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Um dieselbe Zeit wurde im Landwehr- Kanal an der EisenLahnbrücke der Anhalter Eisenbahn die Leiche eines etwa 40 Jahre alten, anscheinend dem Arbeiterstande angehörigen unbe Tannten Mannes aufgefunden. An demselben Tage Abends wurde ein Mann in der Dranienstraße von einem Pferdebahnwagen, angeblich beim Herabspringen von demselben, überfahren und erlitt dabei so erhebliche Verlegungen im Gesicht, daß er nach Anlegung eines Nothverbandes in der Sanitäts, wache, Dranienstraße Nr. 30, nach Bethanien gebracht werden mußte.
Gerichts- Zeitung.
a. Drei Bookmaker, welche im Sommer 1883 zu Hoppes garten beim Pferderennen in der üblichen Weise gewettet hatten, tanden am Sonnabend vor der 1. Strafkammer des Land gerichts I wegen gewerbsmäßigen Glücksspiele. Der eine, ein Londoner Rentier, hatte sich freiwillig, im Gefühle seiner Un schuld, dem hiesigen Gerichte zur Verfügung gestellt und war auch im Termin anwesend. Die Straffammer sprach die von Den Rechtsanwälten Friedmann und Wronker vertheidigten Angeklagten frei, weil ihre Wetten in Hinsicht auf ihre günftigen Vermögensverhältnisse jedenfalls nicht auf den Erwerb gerichtet gewesen waren.
in Höhe von 48 000 m. auf den Namen seines Vaters aufzu nehmen und dies Papier war es, das er dem Herrn v. B. als gut und ficher in Bahlung geben wollte. Vier Tage darauf wurde das Grundstück Köslinerftr. 16 fubbaftirt und fiel die neutreirte Hypothek natürlich aus. Die Angeklagten Altschwager, Steinlein und Haack bestreiten mit Entschiedenheit jegliche Schuld, und besonders die Beschuldigung der versuchten Er preffung weisen fie mit Entrüftung von fich. Steinlein be hauptet, daß Hirsch ihn aufgesucht und den Wunsch geäußert habe, durch seine Vermittelung ein Gut zu laufen und zwar fönne er über eine Baarzahlung von 15 000 Thlen. verfügen. Er, der Angeklagte Steinlein, habe den Herrn v. B. eindring lich vor dem Geschäfte mit Hirsch gewarnt, als er von der Ab ficht des Letteren, anstatt der Baarzahlung mit Hypotheken sablen zu wollen, gehört habe. Als das Geschäft sich schließlich zerschlug, sei Herr v. B. zu ihnen mit der Bitte gekommen, die verabredete Provifton au ermäßigen und feien die Parteien übereingekommen, daß Herr v. B. für die von den Agenten angestellten Bemühungen, denselben 1500 M. zahlen sollte. Der Zeuge Herr v. B. behauptet den Angaben der Angeklagten gegenüber, daß dieselben gemeinsam operirt haben, um ihn zu fchädigen, auch hält der Beuge die der Anklage wegen Er preffung zu Grunde liegende Thatsache in vollem Umfange aufrecht.
Die Giftmischerin von Leiden. Rotterdam , im März. Der Prozeß gegen die Giftmischerin aus Leiden in spruchreif. Die Antlageschrift gegen die Beschuldigte, Maria Katharina Swanenburg, Cheweis des Johannes van der Linden, 45 Jahre Swanenburg, Eheweis des Johannes van der Linden, 45 Jahre alt, geboren und wohnend in Leiden, jest detinirt im Haag, ist publizirt worden. Sie enthält im Wesentlichen folgendes: Gemäß einer Aussage des Petrus Jakobus de Hees waren im Jahre 1881 er und seine Brüder Arend und Willem auf An bringen der Beschuldigten bei dieser und ihrem Manne in ihrer Wohnung in der Groenesteeg( Grüne Saffe) in Penfion ge lommen. Arend, der gerade den Militärstand verlassen hatte und fich einer gesunden und starken Ronstitution erfreute, er trantte eines Tages im Oktober genannten Jahres plötzlich und starb nach einem zweitägigen Siechthum in der genannten Wohnung. Die Symptome der Krankheit waren: große Be flemmung, wildes Herumwerfen im Bette, fürchterliche Kämpfe, Erbrechen, Blau- und Schwarzwerden des Mundes, Diarrhoe, herausgetriebene Augen und Sprachlosigkeit. Man hatte beobachtet, daß die Beschuldigte, im Gemache an wesend, ganz gleichgiltig an ihrem Blage blieb, selbst wenn der Rrante fortwährend ihren Namen rief; fte versicherte ihn blos, daß es wohl bald wieder sich beffern würde; den Umstehenden aber gab fte zu verstehen, daß der Tod fich wohl bald einstellen werde. Die Leiche ist am 3. November 1881 beerdigt und am 26. Dezember 1883, auf Befehl des Polizeikommiffärs von Leiden, wieder ausgegraben und nach der Anatomie in Leiden transportit, wo fie untersucht wurde. Nach der Untersuchung find Gehirn, Leber, Gebärme und Nieren in das Pharmazeutische Laboratorium von Leiden gebracht worden, und es stellte sich da heraus, daß in den genannten Rörpertheilen eine große Menge Arsenit sich befand, daß das Gift in einem Trante ge mischt eingenommen wurde nnd die Dofts eine sehr beträcht
3. Der Hypothekenschwindler Oskar Emil Mar Hirsch und dessen Helfershelfer, der Landwirth Friedrich Martin Altschwager und die Güteragenten Franz Wilhelm Steinbein und Karl Haal standen gestern vor der ersten Straflammer des Landgerichts I . Den Vorsitz führt Landgerichtsdirektor Bachmann, die Vertheidigung für die ersten drei Angeklagten Der Rechtsanwalt Dr. Friedmann, für den vierten Angeklagten Rechtsanwalt Dr. Flatau. Die Verhandlung findet ihres Um fanges wegen im fleinen Schwurgerichtssaal statt, es find 36 Beugen zu vernehmen und wird die Verhandlung voraussichtlich awei Tage in Anspruch nehmen. Gegen den Angeklagten Hirsch liegen 10 Betrugsfälle vor, die übrigen drei Angeklagten follen fich je eines Betrugsfalles und die Angeklagten Steinlein und Haat Haat noch eines gemeinschaftlichen Erpressungsversuches schuldig gemacht haben. Mit Ausnahme des legten Angeklagten find fte fämmtlich vorbe straft. Die Verhandlung entroute ein charakteristisches Bild von dem Treiben gewiffer Güter und Häuseragenten und lieferte einen sprechenden Beweis dafür, daß in einer Mil lionenstadt problematische Naturen, welche weiter nichts befizen als ein dreiftes und ficheres Auftreten und unterſtüßt von einer distinguirten Erscheinung, jederzeit Leute finden, deren Leicht gläubigkeit und Vertrauensseligkeit fie auszubeuten verstehen. Hirsch ist ein solcher Mann, er beschäftigte fich jahrelang mit dem Ankauf von Gütern und Häusern, und zwar gelang es ihm in verschiedenen Fällen solche Liegenschaften gegen werth. lose Hypotheken zu erstehen und aufgelaffen zu erhalten. Als dem Hirsch der Boden in Berlin schließlich zu heiß wurde, er es vor, zog Spurlos zu verduften und einem Bufall follte es vorbehalten bleiben, den Slufenthalt des Flüchtigen zu ermitteln. Seine Ergreifung wurde unter ziemlich romantischen Umständen bewirkt. Im hieftgen Untersuchungsgefängnisse befand sich im vorigen Frühliche gewesen sein muß. Die Beschuldigte behauptete zuerst thre jahre ein Agent Eichler und dieser theilte eines Tages dem thn vernehmenden Untersuchungsrichter mit, daß er bis vor Kurzem der Eigenthümer eines bei Wolfftadt in Schweden belegenen Gutes gewesen und daffelbe vor Kurzem an einen gewiffen Hirsch aus Berlin verkauft habe. Nach der Beschreibung, die Eichler von seinem Gutsnachfolger gab, mußte dieser mit dem gesuchten Hirsch identisch sein und nachdem diese Vermuthung fich bestätigt hatte, wurde mit der schwedischen Regierung wegen Auslieferung unterhandelt. Die Festnahme deffelben war aber doch mit Umständen verknüpft. Hirsch besaß nämlich auf seinem Bute eine inmitten eines Gees belegene, fast mit Urwald bedeckte Insel und auf dieser hatte er seine Heimstätte aufge schlagen, indem er fich von der Außenwelt völlig abgeschloffen hielt und bet jebem ihm unwillkommenen oder verdächtigen Bes fuch ein geheimes Versteckt aufsuchte. Eines Tages wurde die Die Insel umstellt und der Gesuchte auch richtig gefunden und unter ficherer Bedeckung nach Berlin geführt. Nach der Anflage ist Hirsch ein völlig mittelloser Mensch gewesen, als er mit seinen betrügerischen Manipulationen begann, er lebte der zeit mit seiner jeßigen Frau im Ronkubinat, fie bewohnten eine elegant ausgestattete Wohnung, doch waren die sämmtlichen Mobilien nur auf Leibkontrakt entnommen. Am 31. Juli 1882 leiftete Hirsch einen Manifestations Eid nachdem mehrere Exekutionen fruchtlos gegen thn ausgefallen waren. Ein glüdlicherweise mißlungener Koup, dem der Lieutenant zum Opfer fallen sollte, illuftrict am beften, wie die betrügerischen Transaktionen des Hirsch und feiner Gehilfen eingefädelt und ins Werk gesezt wurden: Lieutenant v. B. war derzeit gesonnen, daß ihm zugehörige Gut Ober- Ullersdorf zu veräußern und war zu diesem Behufe mit den Angeklagten Altschwager und Steinlein in Verbindung getreten, denen er bei Realisirung des Verkaufs eine Provifton von 6000 Mt. zuficherte. Der Kaufpreis foute 225 000 Mt. betragen. Die genannten Agenten wiesen Herrn v. B. als Käufer den Angeklagten Hirsch zu, den fie als zahlungsfähig und gut fituirt schilderten. Nach längerem schriftlichen Ver tehr wußten die Angeklagten den Herrn v. B., der derzeit Darmstadt Domiziliri war, zu bewegen, persönlich nach Berlin zu kommen und hier kam der Verkauf auch inso weit zu Stande, als ein schriftlicher Kontrakt ftipulirt wurde. Hirsch trat hierbei äußerst großspurig auf, erklärte, daß er der Sohn eines reichen Rittergutsbesitzers set und daß ihm bedea tende Baarmittel zur Verfügung fländen. Nach dem Kontratte sollten von dem erwähnten Kaufpreise 132 000 M. als erfte Hypothet auf dem Gute stehen bleiben, virsch sollte eine an dere Hypothet von 36 000 m. auf dem Gute Engsee, eine weite Hypothet in Höhe von 48 000 M., welche auf dem Brunditude Röslinerstr. 16 rubte und schließlich 3000 m. baar in Bahlung geben. Bei nicht erfolgter Auflaffung innerhalb 8 Tagen sollte der schuldige Kontrabent eine Konventional ftrafe von 15 000 Mt. zahlen. Als der Bahlungstermin beranrückte, zahlte Hirsch anstatt der Engsee'er Hypothet drei andere werthlose Hypotheken, welche bei der bald darauf ftatt gehabten Subhastation der betr. Grundstücke ausfielen. Außer dem war Hirsch außer Stande, die 3000 Mt. baare Anzahlung aufzutreiben und hieran scheiterte schließlich der Verkauf. Bon Der Bezahlung der stipulirten Konventionalftrafe war natürlich feine Rede und mußte Herr v. B. auch noch den Stempel mit 1700 Mart bezahlen, welches ihm allerdings später im Wege der Gnade erlaffen worden ist. Die Angeklagten Alt Schwager und Steinlein versuchten bei diesen Transaktionen auch ein Ertrageschäft zu machen, denn ste versuchten, dem Herrn v. B. eine Summe von 3000 Wit. abzuloden und zwar unter der Anbrobung, daß fie im Weigerungsfalle den bisher noch nicht geftempelten Kaufvertrag mit Hirsch dem Stempelamt vorlegen und dem Herrn v. B. Dadurch einen Stempelsteuerprozeß auf laden würden. So der eine Betrugefall, dem die andern ziem lich analog find. Der Angeklagte Hirsch bestreitet zunächst jede betrügerische Abficht und will von der Geschäftsführung eines reellen Raufmanns nicht abgewichen sein. Wenn er fich als Ritterguisbefizer ausgegeben, so sei er insofern dazu berechtigt gewesen, als sein Bater vor reichlich 20 Jahren Befiger eines wenn auch nur fleinen Ritterguts gewesen. Auch seine ihm um Vorwurf gemachte Angabe, daß er fich für den Inhaber eines beringsgeschäfts en gros ausgegeben, beruhe auf Warheit, denn er babe mehrere derartige Geschäfte abgeschloffen. Einen gelungenen Streich hat der Angeklagte virsch mit der erwähnten Hypothet des Hauses Rösliner fir. 16 in Szene gefegt. Er hatte dies Brundstück ohne Anzahlung von dem früheren Eigenthümer für den Preis von 94 000 M. übernommen und nach erfolgter Auflaffung nichts Eiligeres zu thun, als eine neue hypothet
in
Unschuld an dem Tode Arend's de Hees; fie hat jedoch später eingeftanden, daß fie den Plan gefaßt hatte, ihn zu tödten, und zwar aus Habsucht. Er war nämlich auf ihren Namen verfichert und fte hatte die Prämien dafür bezahlt. Bei feinem Tode fiel die Versicherung an sie, wie denn auch wirklich die betreffende Summe an sie ausbezahlt wurde. Das Gift war ein gelbes Pulver( sogenanntes Opperment), welches fte bei einem Gewürzbändler faufte; dasselbe, mit Ralt vermischt, dient zur Vertilgung von Wanzen und wird nur mit Ralf angerührt verkauft. Die Maffe war jedoch bei jenem Gewürshändler nicht gut gemischt, was fie veranlaßte, daß oben liegende Gift besonders zu sammeln und in einem Topfe au verwahren. Einen Theil davon warf fie in Waffer und Milch, die für Areud de Hees bestimmt waren, was seinen Tod her beiführte. Nach dem Tode ihres Opfers war fte eine Beit lang so schuldbewußt und beängstigt, daß fie ihre Wohnung verließ und eine andere bezog. Das Geld von der Versicherung hatte fte jedoch unbeängstigt erhoben. Ihr zweites Opfer war ein fünfjähriges Rind, Susanna Aben, welches fte bei Ab wesenheit der Eltern versorgte, und dem fie am 1. Dezember 1883 von dem nämlichen Bulver, das sie im vorigen Falle gebrauchte, eine Portion in einer Taffe eingab. Das Kind war bis zum Lage seines Todes vollkommen gefund. Am Morgen dieses Tages hatte es über Fieber geflagt, war jedoch um acht Uhr wiederhergestellt. Um vier Uhr Nachmittags fand die Mutter ihr Kind ernstlich erkrankt. Die Beschuldigte war nicht dazu zu bringen, einen Arzt zu holen, ste sagte, bas fte zu betrübt set über des Kindes Erkrankung. Als nachher, auf Betreiben der Mutter, der Arzt fam, war das Mädchen schon todt. Die Beschuldigte behauptet, daß ste am Morgen des genannten Tages dem im Bette liegenden Kinde unglücklicherweise aus dem Topf mit dem Pulver, den fte aus ihrer Wohnung mit nach der Wohnung der Aben's nahm, und in den fte Waffer gethan hatte, zu trinten gab, jedoch ohne daß es davon erkrankte, vermuthlich weil der Kalt unten lag. Nachher habe sie auch unglücklicherweise und ohne Vorbedacht den Rest in ein Glas Milch geworfen und dem Kinde zu trinken gegeben. Das Kind wurde darauf frank und starb sogleich nachher. Eine Kaße, die auch von der Milch trant, mußte fich blos übergeben. Die Angeklagte behauptet, nicht zu wissen, was fte beseelte, als fte den Topf von ihrem Hause mitnahm, denn sie liebte die Kinder des Aben so sehr und hatte keinen Vortheil von ihrem Tode. Auch jene Leiche wurde ausge graben, untersucht und bei ihr das Nämliche gefunden, wie in dem ersten Fall. Arsenit war auch hier die Ursache des Todes. Der dritte Fall war noch schrecklicher; er forderte nicht weniger als drei Dpfer auf ein Mal, einen gewiffen Frankhuizen, dessen Weib und ein fleines Kind, welche alle drei nach dem Ges brauch von gekochter Milch mit Anis, umter denselben Symptomen, Leibschmerzen und beftige Krämpfe, furz nach einander ftarben. Aus dem Beugenverhör und dem daraus erfolgten Geständniß der Beschuldigten bat fich ergeben, daß die lettere am Abend des 8. Dezember 1883, unter dem Vorwand, etwas außrichten zu müffen, nach der Wohnung von Frankbuizen ( welcher mit ihres Mannes Schwester verheirathet war), in der Groenesteeg fich begab. Sie traf Mann und Frau nicht zu Hause, und warf in einen auf dem Feuer stehenden Topfe das verhängnißvolle Bulver, das seine Wirkung nicht verfehlte. Die Angeklagte schuldete der Ehefrau Frankbuizen schon seit langer Beit Fl. 7, und wußte, wie sie behauptet, teinen Rath, diese Summe aufzubringen und die Schuld zu bezahlen; fte meinte, daß die Frau bei einer eventuellen Erkrankung nicht mehr über das Geld sprechen würde. Aber auch hier hatte sie eine Ver sicherung von Fl. 70 auf Franthuizens genommen, für die erst Frau Frankhuizen und nachher die Beschuldigte die üblichen Brämien bezahlt hatte. Das ergab fich aus den Verhören mehrerer Zeugen und wurde auch, durch das Geständniß der Angeklagten bestätigt. Auf Grund dieser Thatsachen wird nun Maria Katharina Swanenburg, Eheweib des Johannes van der Linden, des fünffachen Giftmordes beschuldigt. Die öffent liche Verhandlung dieser Sache, in der ungefähr 50 Beugen zu hören find, ist auf Donnerstag, den 23. April, anberaumt.
Vereine und Versammlungen.
Eine öffentliche Tischlerversammlung fand am Sonn tag in Altermann's Salon, Dennewigstr. 13, stait. Herr Stellmann referirte über das Verhalten einer Anzahl Tischler meister zu den Minimal- Lohntarifen und was thun wir ba gegen." Referent führte aus, daß nun schon eine geraume Zeit verstrichen sei seit der Meister Versammlung, in welcher
der Beschluß gefaßt wurde, Speial Branchen Kommissionen von Seiten der Meister und Gesellen zu wählen und nochmals eine Durchberathung der Tarife vorzunehmen. Die Meister hätten, tros des Versprechens, die Sache nicht in die Länge zu sieben, es verftanden, die Zeit ungenugt verstreichen zu laffen. Die Behauptung der Innungszeitung, daß die Gesellen die Sache verschleppten, sei eine grobe Unwahrheit und ziele jeden falls nur darauf ab, Uneinigkeit unter den Gesellen zu ers zeugen. An der Diskussion betheiligten sich die Herren Nie mann, John, Beckschat u. A. Schließlich gelangte folgende Resolution zur Annahme: Die heute in Altermann's Salon, Dennewitftr. 13 tagende öffentliche Tischlerversammlung erklärt fich mit den Ausführungen des Referenten, daß die Manipula tionen, welche von verschiedenen Tischlermeistern resp. dem Organ der Innungsmeister angewandt werden, durchaus un richtig find, und nur gemacht werd.n, um die Einmüthigket der Gesellen zu stören, fte verpflichtet sich daher, mit allen geseg lichen Mitteln und mit aller Energie für die Durchführung der Minimal Lohntarife einzutreten."
be. Die öffentliche Versammlung der Zimmerlente Berlins und Umgegend, welche am Sonntag, den 29. ds., Vormittags, in Buß' Salon, Gr. Frankfurterstr. 87, unter Borfts des Herrn Seist tagte, berieth die Stellungnahme zur Lohn und Unterstüßungsfrage für dieses Jahr. Der Referent, Herr Weiß, hob, nach einem Rückblick auf die Verhältnisse des vorigen Jahres, hervor, daß es immer noch Werkpläge gebe, wo der Minimallohn von 40 Bfg. nicht ge zahlt würde, daß aber trotzdem für die Lohntommission tein Grund zum Einschreiten vorgelegen habe, weil die Kollegen, die einen geringeren Lohn erhielten, fich nicht gemeldet hätten. Die neu zu wählende Kommission müsse hierin energisch vor geben, fie müffe wissen, daß fie das Vertrauen des ganzen Bimmerergewerts befize und geftüßt auf diese Macht werde fte überall den Minimallohn durchsetzen. Bu diesem Zweck set es aber nothwendig, den Generalfond zu erhöhen und Samm lungen zu veranstalten, denn es sei zu erwarten, daß in nächster Beit in einer Reihe von Städten Deutschlands die Bimmerleute in Streits treten würden, um ihren gedrückten Lohn zu er höhen. Diese Kollegen müßten unterstützt werden im Intereffe der Solidarität und um ihren Buzug nach Berlin zu verhindern. An der Diskussion, die sehr sachlich verlief, betheiligten fich die Herren Pa ft, Sense, Siegwald, Kruse, Schöns stein, Reuter, Kliem, Lehmann u. A. m. Jn Uebereinstimmung mit dem Referenten wurde als Grund der bisherigen Lethargie in der Bewegung angegeben, daß es den Berliner Bimmerleuten noch viel zu gut gehe( Wir glauben nicht, daß es den Bimmerleuten zu gut geht, es fehlt nur die Erkenntniß. D. N.) und daß persönliche Reibereien und Verdächtigungen ein gedeihliches Vorgehen bisher unmög lich gemacht hätten. Es wurde darauf hingewiesen, daß die reue Baupolizeiordnung voraussichtlich das Kapital im nächsten Jahr von Bauunternehmungen zurüdschrecken werde, daß in Folge deffen ein Burüdgehen der Löhne zu erwarten wäre und daß demgegenüber Einigteit mehr denn je geboten sei; em pfohlen wurde außerdem der Ausschuß an den Berband deutscher Bimmerleute, dessen Berliner Mitgliedschaft schwächer sei, als die vieler Provinzialstädte. Bum Schluß ge langte der Antrag Kliem zur Annahme, zum Zweck der Drganisation einen Aufruf an die Berliner Zimmerleute zu er laffen und die neu zu wählende Kommission mit der Abfaffung deffelben zu beauftragen." In Anbetracht der vorgerückten Beit, welche die Reihen der Versammlung bereits sehr gelichtet hatte, wurde die Neuwahl der Kommission nicht vorgenommen, sondern dies sowie die Erledigung der übrigen Punkte der Tagesordnung der nächsten Versammlung überlassen.
In der Mitgliederversammlung der Vereinigung der Metallarbeiter Deutschlands ( Mitgliedschaft Berlin L.), die am Sonntag im Wedding Part tagte und von ca. 250 Personen besucht war, referirte Herr Michelsen über das Thema Jst durch die Gewerkschaftsorganisation eine dauernde Beffers stellung der Arbeiter zu erzielen?" Redner verneint diese Frage, da die heutige Organisation der Arbeiter noch nicht auf der Höhe stände, als fte müffe, um wirksam die Intereffen Derselben zu vertreten. Eine dauernde Befferstellung der Lage bes arbeitenden Volkes könne nur durch die Regelung der Produktionsweise erzielt werden. Im weiteren Verlauf des Bortrags erklärte fich der Referent gegen die Bersplitterungss muth( Wir glauben nicht, daß die Gegner der Sentralisation lediglich aus ,, Wuth" Gegner find; prinzipiell haben sich un seres Wiffens alle Redner bis jegt für Bentralisation erklärt, es wurden nur taklische Gründe und zwar recht erhebliche gegen biefelbe geltend gemacht. D. Red.) der Anhänger der Branchenorganisation, giebt jedoch der Hoffnung Ausdruck, daß auch die noch fernstehenden Elemente in nicht allzulanger Beit fich zur Zentralisation bekennen würden. Die Versammlung Spendete bem Redner lebhaften Beifall. Herr Gutheit berichtete über den Streit der Bielefelder Nähmaschinenarbeiter und bes bauerte, daß es dort, Beitungsnachrichten zufolge, au Rube Störungen gekommen sei, jedoch sei es jest doppelt Pflicht, für bie Durchführung der Streits zu sorgen, damit die fich im Existenzkampf befindenden Arbeiter nicht an dem Solidaritäts gefühl der hiesigen Kollegen irre werden. Eine zur Unter ftügung der Streitenden beantragte Tellersammlung ergab 15,75 Mart.
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hr. In der öffentlichen Versammlung der Tischler, welche am Sonntag, Lothringerstr. 37, unter dem Vorfize des Heren Lenz stattfand, referirte Herr G. Roedel über: Die Stellungnahme einer Anzahl Berliner Tischlermeister gegen unsere Minimallohntarife, und was thun wir dagegen?" Ne ferent wies darauf hin, daß die mit der Mehrzahl der Meister vereinbarten Minimal ohntarife, welche nach Ostern zur allge meinen Geltung gebracht werden sollen, bei solchen Meistern, welche bis jetzt noch bedeutend niedrige Löhne zahlen, nicht ohne ein energisches Vorgehen der in den betreffenden Wert stätten beschäftigten Kollegen werden durchzuseßen sein. In der Bautischlermeister Versammlung, welche am Don nerstag stattgefunden, sei ein Tarif, in welchen die mit der Lohntommission vereinbarten Säge aufgenommen find, von einer nicht unbedeutenden Anzahl von Meistern in sehr un parlamentarischer Weise bekämpft worden. Bum Bes weise dafür, daß ein einmüthiges Vorgehen der Kollegen zum Siege führe, machte Referent die erfreuliche Mittheilung, daß in der Brunslow'schen Werkstätte, Neue Königstraße 15, eine vor vier Wochen eingeführte neue Werkstattordnung, welche eine zehnstündige Arbeitszeit feft feste, in Folge der einmüthigen Oppofition der( 90) Kollegen zuerst in so weit abgeändert wurde, daß die 9/ stündige r beitszeit unter der Bedingung eines Lobnabzugs für eine halbe Stunde zugestanden wurde, zulegt aber in der Weise, daß die Forderung der 9stündigen Arbeitszeit bedingungslos bewilligt worden ist. In der Diskussion wurde die Thatsache, daß von Der erwähnten Bautischlermeisterversammluna der Delegirte der Gefellen Subtommiffion für die Baubranche ausgeschloffen worden ist, einer herben Kritik unterzogen und über bedauerliche Mißstände und Vorkommnisse in der Müller'schen( Invaliden straße 7) und in der Weidenbach'schen Werkstatt Bericht ere stattet. Es wurde schließlich einstimmig eine Resolution an genommen, in welcher die Versammelten sich mit den Aus führungen des Referenten einverstanden erklären und sich ver pflichteten, nach Kräften für die Bewegung einzutreten, und Die Zahlung zum Unterstützungsfonds für Ehrenfache erklären. t. In der öffentlichen Versammlung der Schloffer und Berufsgenossen, welche am Sonntag, den 29. D. Mits., in der Viktoriabrauerei unter Vorfts des Herrn Miethe tagte, nahm Herr Göbel Gelegenheit, den zahlreich Erschienenen die Bedeutung der Lohnbewegung lar vor Augen zu führen und anknüpfend an den jezigen Streit veranschaulichte Herr Miethe, daß die Lohnkommission eine nothwendige Behörde