Beilage zum Berliner Bolksblatt. Nr. 6. Donnerstag, dm 8 Januar 1885. n. Jahrgang. Die ÄrbeiterfchuhgeletzgebAUg wird voraussichtlich noch den Reichstag in dieser Session beschäftigen. Allein so meint dieFranks. Ztg." der von ihm beschlossene Schutz wird sich wiederum bloS auf die Fabrikarbeiter beschränken. Die Haus« industriellen Meister werden auch diesmal nicht be» rücksichtigt werden, und doch bedürfen sie nicht minder des Schutzes, als die Fabrikarbeiter. Mit den Handwerks- meistern haben sie nur den NamenMeister" gemein und den Besitz einer eigenen Werkstätte, meist auch eigener Werkzeuge; jedoch unterscheiden sie sich von ihnen wesent- lich dadurch, daß sie den Rohstoff von den Unternehmern (Vorlegern, Kaufleuten) erhalten, denselben nach deren An- gaben verarbeiten und ihnen die fertiggestellten Maaren abliefern müssen. Mit einem Worte, sie sind Lohnarbeiter. Ihre Anzahl ist eine große; ganze Gegenden sind von ihnen bewohnt; wir nennen beispielsweise am Niederrhein die Krefelder und Elberfelder Sammet- und Seidenweber, im Bergischen Lande die Solinger und Remscheider Schmiede, Schleifer und Feilenhauer, aus dem Thüringer Wald die Sonneberger Spielwaaren- und Ruhlaer Pfeifen- arbeiter, im sächsischen Voigtlande die Sticker u. a. m. Die Zahl dieser Arbeiter wird noch vergrößert durch die Menge ihrer Frauen und Kinder, welche von ihnen zur Hilfeleistung herangezogen werden. In diesen hausindustriellen Arbeitern haben wir also eine Klasse von Lohn- Arbeitern, welche durch kein Gesetz geschützt und daher der Uebermacht der Unternehmer und dem Wechselspiel der Konjunkturen völlig preisgegeben sind. Mit dieser Klasse hat sich der Reichstag noch nicht beschäftigt, es ist nicht einmal ernsthaft die Rede von ihr gewesen. Um so mehr ist eS Aufgabe einer arbeiterfreund­lichen Tagespresse, diese Fragen ganz energisch zur Diskus- sion zu stellen und eine Agitation zu Gunsten der haus- industriellen Lohnarbeiter einzuleiten, welche dringend des gesetzlichen Schutzes bedürfen. Wir»folgen mit dieser Agi« tation in Deutschland nur dem Vorgange der Schweiz , wo die St. Gallische Lohnstickerei den Anstoß zu Erörterungen der Regelung der Hausindustrie gegeben hat, wir folgen vor Allem dem Vorgange von England, wo bereits nicht nur eine Fabrik-, sondern auch eine Werkstättengesetzgebung DieFrankfurter Zeitung " ist nun der Meinung, daß eine Agitation der Arbeiter und Arbeiterfreunde zu Gunsten der hausindustriellen Lohnarbeiter, schließlich auch die Unter- stützung derjenigen Fabrikanten finden werde, welche den etwaigen gesetzlichen Beschränkungen zu Gunsten der Arbeiter unterworfen sind, und daher durch die Unter» nehmer, welche ihre Arbeiten in der Hausindustrie fertig stellen lassen, in der Konkurrenz benachtheiligt werden. Weiter unternimmt genanntes Blatt den Ver» such, die Lage der oben genannten Arbeiter an verschiedenen Orten eingehend zu schildern. Aus diesen Schilderungen die unserer Ueberzeugung nach vollkom« men richtig sind ist ersichtlich, daß die hausindufiriellen Arbeiter sich an vielen Orten Deutschland'S , ja fast überall in einer höchst bedenklichen Lage befinden. In Folge der ländlichen Zerstreutheit so heißt es ferner in dem Ar- tikel und des Arbeitens in eigenen Werkstätten sind die Bedingungen außerordentlich verschiedene, zu welchen sich die halb selbständigen Lohnmeister verstehen; gemein- fame Abmachungen und Organisationen find schwierig zu treffen und werden, falls sie zu Stande gekommen, bald zersprengt durch das Fortbleiben der günstiger situirten Genossen oder der ärmsten Arbefter, welche zu allen Be- divgungen Arbeit annehmen müssen. Die Kaufleute sind in Folge der lokalen Zerstreutheit der Arbeiter in der Lage, mit den Einzelnen verhandeln und dabei auf die Arbeits- bedingungen drücken zu können. Hinsichtlich dieser letzteren genießen die haueindustriellen Arbeiter nicht des geringsten Schutzes, und so kommt es, daß sie betreffs der Höhe des Lohnes und seiner Auszahlung, betreffs der Beschäftigung Ein Gesuch auf Cypern im Sommer 1880. (Reise-Erinnerungen eineS deutschen Kaufmanns.) n. Die Landwirthschaft wird höchst primitiv betriebm. Die Dreschmaschinen bestehen aus einem 2 Fuß breiten und 3 Fuß langen Brett, in welches scharfe Feuersteine, 3 Zoll lang, ein- gekeilt find; auf dieses Brett setzt der Bauer seinen Stuhl, spannt zwei Maulthiere vor und fährt über die Getreidetrnne so lange hin und her, bis die Körner ausgedroschen find. Daß der Wein in Schläuchen transportirt wird, war mir bekannt, aber daß diese ganz die Form des Schweines oder der Zuge behalten, ist sehr drollig, gewöhnlich ist ein Vordersuß zum Ausbinden eingerichtet uno bildet den natürlichen Krahnen- Die Weinhäntler dewahren den Wein in liefigen thönernen Gefäßen auf, die hölzernen Deckel werden mit Lehm ringsum festgebacken, und nach einer Welle wird er losgebrochen, um zu sehen, ob die Gährung günstig verlaufen ist und man wirklich Wein und nicht Essig erzielt hat. Nur bei einem Großhändler habe ich ein Faß, und zwar von 150 Hektoliter gesehen... Auf ähnlicher Stufe wie Ackerbau scheinen die Gewerbe zustehen. Einwal war ich in einem arabischtn Dorfe und sah lange dem Brodbacken zu. Der Cfen befindet fich auf einem freien Platze, er ist aus Lehm gebaut in der Form eines Fasses, dem man den Boden ausgeschlagen hat. In der in- ncren Höhlung befindet fich daS Feuer, junge Mädchen fttzm ringsum und kneten den Teig, den sie merst auf dem bloßrn Knie in einen tellergroßen Kuchen flach drücken; die alte Haupt- döckerin nimmt dieselben auf eine Art Kissen und klebt ste an die glühende Ofenwand, wo fie in wenigen Augenblicken durch. gebacken find und mit bloßen Fingern abgelöst werden. Von den religiösen Anschauungen und Gebräuchen der Eyprioten wird man keine zu hohe Meinung haben. Mir ver- schafften mehrere Feste einen gewissen Einblick in dieses Ge- biet. Donnerstag, den 29. Mai, gingen wir nach Kikko, einem Kloster und berühmten Wallfahrtsorte. Es lagen Taufende von Männern und Frauen um das Kloster herum im Freien. wo fie die ganze Nacht mit Essen und Trinken, Schreien und Tanzen nach schrecklicher Musik zugebracht hatten. Die Vor» von Kindern und Frauen und der Länge der Arbeitszeit allen Anfoiderungen der Unternehmer preisgegeben sind. Dies sind die Ursachen, welche auf die Dauer eine ungün- stige Lage der Arbeiter hervonufen. Dieselbe unterliegt nun einem Wechsel je nach den Konjunkturen im Laufe der Jahre und je nach den Bestellungen zur Saison innerhalb eine« und desselben Jahres. Bald verschlimmert, bald ver- bessert sie sich. In der Weihnachtszeit liegt uns das Beispiel de? Sonneberger Spielwaaren- Geschäfts am nächsten. Bon Ende November bis Anfang März herrscht daselbst fast vollständige Arbeitslosigkeit, die erst gegen Ostern langsam zu weichen beginnt. Diese Winter- monate, et zählt Sax, sind schrecklich im Thüringer Ober- land; bald nach Weihnachten sind die Ersparnisse auf- gezehrt; man muß sich so gut oder schlimm es geht, mit den Kartoffeln durchwintern, die man zurückgelegt hat, oder man fällt Krämern und Wucherern in die Hände. Dagegen muß diestrenge Zeit" im Spätsommer vom Ar- beiter mit krampfhafter Hast ausgenutzt werden, wenn der Unterhalt für das ganze Jahr beschafft sein soll und in der That übersteigen die Anstrengungen dieser Leute alle Vorstellungen. So arbeiten z. B.(in Ruhla die Pfeifen- beschläger und Versilberer täglich 16, im Winter 17 Stun­den, die Maler 14 bezw. 16 Stunden, einschließlich der Pausen; ihr Verdienst beträgt durchschnittlich zwölf Mark wöchentlich, woraus sie aber die Hilfcstosse und Verzinsung ihrer Kapitalien bestreiten müssen; überdies haben die Fi- milienglieder noch bei diesem Erwerb mitgewirkt. Noch länger wird an anderen Orten gearbeitet." DieFrankfurter Zeitung " kommt nach Konstatirung derartiger Thatsachen zu der Schlußfolgerung, daß es hohe Zeit s«, den gesetzlichen Schutz auf die hausindustriellen Arbeiter auszudehnen. Wir können uns dieser Ansicht voll und ganz anschließen; jedenfalls wird bei den in Aus- ficht stehenden Berathungen über die Arbeiterschutzgesetze auch der hier genannten Arbeiterkategorie gedacht werven. Freilich läßt sich nicht verkennen, daß die Regelung der Haus- industrie viel Schwierigkeiten verursachen wird; vielleicht wird derselben zunächst eine eingehende Untersuchung vorher- gehen müssen. Unüberwindbar sind indeß die Schwierig- leiten auf leinen Fall, es kann sich nur um die Frage handeln, ob die Regelung zugleich der Großindustrie vor- genommen werden kann. Zur gänzlichen Beseitigung aller Schäden, welche heute auf wirthschaftlichem Gebiete vor- Händen sind, wird eine längere Zeit nöthig sein, zunächst gilt es, immer die Uebel zu bekämpfen, welche sich uns ganz besonders bemerkbar machen. Nach Einführung einer geregelten Arbeitszeit, Einschränkung der Frauen- und Verbot der Kinderarbeit in größeren Betrieben, ist der Weg bereits geebnet, der beschritten werden muß, um dem Rest des Uebels erfolgreich beizukommen. Sobald wie man sich erst auch in gegnerischen Kreisen durch die Thatsache überzeugt haben wird, daß die gesetzlichen Ein- schränkungen segenbringend sind, ist bereits die halbe Arbeit zu weiteren Erfolgen gethan. Und dieser Zeitpunkt wird kommen. DoUtizscke Nebersickt. Ueber sogcnaunte Arbeiter-Kolonien haben wir uns in unserem Blatte bereits mehrfach ausgesprochen. Unserer Anschauung nach verdient das Bestreben, die Lage der Ar- beiter zu verbessern, resp. für Existenzlose zu sorgen möge eS ausgehen von wem es wolle Anerkennung. Als ein derartiges Bestreben kann unter Umständen die Errichtung von sogenannten Arbeiter-Kolonien angesehen werden. Im Laufe der letzten Jahre find derartige Kolonien mehrfach gegründet worden und allem Anscheine nach ist die Reihe derselben noch keineswegs abgeschlossen. Der Hauptzweck derartiger Kolonien soll nach Angabe der Begründer sein, armen, arbeits­losen Menschen ein Unterkommen zu gewähren, und damit der Vagabondage zu steuern. Man will also dem Armen Obdach geben, den Vagabonden an eine regelmäßige Arbeit gewöhnen und ihn dadurch wieder zu einem nützlichen Mitgliedc der Ge- nehmen, d. h. solche, welche große Opfer spendeten, ,. B. ein Schaf, einen Esel, durften im Hofe deS Klosters schlafen, den Ehrengästen wurden sogar Zimmer angewiesen. Am Morgen begann die Pcozesston nach dem Grabe des heiligen Aliphotas, wo jeder noch einmal opfern mußte. Als wir eintraten, kam gerade eine alte, arme, gichtbrüchige Frau, von ihrer Enkelin geführt, und überreichte dem Priester ein mit Oel gefülltes Fläschchen; dieser hielt es gegen das Licht und als er sah, daß es nur halb voll war, weigerte er fick, der kranken Frau mit dem wunderthätigen Knochen des Heiligen über den Rücken zu streichen. Die arme Alte betheuerte, ste habe schon ihre ganze Habe an den anderen Altären geopfert(es gab deren sechs im Temvel und an jedem stand ein mit einem riefigen Knochen bewaffneter Priester), aber standhaft wurde die erflehte Hilfe verweigert, bis wrr zu ihren Gunsten ein vaar Piaster gespendet hatten. Run fing der Priester an, den Rücken der armen Bitlstellerin derart zu bearbeiten, wahr- scheinlich um seinem letzten Unmuthe Luft zu machen, daß ste beinahe zu Boden gefallen wäre. Als wir nach Beendigung des Hokuspokus mit den Mönchen zusammei. saßen, ftagte mein Begleiter nach der Herkunft der Gebeine, die dem Volke gezeigt worden waren, worauf der älteste Priester ernsthaft er- klärte, es seien die Reliquien des heiligen Aliphotas. Mein Freund bemerkte darauf, er habe vermöge seiner anatomischen Kenntnisse dieselben sämmtlich als Schenkelknochen erkannt, während doch selbst ein Heiliger deren nicht sechs, sondern nur zwei befitzen könne. Die geistlichen Herren sahen sich eine Weile etwas verdutzt an, bis ein ganz junger mit der Anficht heraus« kam, die übrigen vier müßten von den Geschwistern des heiligen Aliphotas henühren. Nun fragten wir weiter nach dem Alter der Gebeine, worauf der Aeltrste mit Würde antwortete, sie seien über tausend Jabre alt. Mein unbarm- berziger Begleiter wollte nun den Beweis liefern, daß die Knochen erst wenig« Jahre alt seien, und brachte aufs neue die ganze Versammlung in Verlegenheit, bis endlich der schlaue JuNftste ihn freundlich aufs Knie schlug: Hören Sie auf mit Ihren Fragen und erzählen Sie nichts weiter das Volt glaubt das Nöthige und das genügt uns; wenn ein Kranker nickt geheilt wird, so bat er sich noch nicht an seinen besonderen Heiligen gewendet; stirbt er trotz aller Wallfahrten, so ist klar erwiesen, daß er seinen eigenen Heftigen überhaupt sellschaft machen. Die Kolomen erscheinen somit als nützliche Institute. Bei genauer Betrachtung ergiebt stch indeß, daß der beabsichtigte Zweck nur sehr unvollkommen erreicht wird, ja, es leuchtet sogar ein, daß derartige Kolonien für die übrigen Arbeiter nicht geringe Nachtheile im Gefolge haben. In letzterer Zeit hat man die Kolonisten vielfach den Gutsd.fitzcm für einen sehr geringen Entgelt zur Verfügung gestellt, und wie es scheint, wird man in dieser Beziehung in Zukunft noch weitergehen. Wenn das geschieht, so werden dadurch die in der Nähe wohnenden Ar- beiter im höchsten Grade benachtheiligt, diese können für solche Löhne, wie ste die Kolonisten erhalten, nicht arbeiten, fie müssen die Arbeit aufgeben und da überall Ueberfluß an Arbeits- kräften vorhanden ist, so laufen fie Gefahr, ebenfalls der Vagabondage zu verfallen. Das ist aber gerade das Gegen- tbeil von dem, was durch die Kolonien erreicht werden soll. Um solche Konsequenzen zu verhüten, ist es also nothwendig, daß entweder den Kolonisten für ihre Arbeiten die üblichen Löhne gezahlt werden oder man mnß dieselben zu Arbeiten verwenden, bei welchen eine derartige Schädigung für andere Arbeiter nicht zu erwarten ist. Bei Arbeiten innerhalb der An- staltsräume würde stch dasselbe Resultat erzeben; die Gefängnisse und Zuchthäuser machen durch häusliche Arbeiten den sog. freien Arbeitern schon über die Maßen Konkurrenz, treten nun noch die Kolonisten hinzu, dann wird dieses He el noch verschlim­mert. Es bleibt also nur übrig, den Kolonisten Arbeiten an- zuweisen, die nutzbringend für sie und für die gesammte Gesell- schaft find. Und da kommen wir zu einem Vorschlage, der augenblicklich in verschiedenen Blättern lebhaft ventilirt wird: Die Kultioirung der Oedländereien. Es liegen gerade dazu Anfichtcn hervorragender Personen vor, welche derartigen Un- ternehmungen ein günstiges Proznostckon stellen. Von ver- schiedenen Seiten ist sogar der Vorschlag aufgetaucht, das ur- bar gemachte Land später den Kolonisten zu überlassen. Wir könnten einem derartigen, vernünftigen Vorschlage nur zu- stimmen; er ist ficherlich am besten dazu anqethan, daß der Zweck der Kolomen, der Vagabondage zu steuern und den Armen ein Unterkommen zu verschaffen, erreicht wird. *** Zur Zuckersteuerfrage. DerMagdeburgischen Zeitung" wird mitg.theilt, daß der Entwurf des Gesetzes wegen Ver- längerung der Herabsetzung der Ausfuhrvergülung von Zucker um 40 Pf. wahrscheinlich erst gegen Schluß der Reichstags- Session eingebracht werden wird, und zwar nicht auf 2 Jabre sondern nur auf 1 Jahr. Zunächst seien die Berichte der fach- verständigen Beamten, welche die Hauptorte der Zuckerindustrie b-relien, um Vre ergentliche Ursache der Krists zu erforschen, abzuwarten. Da der diesjährige Zuckerrübenbau überall er- heblich, zum Theil um die Hälfte eingeschränkt wird, so sei die Minderung der Ueberproduktion, welche mit einen Grund der Knfis bilde, in der nächsten Kampagne und damit eine Ge- sundung der Verhältnisse zu erwarten. Sollte diese Hoffnung tauschen, so habe die Regierung, die stch nicht unnöthigerweise auf 2 Jahre rm Voraus brnden wolle, es in der Hand, später eine abermalige Verlängerung des provisorischen G-setzeS um 1 Jahr einzubringen. Die Konao-Konferenz hält heute wieder eine Sitzung ab. Der am Montag von der Kommisston festgestellte Entwurf bezuglich deS Sklavenhandels hat folgenden Wortlaut:Da nach den Grundsätzen des Völkerrechts, wie solche von den Unterzeichnungsmächten anerkannt find, der Sklavenhandel untersagt ist und die Operationen, welche, sei es zu Lande oder zur See, dem Handel Sklaven zuführen, gleichf.lls als unter- sagt betrachtet werden müssen, so crklären die Mächte, die in den Landerstrecken, welche das vereinbarungsmäßig festgestellte Becken des Kongo bilden, SouverainetäiSrechte oder Einfluß üben, daß diese Länderstrecken weder als Markt noch als Durch- gangsstcaße für den Handel mit Sklaven, gleichviel welcher Race, benutzt werden sollen. Jede dieser Mächte verpflichtet fich zur Anwendung aller ihr zugänglichen Maßiegeln, um diesem Handel ein Ende zu machen und di-jeniaen. welche ihm oblie- st°at eine monarchische Spitze zu geben, und stand nicht an. diese Pläne als wenig ausfichtsvoll darzustellen. Immerhin ist es bezeichnend, daß Frankreich und Nordamerika von solchen Planen durchaus nichts wissen wollen, während anderseits Deutschland der Sache bis jetzt durchaus theiinahmlos gegen- übersteht. Jedenfalls lag ewe solche Wcnduna bisher völlig außerhalb aller Berechnungen der deutschen Politik in der Kongofrage und man ist in diplomatischen Kreisen der festen nicht gefunden hatte. Wie bekannt, dürfell die griechischen Geist- lichen heirathen. aber nur einmal- stirbt die Frau, so gebt der Wittwer ms Kloster, und der chrzbischof erlaubt iüm, eine Kalozirah d.h eine Nonne, mit stch zunehmen. Entstehen aus diesen Verbindungen Kinder, so behandelt das otto- maulsche Gesetz fie als uneh-lich. fie haben auf Erbschaft keinen Anspruch, das Vermögen der Eltern fällt stets der Kirche zu. Es kann kaum auffallen, daß stch die orthodoxe Kirche auf Cypern so gut mit Resten altgricchischen oder gar phöntkischen Heidenthums verträgt. Am Montag, 9. Juni, war hier das Fest der Venus von Paphos . Wohl gegen sechs- bis achttausend Bauern und Bäuerinnen init ihren Kindern kamen auf Eseln, Maulthieren und Kamelen in die Stadt geritten, um sich im Meere zu waschen. Dieses Fett mit all seinen Einzelheiten hat sich noch aus der heidnischen Zeit bis heute erhalten und es itt nur zu verwundern, daß die alte Aphrodite nicht durch eine ristliche Heftige verdrängt worden ist. Einen köstlichen Anblick boten die großen Barten mit je 60. 80 oder 100 Personen beladen in bunter, malerischer Tracht, darunter einige Mufikanten, wie ste am Strande langsam auf- und abfuhren und fich auf alle mögliche Weise belustigten. Der Hauptspaß war das Landen, wobei die Landbewohner von den Seeleulen getauft wurden unter großem Beifall der Tausende von Zuschauern; selbst die griechischen Priester mußten das unfreiwillige Bad nehmen. was den Jubel jedesmal auf den Höhepunkt brachte. Hunderte von tief verschleierten Türkinnen sahen dem Schauspiel zu und grämten fich wahrscheinlich, nicht mitmachen zu dürfen. Auch an schwarzen Verehrerinnen der schaumgedornen Venus fehlte es nicht, und zwar waren dieselben meist halbnackt, ein weißeS Röckchen und ein buntes Kopstuch machten den ganzen Anzug aus. Abstoßend und widerlich ist eine griechische Beerdigung hier; ich begegnete einem Leichenzuge, der wirklich gegen alle unsere Begriffe von der Feieurchkeir dieser Handlung und der Ehrfurcht vor dem Tode verstößl. Vornher trug ein Arbeiter die Monstranz, zwei Schritte dahinter ging der G-istliche, dann folgte ein zweirädriger mit Ockfen bespannter Bauernwagen, aus dem ich nur einen langen Sack bemerkte, hinten sahen ein paar Stiefeln heraus. So wurde der Leichnam ohne Sarg,