Beilage zum Berliner Voltsblatt.

Nr. 78.

Der Kampf um die Beit.

Zu den Eigenthümlichkeiten, welche das gegenwärtige Zeits alter tennzeichnen, gehört ohne Zweifel die Internationalität. In den legten zwanzig Jabren haben vielleicht mehr inter­nationale Ronferenzen, Rongreffe, Versammlungen und Kom miffionen getagt, Ausstellungen und Feste stattgefuuden, als je zuvor in der Weltgeschichte. Es giebt faum noch ein Ding, welches nicht geeignet erschiene, die Völker zu edlem Wettstreit, zu gemeinsamen Feffeßungen zusammen zu führen. Hier handelt es sich um die Münze und das ihr zu gebende Metall, dort um die Reblaus und ihre Vernichtung, hier ist es der falte Nordpol  , doit das heiße Afrika  , dessen Eroberung für europäische Kenntniß und Kultur die vereinigten Kräfte ge widmet werden sollen. Auch die Zeiten, in welchen jeder Staat der Erde auf seinem eigenen Fuße lebte, wo englisches und Pariser, preußisches und österreichisches Längen- und Ge wichtsmaß neben einander bergingen, ift nun endgiltig vor über, nachdem auch England als letter, dem alten System treu gebliebener Staat seinen ,, Dard" geopfett und das Meter angenommen hat.

Man ist gewohnt, John Bull   fein Dpfer für nichts brin gen zu sehen, und so verhält es sich auch hier. Der Meridian Don Greenwich, die allgemeine Annahme desselben durch alle Kulturstaaten mit wenigen Ausnahmen ist es gewesen, welche England zum Verzicht auf sein landesübliches Längenmaß bes ftimmte. Nun, uns fann dies gleichgiltig sein; denn die Welt bat in beiden Fällen, namentlich aber durch die Festsetzung eines Nullmeridians und einer Weltzeit unstreitig gewonnen.

Als es fich um die Einführung allgemeiner Längen und Gewichtsmaße handelte, war der erfte und wichtigste Punkt die Feststellung der Einheit, die Beantwortung der Frage: welche Einheit des Längenmaßes, welche Einheit des Gewichtsmaßes wählen wir? Diese Frage fällt hier als überflüffig weg. Die Mutter Erde ist bei der Rota ion um ihre Are pünktlich genug, um und in dem Zeitraume eines Tages eine mathematisch genaue, von Jahrhundert zu Jahrhundert sich gleichbleibende Belteinheit| zu verschaffen. Mit dem Tage zugleich find uns die Stunden, Die Minuten und Sekunden ebenfalls gegeben. Alle diese Größen ändern sich durchaus nicht, wenn wir von Dft nach West um die Erde wandern; in Deutschland   dauert eine Minute genau ebenso lange, wie in Japan  . Was sich aber ändert, das ist der Nullpunkt, das heißt, der Beit­moment, von dem ausgehend wir die Stunden von eins bis vierundzwanzig rechnen. In jedem Augenblicke hat nur ein einziger Erdmeridian genau Mittag, nur ein einziger genau Mitternacht. Alle Drte, welche weiter östlich liegen, haben früher Mittag, früber Mitternacht, bei allen westlicher gelegenen Drten treten Diese Beitpunkte später ein. So hat beispielsweise Paris   neun Minuten eber Mittag als Greenwich  , und indem man fich einer bildlichen Sprache bedient und die Zeitver hältniffe auf die Ditsverhällnisse überträgt, pflegt man zu fagen: Paris   liegt neun Minaten östlich von Greenwich  . Man denkt fich also den Erdumfang statt wie gewöhnlich in 360 Grade, bildlich in 24 Stunden getheilt, so daß immer auf einen Erdbogen von 15 Graden eine Stunde tommt und folglich auf den Bogen zwischen Paris   und Greenwich  , welcher etwas mehr als zwei Grad mist, die oben angegebene Zeit von neun Mi nuten. Zwischen Petersburg   und Newport beträgt der Beits unterschied schon fieben Stunden; daher das bekannte Kuriosum jener Depesche, auf deren Kopfe zu lesen ist: Auf­gegeben zu Petersburg   am 1. Januar 1885, Morgens 5 Uhr ausgefertigt in Newyork   am 31. Dezember 1884, Abends 11 Ubr." In Allem, was die nach Jahrzehnten und Jahrhunderten gemessene Beit betrifft, in Allem, was Kultur und Fort chritt angeht, mögen die Newyorker den Petersburgern weit voran sein: in der Tageszeit sind sie gegen diese zurück; fle find Nachtschwärmer und Langschläfer; fieben Stunden später begeben fie fich die gleiche Solidität vorausgesezt- zur Ruhe und fteben Stunden später erheben fie fich vom Lager, als die Bewohner der Carenstadt an der Newa  ; aber freilich, fie haben einen triftigen Entschuldigungsgrund: Die Sonne felbst, die Mutter alles Erdenlebens, fanttionirt dieses ihr Thun  und Treiben; fie selbst ist hier fäumiger als dort gen Dften im ruffischen Reich, fie taucht um fieben Stunden verspätet über dem Horizonte der amerikanischen   Handelsmetropole

empor.

Die erste Distuffton über das in Rede stehende Thema

Rachbrad verboten.] 132

Feuilleton.

Gesucht und gefunden.

Roman von Dr. Dur. ( Forserung.)

Bon Charlotte? Was will sie von Dir?" " Sie schreibt zwar an mich, aber der Inhalt ist für Dich bestimmt. Dente Dir, Onkel, fie verlangt, die zehn taufend Thaler, die Du ihr garantirt hast."

"

Ist das Geschöpf wahnsinnig?"

Sie hat erfahren, daß Herr Rodenburg die Summen, bie er für uns bestimmt hatte, als Belohnung für unsere ihm geleisteten Dienste, einem Berliner Banquier bereits zur Auszahlung an uns überwiesen hat. Sie weiß, daß für Dich fünftausend, für mich zehntausend Thaler ange wiesen wurden."

Was für Dich bestimmt ist, kann Charlotte ganz gleichgiltig sein, es wird ihr nicht unbekannt sein, daß ber alte Robenburg ausdrücklich die Bestimmung getroffen hat, baß nur Du allein dies Geld beim Banquier abheben und ganz nach eigenem Gutdünken darüber verfügen darfft."

Dhne Bweifel ist ihr bekannt, daß Dir nur fünf tausend Thaler zugefallen find."

Ist es also nicht reiner Wahnsinn, wenn sie von

mir zehntausend verlangt?"

Sie behauptet einen Revers zu haben." Freilich hat fie einen Revers! Jch gab ihr denselben in der Hoffnung, Erbe des Rodenburg'schen Vermögens zu werden; damit ist's aber nun doch nichts."

Sie beruft sich auf eine Klausel in dem Reverse, in welcher es heißt, daß Du ihr die zehntausend Thaler garantirft, gleichviel wie hoch fich Deine Erbschaft belaufen wird verse?"

"

Steht wirklich eine solche Klausel in dem Res

Amberg   fragte sich verdrießlich hinter'm Dhr. Freilich, ich habe leichtsinnig und thöricht gehandelt, ihrem Verlangen nachzugeben und diese Klausel einzufügen. Ronnte ich denn benken, daß diese Person einmal darauf fußen wird?.... Ich sage, fie ist wahnsinnig! Wie

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Donnerstag den 2. April 1885.

fand bri Gelegenheit der legten internationalen geodätischen Konferenz in Rom   statt; mt bestimmt formulirten Vorschlägen hervorzutreten, blieb indessen einer ebenfalls internationalen Konferenz vorbehalten, welche im Herbste des vergangenen Jahres eigens zu dem Zwecke der Feststellung des Anfangs­meridians und der Weltzeit( Universalzeit)" auf eine Einla dung der Vereinigten Staaten Regierung in Washington   zu­sammentrat. Freilich haben noch nicht alle Staaten, darunter das wichtige Frankreich  , ihre unbedingte Bustimmung gegeben; geht aber erst einmal die Majorität in diesem Sinne thats fräftig vor und England bat schon damit an­gefangen so wird sich der Rest die Vortheile der Neuerung nicht entgehen laffen. Für Nautit und Geographie, für Eisenbahnwesen und Telearaphie, kurz für Alles, was in direktem und indirektem Zusammenhange mit dem Verkehr steht, find diese Vortheile von nicht zu unter­schäßender Bedeutung.

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Was zunächst den Anfangsmeridian betrifft, so wird mit Recht derjenige der Sternwarte in Greenwich   vorgeschlagem und gegenüber den bisher noch neben ihm hergegangenen Meridianen von Ferro und Paris   mit der Beit allgemein an genommen werden. Aus unseren Atlanten und Schulbüchern ist der höchst unpraktische Meridian von Ferro jest glüdlich ausgerottet worden; man hat eben erkannt, daß als Ausgangs punkt für die Bählung der Längengrade ein Ort gewählt wer ben müffe, welcher durch seine Lage, durch seine Eigenschaft als einer der großen Mittelpunkte des Verkehrslebens und durch seine Ausrüstung mit egatten und dem neuesten Stande der Wissenschaft entsprechenden aftronomischen Apparaten sich hierzu besonders befähige.

In so weit also bestätigte Washington die römischen Be­schlüsse; dagegen änderte es dieselben hinsichtlich der Bählung der Längengrade. Während man nämlich in Rom   vorgeschla gen hatte, die Längengrade von Greenwich   aus in östlicher Richtung bis 360 Gr. zu zählen, beschloß man diesmal, fie nach beiden Seiten zu rechnen, und zwar nach Osten bis+180 Gr., nach Westen bis 180 Gr. Beide Festlegungen haben augenscheinlich augenscheinlich gewiffe Vorzüge und und Mängel. Bählt man von 0 bis 360, so erhalten zwei so nahe bei einander ge legene Drte, wie beispielsweise Dover   und Portsmouth  , bie toloffal verschiedenen Längenbezeichnungen 1 Gr. und 359 Gr., was gewiß nicht zweckmäßig wäre. Im zweiten Fall muß man vor die Bahl immer noch ein Vorzeichen, nämlich Plus oder Minus segen; die Konferenz hat sich trotzdem für diese Alternative entschieden, indem fte annahm, daß diese Begriffe theils aus dem Karten und Kegelspiel, theils von anderen Anwendungen her, den weitesten Kreisen geläufig find.

Jst somit Greenwich   der Nullpunkt des Ortes auf Erden, so wird man nach dem Obigen nicht umhin tönnen, es auch zum Nullpunkt der Zeit zu machen. Es fragt fich nur: winn fängt in Greenwich   der Tag an? Dem Laten, welcher nur bürgerliche Verhältnisse tennt, wird die Antwort auf diese Frage selbstverständlich erscheinen, denn der bürgerliche Tag fängt eben um Mitternacht an. Da aber die in Nede steben­den Festsetzungen für die Aftronomie ganz wesentlich mitbe stimmt find, so haben die Astronomen auch ein Wörtchen mit zureden, und der astronomische Tag beginnt nicht um Mitter. nacht, sondern um Mittag, nämlich in dem Momente, wo Die Mitte der Sonne durch den Meridian hindurch geht

nicht etwa, daß die Astronomen erst um 12 Uhr Mittags aufstünden; im Gegentheil, fte müssen bekannts lich mehr als ihre Kollegen aus anderen Wissenschoften wach entsteht also hier das Dilemma, ob man den Tag von Mittag sein, um bei Tag und Nacht den Himmel zu beobachten. Es zu Mittag oder von Mitternacht zu Mitternacht rechnen soll. Man hat fich für das Lettere entschieden, trop der gewaltigen Umwälzung, welche hierdurch in die aftronomische Wiffen­schaft, namentlich in ihre Bücher und Tabellen gebracht wer Den wird. Man wurde dabei offenbar geleitet durch die Ueber­zeugung, daß fich das Publikum nicht wohl in die Nothwen digkeit finden würde, mitten am Tage das Datum zu wechseln. Dagegen sprachen durchaus teine Gründe für die höchft will türliche und mit der Dauer von Tag und Nacht ohnedies nicht harmonirende Theilung des Tages in zweimal zwölf Stunden; und so wird man denn, wie dies in der Wissenschaft schon bis, ber, in Jtalien aber sogar auch im bürgerlichen Leben geschah, ber, in Italien   aber sogar auch im bürgerlichen Leben geschah, Die Stunden des Welttages von Null bis Vierundzwanzig zu rechnen haben. Es ist nun zu untersuchen, wie sich die so

tann fie verlangen, daß ich ihr zehntausend Thaler gebe, wo meine ganze Erbschaft nur die Hälfte beträgt?" ,, Was soll ich ihr antworten?"

"

Antworte ihr, daß es nicht geht!"

Recht."

Damit wird sie sich nicht begnügen; fie fußt auf ihr

So berufe Dich auf unsere Frenndschaft; beschwöre fie, flebe fie an, daß sie von ihrer Forderung nach läßt." ,, Sie fagt fich los von aller Freundschaft mit uns; sie scheint fogar zu bereuen, jemals in unseren Plänen mitge wirkt zu haben."

,, Es ist entseglich! Es ist haarsträubend!.... Ich fehe ein, ich werde auch dieses Dpfer bringen müssen. Diese Rodenburg'sche Erbschaft wird anstatt ein Segen, ein Fluch für mich sein.. Fünftausend Thaler habe ich erhalten und zehntausend Thaler soll ich der Helferin geben, also fünftausend baar zulegen von meinem eigenen Ber mögen. Es ist um rafend zu werden!"

,, Glaubst Du noch noch immer, daß Du Deinen Bruder beerben wirft?"

Ich rechne feft darauf; ich kenne Georgs Gut müthigkeit."

"

Aber nach dem, was vorgefallen ist?"

Nun, was wird vorgefallen sein; irgend ein Ges flatsch, eine Verleumbung hat man gegen mich ausgefprengt, etwas Anberes tann's nicht sein."

Weißt Du, was ich darüber gebacht ich darüber gebacht habe, Dntel?" Nun, mein Kluges Mädchen, was hast Du gebacht?" Ich sah einmal einen Geldbrief auf Deinem Bult liegen; Du fandtest ihn an Lifette ab; er trug Lifette's Adresse."

,, Sieh, fieh, wie schlau!"

Du brauchst mir ja tein Geheimniß daraus zu machen; ich habe die Sache längst durchschaut."

Haft Du wirklich" Nun, Dich zu täuschen ist schwierig Da Du einmal die Geschichte weißt, kann ich Dir auch zugeben, daß das, was man bei

II. Jabrgang.

beftimmte Weltzeit zur Lokalzeit verhält.

Denn darüber

da: f man fich teiner Täuschung bgeben, daß die lettere für das interne Leben der Säote, Brovinzen und Staaten nach wie vor die erste Rolle spielen wird. Man finn ur möglich den Moskauern zumuthen, thre Uhren nach Greenwicher Beit zu stellen; daß wäre ein Hohn auf ihren Naturfinn. Anderseits liegt es auf der Hand, welche Un auträglichkeiten die Verschiedenheit der Lokalzeit von dem wiffenschaftlichen Verkehr ganz abgefeben für Eisenbahnen und Telegraphen in desto höherem Maße mit sich bringen muß, je reicher fich der internationale Berkehr entwide t. Beide Beiten werden also neben einander herzugehen haben. Phileas Fogg in Verne's Reise um die Erde glaubte am Montag, für fetne vede zu spät, hetmgekehrt zu fein; er fand aber feine Landsleute bei der Sonntagsfeier. Man steht also, der Frr tbum tann fich sogar bis auf das D.tum erstrecken; und bei Drten, welche sehr weit östlich, also gleichzeitig auch sehr weit weftlich von Greenwich   liegen, tann man in Bweifel gerathen, ob es bei ihnen zwölf Stunden später oder zwölf Stunden früher als in Greenwich   ist. Es herrschen hierüber vielfach irrige Vorstellungen; das Wahre ist, daß ausschließlich der Gang der Kulturentwicklung entscheidend geworden ist. Die fenigen Orte, zu welchen die Bivilisation von Europa   aus auf dem Ostwege gedrungen tft, find gegen Greenwich  in der Zeit Doran, haben alfo an threm Nach mittage dasselbe Datum wie Greenwich  , am Vors mittage dagegen schon das nächstfolgende Datum. Umgekehrt haben diejenigen Drte, welche durch west lich vordringende Kolonisatoren zivilifirt worden sind, ein Manto gegen die Greenwicher Beit Sie haben Vormittags das Greenwicher Datum, am Nachmittag aber find fie um einen Kalendertag zurüd.

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Die Unbequemlichkeit der Lokalzeit für das Verkehrswesen hat übrigens die meisten Staaten schon längst veranlaßt, statt der Drtszeit eine gemeinsame Staatszeit einzuführen, welche alle Bahn und Telegraphenuhren angeben. So herrscht auf allen österreichischen Stationen Prager, auf allen franzöftschen Pariser und auf allen englischen Greenwicher Zeit. England ist insofern gut daran, als es fich sehr wenig in westöstlicher Richtung ausdehnt; die größte Beitdifferenz, die da vorkommt, bleibt noch unter einer halben Stunde eine Differenz, welche auch für das bürgerliche Leben faum in Betracht täme, so daß der radikale Vorschlag, die Lokalzeit überhaupt zu fasstren und nur noch nach Weltzeit zu rechnen, in diesem Staate bereits zahlreiche Anhänger hat. Nicht so günstig verhält es fich in anderen Staalen, z. B. im deutschen Reiche. Hier beträgt der Zeitunterschied zwischen Meß und Königsberg   nahezu eine Stunde, und der Beitunterschied der legteren Stadt gegen Green­ wich   fast anderthalb Stunden. Von der Einführung der Weltzeit als bürgerlicher Zeit kann daher hier nicht die Rede sein. Sehr plaufibel erscheint dagegen der folgende Vorschlag. Es wird ein mittlerer Meridian für Deutschland   gewählt und dieser zunächst für interne Angelegenheiten zu Grunde gelegt. Um dann diese Staatszeit mit der größtmöglichen Leichtigkeit auf Weltzeit reduziren zu fönnen, hat man nur nöthig, gerade denjenigen Meridian zum Ausgangspunkt der Staatszeit au machen, deffen Beit genau eine Stunde gegen Greenwicher Beit voraus ist, also den 15. Grad östlicher Länge von Greenwich  . Dieser Meridian würde etwa durch die Städte Stargard   und Görliz hindurchgehen. Will man dann beispielsweise dem in Weltzeit abgefaßten Fahrplane gemäß mit dem um 9 Uhr 43 Minuten von Köln   nach Baris abgebenden Buge reisen, so Staatszeit gestellte Taschenuhr 10 Uhr 43 Minuten zeigt. weiß man, daß diefer Abgang stattfindet, wenn die nach Man braucht also die Minuten gar nicht umzurechnen und nur zur Stundenzahl eins hinzuzufügen. Eine jede Uhr gäbe somit fast ohne Weiteres außer der Staatszeit auch die Welt zeit an.

In Staaten von noch größerer Ausdehnung würde aber selbst eine einheitliche Staatszeit nicht durchführbar sein, weil dann der Widerspruch zwischen dem Stande der Sonne und dem Stande der Uhr ein unerträglicher sein würde; solche Länder müßten also in Sektionen getheilt werden, deren jede einen Meridian, also eine Sektionszeit für sich hätte; und wenn man hierzu immer gerade jeden fünfzehnten Meridian wählte, so würden die einzelnen Sektionszeiten fich immer blos um ganze Stunden unterscheiden, während die Minuten iden tisch wären. Daß diese Joee keineswegs hypothetisch und un­

meinem Bruder wahrscheinlich von mir gesagt hat, richtig ist."

Du bist also auch der Meinung, daß die Geschichte mit der Lisette der Gegenstand gewesen sei, um den es fich handelt?"

Nichts Anderes!"

Sollte das nicht Deinen Bruder gegen Dich ver stimmt haben?"

,, Durchaus nicht! Ich kann Dir zu Deiner Beruhigung sagen, daß Georg längst barum wußte. Nein, nein, auf ihn und sein Testament hat die Geschichte keinen Einfluß gehabt, davon bin ich fest überzeugt.... Nur eins wäre mir unangenehm, wenn Georg oder Räthchen erfahren haben sollten von einer kleinen Täuschung, die ich mir er laubte; das wäre in der That unangenehm, und könnte möglicher Weise auf das Testament von Einfluß gewesen sein."

,, Mir ahnt, Dntel, daß uns auch diese Erbschaft ver loren geht."

Bewahre! Ich kenne, wie gesagt, meinen Bruder beffer; indeß zieht sich doch die Geschichte länger hin, als ich bachte. Ich erwartete gleich am Tage nach Deiner Ankunft die Nachricht von seinem Ableben; nun ist schon beinahe eine Woche vergangen, und wir haben immer noch keine Nachricht." Da sehe ich eben den Postboten heraufkommen; vielleicht daß die Nachricht kommt, gerade wo wir davon fprechen Erlaube, daß ich Dir den Brief herauf­hole." Sie eilte hinaus und lehrte nach wenigen Minuten mit einem Briefe zurüd. Aus Berlin   und Strahlenau's Handschrift," sagte Amberg   hatte den Brief schnell geöffnet und er be gann Anfangs laut zu lesen.

Emmy  .

Bald aber zog sich seine Stirn in Falten. Seine Augen blickten halb zornig, halb erschroden auf die Seilen, und er las leise für sich hin, ohne darauf zu achten, daß Emmy   sehr gespannt war, den Inhalt des Briefes au er fahren.