Franzosen eilte ähnliche RüseN'Aufgabe. China werde nie in seine Abtretung oder Besetzung auf eine Reihe von Jahren einwilligen, und so wie europäische Verwicklungen eintreten, seineRevanche" nehmen. D o k A l e Si. Der Mangel einer Spreedrücke auf der ziemlich langen Wegestrecke von Berlin bis Köpenick , der sich von Jahr zu Jahr fühlbarer gemacht, und unter dem namentlich die in den Ortschaften an der Oberspree wohnende Arbeiterbevölkerung, die in den Fabriken an dem andern Spreeufer Arbeit suchr, zu leiden hat, da diese gewungen ist, entweder zu Kahn oder über Köpenick die Arbeitsstelle zu erreichen, hat den Landrath des Kreises Teltow , Prinzen Handjery, veranlaßt, bei der König« lichen Regierung die Anlage einerFähre an der Oberspree zu beantragen; die Anlage dieser Fahre ist sowohl von der Re- gierung in Potsdam als von dem Herm Minister des Innern genehmigt worden. Die Ausführung dieses Projekts wird so- fort in Angriff genommen, so daß bereits in bevorstehendem Sommer die Fähre in Betrieb genommen werden soll. Die Fähre wird in der Nähe von Johannisthal bei Nieder-Schön- weide angelegt, und ist der Tarif für die Ueberfahrt von dem Minister jo niedrig festgesetzt, daß derselbe nur die Besoldung des Fährmeisters deckt. Alle übrigen Kosten übernimmt die Regierung. Der Besitzer der Kuhnheim 'schen Fabrik in Canne hat unentgeltlich einen Zugangsweg zur Fähre abgetreten. Die Kaiserliche Postbehörde hat derKöln . Vollsztg." zufolge die Einführung einerSoldaten-Briefmarke" geneh- migt. Er wird dadurch einem doppelten Ucbelstande abge- Holsen. Da der nothwendige VermerkSolvatenbrief"Eigene Angelegenheit des Empfängers" oft den größten Theil der Vorderscite des Kouverts einnimmt, so kommt es oft vor, daß die Adresse und namentlich der Bestimmungsort, für welchen zu wenig Platz übrig bleibt, kaum zu lesen find. Außerdem wird auch noch zuweilen von Seiten der Anverwandten der Frankaturvermerk vergessen, so daß, falls nicht ein gefälliger Postbeamter den Vermerk nachholt, der Soldat Strafporto zu zahlen hat. Es ist deshalb eine Marke eingeführt von der Größe der gewöhnlichen Briefmarke, welche den für Soldaten« bliese nöthigen Vermerk enthält. Eine recht verständige Anregung bringt der in Dresden erscheinendeThier- und Menschenfreund", das Organ der ViviseklionSgegner. Derselbe bittet nämlich alle Diejenigen, welche auch den vielgeplagten Postbeamten ein wenig Sonn- tagsruhe gönnen, am Sonnabend und Sonntag nur solche Briefe u. f. w. zur Post zu geben, welche in der That keinen Aufschub gestatten. Die Sache mag im ersten Augenblick un- bedeutend, ja kleinlich erscheinen. Bei näherer Betrachtung läßt sich indessen ein ganz gesunder Kern darin nicht verkennen. Ohne Zweifel bilden die wirklich dringenden Postsachen die Minderheit aller überhaupt znr Versendung gelangenden, na- mentlich können Privalkorrespondenzen zum weitaus größten Theil an jedem andern Wochentage ebensogut erledigt werden, wie am Sonnabend oder Sonntag. Geschieht das aber, so wird selbstverständlich die Sonntagsarbeit der Postbeamten ganz erheblich vermindert. Fiele diese Anregung auf guten Boden, so wäre das ein Stück wirklicher Lösung der Frage der Sonntagsruhe, und.zwar.'ohne daß die Gesetzgebung erst einschreiten müßte. N. Interessante Pfahlbaufande aus dem Bodensee . spt»iell aus dem Ueberlinger See , haben in der nordischen Ab- ttzeilung der Königlichen Museen seit Ende der vorigen Woche Aufstellung gefunden. Unter ihnen sind besonders sieben Ge- räthe aus Nevyrit zu erwähnen, jenem schon seit Alters her hochgeschätzten grünen Anphibolgestein, das in Europa bisher nur erst am Zobten in Schlesien anstehend gefunden wurde. Andere Standorte des Nephrits sind in Turkestan , nach Schlag- intweits Angaben und in Alaska nach Jacobsen's Ermittelun- gen, sowie auf Neu-Sedand vorhanden. Wie gerieben die Berliner Kolporteure find, mag fol- fltnder amüsante Vorfall zeigen. Kommt da neulich ein junger Mensch mit seinem Bücher packen untum Arm in einen Slächter- ladcn in der LandSbergustraße und fordert ein Ende Wurst für 5 Pfg. Der Meister schneidet das gewünschte Quantum ab. und der junge Mann geht. Fast schon in der Thür dreht er sich noch einmal um und fragt:Meister, können Sie keinen Kalender für 85 gebrauchen?" Der Meister verneint. Der Andere aber ist zähe und weiß die Vorzüge seines Buches nicht genug zu rühmen.Schauen's, sagt er, da haben's nicht nur die schönsten Illustrationen und Geschichten drin, da finden's auch die christliche, mosaische und mubamedanische Zeitrechnung. Da haben's die Sonnenzirkel und Mondfinster- niste, sämmtliche 12 fcimmelszeichen von der Junpfrau bis zu den Zwillingen, die Sonne und die Planeten. Die feinsten Namen stehen drin für die Kinderchen, die Ihnen Ihre Frau Anno 85 beschceren wird, Trink- und Wetterregeln, faule Witze und die ganze Regentengenealogie. Ich mache Sie besonders auf- merksam auf den immerwährenden Trächtigkeitskalender". Der also Bekomplimentirte schmunzelt und sagt:Stehen auch die deutschen Viehmärkte drin?" Gewiß, mehr als für dre So bleibt eS bei meinem Befehle! Ich liebe die Europäer; aber sie dürfen mir nicht ungehorsam sein. Ich gebe Nuna noch drei Tage Zeit und befehle Ihnen, daß sie am dritten Abend ihre Zimmer im Harem be« zieht." Der Kapitän verneigte sich und ging. Gleich darauf trat der Hof-Friseur ein. Er hatte eine Rolle Papier ,n der Hand. In Indien sind alle größeren Dokumente nicht wie bei un« in Bücher und Hefte eingetragen, sondern auf lange Rollen geschrieben, wobei Streifen an Streifen an- gesetzt und da« Ganze gleich einer Landkarte zusammenge- rollt wird. Nun, Khan!" rief der König,die Monatsrechnung, nicht wahr?" Ja,"»ar die lächelnde Antwort. Her damit, lassen Sie die Rechnung sehen; rollen Sie sie auf, Khan." Der König war bei guter Laune, und der Friseur, wie immer, in derselben Stimmung, wie der König. Er behielt da« eine Ende der Rolle in der Hand und ließ sie auf den Boden fallen, um sie selbst auszubreiten. Sie reichte bis an da« andere Ende des Zimmers und enthielt eine lange Reihe eng geschriebener Zeilen und Ziffern. Einen Maaßstab!" wandte der König sich an den Sehib, welcher hinter seinem Stuhle stand. Der Sehib überreichte dem König dm Maaßstab. Messen Sie die Rechnung!" Der Sehib gehorchte und berichtete:Dreizehn tinhalb englische Fuß!" Fast zwei Fuß länger al« die vorige MonatSrech- nung," bemerkte der König. Der Friseur zuckte die Achseln. Da« macht da« Silberzeug und die neuen Ele« phanten." O, o, ich weiß! Es ist Alle» richtig," unter« brach ihn der König. Wie viel beträgt die Total« summe?" armen Thier« gut ist!"Na. denn geben Sie einen her; hier find Ihre 50 Pfennig." Der Kolporteur packt zusammen und geht. Andere Kunden kommen.Frau!" ruft der Schlächter,komm mal her, ich muß in den Keller runter!" Die Gerufene trist an seine Stelle. Aber, stehe da, gleich- zeitig mit ihr erscheint auch unser Kolporteur im Laden, grüßt verbindlichst und sagt:Sie haben gewiß noch keinen Kalender für 85?"Nein," bestätigt die Angeredete,der fehlt uns noch. Geben Sie einen her" und zahlt ihm 50 Pfennig aus. Artiger denn jeGuten Morgen" wünschend, entfernt sich der junge Mann, von lilicnarmigen Dienstmädchen mit freundlichen Blicken begleitet. Die Frau aber empfängt ihre dickere Hälfte, die soeben mit einer Molle Gehacktes aus dem Keller zurückkehrt, mit den geflügelten Worten-Mann i; habe einen Kalender für 35 gekauft. Dort liegt er", und dabei deutet ste auf das linke Ende des Ladentisches.Donnerwetter!" schreit der Alte,doch nicht von dem jungen Menschen? Ich habe ja diesen Augrnblick auch einen gekauft!" Verblüfft sehen sich die Gatten an, die Kunden aber schlagen die Hände über den Kopf zusammen.So ein verdammter Hanake!" braust jetzt der Ehemann auf,dem will ich's eintränken! Anton," schreit er in die Wurstfabrik,lauf rasch dem Kolporteur nach, der eben hier war und sag' ihm, ich hätte ihm noch was Dringendes mitzutheilen. Aber, Schockschwerenoth, wo ist der Kerl zu finden?" Eine dienstfertige Köchin weiß Auskunst zu geben. Er ist links ins Nachbarhaus gegangen, sagt sie. Dort faßt Anton Posta und meldet dem herunterkommenden Kolporteur, wie ihm aufgetragen ist. Der Schlauberger aber sagt:Ah, ich weiß schon, Ihr Meister will einen Kalender, nehmen Sie ihm nur gleich einen mit." Der nichts ahnende Geselle legt richtig die 50 Pfennig aus, steigt in den Laden zurück und wüthender ist wohl nie gelacht worden, als an diesem Morgen in der Landsbergersttaße bei dem Schlächtermeister mit den drei Kalendern für 85! Die Familie S. bezog vor wenigen Wochen in der Brunnenstraße eine neue Wohnung. Kaum halte fich die Eamilie häuslich eingerichtet, da encanrte auch schon eines rer Kinder an der Diphtherie und fiel der Krankheit zum Opfer. Die schwer betroffenen Eltern schöpften sofort Verdacht, daß die bezogenr Wohnung von dieser ansteckenden Krankheit insizirt gewesen sein könnte. Die sogleich angestellten Recherchen bestätigten diese Vermuthung, indem festgestellt wurde, daß ein Kind der Familie, welche die Wohnung bis dahin innegehabt, an der ansteckenden Krankheit gestorben, eine Desinfektion der Räume seitens des Wirthes aber nicht vorgenommen war. In der Befürchtung, daß der Ansteckunqsstojs sich auch auf die übrigen Familienglieder übertragen könne, beantragte S. bei der Polizeibehörde die Aufhebung des betreffenden MiethS- Kontraktes dergestalt, daß der Wirih keinerlei Ansprüche aus etwaige Entschädigung zu stellen habe. Die angerufene Be- Hörde entschied denn auch diesem Antrage gemäß, obgleich der geschädigte Eigenthümer nachzuweisen vermochte, daß die Woh- nung vor dem letzten Bezüge mehrere Monate leer gestanden habe, und eine tägliche Lüftung nicht unterlassen worden sei. Der Eigenthümer, der somit für die ihm zur Last gelegte Unter- laffung der Reinigung der besagten Wohnung keine Schuld bezw. Pflicht anerlennen will, hat nun die Entscheiouna auf dem Rechtswege beantragt, die ganz besonders für die tzaus- befitzer von einem allgemeinen Interesse sein dürfte. Die Schuhe der Frau Gesandti«. Den Paffanten der Roßsiraße wird vielleicht schon im Schaufenster des Schuh- waarenfabrikanten W. eine ganz eigenartig geformte Fußde- kleidung aufgefallen sein, die als solche eigentlich nur dadurch kenntlich wird, daß sie an dieser Stelle zur Ansicht steht. An Größe etwa dem Schuhwerk eines fünfjährigen Kindes ent- sprechend, zeigt diese Fußbekleidung eine allen europäischen Modebegriffen durchaus widersprechende Form, giebt dafür aber ein deutliches Bild der in Wirklichkeit nur aus anderen Stoffen hergestellten Schuhe einer vornehmen chinesischen Dame, und zwar kdner Geringeren, als der Gemahlin des früheren chinesischen Gesandten Li-Fong-Pao. Das im Schaufenster ausgestellte Modell ist aus seinem Leder hergestellt; in Wirk- lichkeit aber hat Herr W., der Lieferant der Gesandtschaft, die für die Frau Gemahlin bestimmten Schuhe aus rothem Atlas anzufertigen und mit gelben Perlen zu besetzen. Wie eine er. wachsene Dame auf Füßchen zu stehen vermag, die in solche Schuhe passen, wird Jedem, der sie steht, räthselhaft erscheinen. Diese Schuhe beweisen indeß, wie weit die menschliche Thor- heit es bringen kann, wenn die Herrin Mode das Szepter schwingt. Unsere europäischen Damen leisten zwar auch schon recht Ächtbares nach dieser Richtung hin; die Damen des Reiches der Mitte sind ihnen aber, wie man ficht, doch noch ein gutes Theilüber". Wie manche Haussraue.t ihre Gänse auf große Lebern, so erziehen ste ihre Töchterauf kleine Füße'. Zu diesem Bebufe werden die Füße der armen Kinder schon im zartesten Aller in einer Weise behandelt, die das Wachsen gewaltsam verhindern und allmälig solche Wunder an Kleinheit erzeugt, wie eine wahrhaft vornehme chinesische Dame ste für unerläßlich hält. r. Noch einmal erglänzte am NeujahrStage der Weihnachtsbaum im vollen Kerzenglanze, durchwob das 90,000 Rupien."*) Gut! Geben Sie dem Nawab die Rechnung und sagen Sie ihm, er soll sie bezahlen." Der Namenszug wurde darunter gesetzt, und der Fri- seur entfernte sich, zufrieden lächelnd. Der Khan betrügt," sagte der Sehib, als sich der Friseur entfernt hatte,seine Rechnungen übersteigen alle Grenzen der Möglichkeit." Der König sah den Sprecher verdrießlich an. Wenn es mir beliebt, den Khan zu einem reichen Manne zu macheu, geht daS Sie etwas an? Ich weiß, das feine Rechnungen übertrieben sind; aber dennoch mag eS so sein. ES geschieht mit meinem Willen; er soll reich werden." Mr. Parr hatte indessen seinen Freund, den neuen Hofbeamten von Wredow, aus seiner Wohnung abgeholt, um ihm die Sehenswürdigkeiten der Stadt zu zeigen. Sie fuhren in einem Brougham durch die schönsten Straßen Lakno'S. Die Stille und Leerheit auf den Straßen befremdete sie; selbst in beträchtlicher Entfernung war kein Mensch zu sehen, und ward einer fichtbar, so beeilte er sich gewiß, au» dem Bereich der Straße zu kommen. Mr. Parr, obwohl an auffällige Erscheinungen hier gewöhnt, erstaunte doch und schaute sich ring» um, eine Erklärung für diese auf« fallende Erscheinung zu finden. Da stießen sie auf eine zerstampfte, blutige Masse, welche noch einige Aehnlichkett mit einer menschlichen Figur besaß. Sie hielten den Brougham an, sie näher zu betrach- ten. Es war der schrecklich verstümmelte Körper eine» WeibeS. Der Leib zertreten und zerrissen, die dünne indische Kleidung vom Körper gezerrt, wie von Zähnen formlos Sie hielten fich bei dem schrecklichen Anblick nicht auf, da Mr. Parr sie für eine königliche Exekution hielt und *) Etwa 70,000 Thaler. Zimmer mit seinem geheimnißvollen Zauber und einte tm häuslichen Kreise Jung und Alt um fich zu einer pietätvollen Feier, während ernst und feierlich die Kirchmglocken ihren Mahnruf erschallen ließen. Verschwunden war bereits der Ausnahmezustand der Weihnachtszeit, verschwunden der Weih- nachtstisch mit seinen FesteSgaben, die einen anderweitigen Platz angewiesen eihidten, aufgezehrt waren Aepfel, Nüsse und Pfefferkuchen und die alte Hausordnung wieder eingekehrt. Nur der Tannenbaum behauptete noch seinen Platz, prangte noch im reichen Festesschmucke, unberührt von der rauhen Hand der Alltäglichkeit, die Poefie der Weihnachtszeit ver- körpernd und bewahrend. Doch auch seine Zeit ist nun gekommen, die Tage der Freude, der Ruhe find nun vorüber, das neue Jahr erfordert neue Thaten ein neues Leben beginnt, daS alte sinkt und mit ihm auch der Weihnachtsbaum! Noch einmal zeigte er fich in seiner ganzen Herrlichkeit, strahlte er in die Herzen seiner Verehrer und zau- berte dem Kinde, wie dem Greise noch einmal die süße, frohe Stunde des ersten Entflammens vor die Seele, dann verlosch ein Lichtlein nach dem anderen, bis auch das letzte ausgebrannt. Alles hat ein Ende! Herabgehoben von seinem Piedestale, wird der Bringer höchster Freude seines Schmuckes beraubt, diePlünderung" beginnt. Nackt und kahl wird er bei Seite geworfen, ein Spielzeug für die Kinder, wenn nicht die ersah- rene Hausfrau Quirl aus ihm schneidet und ihn zu Feuerholz verwendet. Und mit dem Weihnachtsbaum verschwindet auch das letzte Wahrzeichen der heiligen Weihnachtszeit, der tolle Karneval mit seinem Mummenschanz verdrängt die Poesie, die raschlebige Welt wendet sich anderen Eindrücken zu und Nichts bleibt schließlich übrig von Weihnachten und vom Wethnachts- bäum, als die Erinnerung. Diese aber verläßt uns nicht, ste schlummert tief in unseren Herzen und wenn fle einstens wieder mit aller Macht erwacht, dann erstehet der Tannenbaum auch wieder in seiner alten Pracht! Die NeujahrSnacht ist in Berlin im Ganzen ruhig ver- laufen, wenigstens stnd, soweit wir kontoliren konnten, größere und gröbere Exzesse nicht vorgekommen. Das Wetter war im Allgemeinen nicht ungünstig; der Regen hatte aufgehört, so daß ein längeres Verweilen im Freien nicht unangenehm war. Um 10 Uhr sah es in der Friedrichstraße und Unter den Lin- den nicht anders aus, als an jedem andern Abend, um 11 Uhr war es bereits etwas lebendiger geworden; ein Rudel halb« erwachsener Jungen, die überall da zu finden stnd, wo ein Skandal zu erwarten ist, fingen an die Passanten zu belästigen. wurden aber durch Echutzmannspatrouillen bald vertrieben. Nach 11 Uhr wurde der Lärm lauter und allgemein; immer dichtere Schaaren kamen heran und bereits um 11'/, Uhr be- gannen einzelne Trupps..Profit Neujahr" zu rufen, fanden aber um diese Stunde mit diesem Ruf noch wenig Anklang. Als aber die zwölfte Stunde geschlagen, hallte namentlich die obere Friedrichstraße von dem betäubenden Lärm der Rufe Prosit Neujahr " wieder. Hier und dort ballte fich auch die Menge zu einem dichten Knäuel zusammen und einige Rempeleien schienen eine größere Aktion vorzubereiten: aber die Polizei hatte die umfassendsten Vorbereitungen getroffen, Schutzmannspatrouillen eilten die Straße auf und nieder,'"und in kürzester Zeit hatte die Polizei die streitenden Gruppen wieder auseinandergebracht und den stch ballenden Knäuel wieder entwirrt. Das Cafe Bauer wurde um 11'/- Uhr geschlossen, weiße Plakate an den Spiegelscheiben sitzten die Passanten von dem Schluß des Cafes um die genannte Stunde in Kenntniß. Cafö Bauer selbst sowie die anderen Cafes waren von einer sachlichen Menschenmenge überfüllt, die stch durch allerlei Scherze und Scherzchens die Zeit vertrieb, ohne daß jedoch eine richtige Sylvesterstimmung Platz griff. Im Wintergarten des Zentralhotels konzertirte, wie im vorigen Jahr von 9 Uhr Abends bis 2 Uhr Nachts die Sinphonie-Kapelle; die Wimer Konzertsängerinnen sangen dazu und die zahlreichen Besucher der schönen Räume des Wintergartens schienen stch dabei köstlich zu amüsiren. Das sonst in der Neujahrsnacht übliche Schießen und das Abbrennen von Feuerwerkskörpern war diesmal fast ganz in Fortfall gekommen; platzte einmal ein Schwärmer auf, so tauchte auch gleich eine Helmspitze auf und der junge Pyro- rechniker ergriff eilends die Flucht Am lautesten ging es in den Restaurationen und in den Kellerlokalcn zu. Bei den Tönen einer Ziehharmonika und bei einem steifen Glase Grog, das heute derHerr Wirth" gratis den Stammgästen vorsetzte, und bei dem Genuß von frisch gebackmen Pfannkuchen sang man Volkslieder und ließ das neue und alte Jahr leben. Um 1 Uhr ließ der Lärm auf den Straßen nach, die Hauptschreier hatten sich heiser geschrieen und die andern Passanten hatten genug oder auch nicht genug gesehen und suchten die Stamm- restaurationen auf. Manche werden wohl gleich dort das Frühstück entgegengenommen haben. g lieber eine turbulante Szene aus der Sylvester- nackt wird uns Folgendes berichtet: Der Führer der Droschke zwerter Klasse Nr. 5058, Namens Fr. Primke, Frankfurter Allee 23 wohnhast, wurde in der Sylvesternacht gegen 2 Uhr in der Wallstraße von einer Gesellschaft, bestehend aus zwei Damen und drei Herren, zu einer Fahrt nach der Kleinbeerenstraße engagirt und ihm daS vereinbarte Fuhrgeld sofort bezahlt. eS nicht für gerathen erachtete, bei königlichen Exekutionen Hilfe zu leisten, oder Mitleiden blicken zu lassen. Nirgends erblickten sie Einwohner, die Häuser alle ver- schlössen, Schreckensstille auf allen Straßen. Nicht lange nachher stießen sie auf einen Leichnam eines jungen Manne», der eben so zerstampft und zerrissen auf dem Pflaster lag. Nun wurden sie eines königlichen Reiters gewahr, welcher aufmerksam die Straße entlang schaute, als die Beiden da- her kamen. Was ist geschehen?" fragte Parr. Der Menschenfresser hat sich los gemachtl" war die Antwort.Allah ! er ist wieder umgekehrt. Seid auf Eure Sicherheit bedacht, Ihr Herren, er ist wild heute." Der Menschenfresser?" wandte sich Wredow an seinen Begleiter.Was ist das?" ES ist eins der wilden Pferde des Königs, welches cr in seiner Menagerie hält, eines der wildesten Thiers, das man je gesehen. Schon mehrere Menschenleben sind von ihm veraichtet worden." Er kommt, meine Herren!" schrie der Reiter, indem er sich schleunigst hinter einem Gitterthore verbarg. Retten Sie sich! Retten Sie sich!" Parr und sein Begleiter sahen von ferne die wilde Bestie auf fich zukommen. Ein großes, braunes Pferd es schüttelte wild ein Kind, welches e» im Maule trug. Bald hatte es das Fuhrwerk entdeckt, warf daS gewiß schon tobte Kind auf die Straße und jagte mit Ungestüm vor- wärt?, ihnen entgegen. ES war kein Augenblick zu verlieren, denn sie hörten bereits hinter sich das Dröhnen der Hufe ganz nahe. Schnell wendeten sie um. Ihr Pferd schien selbst in Angst vor dem Ungethüm zu gerathen und pflog in rasendem Galopp dahin. Noch rechtzeitig erreichten sie eine Ein- friedigung mit eisernem Thore, durch welches sie vor kurzem gekommen waren; sie schössen hinein. Parr sprang vom Wagen und schloß das Thor. Alles die« war das Werk eines Augenblicks. (Fortsetzunz folgt.)