Gerichts- Zeitung.

Der Monftre Meineids- Prozeß Better und Genoffen gelangte am Donnerstag- Abende bis zum Schluffe der Beweis aufnahme und begannen am Freitage die Plaidoyers. Seinem Vertheidigungsprinzipe getreu hatte der Angeklagte Vetter vor her wieder eine Anzahl Anträge auf Ladung neuer Beugen und Vertagung der Verhandlung gestellt, die natürlich abge lehnt wurden. Der foloffale Umfang des Prozesses tennzeichnete fich am besten durch die Thatsache, daß die Geschworenen nicht weniger als 35 Schuldfragen zu bewältigen hatten, zu denen fich noch fünf Nebenfragen gefellten. Staatanwalt Dr. Menge leitete fein Blaidoyer mit der Bemerkung ein, daß die Preffe diesen Sensationsprozeß seines Umfanges wegen einen ,, Monstre prozeß" genannt habe, weit eber verdiene derselbe aber mit Bezug auf seinen Inhalt die Bezeichnung einer Monftröfttät, denn in den Annalen der Kriminaljuftig stehe ein Fall wie der vorliegende vereinzelt da. Der Staatsanwalt beschäftigte fich in erster Linie mit dem Hauptangeklagten Vetter und in feffelnder Rede entrollte er vor den Geschworenen ein farben­täftiges und treffendes Bild von dem gemeingefährlichen Treiben dieses Angeklagten, sowie von der grenzenlosen Ber worfenheit seines Charafters. Dr Angeklagte sei ein Mensch, der trop feines geringen Bildungsgrades fich im Laufe der viertägigen Verhandlung als ein Inbegriff von Verschlagenbelt und Spizfindigkeit gezeigt habe, dem ein außerordentliches Ge­dächtniß zur Verfügung stehe. Diese Eigenschaften haben ihm, unterftügt von einer bodenlosen Gewiffenloft glett, ermöglicht, eine große Anzahl Bersonen, die in Betreff ihrer geistigen Kapazität weit unter ihm ständen, und denen er durch sein Sheinwiffen und seine Rabulisterei zu imponiren verstand, zu feiren willenlosen Werkzeugen zu machen und sie zu einer Reihe der schwersten Verbrechen zu verleiten und anzuftiften, um sich selbst materielle Vortheile zu verschaffen oder fich vor persönlichem Schaden zu bewahren. Er, der Staatsanwalt, fet überzeugt, daß außer den fieben Mitangeklagten, noch eine größere Anzahl Perionen im Interesse des Better Meineide geleistet haben. In Betreff einiger da Mitangeklagten, deren Thätigkeit der Redner sodann beleuchtete, stellte er den Ges schworenen anheim, in einzelnen Fällen nur Fahrlässigkeit an­zunehmen, da fie dem demoralisirenden Einfluß des Angeklag ten Vetter vermöge ihrer großen geistigen Beschränktheit leichter erliegen mußten. Unter den Vertheidigern ist besonders der Rechtsanwalt Thelen zu erwähnen, welchem die schwierige Auf gabe geworden, die Mühlenbefizerin Vetter und den Büdner Mahlow zu vertheidigen; die noch schwierigere, die Strafthat des Hauptangeklagten Better in ein milderes Licht zu ftellen, lag dem Referendar Blau ob, der seinen verlorenen Posten nach besten Kräften behauptete. Am meisten sprach natürlich der Angeklagte Vetter selbst, der nach jedem einzelnen Bunti der Anklage unter lebhaftem Gestikuliren mit beiden Händen eine längere Rede hielt, welche stereotyp folgendermaßen schloß: Also, meine Herren Geschworenen , aus den von mir anges führten Gründen meine ich, daß Sie diese Schuldfrage werden verneinen müffen." Das Urtheil werden wir morgen mit­theilen.

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Eine Anzahl von Schaukästendiebstählen gelangte gestern zur Kenntniß der ersten Straflammer hiesigen Landge richts I. Auf der Anklagebant nahmen, aus der Haft vorge führt, Blaz: 1) der Handlungskommis Gustav Adolph Dito Hente( unter dem Spipnamen der Kaufmann Perl" bekannt), 2) der Arbeiter" Emil Arnold Bockich( der Rirdorfer"), 3) der Arbeiter" Carl Gottlieb Eduard Knauth( unter den Dieben Bismard" genannt), 4) der Arbeiter" Johann August Rudelow( der Weißkopf"), 5) der Maler Karl Friedrich Detar Semp und 6) der Handelsmann Friedrich August Mehnert. Die vier ersten fieben unter der Anklage des wieder­holten Diebstahls, die beiden letteren der Hehlerei. Der er heblichste von den ausgeführten 4 Schaufäftendiebstählen ist ber am Mittag des 7. November v. J. am Hause Pionier straße 5 begangene. Dort war nämlich der Schaukasten des in demselben Hause wohnhaften Juveliers Ofner mit Gold und Silberwaaren im Werthe von über 3000 M. angebracht. Zwei Der Angeklagten gaben fich bei dem gewagten Koup das An­iehen als Beauftragte des Geschäfts, zwei Angeklagte ftellten fich in die geöffnete Hausthür, um die Arbeit zu überwachen. Nachdem die den Kasten haltenden Eisen entfernt waren, trugen die Angeklagten den Raften in das Haus, um der ge spielten Komödie einen drastischen Ausdruck zu geben, und erst später trug einer den Kasten nach dem freien helde, wo der Inhalt unter den Dieben getheilt wurde. In ähnlicher Weise wurden die übrigen Diebstähle bewerkstelligt. Die beiden legten Angeklagten sollen fich bei dem Ablaß der gestohlenen Gegenstände betheiligt haber. Der Gerichtshof verurtheilte Hente und Rudlow zu je 2 Jahren Buchthaus, Bocksch zu 9, Atnautb zu 16, Lemp zu 6 und Mehnert zu 12 Monaten Be­fängnis, erkannte durchweg auf Eh: verluft und auf Buläffigkeit von Polizeiaufficht.

P. Die vielfach verbreitete Unfitte, beiße, glühende Asche in hölzernen Behältern aufzubewahren, war die Veran Laffung au einer gestein vor der Straffammer II wegen fabrs läfiger Brandstiftung verhandelten Anklagesache. Wegen dieses Vergebens angeklagt erschien die verebel. Arbeiter Anna Höser aus Spandau . In ihrer aus einer Stube und Küche bestehen. Den Wohnung hatte die Angeklagte am Morgen des 26. No vember v. J. die Asche aus Ofen und Kochmaschine in einer zu diesem Zwecke schon längere Zeit verwendeten hölzernen Rifte gesammelt, um dieselbe dann später im Laufe des Tages nach dem Hofe zu schaffen. Dies vergaß die Angeklagte jedoch; inzwischen entzündeten in langsam gebrender Gluth die in der Asche befindlichen glimmenden Kohlenreste die Wandungen des Holzbehälters, dann die Diele und zulegt die Balkenlage. In der Nacht wurden die erschreckten zahlreichen Hausbewohner Durch Feuerlärm aus den Betten getrieben und nur einem energischen Aufgebot von Löschmannschaften war es zu danken, daß größeres Unglüd verhütet und der Brand in furzer Zeit gelöscht wurde. Im Audienstermin räumte die Angeklagte ein, durch ihr Verschulden diesen Brand verursacht zu haben. Der Staatsanwalt beantragte eine Geldbuße von 15 M. event. 3 Tage Gefängniß; das Urtheil lautete demgemäß

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gegen

den

Wegen Beleidigung des Amtsrichters Höfling in Meiningen hatte sich gestern auf die von demselben erhobene Privatklage der Redakteur des politischen Theils des Berliner Tageblatis" Dr. Boinow vor der sechsten Straffammer bieft en Landgerichts I zu verantworten. Der Privatkläger hat sich in Der vorjährigen Wahlagitation im Sinne der nationalliberalen Bartei lebbaft gegen die Wiederwahl des deutsch - freifinnigen Kandidaten Landrath Baumbach betheiligt, und war sein Auf tieten in einem im Reichsfreund" abgedruckten Artikel einer Das Berl. Tage Scharfen Beurtheilung unterzogen worden. blatt" hat den betreffenden Artikel nachgedruckt. Durch den felben fühlte fich der Amtsrichter Höfling beleidigt und strengte Sowohl Durch den Rechtsanwalt Stein Redakteur Bornow, als gegen den Redakteur des Reichs­freund" Herrn Bartsch Privatllagen an. Die gegen Bornom gelangte in erster Instanz, und zwar vor der 100. b beilung des hiesigen Schöffengerichts, zuerst zur Verhandlung, und Diese verurtheilte den Angeklagten zu 300 Mt. event. 30 Tagen Haft, während in dem später verhandelten Projeß der eigent liche Urheber nur zu 50 Wit. event. 5 Tagen Haft verurtheilt worden ist. Schon wegen der enorm hohen Strafe hatte der eifte Betlagte Berufung eingelegt, die nunmehr vor dem oben genannten Gerichtshofe zur Verhandlung tam Trogdem nun gegen Bartsch die Strafe von 50 Mt. relativ vechtskräftig bleibt, wurde die vom Beklagten eingelegte Berufung auch be uglich des Strafmaßes verworfen, da die begangene Be leibigung gegen einen deutschen Richter gerichtet sei und des balb der Angeklagte au besonderer Vorsicht verpflichtet war.

Blauen, 24. März. Heute Vormittag 9 Uhr ist vor der 1. Straffammer des königl. Landgerichts hier ein Fall zur Berhandlung gekommen, welcher die weiteste Verbreitung ver dient. Es erscheinen auf der Anklagebant der 37 Jahre alte Restaurateur Christian Friedrich hörning jun. aus Chrisch­wis, deffen Vater, der 61 Jahre alte Hausbefizer und Material­waarenhändler Christian Friedrich Hörning sen. daher, der 50 Jahre alte Brunnenbauer Johann Georg Heutschmann daher und der 34 Jahre alte Brunnenbauer Friedrich Louis Sär chinger daher wegen Vergeben gegen das Reichs, geset, betreffend den verbrecherischen und ges Verbrauch von meingefährlichen Spreng

auch

Das

ft offen, vom 9. Juni 1884. Der Personalbogen zeigt für Hörning, Vater und Sohn, noch teine, für heuschmann und Särchinger dagegen wegen Schlägerei bez. Körperverlegung, Nöthigung 2c. einige unbedeutende Vorstrafen auf, und allen vier Personen wird von ihrer Gemeindebehörde ein gutes Leumunds zeugniß ausgestellt. Hörning jun. hat im Oktober des vorigen Jahres auf seinem Neubaue in Chrischwig, welcher von seinem Vater vielfach beaufsichtigt wurde, von dem Brunnenbauer Heuschmann einen Brunnen graben und bez. aussprengen lassen und dazu auf Verlangen Heuschmann's und mit Bustimmung seines Vaters, welcher Geld hierzu hergab, von Herrn F. A. Grob in Blauen fünf Pfund Dynamit holen lassen. Heuschmann bekam das Dynamit von Hörning sen. und ver­wahrte es während der Vornahme der Sprengarbeiten in einem mit Biegeln zugedeckten Loche im Brunnen. Nach Fertigstellung des Brunnens waren noch 3% Pfund Dynamit vorhanden. Diesen Rest legte Hörning jun. im Gewölbe seines Vaters nieder und verkaufte ihn am 23. November in Gemein schaft mit seinem Vater an den Brunnenbauer Särchinger, welcher auf dem Breißelpöhl einen 26 Meter tiefen Brunnen zu bauen hatte. Sätchinger nahm das Dynamit in Empfang und verwahrte es auf dem Preißelpöhl in einer in die Erde eingegrabenen Lade. Da nun nach§ 9 des oben angeführten Gesezes das Aufbewahren und Verlaufen von Sprengstoffen nur mit behördlicher Genehmigung geschehen darf, die vier Angeklagten eine derartige Genehmigung aber nicht besaßen, so haben sie sich gegen die Bestimmungen des erwähnten Ge­sezes, welches sehr hohe Strafen diktiri, vergangen. Das An­führen der Angeklagten, daß fie von dem bezüglichen Gesetz vom 9. Juni 1884, welches im Voltamunde furzweg ,, Dynamit geset " genannt wird, teine Kenntniß gehabt haben, erscheint glaubhaft, es schüßt diese Unkenntniß jedoch nicht vor Strafe. Die Angeklagten werden des Bergebens gegen§ 9 des Gesetzes Dom 9. Juni 1884, betr. den verbrecherischen und gemeingefähr lichen Gebrauch von Sprengstoffen, für schuldig erklärt und deshalb zu der gefeßlich zulässig niedrigsten Strafe, je drei Donate Gefängniß, sowie zur gemeinschaftlichen Bezahlung der Kosten verurtheilt.

Köln , 25. März. Der Schuhmacher Nikolaus Schäffer, seine Ehefrau Margarethe, geborene Frey, und die Schlaf­stellenvermietherin Wittwe Tgeodora Schaffcath, alle drei von hier, waren gestern vor der Straflammer der Verkupp lung von Mädchen in öffentliche Häuser des Auslandes angeklagt. Schäffer und seine Frau hatten früber ein Gefindevermiethungs­Bureau, unter deffen Firma fie ihre Verbrechen ausübten. In Anbetracht der Schwere derselben wurden die Eheleute Schäffer zu 2 Jahren Gefängniß und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren verurtheilt; ferner erkannte das Gericht auf Zulässigkeit der Stellung unter Polizei Aufficht. Die Wittwe Schaffrath wurde freigesprochen. Sodann hatte fich zu verantworten der schon wegen Ruppelei bestrafte Speisewirth Johann Jacobs von hier wegen desselben Verbrechens, für welches ihn das Gericht mit 6 Monaten Ge­fängniß bestrafte.( Köln . Btg.)

Vereine und Versammlungen.

die ,, Volks

be. Die öffentliche Generalversammlung der Schlosser und Berufsgenossen, welche am Donnerstag, den 26. d. M., Abends, in Keller's Lokal, Andreasstraße 21, unter Vorfiz des Herrn Miethe tagte, war sehr gut besucht, und beschäftigte fich mit dem Streit, der in der ersten" Berliner Eisen­Möbel Fabrit von C Schulz, Lindenstraße 105, ausgebrochen ist. Herr Miethe fegte in längerer Rede die Gründe ausein ander, welche die Kollegen zum Niederlegen der Arbeit ver­anlagt haben, und theilte den Verlauf mit, den die V- rhand­lungen mit dem Fabrikanten bisher genommen. Da in Nr. 72 dieser Zeitung unter Arbeiterbewegung" der thatsächliche Vor­gang bereits veröffentlicht worden ist, so bleiben nur einige Details noch als bezeichnende Vorkommniffe nachzutragen übrig, die im Referat und in der Diskussion erwähnt wurden. So soll es in der Fabrik des Herrn Schulz vorkommen, daß der Ueberschuß der durch Aktordarbeit über den Tagelohn gemacht wird, am Ende der Woche nicht ausgezahlt, sondern auf die nächste Woche übertragen wird. In der nächsten Woche aber ereignet es sich, daß durch Uebertragung meniger einträglicher Arbeit der Ueberschuß wieder verbraucht wird. Nach 81 im Original vorhandenen Lohnzetteln beträgt der Durchschnitts­lohn pro Mann und Woche überhaupt nur 15 Mt. und Pfennig( dabei sollen von verschiedenen Arbeitern noch Ueber. stunden gemacht sein); und ein Werkmeister empfahl den Ar beitern, die sich über geringen Lohn beklagten, in die Bolts füche" effen zu geben, da würden fie schon zurecht kommen". Ein Arbeiter verdiente in einer Woche 1,30 Mt.; Herr Schulj fab ein, daß man hiermit wohl doch nicht austommen fönne, gab einen Beweis von seiner Gutmüthigkeit und legte 1,70 Mark zu, so daß der Mann mit 3 Mt nach Hause gehen konnte. An der Diskussion, die sehr ausgedehnt und lebhaft war, wie die lange Rednerliste beweist, betheiligten fich die Herren Lochmann, Publmann, Krohn, Schurer, Klint, Lochmann, Bublmann, Krohn, Schurer, Klint, Schmiz, Goebel, Bärwald, Seideldorf, Bahn, Kluge u. A m. Alle Redner waren mit dem Referenten einig, daß solchen Buständen gegenüber der Stret das einzige Mittel set, der flegreich durchgeführt werden müsse. Die Schlosserlohnbewegung hätte jest ihre Feuertaufe", den ersten Streit, zu bestehen, fte müsse und werde mit allen Kräften den Kollegen beistehen und sie sei pekuntär in der Lage, daß sie es noch mit 4 oder 5 anderen derartigen Fabriken augleich auf nehmen könne. Der Sieg liege in nicht zu weiter Ferne; es fet zu erwarten, daß auch die noch in jener Fabrik arbeitenden Kollegen fich dem Streike anschließen würden. Im Schluß. wort forderte der Referent auf, die Sammlungen für die Streitenden in allen Werkstätten reichlich zu unterstüßen und theilte Namen und Wohnung derjenigen Herren mit, an welche Die Sammelliften und die eingegangenen Beträge abzuliefern find. Es find dies: 1) Pirch, Prenzlauerstr. 13; 1) Alter, Dieffenbachstr. 11, v. III.; 3) flint, Fürbringerstr. 28, Hof part; 4) Röderis, Bülowstr. 38; 5) Armerbing, Ralftr. 17, of IV.; 6) Marx, Brenzftr. 10, v. IV. 7) Krüger, Weinstr. 31; 8) Kluge, Muladftr. 22: 9) Wilhelm, Wilhelmstr. 94, of IV.; 10) Schmidt, Gr. Frankfurterstr. 44; 11) Mietbe, Adalbertstr. 94, vom 2 April Alexandrinenftr. 118 a, bof Quergebäude IV. Alle 2 April Alexandrinenftr. 118a, bof Quergebäude IV. Anordnungen, um Buzug zu verhüten, sind bereits getroffen oder werden in nächster Zeit getroffen werden. Den Streifen­ben wurde eine Unterstüßung, für die Verheiratheten in Höhe von 13,50 Mt., für die Ledigen von 10 Mt., pro Woche be

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willigt und für die Osterwoche außerdem eine Zulage von 3,00 Mt. pro Person. Nachdem ein Herr im Namen Der Streifenden und unter Beifall der Versammlung seine Bufriedenheit und seinen Dank ausgesprochen, gelangte folgende Resolution zur einstimmigen Annahme: Die heute in Keller's Salon tagende Generalversammlurg der Schloffer und Berufsgenossen erklärt sich mit dem Vorgehen der Lohn Tommission, sowie mit dem Vorgehen der Kollegen in der

Fabrik von C. Schulz. Lindenstr. 105 vollständig einverstanden und erkennt die Forderungen der Kollegen dieser Fabrik als voll und ganz gerechtfertigt an; die Versammelten verpflichten fich mit allen ihnen geseglich zu G: bote stehenden Mitteln, die felben thatkräftig zu unterstüßen. Die Versammlung und die ganze Gewerkschaft der Schloffer spricht ihr Bedauern über das Verhalten derjenigen Kollegen dieser Fabrit aus, welche fich den Streitenden nicht angeschloffen baben. Herr Schulz war brieflich eingeladen, aber nicht erschienen. Die nächste Ge neralversammlung findet, wenn möglich, nächsten Sonntag, sonst nächsten Dienstag statt.

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Der Bezirksverein der arb. Bevölkerung des S.W. Berlins hielt am Dienstag, den 24. März cr. eine außerordents liche Sigung in Niefts Salon, Rommandantenstraße 71/72 ab, in welcher der erste Vorsitzende des Vereins, Herr Krohm, einen mit vielem Beifall aufgenommenen Vortrag über Sanitäts­wachen hielt. Herr Krohm führte aus, wie unumgänglich es sei, derartige Institute zum Wohle der Stadt und ihrer Bürger herzurichten, da es heut selbst den bemittelten Leuten oft nicht mörlich sei, ärztliche Hilfe bei Nacht zu erlangen. Daß der Stadt durchaus teine erheblichen Mehrkosten entstehen würden, beweise schon der Umstand, daß schnelle Hilfe den Keim einer langwierigen Krankheit verhüte, eventuell den Tod verhindere, also die Stadt bezüglich der Armenpflege entlaste. Redner wies ferner darauf hin, daß bereits im Jahre 1767 derartige fegensreiche Einrichtungen in Holland entstanden, dann folgte Frankreich diesem B.ispiel. In Paris habe ein jeder Schußmann eine Lifte, auf der sämmtliche Aerzte figuriren, welche ver pflichtet sind, den Verunglüdten die erste Hilfe zu ge währen. Dann folgte England im Jahre 1774. In London bestehen jeẞtur Bit 640 Hilfsstationen; selbst Spanien befißt derartige Institute. Redner betonte noch ausdrücklich, wie in unserer Stadtverordneten- Versammlung fich Autoritäten befinden, wie z. B. Profeffor Virchow, der in seinem Archio, welches er jährlich ausgiebt, fich sehr anerken nend in dieser Beziehung über die fremden Gcoßftaaten aus spricht, fich selbst aber noch nicht veranlaßt fühlte, dafür ein zutreten, daß in der Stadt Berlin solche segensreiche Institute geschaffen werden. Schließlich empfiehlt Reoner Massen- Beti fionen, um so die Väter der Stadt zu zwingen, die Initiative zu ergreifen, um endlich einmal das nachzuahmen, was andere Großftaaten schon ein Jahrhundert voraus haben. Ein An­trag, fich petitionirend an Magistrat und Stadtverord neten- Versammlung zu wenden sowie recht viele Unterschriften zu sammeln, wurde einstimmig angenommen. In der Dis fuffton erklärten sich sämmtliche Redner mit den Ausführungen Des Referenten einverstanden. Es wurde besonders erwähnt, daß das Reichsgesundheits Amt fich solche sanitären Einrich tung für das ganze Reich angelegen sein laffen sollte. Außerdem beschloß der Verein, am 2. Osterfeiertag eine Herren­parthie au machen. Näheres hierüber am Charfreitag im Inseratentheil des Berl. Volksblatt." Es wurde allgemein be dauert, daß die Mitglieder so spärlich erscheinen, Pflicht eines jeden Mitgliedes wäre es, in jeder Sigung zu erscheinen und Sorge zu tragen, dem Verein immer mehr neue Mitglieder zu­zuführen. Den Mitgliedern diene zur Nachricht, daß die nächste ordentliche Sigung am Montag, den 20. April stattfindet.

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t. Der Verein der Impfgegner Deutschlands hielt am Donnerstag Abend bei Scatweil eine außerordentlich zahl reich besuchte Versammlung ab. Herr Dr. Sturm eröffnete dieselbe mit der Mittheilung, daß die Versammlungen fortan präjis beginnen und mit einem populären sanitären oder naturphilofophischen Vortrage eingeleitet werden würden. Das Vortragsthema des Abends bildete die Frage: Warum nehmen die nervösen Krankheiten in großen Städten immer mehr überhand?" und schilderte Herr Dr. Wurm im Verlaufe seiner Erörterung dieser Frage im Allgemeinen die Grundbe bingungen, auf welche es bei Verhütung oder Hebung von Nervenkrankheiten antommt. Alle Krankheiten entstehen nach der Ansicht des Vortragenden durch eine falsche Körperpflege und können demzufolge nur durch eine richtige Körperpflege wieder gehoben werden. Wenn die nervösen Krankheiten über hand nehmen, so ist die Ursache darin zu suchen, daß die Nerven entweder gar nicht oder falsch gepflegt werden. Die Grundbasis der organischen Thätigkeit des menschlichen Körpers ist die Ernährungsweise, indem Durch Die Nahrung Nahrung dem Körper Säfte zugeführt werden, aus denen derselbe Drgane baut. Der wichtigste Theil der Körperpflege ist daher eine naturgemäße Diät. Der Krante muß aber dem Arste Zeit laffen, seine Natur zu studiren, dann wird es diesem auch möglich sein, durch eine richtige Lebens­weise die Gesundheit wieder herzustellen, wenn er durch die größte Bünktlichkeit und Ausdauer in der Befolgung der ge­gebenen Vorschriften unterstügt wird. In fachlicher und überzeugender Weise veranschaulichte sodann Herr Dr. Endt mann die Untichtigkeit der Impftheorie und schrecklichen Folgen des Jmpfzwanges, den Anschluß an den Verein Allen and Herz legend. Die nächste Versammlung findet am 17. April und von da ab regelmäßig alle 14 Tage in den Gratweil'schen Bierhallen statt.

Der Bezirksverein des wertthätigen Voltes der Schönhauser Vorstadt tagte am Dienstag, den 24. März, in Meister's Lotal, Schönhauser- Allee 161. Herr Meißner hielt einen Vortrag über: Produktion und Konsumtion", welcher von der Versammlung mit großem Intereffe verfolgt wurde. Redner besprach die Errichtung von Staatswerkstätten unter der Regierung Napoleons I., und unterzog die Agitationsweise von Schulze- Delisich einer scharfen Kritik in Betreff der Selbst bilfe, und äußerte fich über das Recht auf Arbeit. Zu Ver schiedenem wurde der Antrag gestellt, dem Miegliede und Kafftrer Herrn Josef, der seit 13 Wochen schwer trant darnieder liegt, 10 Mt. aus der Vereinskaffe zu bewilligen und eine Tellers fammlung für ihn zu veranstalten. Der Antrag wurde eins ftimmig angenommen. Dienstag, den 14. April findet die Generalversammlung des Vereins statt.

Burg bei Magdeburg. Der Unterstügungsverein der Schuhmacher hielt am Montag, den 23. d. M. eine öffentliche Versammlung ab, zu welcher Herr W. Papte aus Berlin und Herr& Glaeser aus Magdeburg als Referenten erschienen waren. Herr apte referitte unter dem Beifall der Versamm­lung über das Thema: Die Nothwendigkeit einer großen Dr ganisation." Die anwesenden Gegner, welche mehrmals auf­gefordert wurden, fich doch zum Wort zu melden, verhielten fich schweigend. Am Schluß der Versammlung ließen sich 20 Kollegen in den Unterstüßungsverein aufnehmen.

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Alle diejenigen Mitglieder der ehemaligen Maschinen­bau und Metallarbeitergewertschaft, die ihren Verpflich tungen spätestens bis ult. November 1884 nachgefommen sind, merden auf die am Sonntag, den 29. März, Vormittags 10 Uhr, im Wedding Part, Müllerstraße 178, stattfindende Mit­gliederversammlung der Vereinigung deutscher Me­tallarbeiter, Mitgliedschaft Berlin I , behufs Empfangnahme der neuen Statutenbücher aufmerksam gemacht. Tagesoronung: Vortrag des Herrn Michelsen. 2. Der Streit der Bielefelder Nähmaschinena beiter. 3. Verschiedenes und Fragelasten. Neue Mitglieder werden aufgenommen. Gäste find gern gesehen. Der Bevollmächtigte.

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Zwei öffentliche Versammlungen der Tischler finden am Sonntag Vormittag 10 Uhr statt. 1. Jm Deutschen Kaiser", Lothringerstraße 37; 2. bei Altermann, Dennewit straße 13. Tagesordnung in beiden Versammlungen: Die Stell ngnahme einer Anzahl Berliner Tischlermeister zu unseren Minimallobntarifen, und was thun wir dagegen?

Im Fachberein der Schmiede wird am Montag Abend ( Vereinslotal Gratwell'sche Bierhallen) Herr Keßler einen Vor trag über Unfallversicherung balten. Da dieses Thema für die Kollegen von großer Wichtigkeit ist, so ist zahlreicher Besuch erwünscht. Gäste, Meister sowohl als Gesellen, find stets will.