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Nr. 26.

Sonnabend, 31. Januar 1885.

II. Jahrg.

Berliner Volksblatt

Organ für die Interessen der Arbeiter.

Das Berliner   Beitsblatt"

get glich Morgens außer sach Sonne und Feltagen. Ebenenentspreis fite Berlin   frei in's Haus viestejährlich 4 Mart, monatlich 1,85 Mart, bentlich 35 f. Bostabonnement 4 Mart. Binzelne Nr. Pf. Sonntags- Nummer mit ilustr. Beilage 10 f. ( Eingetragen in ber Bofeitagdozeislifte für 1885 wates Rs. 746.)

Jnfertionsgebühr

beträgt für die 8 gespaltene Betitzeile oder deren Naum 40 Pf. Arbeitsmart 10. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inferate werden bis 4 h Nachmittage in ber Expedition, Berlin   SW., Simmerstraße 44, fomie von allen Kuunucen Bureaux  , ohne Erhöhung des Preises, angenommen.

Redaktion und@xpedition Berfin SW., Bimmerftraße 44.

Abonnements- Einladung.

Für den Monat Februar eröffnen wir ein neues Abonne ment auf das

Hilfsbeamten, denen die Arbeitslammer im jeweiligen Bezirk zur Seite steht. Die Arbeitskammer besteht zur Hälfte aus Arbeitgebern, zur Hälfte aus Arbeitern und wird auf Grund des allgemeinen gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts gewählt. Die Arbeitskammer hat auch die Mit­

Berliner Volksblatt" lieber des Arbeitsamtes vorzuschlagen.

mit der Gratis- Beilage

Illustrirtes Sonntagsblatt".

Frei ins Haus foftet dasselbe 1 Mart 35 Pf. pro Monat 35 Pt. pro Woche. Bestellungen werden von sämmtlichen Beitungs Spediteuren, sowie in der Expedition, Zimmerstr. 44

angenommen.

Für Außerhalb nehmen alle Bostanstalten Abonnements für die Monate Februar und März gegen Bahlung von 2 Mart 67 Bf entgegen.

Den neu hinzutretenden Abonnenten wird der bisher er­schienene Theil des fesselnden und interessanten Romans

Gesucht und gefunden"

sowie die bisher erschienenen Nummern des

Illustrirtes Sonntagsblatt."

someis der Vorrath reicht gegen Vorzeigung der Abonne­ente- Quittung gratis und franto verabfolgt.

Das Berliner Volksblatt" hat sich die Sympathien der arbeitenden Bevölkerung Berlins   zu erringen verstanden. Trop der überaus großen Anzahl von Beitungen der verschiedensten Tendenzen, die in Berlin   existiren, hat bisher kein wirkliches Organ de werkthätigen Volkes bestanden. Es ist daher Bflicht eines jeden Arbeiters, dieses Draan nach jeder Rich­tung hin zu unterstüßen. Wir treten solidarisch für einander ein, unfere bisherigen Leser und Freunde wiffen das, mögen auch fte threrseits dafür sorgen, daß das Berliner Volksblatt" immer neue Freunde und neue Lefer gewinne. Der heutigen Nummer liegt ein Bestellzettel bei. Wir bitten, hiervon möglichst ergiebigen Gebrauch zu machen. Wenn jeder bis­nur einen zweiten wirbt, aber auch wirklich dafür sorgt, daß derselbe abonnirt so hat er seine so hat er seine Pflicht gethan. Wunsche unserer Abonnenten nachzukommen. Wir unsererseits werden nicht nachlassen, jedem berechtigten Die Redaktion und Expedition des ,, Berliner Volksblatt".

Das Arbeiterschutzgesetz.

II.

Unter den Behörden, die zur Ausführung des Gefeßes bestimmt sind, steht obenan das Reichsarbeitsamt, welches der Bundesrath einzurichten hat und dessen Sitz in Berlin   fein soll. Unter dieser Behörde stehen die Ar­beitsämter, bestehend aus einem Arbeitsrath und aus

Rachorud verboten.]

Feuilleton.

76 Gesucht und gefunden.

Roman von Dr. Duz. ( Forseyung.)

Siebenundzwanzigstes Rapitel.

erwarteten Gäste ein.

Am Nachmittage beffelben Tages trafen die übrigen Vier Wagen sauften im Galopp die Rampe hinauf und denselben entstiegen eine Anzahl junger Mädchen, wie frisch aufblühende Rosen, lieblich und anmuthig, wie nur Jugend und Schönheit sein können. Unter ihnen befand sich Fräu­lein Cordelia Rotenburg, die sich heute hätte vervielfältigen fönnen, da sie ihr Pensionat nicht in der Schulstube bei fammen, sondern es in den weiten Räumen des Partes und Schloffes zu hüten die Aufgabe hatte.

Diefe Aufgabe war wahrlich nicht leicht, denn da gab es tausend Gelegenheiten, irgend etwas zu thun, was nach den strengen Gesetzen des Fräulein Cordelia nicht in den rechten Ton paßte; da gab es Gemälde zu bewundern, Meublements, wundervolle indische Teppiche, japanesische Seidentapeten, prachtvolle Krystall Lüftres, und nun erst gar der Anblick durch das Fenster auf den Park hinaus. Die Ausrufe des Entzückens und der Ueberraschung wollten

tein Ende nehmen.

Cordelia tonnte diese Ausrufe der Ueberraschung nicht mäßigen, so oft fie auch errinnerte, daß es nicht schicklich fei, feine Empfindungen so stürmisch zu äußern. Auch Lucie, welche sie nach besten Kräften in der Handhabung ihres Berufes unterstüßte, fonnte die Bügel nicht genug hand­

haben.

Killmare feine neuen Gäfte bewillkommnete. Begleitet von Ein Augenblick feierlicher Stille trat ein, als Lord

Herrn

angekaufte Gemäldesammlung vorzüglicher neuer Meister­wered die Aufmerksamkeit und 28wunderung der jungen

Gesellschaft erregte.

Die Begrüßung war von Seiten des Lord   eine eben

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Da die Arbeitsämter und Arbeitskammern in Bezirken von 200 000 bis 400 000 Einwohnen einzurichten sind, so ist damit eine sich über das ganze Reich erstreckende Orga­nisation zu Gunsten der Arbeitsverhältnisse auf durchaus demokratischer Basis geschaffen. Eine solche Einrichtung ist durchaus neu, es ist etwas berartiges noch nicht dagewesen. Was vielleicht an ähnlichen Einrichtungen in anderen Län­bern besteht oder bestanden hat, erreicht, wie wir sehen, lange nicht die Bedeutung der Institutionen, die bei einer Ver­wirklichung des von den Abgeordneten der Arbeiterpartei eingebrachten Gesetzentwurfes geschaffen werden würden. Das berühmte Arbeiterparlament" zu Paris   vom Jahre 1848, das unter Mitwirtung von Louis Blanc   im Zurembourgpalast tagte, hatte weiter feine Befugnisse, als eben zu diskutiren; feine Beschlüsse mußten ohne praktischen Werth bleiben. Die französischen   Syndikatskammern reichen an Bedeutung auch nicht entfernt an die Arbeitsämter und Arbeitskammern heran, wenngleich die Leistungen dieser Korporationen die allgemeine Anerkennung wohl verdienen. Bis jetzt hat immer bie staatliche Drganisation solcher Ein­richtungen gefehlt; man begnügte sich mit freien" Rorpos rationen. In dem vorliegenden Gefeßentwurf aber ist eine völlige staatliche Organisation enthalten.

fürlich zu bestimmen feien, sondern je nach den geschäftlichen Konjunkturen und durch Angebot von oder Nachfrage nach Arbeitskräften sinken oder steigen. Das mag im Allgemei nen zutreffen; indessen muß in solchen Fällen die Arbeits­tammer eben thun, was sie fann. Zum Mindesten wird es ihr gelingen, der Willkür der Unternehmer, die bei der Be­stimmung der Löhne doch auch viel nit im Spiele ist, zu steuern und es wird sich mit einer solchen Bestimmung doch in sehr vielen Fällen ein fester Anhaltspunkt schaffen lassen, der dem Arbeiter gegenüber dem heutigen anarchischen Zu stand in unseren wirthschaftlichen Verhältnissen ganz unbe­rechenbare Vortheile bringen dürfte.

Aus den Vertretern der Arbeitskammern hätte das Reichs- Arbeitsamt jährlich einen Kongreß, den Arbeitskam­mertag, einzuberufen, der über allgemeine wirthschaftliche Angelegenheiten zu berathen bätte.

Für die Uebertretung der in dem Entwurf enthaltenen Vorschriften sind eine Reihe von Strafbestimmungen ange fett, welche die Höhe von 6 Monaten Gefängniß oder 2000 Mart Geldbuße erreichen.

Soweit die Hauptbestimmungen des Entwurfs, den wir in unfrer geftrigen Nummer in seinem Wortlaut abge= bruckt haben.

Wenn dieser Entwurf Gefeß werden würde, so hätte er zweifellos eine ganz bedeutende Umgestaltung unsrer wirthschaftlichen Verhältnisse zur Folge. Selbstverständlich giebt es heute eine Reihe von Mißständen, die von einem folchen Geseze, das sich auf dem Boden der Gewerbeord­nung bewegen muß, nicht getroffen werden können, weil fie in der Natur der herrschenden Produktionsform begrün­bet find. Allein es bestehen auch eine ganze Menge von Mißständen, die nur aus der Willfür derjenigen entsprin gen, die im wirthschaftlichen Leben als die Stärkeren auf­treten und fich mit dem Ellbogen   Raum schaffen. Diese Mißstände können und sollen durch den vorliegenden Ges fezentwurf erreicht werden und sie würden verschwinden, wenn der Entwurf zum Gefeß würde. Wenn auch die Situation des Arbeiters aufs Engste mit den geschäftlichen Konjunkturen zusammenhängt, so würde die Wirkung des Gefeßentwurfs doch zunächst diejenige sein, daß die Stellung des Arbeiters gegenüber dem Arbeitgeber eine weniger ab­hängige wäre. Gestüßt auf Arbeitsämter und Arbeitskam­mern stände der Arbeiter weit freier und selbstbewußter da, benn heute.

Die Arbeitsämter haben unter Leitung des Reichs­Arbeitsamtes die gewerblichen und industiellen Betriebe zu überwachen, wodurch an Stelle der Fabriken Inspektoren, deren Thätigkeit so viel zu wünschen übrig läßt, endlich eine unabhängige und mit den nöthigen Machtmitteln ausge­stattete Behörde tritt, die auch vortrefflich geeignet ist, den unentgeltlichen Arbeitsnachweis zu organi­firen. Die Berichte dieser Arbeitsämter, die jährlich ers scheinen müßten, würden sicherlich reichhaltigeres Material bringen, als die Berichte der Fabriken- Inspektoren. Die Arbeitskammern haben zunächst die Arbeitsämter in diesen Arbeiten zu unterstüßen, dann aber über alle, das gewerbe­politische Leben berührende Fragen zu verhandeln. Sie haben aus ihrer Mitte Schiedsgerichte zu ernennen, welche ähnlich wie die heute schon bestehenden gewerblichen Schiedsgerichte die Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu schlichten hätten und deren Urtheile vor­läufig vollstreckbar wären. Ferrer hätten die Arbeitskam­mern einen Minimallohn festzusetzen, unter den die Arbeitgeber nicht herabgehen dürfen. Gegen den letzteren Punkt wird eingewendet werden, daß die Löhne nicht will­

so feine und elegante, als von Seiten der jungen Damen zeremoniell, nach dem steifen Muster Cordelia's zugeschnitten; als indessen Killmare zunächst Fräulein von Steinberg bie Hand reichte und ihre Hand an seine Lippen führte, als er dann Cordelia und Lucie eben so herzlich, als cheva­Ierest begrüßte, als er mit einzelnen der jungen Damen, die er ja von Wildenhain her fannte, einzelne Worte wechselte löfte fich der Bann des Beremos

-

miells, und die jungen Damen begannen eine zwar heimliche, aber außerordentliche lebhafte aber außerordentliche lebhafte Diskussion unter sich.

Er ist doch wirklich ein sehr hübscher Mann!" meinte die kleine Adda. ,, Und reich, unermeßlich reich!" fügte Komtesse Hildes gard hinzu.

Die flammenden, braunen Augen der Baronin Gisela nahmen einen Ausdruck an, der halb wie beleidigter Stolz ausfab, als fie bemerkte, daß die Baronesse Helene von Steinberg von ihm sichtlich bevorzugt wurde. Sie beruhigte sich erst, als der Lord sich nun auch an sie mit einigen Worten wendete. Der Vorzug wurde nunmehr auf Rech­nung der Familie Steinberg geschrieben; und als fie, nach dem der Lord sich mit graziöfer Verbeugung an eine andere junge Dame wandte, mit der Frage von allen Seiten bestimmt wurde: Was sagte er zu Dir?" da sagte fie aus tief innerster Ueberzeugung:

Es ist ein liebenswürdiger Mann!... Ich finde ihn in der That liebenswürdiger als meinen Dragoner- Lieu

tenant."

Darin stimmten ihr alle ihre Freundinnen bei. Elfriede fügte die Bemerkung hinzu:

Und wie allerliebst ihm das Lächeln steht! Ich habe gar nicht geglaubt, daß dieser Mann, der immer so ernst

aussieht, auch lächeln kann."

" In der That," pflichtete Hildegard bei, er sieht heute ganz anders aus, wie sonst. So sah er nie aus, als er uns in Wildenhain besuchte." Die enthusiastischen Lobpreisungen seiner Liebenswür­digkeit, seines Reichthums und seines Geschmacks erhöhten

Von geradezu unabsehbar wohlthätiger Wirkung aber würden die Bestimmungen des Entwurfs sein, die dahin zielen, die übermäßige Ausnutzung der Arbeitskräfte zu ver= hindern. Die so vielfach durch den Industriebetrieb zer­störte Familie des Arbeiters würde wieder hergestellt und ihm die Annehmlichkeiten eines geordneten Familienlebens wie­

sich noch, als man nunmehr eine Promenade durch den Park begann.

Die jungen Damen waren fast außer sich vor Ver­gnügen, nur Cordelia stand eine wahre Todesangst aus, daß hier und da eine von ihren Elevinnen sich allzu vor­Taut äußern, oder sonst irgend einen Verstoß gegen die Ge setze des Beremoniells begehen möchte.

Auf einem freien Plaze in der Nähe einer Gruppe von schattigen Buchen war aus Zweigen ein geräumiges Belt erbaut und mit einem Dach von Mousselin versehen. In diesem Zelt war eine Mittagstafel hergerichtet und zwar in einer Dekoration, welche ebenso den Reichthum des Be figers, als den Geschmack und die Umsicht Brand's doku­mentirte.

Unter den Elevinnen entstand, als man sich zur Tafel fezte, beinahe ein kleiner Rangstreit, da jede einen gewissen Neid empfand gegen eine Andere, die dem Blaze, welchen der Lord vermuthlich einnehmen würde, näher saß.

Man fand es nicht gerade auffällig, daß Mylord neben Fräulein von Steinberg saß, und daß deren Eltern zu beiden Seiten Platz hatten. Cordelia, Lucie und Brand waren auf der andern Seite ihnen gegenüber plazirt.

Die Sonne, welche die herrliche Blumenterasse, welche sich in der Nähe des Beltes erhob, hell beleuchte e und im schönsten Schmuck erscheinen ließ, brang hin und wieder glitzernd durch das Laubwerk, und zitternd malten sich die Schatten der Blätter auf dem Battist des Tischgedecks und auf den hellen Gewändern der Gäste ab was Alles bazu beitrug, diesem Mahle einen eigenthümlichen Reiz zu verleihen und die Stimmung fröhlicher zu machen.

Die Gesichter leuchteten heller als die Sonne, und die Scherze und das Lachen waren neckisch wie das Tändeln des Sonnenstrahls mit den Blättern des Laubbachs.

So sehr auch die Stimmung bei Tafel eine gehobene war, so fröhlich auch Alles lachte und scherzte, Fräulein Cordelia hatte bisher den Ernst und die Würde der Vor­steherin des Pensionats für Töchter höherer Stände keinen Augenblick verleugnet, da sie ja in ununterbrochener Aus­übung ihres Berufs begriffen und hier und da durch einen verstohlenen Blick oder Wink einzugreifen genöthigt war.