Beilage zum Berliner BolNlatt.
Nr. 74.
Sonnabend, den 28. März 1885.
n. Jahrgang.
Loh»»ad Lede»s«nIerhaU der Ärdeiler.
(Hamb. B.-Ztg.) Wa» braucht ein Arbeiter zum Unterhalt und aofür braucht er eS? Diese Fragen sind oft aufgeworfen und oft beantwortet worden, nicht zum wenigsten von Arbeitern selbst; doch selten hat die Beant» wortung derselben genügende Klarheit verschafft. Wir haben hier wiederum eine Beantwortung der ge- stellten Fragen vor uns, die ein Pfarrer im neueste»„Ar- beiter freund" giebt. Derselbe beschreibt„die Lage der länd- lichen freien Arbeiter in einer der reichsten und fruchtbarsten Gegenden im preußischen Staate, im Magdeburgischen" und giebt eine auf mehrjährige Beobachtung gegründete genaue Berechnung der �ZahreSeianahme und JahreSauSgabe einer ordentlichen Arbeiterfamilie, in welcher der Mann uner« müdlich thätig, die Frau sparsam ist, mit 3 schulpflichtigen Kindern. Als JahreSeinnahme werden für den Mann berechnet M. 475— nämlich 250 Tage je M. 1,60 und 50 Tage je M. 2,— für die Frau M. 120— 60 Tage je 80 Pf. und 36 Tage je M. 2,— und für zwei der Schulkinder zusammen M. 40. Dies giebt zusammen M. 635. Als JahresauSgabe wird die Nahrung zu M. 519,60, die Wohnung und Heizung zu M. 108, Kleidung und Schuhwerk zu M. 155, Steuern und Abgaben zu M. 21,06 berechnet. Da» Ergebniß ist, daß eine Arbeiterfamilie im Magdeburgischen bei einigermaßen genügender Ernährung M. 803 braucht, bei sehr eingeschränkter Ernährung aber mit M. 674 auskommen kann. Wir wollen nun noch annehmen, daß in der aus- geworfenen Summe für Nahrung auch die Ausgabe für einig« Glas Bier— natürlich einfache»— und für etwa» Kaffee und Kuchen auf einem Volksfeste enthalten ist, denn ohne jegliche» Vergnügen kann keine menschliche Familie existuen, auch nicht eine Arbeiterfamilie auf de« Lande bei Magdeburg . Ferner»ollen wir da» Licht in die Summe für Woh» nung und Heizung, Seife und allerlei kleines Geräthe in die Summe für Kleidung und Schuhwerk hineinrechnen. Dann kehlt aber immer noch die Ausgabe für Schul- bücher, für eine Zeitung, für das Lefebedürfniß überhaupt, und auch jede unvorhergesehene Au»gabe fällt außer aller Berechnung. Und wo bleibt der Spargroschen, von dem man in der gegenwärtigen Zeit so viel Aufhebens macht? Davon kann natürlich hier nicht die Rede fein. Bei„sehr eingeschränkter Ernährung" kann die Ar- beiterfamilie in den reichen Magdeburgischen Landen, wie der brave Pastor genau„gestützt auf mehrjährige Be- obachtung" ausrechnet, mit M. 674 autkommen; bei Soßem Fleiß« und unermüdlicher Thätigkeit erhält dieselbe amilie einen Arbeitslohn von M. 635. Da ist dann noch ein Defizit von M. 39 vorhanden, welches auf die„sehr eingeschränkte Ernährung" gelegt werden muß. Eingeschränkt, eingeschränkter, sehr eingeschränkt! Und auf dieses„sehr eingeschränkt" muß dann nochmal» der Komparativ folgen: eingeschränkter noch, alt sehr einge- schränkt. Da» bedeutet bei der Ernährung nichts andere«, «l» den Hunger! Der größte Posten aber in der Nahrung ist, wie unser sicherlich höchst glaubhafter Gewährsmann bemerkt, da»
Eine Parlamentsgeschichte.
(Aus„Im Glühlicht der Weltstadt". Von P. Gisbert.) Im Papierkorbe einer befreundeten Zeitung fand ich folgende Epistel: „Geehrter Herr Redakteur! Sie werden mit mir zweifellos darin übereinstimmen, daß un» Frauen ein großer Theil der Zeitung«lektüre da- durch verkümmert wird, daß die Kammerdebatten mit ihre« schrecklichen Etattberathungen zu viel Raum in Anspruch nehmen. Wenn im Abgeordnetenhause die HaushaltSgeschich- ten beginnen, dann werden un» armen Leserinnen die Spal- ten in den Zeitungen, in denen soviel Interessante« stehen könnte, geraubt. Wenn ich die großen Spalten überschaue, die mit der Ueberschrift beginnen„Preußischer Landtag", dann ist e« mir zu Muthe, al« müßte ich stundenlang durch unfern märkischen Sand gehen oder ein WohlthätigkeitSkonzert an- hören. Keine Abwechslung, nichts Erfrischende», nur ab und zu heißt e» in Klammern:„Sehr gut recht«"—„Oho lmk»"—„Heiterkeit"—„Allgemeine Heiterkeit"—„Bravo >m Zentrum" und wenn man dann hinsieht, dann ist e» am Ende ebenso eintönig wie das andere und irgend«ine Anspielung auf eine KommissionSberathung(„Kommission»« berathung", diese« HeiterkeitSerstickende Wort schon!) oder einen Gesetzvorschlag aus dem Jahre 1834, von dem selbst mein weiser Mann keine Ahnung hat, oder eine Eigen- thümlichkeit der hannoverschen KreiSordnung, die mir, so schön auch die Stadt Hannover ist, ganz gleichgiltig bleibt. Ich wollte«ich in diesen Tagen nun davon überzeugen, woran e« denn liegt, daß die Sache für un» so uninter- essant ist, und ging mit einer guten Freundin, die auch (erschrecken Sie nicht, Herr Redakteur!) schriftstellerisch sehr veranlagt ist, in das Abgeordnetenhaus am Dönhoff»- Platz. Durch mehrere finstere Gänge, an einer großen Küche vorbei, deren Dust verrietb, daß die Abgeordneten auch Menschen sind, wie alle Andern, und essen, gut essen wollen, gelangen wir auf die Tribüne A.— Nun kann ich Ihnen sagen, Herr Redakteurl daß ich jetzt weiß, an wem die Schuld liegt, daß die Kammerverhandlungen so »üstenhast öde erscheinen. Ich werfe hiermit der ganzen Berichterstattung de» Fehdehandschuh hin.— Sie ist schuld, wenn die Sache nicht amüsanter ist. Lassen Sie un» Frauen einmal erst über die Kammerverhandlungen schreiben, so wie wir«» un« denken, dann sollen Sie sehen, wa» darau» wird. Ich kann e» leider nicht, ich habe e» noch »r« probirt, aber meine Freundin, wie gesagt, die
Brot, in Summa jährlich M. 182.„Daran kann' nicht» gespart werden!" UebrigenS stimmt dies« Berechnung auch mit der Be- rechnung, die in Dresden angestellt worden ist, wo die wöchentliche Ausgabe einer Arbeiterfamilie für Brot, mit Weißbrot, gleichfall» 3,50 M. beträgt, macht jährlich 182 M. Auch die Reichiregierung hat den Brotbetrag eines einzelnen Manne» auf täglich 15 Pf. berechnet, da» ist jährlich 54,60 M. Rechnet man auf die Frau und die schulpflichtigen Kinder je 40 M. und den Rest(7,40 M.) für Weizengebäck, so trifft auch nach dieser Rechnung die angegebene Summe zu.— Keine Gesellschaftsklasse giebt im Verhältniß zu den anderen Ausgaben soviel für Nahrungsmittel aus, wie die Arbeiterklasse. Die Wohnung kostet den besser Situirten meist den vierten Theil des Einkommen», während sie bei dem Arbeiter den sechsten Theil im Durchschnitt beträgt. E» liegt ja die» auf der Hand, da dem besser Situirten doch noch genug übrig bleibt zu einer guten Ernährung»« weise, während der Arbeiter zunächst für die Nahrung sorgen muß, um weiter arbeiten zu können. Auf den meisten nothwendigen Nahrung»mitteln aber liege» Zölle und Steuern, die im Verhältniß zu den an« deren Klassen der Bevölkerung die Arbeiter am schwersten bedrücken; diese Steuern wirke« nach unten förmlich pro- gressiv. Und nun erhalten wir noch die Erhöhung des Korn« zoll», der Brotsteuer, um das Dreifache. Der Zoll wirkt hier wie eine indirekte Steuer, der Konsument muß ihn zahlen. WaS aber bei einer Arbeiterfamilie nach dem oben auf- Sestellten Ausgabebudget eine Erhöhung des Brotpreifei be« eutet, da» sollte Jede« klar sein. Dafür die Verantwortung zu übernehmen, dazu gehört in der That großer Muth, wenn man nicht ein andere« bezeichnenderes Wort gebrauchen will.---- Ein braver, ehrenwerther, wahrscheinlich konservativer Pastor hat die obigen Aufstellungen über den Unterhalts« bedarf einer ländlichen Arbeiterfamilie gemacht; ihn wird man wohl nicht al» einen Aufhetze» der Arbeiter von Seiten der gouvernementalen Presse zu bezeichnen wagen. Jedem Andern könnte die» leicht pafsiren— wenn ein De- mokrat obige Aufstellungen gemacht haben würde, gewiß wäre Herr Pindter flugs bei der Hand, um denselben mit Kübeln voller Schmäh vorte zu überschütten. Doch die Wahrheit bleibt die Wahrheit— und hier zeigt sie uns, daß zahlreiche Arbeiterfamilien in Deutsch- land— im Osten Preußen« ist e» noch viel schlimmer, al» im Magdeburgischen— den nothwendigsten Unterhalt nicht bestreiten können, daß bei ihnen die Ernährung«ine im Vergleich zu ihrer Arbeitsleistung völlig ungenügende ist. Wahrlich, traurige Zustände!
Welitisck««elinsiellt. r farr« KeichStagSabgeordneten Penzig war ein$ Liest eingegangen,
der sich vornehmlich darauf stützte, daß eine Anzahl von Wäh-
schriftstellerisch sehr veranlagt ist und schon als sechzehn« jährige» Mädchen einen Romanzyklu»„Die neuen Zehn« gebore" geschrieben und außerdem dem Schauspielhause zwei Stücke eingereicht Hai, hat sofort die Idee ergriffen und einen Parlamentsbericht in belletristischer Form abgefaßt. Sie ist zu schüchtern, um ihre Arbeit selbst anzubieten. Gestatten Sie, daß ich Ihnen diesen Bericht überreiche. Sie werden schon erkennen, worin die Neuheit der ganzen Idee desteht. Während die Zeitungen in der trockensten Manier konfiatiren, daß der und jener bei der EtatSbe« ratbung zu allemeiner Verwunderung da» Wort nicht er- griffen, hat meine Freundin mit dem richtigen Blick einer Belletristin sofort da» Geheimniß, da» dahinter steckt, er- faßt. Ich hoffe, Sie werden der Arbeit meiner Freundin, deren Namen ich noch verschweige» will, in Ihrem werthen Blatte Raum geben und bin mit Hochachtung Ihre eifrige Leserin." Da» Manuskript aber lautete: „Durch die Straßen der Residenz pfiff ein herbstlicher Wind. Da» ASphaltpflaster spiegelte einen grauen Himmel wieder, die Kondukteure der vorübersausenden Pferdebahn hüllten sich fester in ihre Mäntel, die Fußgänger eilten stumm an einander vorüber, sie begrüßten sich kaum. Von der I.-Straße bogen jetzt zwei Männer in den D.-Platz ein, die zweifellos bedeutende Persönlichkeiten sein mußten, denn ab und zu blieb einer der Paffanten stehen und blickte ihnen nach oder lüftete wohl gar den Hut. Der ältere von den beiden war ein Greis, dessen ehr- furchtgebietendes Gesicht jetzt zu dem jüngeren emporsah, sein Genosse überragte ihn um Haupte»länge. „Werden Sie heute reden, lieber Kollege?" fragte der Grei» den jüngeren mit sanfter, einschmeichelnder Stimme. „Nein," antwortete der Gefragte dumpf, ein Seufzer entrang sich seiner Brust und seine hohe Gestalt schauerte zusammen. E» mußte ein schweres Geheimniß sein, da« in diesem„Nein" sich Lust machte. Der ältere sah seinen Kollegen, auf dessen hochragen« der Gestalt ein ausdrucksvoller, schöngeschnittener Kopf saß, kopfschüttelnd von der Seite an und murmelte etwa« wie „er ist mir unverständlich" in seinen dünnen silbergraue» Bart. So gingen sie beide in den Palast, der den Berathun« gen der Volksvertreter diente; die Diener verbeugten sich tief vor ihnen. Der schöne hochgewachsene Mann wurde augenscheinlich von seinen Kollegen, die in dem prunkenden Berathungssaal
lern, welche Schulgeld restirten, von den Wählerlisten auS- geschloffen waren. ES fragt sich nun, ob die Ausschließung der Schulgeldrestanten vom Wahlrecht eine gesetzliche Maßregel ist, ob diese Personen als solche zu betrachten find, welche eine Ärmenunterfiützung aus öffentlichen oder Gemeindemitteln be« ziehen, wie ei daS Reichswahlacsetz für die Aufhebung der Wahlberechtigung vorschreibt. Die Kommisston kam der ein« gehender Prüfung dieser Rechtsfrage zu der Ueberzeugung, daß nach der sächfischen Armenaes etzgedun g dte Behörden allerdings formell im Recht gewesen find, solche Personen von den Wahl« listen auszuschließen. ES wurde deshalb auch die Giltigkcit der Wahl deS Abg. Penzig beantragt. Anderseits wurde aber auch anerkannt, daß die Ausschließung solcher Wähler offenbar nicht die Absicht der fraglichen Bestimmung deS Reichswahl« geseyeS gewesen sei, daß in keinem anderen Bundesstaate eine gleiche Praxis obwalte, daß auch in anderen sächfischen Wahl- kreisen die Behörden diese» Verfahren nicht angewendet haben, daß somit eine Ungerechtigkeit und Unbilligkeit indem betreffen- dm Einzelfall vorliege, und daß dura, die Verschiedenheit der Armmgesetzgebung in den Bundesstaaten eine thalsächliche V er« schiedenheit de» Wahlrechts in denselben bedingt und für ein« zelne Staaten eine Beschränkung des Wahlrechts herbeigeführt werde. Die WahlprüfungSkommisfion beantragte daher gleich« zeitig, der Reichstag möge den Reichskanzler ersuchen, in Er- wägung zu ziehen, wie die Verschiedenheiten, welche nach§ 3 Abs. 3 deS ReichSwahlaesetzeS in Bezug auf den Ausschluß vom aktivm Wahlrecht>n Folg« Armenunterstützung in den einzelnen Bundesstaaten bestehen, zu beseitigen find." Ueber die Kommandtrung und Beurlaubung der Militäranwärter im Interesse ihrer Dtenstversorgung trifft eine KadinetSordre vom 20. d. M. anderweite Besttm- mungen. Danach haben die Militäranwärter, welche zwecks Beschäftigung(auf Probe) zu einer den Millläranwärtern vor« behaltenen Stelle kommandirt find, während der Dauer ihres Kommandos unter Wegfall aller sonstigen Gebührniffe mit Ausnahme der Großmontirungi stücke ein festes monatliches Einkommen, welches gegen die früheren Sätze(§ 39 des Geld- v erpflegunaSreglementS vom 24. Mai 1877) nicht unerheblich vermehrt ist, zu beanspruchen. ES erhalten nämlich, für den Fall, daß fie Familie(Frau oder Kind) haben, die Feldwebel, Wachtmeister, Oberfeuerwerker und Roßärzte monatlich 100 M., die VizefelVrvebel ,c. 90 Ml., die Sergeanten, Feuerwerker rc. 80, die Unteroffiziere, Lazarethgehilfm, etatsmäßigen Hoboistcn mit Unterosfiziersrang 70 und die Gefteiten und Gemeinen 60 Mk Für den Fall, daß ste unverheirathet find, erhaltm die Feldwebel rc. 90 Mk., die Vizefeldwebel zc. 75, die Sergeanten jc. 60, die Unteroffiziere rc. 50 und die Gemeinen ,c. 40 Mk Die früheren Sätze waren für die Chargen in vor- genannter Reihenfolge, gleichviel ob die betreffenden verhei- rathet oder unverheirathet warm, 84, 66, 54, 42 und 21 Mark. Erreicht das Einkommen, welches die KommandHen von der Zivtlbehörde beziehen, die obigen nemn Beträge nicht, so wird ihnen daS Fehlende vom Truppentheil gezahlt. Die Unter- offiziere, welche nach Beendigung einer Ojährigen Dienstzeit, aber vor Erlangung deS ZiviloersorgungSscheinS bei einer mi- lilärisch organistrlen Gendarmerie oder Echutzmannschaft ihre Probezeit adleistm sollen, dürfen nur in vakante Stellen und auch nur dann kommandirt werden, wenn die Zwilbehörde fich bereit erklärt bat, fie au» dem Stellmeinkommen, sobald dieses vakant wird, zu besolden. So lange fie aus dem Stellengehalle noch nicht bezahtt werden können, empfangen fie lediglich die Gamisongebührniffe vom Truppmthellc. Wegen Laudetverrath» soll in Flensburg der Premierlieutmant v. W. verhaftet worden sein. Herr v. W. ist kürzlich von Polen nach Flensburg versetzt. Er ist dringend verdächtig, FestungSpläne an die russische Regierung verkauft zu haben. Frankfurt » M- Die Untersuchung gegen Lieske, soweit fie deffen Bethelligung an der Ermordung des Polizeiraths Dr.
schon versammelt warm, sehnsüchtig erwartet. Von allen Seiten stürmte man auf ihn ein und jeder strebte danach, einen Händedruck mit ihm zu wechseln. Nur dort, wo die Minister saßm, ging e» wie ein Gemurmel der Unzufriedenheit durch die Reihen, aber wenn Onno, so hieß der hochgewachsene Mann, sein große» dunkle» Auge erhob und hinüberblickte, dann verstummte alle«. Dann begann man zu debattiren. Wa» e» war, e« kümmerte Onno wenig und auch wir brauchen den Reden nicht viel Beachtung zu schenken. Zahlen, nicht» al« Zahlm! — Lag e» ja doch wie ein trüber Hauch über allem, wa» heute in diesem Saal vorging. Onno, der sonst mit seinem glänzenden Geist, wuchtigen Tones seine Gegner niederwarf und wie ein zürnender Zeu» donnerte, er war heute still, und nachdenklich ruhte sein schönes Haupt auf seiner Hand. Woran dachte er? Wir wissen e». Oben auf der Zuschauertribüne saß ei» hübsches Mädchen von distinguir- tem Aeußeren. Ihr Gesicht war bleich, ihre hellen Augm leuchteten. Jetzt blickt« einer der Deputirten zu ihr hinauf, sie nickte ihm unbemerkt zu. E» war ein Aristokrat vom wohlgeordneten Scheitel bi» zur Sohle. Man sah es den beiden auf dm ersten Blick an, daß sie sich liebten. So blickt nur die Liebe. — Und gerade in diesem Moment fuhr Onno au« seinen Träumereien auf, sein Falkenauge gewahrte sie, sie oben auf der Zuschauertribüne. O Onno, armer Onno I Und wie tief hatte er Hildegard geliebt! In einem Moment der heißen Liebeibetheuerung hatte er ihr zuge- schworen, daß er ihr Alle« zu Gefallen thun würde, wa» sie von ihm verlange.— Hildegard erwiderte ihm, daß sie — ihm nur ihre Freundschaft widmen köane. Ihr Herz gehöre Kurt von Felsenstein und weil sie auf Onno» edle Freundschaft vertraue, bitte sie ihn— ihren Geliebten zu schonen, ihn mit seiner Redegewalt nicht zu zermalmm, denn Kurt von Felsenflein wolle in der EtatSberathung redm. Und diese» Versprechen hatte er Hildegard ge« geben und nun redet« der Rival, der Hildegard« Herz gewonnen. Nachdem Kurt geendet, glaubtm Alle, daß jetzt Onno» gewaltige Stimme ertönen werde. Aber sie ertönte nicht, ein dankbarer Blick flog aber»on der Zuschauertribüne her« unter zu dem großen edlen Manne, die Bänke unten leerten sich, die Deputirten gingen hinau» in die glänzenden Re« staurationSräume und— --(kann während der eintönigen Etatsberathungen fortgesetzt werden).