziehen, waren unbedingt so beleidigender Natur, daß in Bezug auf dieselben Kompensation für angezeigt erachtet wurde, wohingegen der EcricktShof die Trogung der Kosten beiden Parteien zu gleichen Theilen auferlegte.(Ger.-Zkg.) Das Kammeraericht hat eine für die Beurkundung der Vornamen durch die Standesbeamten grundsätzlich wichtige Entscheidung getroffen. Ein Standesbeamter hatte nämlich m einem Falle die Eintragung der VornamenToni" undGrete" in das Geburtstagsregistcr abgelehnt, weil dies«keine selbst- ständigen Vornamen, sondern nur Abkürzungen" seien. Die gegen diese Verfügung des Standesbeamten, gemäߧ 11 des Reichsgesetzes vom 6. Febiuar 1875 bei dem zuständigen Land­gerichte erhobene Beschwerde wurde mit Rücksicht darauf, daß unter Vornamen im Sinne des§ 22 zu 4 b. c. nur'selbst­ständige" Vornamen verstanden werden könnten, dieses Ersor- derniß aber in dem vorliegenden Falle nicht zutreffe, solche Vor- immen vielmehr nur Abkürzungen der selbständigen Vornamen Antonie und Margarete seien, zurückgewiesen. Die weitere gegen diesen Beschluß des Landgerichts bei dem Kammcrgericht eingelegte Beschwerde ist für begründet erachtet und die Ein- tragung der Vornamen Toni und Grete in das Geburtsregister von letzterem angeordnet worden, weil in dem voran geführten Reichsgesetze bezüglich der Wahl der Vornamen keine oeschran- kende Bestimmungen gegeben find und ebensowenig in Preußen nach dieser Richtung besondere landesgesetzliche Bestimmungen bestehen.Die Wahl der Vornamen sei nach Hinschius nur insoweit beschränkt, daß sie keinen Anstoß erregen dürfen. Da dies hinsichtlich der Vornamen Toni und Grete nicht der Fall ist, so können sie als zur Cintraguna in das Geburtsregister geeignet angesehen werden,zumal sich in Folge der Sprach- entwickelung und Umbildung diese Vornamen als wirkliche und selbständige Vornamen zur Bezeichnung der Persönlichkeit her- ausgebildet haben und alS solche im Verkehr gebraucht und an- erkannt werden." Künstlers Erdentvallen. AuS München   wird geschrieben: Der durch seinen Anzug, einfacher weißer Wollmantel, hier allgemein Aufsehen erregende 31 Jahre altePrivatgelchite" Karl Wilhelm Tieffenbach von Hadamar  -Noffau, stand kürzlich in einer Berusungsverhandlung vor dem Schöffengerichte des Amtgerichtes München L Schon lange vor der Verhandlung festgesetzten Stunde war der Zuhörcrraum gedrängt voll und wäre dies auch mit dem Echwurgerichtssaal der Fall gewesen, wenn dieser zu dieser Sitzung genommen worden wäre. Den Vorsitz führte A.-R- Ziegler, die Anklage vertrat A�A. Polizei- rath Kobell, als Schöffen fungirten die Herren Verleger und Buchdruckereibesitzcr Dr. Hustlcr und Spenglermcister Hirsch- beck. Ter Thatbestand ist folgender: Laut Strasbefehl wurde Dieffenbach zu M. 10 Gclostrafe veruit heilt, weil er am 13. September Nachmittags 5 Uhr dadurch groben Unfug ver- übte, daß er lediglich mit einem kurzen Mantel bekleidet, bar- häuptig und barfuß in Begleitung seines gleich gekleideten KindeS über den Marienvkatz.dcnRindermar kt und die Sendlinger- gaffe ging, und die Anfammlung größerer Menschenmengen ver- urfachte. Einen weiteren Strafbefehl, ebenfalls mit M. 10, erhielt er zugestellt, weil er am 2. November I. I. in den Zentralsälen dadurch eine Sammlung veranstaltete, daß er zwei Blechbüchsen zum Einlegen von freiwilligen Gaben aufstellte, ohne hierzu die polizeiliche Genehmigung erholt zu haben. Gegen diese beiden Strafmandate ergriff Dieffenbach die Berufung zum Schöffengericht. Bei dem Präfidialverhöre gab Dieffenbach auf die Frage des Vorsitzenden nach seiner Religion an, seine Reli- gion fei Menschlichkeit und bekannte sich auf Vorbehalt als konfessionslos. Auf die Frage nach dem Stand antwortete er, er treibe alle Künste. Vorsitzender: Also Künstler. Er de- hauptet, nicht die Absicht gehabt zu haben, einen Volkslauf zu provoziren; er halte seine Kleidung für die allein zweckmäßige und habe ihn nicht eine willkürliche Laune zu dieser getrieben. Die moderne Kleidung sei unpraktisch, ungesund, sittlich uo- anständig und dann unästhetisch. Lange Mäntel tragen Prie- fter, die Beamten in Amtstracht und jeder Mönch. Barfuß lausen die Bauern, die Trzroler haben Körpertheile entblößt, ohne daß man es unsittlich finde. Wie das weibliche Ge- schlecht mit nackten Körpertheilen sich im Theater, auf Bällen u. s. w. zeige, verdiene jedenfalls eher die Bezeichnung groben Unfugs, als sein Anzug. Uebrigens habe die Ansammlung mehr seinem Knaben, den man in seinem Anzug als Wunder- lind angestaunt Hobe,, gegolten. Aus der Verhandlung geht noch hervor, daß Dieffenbach wegen seines extremen Anzuges der Besuch der Königl. Gallericcn nicht gestattet worden ist. WaS das 2. Reat betrifft, so muß es Dieffenbach zugestehen, doch will er vorher von Polizeibeamten gehört haben, daß die Aufstellung von Sammelbüchsen keinem Anstände unterliege. Der Herr Amtsanwalt hält beide Strafanträge aufrecht und führt aus, daß die Polizei gegen Dieffenbach anfangs lediglich deshalb nicht eingeschritten sei, weil sie geglaubt habe, daß entweder das Publikum sich an die Kleidung gewöhne, oder aber Dieffenbach wieder zu normaler Kleidung zurückkehre. ES sei aber weder das Eine noch das Andere der Fall gewesen. Es könne wohl keinem Zweifel unterliegen, daß, wenn Jemand entgegen den allgemein geltenden Bestimmungen sich kleide, dieS gegen die guten Sitten verstoße. Dieffenbach remonstrirt, daß ein Verbot, hier sich in seiner Kleidung zu zeigen, bei ihm einem Verbot, die Stadt zu betreten, gleich komme. Nach kurzer Beeathung erkennt der Gerichtshof wegen groben Un- .--..._.---- dage daß die Kleidung Dieffenbachs zwar den Sitten widerspreche, aber nicht in solcher Weise, daß sie das flttliche Gefühl verletze._ Arbeiterbewegung» Vereine uuck VerSttmmwngen. Eine Petition, welche die Anwendung mchrer Para- graphen des Titel VII der Gewerbeordnung auch auf die kauf- männischen Lehrlinge verlangt, wird dem Reichstage im Monat Januar von der Freien Organisation junger Kaufleute zu Berlin   unterbreitet werden. Eine Besprechung dieser Petition findct in einer am 9. Januar, Abends 8% Uhr in NiestS Salon, Kommandantenstraßt 72, stattfindenden Versammlung der Freien Organisation, zu der auch Gäste Zutritt haben, statr. Selbstständige und unselbstständige Kaufleute, welche sich dafür 'ntcressiren, und deren darauf bezügliches Material zu Gebote steht, o"- t" ®r'|;ie' Antisemiten hasten für vorgestern Abend aus Anlaß *er Abstimmung am 15. Dezember(Ablehnung der Direktor- stelle im Auswärtigen Amte) eine große Volksdemonstration geplant, laut Ankündigung an den Säulen waren allenatio- nalgefinnten" Bürger Berlins   nach den beiden größten Ver- sammlungslokalen der Stadt, demBock" undTivoli" ge- laden. Im Saale der Tivoli-Brauerei sollte das Thema Unser Reichskanzler im Kampfe mit der dreifachen Demagogie" dehandelt werden; als Referenten waren angekündigt die Herren Paul Förster  , der überdie Welsen(Windthorst)", Ernst Müller, der überdie Anarchisten(von Vollmar)" und Licbermann von Sonnenberg, der überJuden und Juden- genossen(Löwe� Richter)" sprechen sollte. Auch Herr Otto Glagau   hatte hier sein Erscheinen zugesagt. In den Sälen der Bock- Brauerei sollte Dr. Ernst.Henrici sprechen, sein Thema huß:Der 18. Dezember 1884 eine Schmach in der Entwickelung des deutschen Reiches". In den beiden Sälen der Bockbrauerei waren etwa 2000 Personen anwesend, der dritte Therl der Säle war unbtsetzt. Man hatte nahe beim Büffet die Tribüne hergerichtet, damit der Redner nach beiden Sälen gewendet, sprechen konnte. Im Präsidium saß ver Stadtv. Pickenbach. Henrici erklärte die Abstimmung der Ma- jorität für eine internationale; der beste Beweis wäre, daß, nachdem das Resultat in Paris   bekannt geworden, man dort Hochs auf Richter, Windthorst und Vollmar ausgebracht hätte. Eine Refolution, in der die Entrüstung über die Abstim- mung ausgesprochen wurde, gelangte zur Annahme und es wurde auch, wie man derNat. Ztg." meldet, eine Depesche an den Reichskanzler gesendet. Opponenten waren in dieser Versammlung nicht anwesend, wenigstens verhielten sich dieselben vollständig reservirt, so daß auf dem Bock Alles ruhig verlief. Stürmisch dagegen ging es auf Tivoli zu; hier mochten etwa 3000 Personen anwesend sein, darunter 3040 Sozialdemokraten, die vor der Tribüne Platz genommen hatten. Bereits bei Eröffnung der Versammlung wurden 4 Sozial- dcmokraten unter Schlägen aus dem Saal gebracht. Dr. Paul Förster  , Oberlehrer und Bruder des dekannten Dr. Bernhard Förster  , wandte sich in seiner Rede namentlich gegen das Zen- trum, dessen Verhalten es thöricht, unverständlich und un- verständig nannte. Höher als die konfessionellen Gegensätze, die man künstlich aufbausche im Interesse der Welsen und der Polen  , stände die Wohlfahrt und die Macht des deutschen Reiches. Scharf namentlich polemifirte der Redner gegen Windthorst als einen Agenten des Herzogs von Cumder- land. Ter nächste Redner Ernst Müller, welcher die Anarchisten(Vollmar) behandeln sollte, ging noch anders als sein Vorredner vor. Er bezeichnete den Beschluß vom 15. Dezember als an LandeSverrath streifend;Richter und Vollmar haben an demselben Strang damals gezogen, ich wünsche, daß diiselben an demselben Sirang.....(Lärm, lebhafter Beifall),(das von uns nickt genau gehörte Wort soll, wie unS von mehreren Seiten gesagt wurde, gelautet haben: hochgezogen werden.) Tie folgenden Ausführungen werden durch die Sozialdemokraten unterbrochen, die Uniube steigert sich, der Lärm wurde schließlich so groß, daß die Versammlung auf fünf Minuten vertagt werden mußte. Die Sozialdemokraten wurden ergriffen und in beschleunigtem Tempo aus dem Saale  geleitet". Mehrere Schutzleute bringen dieselben zur Wache; auch mehreren angeblich ganz Unschuldigen scheint bei dem be- täubcnden Lärni arg mitgespielt zu sein; denn vor dem Saal befand sich mit einmal ein junger Mann ohne Kopfbedeckung heftig weinend, er wollte nur die Ordner auf die Ruhestörer aufmerksam gemacht haben. Die Ruhe wurde schließlich wieder- hergestellt: der Versammlung, welche um 11 Uhr noch tagte. sollte ebenfalls eine ähnliche Resolution, wie der auf dem Bock, zur Annahme unterbreitet werden. Göppingen._ Wie sich da und dort die Fabrikanten über das in die Ortskasse zu zahlende Dritttheil herum zu drücken wissen, so daß ihr Einkommen nicht geschmälert wird, das zeigt das vor drei Wochen gegebene Beispiel des neugcwählten Vor- standcs der Ortskrankenlasse für die Textilindustrie, Herrn B. Gutmann, welcher zwar nur an einem Artikel pro Meter von 17 auf 15 Pfennig abgeschlagen Hot, immerhin aber soviel pro- sitirt, daß der Schaden hinlänglich ersetzt ist. Von einigen feiner VolkSpartei-Mitglieder deshalb zur Rede gestellt, wußte er die schöne Ausrede, daß schon Jahre lang es ein Unrecht gegenüber der Bezahlung anderer Webeartikel in seiner Fabrik gewesen sei, daß man da zwei Pfennig zuviel bezahlt habe. Durch diesen Abschlag ist daher nun jede bevorzugte Stellung in B. Gutmann's Fabiit ausgeglichen. Schade, daß dieses nicht alle Aibester genannter Fabrik einsehen, denn einige davon find deshalb zu andern Fabrikanten in die Arbeit ge- treten. Zeutral-Kravken-Kasse des Deutschen Cenefelder» Bundes(e. H.-K.) Verwaltungs-Slelle Berlin  : Im Restau- rant Weich Aleranderftraße 31. Dienstag, den 30. d. Mts., Abends 8 Uhr: VenvaltungS. Versammlung. Ein großes Instrumental« und Vokal-Konzert findet am Donnerstag, den 1. Januar, in Feuerftcin's Salon, Alte Jakobstr. 75, unter gütiger Mitwirkung des GesanaS-, Tanz- und Damen-Komikers statt. Der Ertrag ist zum Besten der Familie deS verstorbenen Kollegen Schaler statt. Des wohl- thät'gen Zweckes wegen wäre ein recht zahlreicher'Besuch er- wünscht._ Wermisektes. Ein angeschossener Eber. Lieberose  , 24. Dezember. Der Arbeiter Schuppe aus Goschzschcn, ein Mann im kräftigsten Mannesalter, war in der Goschzschener Forst damit beschäftigt, trockene Aeste mittelst eines Hakens abzubrechen, als er durch ein Geräusch von seiner Arbeit abgehalten wurde. Ein großes Wildschwein nahm den Sch. hinterrücks an, so daß diesem nur noch Zeit blieb, seine Art zu ergreifen und damit auf das Thier loszuschlagen. In seiner Angst benutzte er leider statt der Schneide die stumpfe Seite der Axt, und trotz dreier wuch- tiger Hiebe schien das Schwein gegen eine derartige Züchtigung unempfindlich zu sein; deren es übermannte ihn, und wäre der- selbe unrettbar verloren gewesen, wenn nickt auf seinen wieder- holten Hilferuf ein in der Nähe beschäftigter Mann das wüthende Thier von seinem Opfer abgelenkt hätte. Ter Sohn des Schwerverletzten, welcher mit einem Wagen nachbestellt war, um das Holz zu holen, fuhr nun seinen bcklagevswerthen Vater nach Hause, und der sofort hinzugerufene Arzt konstatirte, daß eine der erhaltenen Verletzungen sogar lebensgefährlich sei. Bald darauf erhob sich ein fürchterliches Geschrei im Dorfe. Das wüthende Schwein lief die Dorfstraße entlang, verfolgt von Hunden und mit Heugabeln bewaffneten Einwohnem des Dorfes. Die Jagd war erfolglos. Das wilde Schwein war vorher in Weichensdorf angeschossen worden. Ueber ein Opfer der Cchnürbrust wird aus Basel   ge- schrieben: Gestern Abend war großer Militairball in der Burg  - voiateihalle, Kleinbafel, der erste Ball der Saison. Auf ein- mal, es war gegen 11 Uhr, brach die Musik mitten in einem Walzer ab. AlleS drängte sich um eine kleine Gruppe, in deren Miite man eine ohnmächtige Tänzerin gewahrte. Sofortige ärztliche Hilfe war zur Hand aber umsonst, das junge Mädchen, dessen elegante, zierliche Gestalt eben noch den Neid einiger Damen erregt hatte, starb, wie sich sofort herausstellte, an den Folgen zu starken Schnürens, an einem Lungenfchlag. Selbstverständlich war der Ball zu Ende und mehrere Tänzerinnen sollen sofort nach Hanse   geeilt sein, um sich ein wenig Luft zu machen noch dieser eindring- lichen Lehre. Gegen die moderne Damenfrisur. In den lonangeben- den Frauenkreisen der Weltstädte trägt man sich jetzt mit der Absicht, die moderne Form des AufkämmenS der Haare vom Halse gegen den Scheitel hin aufjugeben. Als Grund hierfür wird der Ausspruch einiger medizinischer Autorstäten angegeben, nach welchen dieses Hmaufkämmen, resp. die durch voffelbe verursachte Spannung der.Haare in sehr vielen Fällen Genick- schmerzen hervorruft. Gleichzeitig konstatircn besagte ärztliche Autoritäten, daß die nervösen Kopfschmerzen unserer Damen bedeutend abgenommen haben, seitdem Löckchm und hereinge- schnittene Haare die Stirne bedecken. Andererseits wird von einem, vornehmlich für Frauenkreise berechneten Wochenblatte der Vorschlag gemacht, die Damen mögen die Haare nach Männerart kurz gestutzt tragen, wodurch alle mit dem Tragen langer Haare und Zöpfe verbundenen Uebelstände radikal be- seitigt würden. In weiterer Motivirung dieses Vorschlages wird daran erinnert, daß auch die Männer, bei welchen früher lange Haare und Zöpfe eine Zeit lang in der Mode waren, diese Haartracht als gänzlich unpraktisch schon längst abgelegt haben. Die genarrten Breslauer. Unter dieser Ueberschrift schreibt dieBrest  . M. Ztg.":Gehen Sie zu M. Cumber- land?" So lautete in diesen Tagen die Frage, welche hunderte erwartungsvoller Mitbürger und Mitbürgerinnen an ihre Freunde und Bekannten richteten, und eben so oft erhielten dieselben gewiß die bündigste Zustchernng, daß man nicht ver- säumen würde, die phänomenalen Leistungen eines Mannes zu bewundern, dessen Ruhm zur Zeit die Welt erfüllt. Alles war in bester, umsichtigster Weise geordnet, um dem berühm- ten Antispiritistm und Gedankenleser den Beweis zu liefern, daß sich Breslau   der Ehre wobl bewußt sei, welche ihm durch das Opfer eines Besuches zu Tbeil ward! Der nur für Elite- aufsührungen disponible Saal im Konzerthause war als Ver- sammlungsort gemietbet worden; Herr Hainauer hatte den Verlauf der Billets übernommen und blickte mit Befriedigung auf den guten Erfolg des Absatzes: die Preffe hatte durch kurze, energische Hinweise auf die einmalige Soiree des Ge- dankenlesers die Erwartung des Publikums bis auf das höchste gesteigert; Inserate endlich hatten das übrige gethan, um jedmänniglich vorzubereiten auf das Ereigniß des Sonnabends Abends. So lagen die Dinge noch heute, Sonnabend, in den Vormittagsstunden. Herr Goldscbmidt, der Pächter des Konzerthauses, harrte mit erklärlicher Spannung dem Augen- blick entgegen, wo er dem derühmten Manne seine Auf- Wartung machen könne, wurde jedoch von dem Geschäfts- führer Mr. Cumberlands, einem gewissen Herrn Baumbach, in etwas auffallender Weise von der Ausführung seines löb« lichen Vorhabens abgehalten. Herr Baumbach erklärte nämlich, Mr. Cumberland sei so erschöpft von der Reise, daß er absolut keinen Besuch empfangen könne, und es sei nicht unmöglich, daß die Vorstellung in Rücksicht auf die Abspan- nung des Gastes für diesen Abend ganz ausgesetzt werden müßte. Herr Goldschmidt, den diese Erklärungen nichts weni- ger als angenehm überraschten, eilte nunmehr zu Herrn Hainauer, um mit diesem über d!e eventuell zu fassenden Maß- nahmen Rücksprache zu nehmen. Dort erfuhr er denn, daß der Agent des Gedankenlesers bereits 300 Mark Vorschuß auf die zu machende Ernte des Abends genommen habe. Nunmehr stieg in beiden Herren der Verdacht auf, daß sie von einem Erzgauner in den April geschickt worden sein könnten; sie er- kundigten sich im Hotel, wo angeblich Mr. Eumberland sein Absteigequartier genommen haben sollte, und fanden dort unter den Gästen zwar viel hochehrcnwertbe und auch bedeutende Männer, Herrn Eumberland, den Antispiritisten und Gedanken- leser, fandm sie aber nicht unter ihnen, denn diesem war es gar nicht eingefallen, nach Breslau   zu kommen, um uns seine Künste vorzumachen. Die ganze Geschichte läuft auf einen Kapital-Gaunerstreich des Pseudo Agenten Herrn Baumbach hinaus, der es verstanden hat, zwei gewiegte Geschäftsleute, wie Herm Goldschmidt und Herrn tzainauer, zu dupiren und durch sie dem Äreslauer Publikum eine ordentliche Nase zu drehen. Augenblicklich sitzt der pfiffige Jndustrieritter, ein ge- borener Danziger Namens Böckmann, hinter Schloß und Riegel, da es ihm nicht gelang, mit seinem Raub rechtzeitig Breslau  den Rücken zu wenden. Denselben Schwindel hatte er übrigens vor Kurzem in Magdeburg   verübt, dort aber war es ihm ge- lungen, rechtzeitig zu entkommen. Paris  , 26. Dezember. Es giebt immer noch Dinge, wie sie ein Romanschreiber unserm aufgeklärten Jahrhundert und besonders der an der Spitze der Zivilisation trabenden Pariser Bevölkerung nie anzudichten-wagen würde. Die Pariser Polizei hat eben einekluge Frau" dingfest gemacht, welche sich vor Kurzem ein Landhaus gekauft harte. Natürlich hat sie das Geld dazu mit ihrer Kunst verdient. Sie war im ganzen Stadtviertel als Wunderdottorin berühmt, obwohl sie dir sonderbarsten Arzneien und Verrichtungen verschrieb. So verordnete sie z. B-, um Mitternacht nach dem Bois de Vincennes zu gehen, dort Kräuter zu pflücken und diese dann 36 Stunden lang mit Hundsfett zu lochen. Das hierdurch gewonnene Gebräu wurde innerlich und äußerlich bei den widersprechendsten Krankheiten angewandt. Da Hundsfett bekanntlich weder in Apotheken, noch fönst wo geführt wird, fo lieferte die kluge Frau dasselbe aus ihrem Vorrath zu fünf Franken das Töpfchen. Sie hatte hauptsächlich durch Verkauf derartiger Mittel und freiwillige Geschenke ihr sehr bedeutendes Einkommen. Die kluge Frau war dabei wirklich gescheidt; sie hatte eine treffliche Bildung erhalten und stammt ans guter Familie. Als Wittwe gerieth sie durch verschiedenes Unglück in Nolh und wohnte daher in einem armen Viertel. Einer erkrankten Nachbarin leistete sie durch Pflege und einsäe einfache Hausmittel ihre Dienste. Als die Frau auffallend schnell genas, machte es Aufsehen im Viertel, die Leute kamen um Rath und Arznei zu holen. D« Wittwe benutzte dagegen in ihrer bedrängten Lage diesen Um» stand, um sich einen Broderwerb.zu verschaffen, ward also ohne ihr eigenes Zuthun zu einer Heilkünstlerin. Die sonder« baren Mittel, welche sie verschrieb, fand sie in einem alten Kräuterbuche und wendete sie um so öfter an, als fie bei ihren Kunden das meist« Verstauen erweckten. Expedition nach Afrika  . Vor Kurzem wurde gemeldet, daß von der unter Leitung des Grafen Behr stehenden Kolo- nialgesellschaft eine Ervedition, bestehend aus den Herren Dr. Peters, Dr. Jülke und Gras Pfeil, abgesendet sei, um für praktische Kolonialuntenuhmungen Land in Ostafrila zu er- werben.Sicheren Privatnachnchtcn zufolge," so schreibt nun dieVoff. Z",ist die Expedition in Zanzibar angekommen, von wo fie nach kaum vierzehntägigem Aufenthalt aufbrechen wollte, um im Innern, in der Landschaft Usagara, Land anzu- kaufen. Die Herren sollen aber nicht nur der dortigen Ver» hältniffe gänzlich unkundig, sondern auch durchaus unzulänglich und ohne Sachkunde ausgerüstet sein. Sie haben nicht einmal gute Karten, so daß der Gewährsmann dieser uns'geworderen Mittheilungen, der in Zanzibar lebt, ihnen ein Blatt der Ravenstein  'ichen Karte zum Abzeichnen borgte. Leider stellt derselbe derunglücklichen Expedition das Prognostikon, viel­leicht schon vor Erreichung ihres sonderbaren Zieles ausge- plündert zu werden". Bremen  . 27. Dezember. Die Rettungsfiation Bremer  - Häven der deutschen   Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchrger meldet: Am 26. Dezember wurden von der englischen Brigg Glenavon", Kapitän Pritschard, welche, von Geestemünde  nach Liverpool bestimmt, auf der Mellumplate gestrandet war. 7 Personen durch das Rettungsboot der Station Bremerhaven  gerettet. , Um 19 Uhr. Der Pfarrer der Maria-Magdalenenkir«« in Munster square, London  , F. Ponsonby, hat für seine ß"®/ den neuen Stil der Zeitberrchnung eingefühlt und kündigt Z- B. den Abendgottesdienst am Sonntag für 19 Uhr an.__ Newhork- Die Durchsuchung der Trümmer des nieder- gebrannten WarsenhauseS in Brooklyn   hatte bis heute N-®' mittag 3 Uhr die Emdcckung der deichen von 20 Kindern und Zwei Erwachsenen zur Folge. Es werden jetzt nur noch-" Kmder vermrßt und es wird gemuthmaßt. daß die meisten de* selben gerettet und von mildthätigen Leuten aufgenommen worden find. I Berantwortticher ftetattcur R. fMtthriw m Berlin  . Druck und»«lag am«« jBrtittff w Berlin aw., Beuthstratz, 3, Hierzu eint BeUags