Merito, 2. April. Der Präfident hat dem Rongreß ange zeigt, daß der Ausbruch eines Kriegesmit Guatemala wahrscheinlich set.
Lokales.
g. Berlin zeigte fich am Charfreitage wieder einmal in seiner ganzen Größe. Am Nachmittag ging es in hellen Haufen seinen Vergnügungen nach. Wie immer am Char freitage, so war auch vorgestern das Hauptziel der Berliner ber reizend belegene Spandauer Bod. In unabsehbaren Wa genreihen, mit der Pfarbe und Stadtbahn, sowie zu Fuß begaben sich die Berliner nach dieser Wallfahrtsstätte des Trauer freitages in der Sharwoche. Auf der Pferdebahn war das legte Bläschen offopirt, in den Koupees der Stadtbahn waren trog der eingelegten Ertrazüge die Baffagiere wie eingepfercht, benn die Koupees waren mit ftatt zehn, mit fünfzehn und mehr Baffagieren gefüllt. Jeder war froh, überhaupt befördert zu werden. Recht unangenehm fühlbar machten sich für das Publikum die dichten Staubmassen auf der Chauffee nach dem Spandauer Boc, ein Uebelstand, der sehr wohl hätte durch Sprengen der Chauffee am Vormittag beseitigt werden können. War man endlich bis zu dem Brauerei- Etablissement gelangt, so galt es, fich den Eingang in dasselbe zu erkämpfen. Denn ununterbrochen berrichte ein Derartiger Andrang zu Den Kaffen, daß die Ankömmlinge ftets erst eine Viertelstunde ausharren mußten, ebe fte gedrückt und geschoben, die Raffe und Die Kaffe und die Kontroleure hinter fich hatten. In dem ausgedehnten Garten des Spandauer Bockes war alles überfüllt: nicht ein einziger Stuhl war um etwa 4 Uhr Nachmittags zu baben; in Ermangelung ander. weitiger Rubepläße saßen Herren und Damen auf den im Garten aufgestellten Turngeräiben, bem Springbrunnenbaffin, niedrigen Umzäunungen u. s. m. An den festen und den provisorisch errichteten Büffets standen Hunderte und aber Hun Derte von Personen, welche ebenfalls feinen Blaz gefun Den hatten, und tranken hier den edlen Gerstensaft. Die Bahl der Personen, welche gestern den Bock in Spandau bes suchten, auch nur annähernd zu schäßen, muß unterbleiben, weil die Besucher hinein und hinausströmten, leptere, weil fie teinen Platz ausfindig machen fonnten und daher nach dem dem Bock gegenüberliegenden Etablissement gingen, wodurch ste allerdings aus dem Regen in die Traufe" tamen. Es wird uns versichert, daß roch in feinem Jahre die Zahl der Besucher des Spandauer Bedes am Charfreitag so groß war, wie in diesem Jahre. Dagegen war die Zahl der Mimen", welche an diefem einzigen Tage im Jahre einen wirklichen Freitag" haben, nicht so bedeutend, wie bisher.
Der Unterschied in den Wohnungsverhältnissen Berlins zeigt sich nie auffallender, als an den großen Um zugstagen im April und Ottober, und so groß die Beweglich keit der Berliner Bevölkerung auch in Bezug auf das Biehen sein mag, so beweist doch der Tag des Umzugs, daß auch hierbei Gelegenheit Diebe macht. Der Wechsel in den fleinen Wohnungen ist von jeher ein unendlich stärkerer, als bei mittleren und großen Wohnungen gewesen, und es entwickelt fich deshalb natürgemäß am Vormittag des Ersten eine fast fieber hafte Thätigkeit bei denjenigen Miethern, welche nicht über Salons und Zimmer, sondern blos über Stube, Kammer und Küche mit Holzgelaß, wie die ortsübliche Bezeichnung für die Räume lautet, verfügen, welche entweder tief unter der Erd', oder Parterre vom Himmel. wie der Berliner die oberen Geschoffe unserer modernen Miethskasernen getauft hat, gelegen, vorzugsweise den Aufenthaltsort für die arbeitende Bevölkerung bilden. Aber auch in den Verhältnissen
tritt der Unterschied grell zu Tage, sobald man aus dem Zentrum der Stadt in die Außenbezirke gelangt. Hier hat die Bauluft und Bauspekulation Beit und Raum gehabt, ihre Schwingen zu entfalten, und mit dem Angebot von Wohnun gen, wie er in gleichem Maße in der inneren Stadt natur gemäß nicht vorhanden sein fann, wächst auch die Neigung, fich zu verändern in seinen Wohnungsverhältnissen. Deshalb fteht man auch hier schon in frühester Morgenstunde Tausende von Menschen zu Fuß und zu Wagen, oft auf den wunder lichsten Gefährten selbst der Schubkarren fehlte gestern nicht thre oft sehr geringen Habseligkeiten von Haus zu Haus transportiren und es macht einen nicht gerade erfreu lichen Eindruck, wie gerade diese ärmsten Bewohner der Großstadt so häufig gezwungen find, dem Moloch des Umzugs alljährlich bedeutende Dpfer zu bringen. Auf der ganzen Peripherie Berlins ist die Devise: Alles rennet, rettet, flüchtet," während im Zentrum eine viel größere Seßhaftigkeit zu Tage tritt.
a. Ein freundlicher Begleiter. Ein achtzehnjähriges Dienstmädchen aus Szegedin in Ungarn , die unverebel. St., Tam am 31. v. Mts., Nachmittags um 2 Uhr, mit der Bahn hier an, und fte begab sich mit ihren Sachen, die fte in der Hand trug, nach der Schönhauserstraße, um da ein Unterkommen zu suchen. Ein ihr begegnender junger Mann erbot fich ihre Sachen zu tragen, und sie begab sich mit diesem nach einem Schantlofal in der Schwedterstraße, wo sie von ihrem Begleiter mit Raffee trattirt wurde. In dem Lokal ließ fie ihre Sachen
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wundener Knotenftod, den ich mir im legten Städtchen erst selber gekauft und wofür ich einen Thaler ich einen Thaler zehn Groschen bezahlt hatte, nur eigentlich ein bischen zu schwer zum Marschiren, mit einer biden, eifernen 8winge unten bran. Ich meinte auch, ich würde den Stod wohl selber nöthig haben, um fort zu fommen; er bot mir aber einen so hohen Preis etwa bie Hälfte von dem, was ich dem alten Juden für die Uhr gegeben, daß ich mich endlich überreden ließ. I Ich dachte mir: im nächsten Dorfe fannst Du immer einen Stod friegen, und wenn Du einen aus der Hecke ziehen solltest. Damit schieben wir; ich ging meinen Weg vor aus und er zurüd, und da die Straße bort viele Biegungen machte, verloren wir einander bald aus den Augen.
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Gegen Mittag erreichte ich endlich ein kleines Nest wie es heißt, habe ich vergeffen, es waren nur ein paar einzeln stehende Häuser mit einem Wirthshause dazwischen aß dort etwas und ruhte mich dann wohl eine volle Stunde aus."
Auch das hat Dein Vertheidiger zu Deinen Gunsten vorgebracht," sagte der Vater.
Ich weiß es," erwiderte leise der Sohn;„ aber der Staatsanwalt behauptete, daß Jemandem, der eine solche That vollbrachte, wohl die Kräfte verlassen könnten, so daß er gezwungen wäre, auszuruhen. Nach Tisch nun ging ich weiter, aber der Weg wurde hier so schlecht, daß ich nur langfam vorrücken fonnte, bis mir ein paar Holzfchläger, die ich an der Straße traf, den Rath gaben, ich sollte den nächsten Fußweg, den ich träfe, rechts durch's Holz nehmen, wenn ich an eine kleine hölzerne Brücke mit einem Pfahl baran käme. Bon da hätte ich besseren Weg und läme früher nach dem nächsten Orte, als wenn ich die breite Straße hielte. Den Weg fand ich denn auch und folgte ihm, aber er lief aus, ich muß ihn in dem naffen Grunde vielleicht auch verfehlt haben; furz, ich tam in einen andern Bfad, hielt aber immer die Richtung, welche ich die richtige dachte, bis ich aus bem, Holz heraus tam, ein anderes Dorf vor mir sah und darauf zueilte."
" Ich weiß," sagte der Vater;„ Du hast angegeben, daß Du Dich verirrt hättest..
einstweilen zurüd, und fie begab fich in der Begleitung des jungen Mannes nach Marthashof in der Schwebterstraße, um da Aufnahme zu erlangen. Da ihr diese aber nicht zu Theil wurde, so lehrte fie nach der Straße zurüd, fand jedoch da ihren bisherigen Begleiter, welcher fte erwarten wollte, nicht vor, und fie tehrte, nachdem noch ein zweiter Gang behufs Unterkommens erfolglos gewesen war, in das erwähnte Schant lokal zurüd, um ihre Sachen zu holen. Da erfuhr fie, daß ihr Begleiter unter dem Vorgeben, von ihr aeschickt zu sein, die Sachen bereits fortgetragen habe. Der noch nicht ermittelte Dieb befindet sich im Alter von 25-30 Jahre, ist mittelgroß, bat dunkelblonde Haare, Kleinen blonden Schnurrbart, schlanke Statur
Ein Dynamitscherz", wie er am jüngsten Dienstag das Rothe Haus" in Aufregung gebracht hat, ist, wie wir dies nachträglich wohl erzählen dürfen, vor einigen Wochen auch in Bezug auf die Reichsbank in Szene gesezt worden. Das B. T." berichtet hierüber: Nachdem der Bank- Präfident Herr v. Dechend wiederholt Drohbriefe erhalten hatte, nach denen das Bant Gebäude in die Luft gesprengt werden sollte, glaubte eines Tages ein Beamter, in dem Raume, in welchem die De pots untergebracht werden, ein unheimliches Ticken" zu ver nehmen, das natürlich nur von dem Uhrwert einer Höllenmaschine herrühren konnte. Sofort wurde die Bolizei hiervon verständigt und mit deren Hilfe eine genaue Nachfuchung nach dem verdächtigen Depotflüd angestellt wurde, selbstverständlich ist aber ebensowenig gefunden worden, wie am Dienstag im Rathhause.
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Vom Irrfinn befallen. Ein Lehrer an der hiesigen Bentral Turnanstalt, ein junger Mann von noch nicht 29 Jahren, ist, wie die wie die Post" berichtet in die Frrenabtheilung der töniglichen Charitee eingeliefert worden. Derselbe hatte den Kursus bei der genannten Anstalt absolvirt und bisher keinen Anlaß gegeben, der auf Geistesgestörtheit schließen liek. Anfangs legter Woche jedoch ließ er sich unter auf fädigen Aeußerungen seinen großen Vollbart abschneiden und erklärte, daß er von den Jungen auf der Straße verfolgt würde. Er beschuldigte sich, daß er an der Ermordung von Knaben betheiligt sei, wie an den Litfaßsäulen und in allen Beitungen zu lesen stände. Er richtete auch in diesem Sinne einen Brief an den Kultusminister und bat um seine Entlaffung aus dem Schuldienste. Auch erzählte er, daß der Minister ihn häufig zu besuchen pflegte. Die ärztliche Untersuchung ergab, daß der betreffende Lehrer an Melancholie und Verfolgungswahn leide. Da er auch seine Umgebung unauffährlich der Anstalt überwiesen werden. hörlich belästigte und beunruhigte, mußte er als gemeinge Seine Ueberführung
wurde dadurch bewerkstelligt, daß ein Schußmann in Bivil ihn zu einem Besuch beim Kultusminister abzuholen vorgab.
Diejenigen Familien, welche gesonnen find, an Stu birende möblirte Stuben zu vermiethen, machen wir darauf aufmerksam, daß fie gut thun, wenn sie solche dem im Uni. versitätsgebäude, Plaz am Opernhause ( erster Eingang von der Universitätsstraße aus), wohnenden Ober- Bedell Mertins mit Angabe der Lage, des Preises und der Treppenzahl an zeigen. Sobald das betreffende Logis vermiethet ist, ist Herrn Mertins hiervon zur Vermeidung weiterer Nachfragen Nachricht zu geben.
Gerichts- Zeitung.
( Reichsgericht.)
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bes Sozialistengefeßes. Die Reviston der Angeklagten tam am 30. März vor dem III. Straffenat des Reichsgerichts zur Verhandlung. Es wurde darin gesagt, der Stadrath in Groizich lönne nicht gewollt haben, daß jede Versammlung verboten sein solle, in welcher Müller spreche. Daraus, daß die Polizei die wirklich abgehaltene andere Versammlung nicht sogleich verbot, gehe beroor, daß in derselben sozialistische Be ftrebungen nicht zu Tage getreten seien; das Verbot habe aber nur eine solche treffen wollen und nur das Reden in einer solchen tönne bestraft werden. Das Reichsgericht verwarf jedoch trozdem die Reviston, weil dieselbe fich nur gegen die that fächlichen Feststellungen wende und aus dem Urtheile nicht zu ersehen sei, daß die Angeklagten in der Verhandlung einen thatsächlichen Frrthum über das Verbotensein der wirk lich abgehaltenen Versammlung für fich in Anspruch genommen hätten.
Soziales und Arbeiterbewegung.
Zur Statistit der Geburten und der Sterblichkeit. Die Mittheilungen des Statistischen Bureaus der Stadt München VI. Band, 3. und 4. Heft, bringen auch für das Jahr 1883 in einer Labelle eine Uebersicht der wichtigsten auf Geburten und Sterbefälle bezüglichen Bahlen aus einigen größeren deutschen Städten, wie eine solche bereits im Vorjahre gegeben wurde.
Nach dieser Tabelle zeigt die höchfte Geburtsziffer wie im Vorjahre Elberfeld , das mit 38,07 nächst Hamburg ( 37,39) über München stebt; legterem reihen sich an Wien mit 36,89, Ber Iin mit 36,63, Breslau mit 36,17. Viel geringer ist die Ges burtsziffer schon in Nürnberg mit 33,48, bann in Augsburg mit 33,06 und in Stuttgart mit 30,43 und am geringsten wie im Vorjahre in Frankfurt mit 28,62 und in Darmstadt mit 23,12.
Die allgemeine Sterblichkeitsgiffer hält nicht die gleiche Reihenfolge ein. Sie steht wie im Vorjahre am höchsten in München mit 31,98, außerdem in Breslau mit 31,20; dann folgen Berlin und Augsburg , jedes mit 29,04, Wien mit 28,27, Nürnberg mit 26,69, Hamburg mit 26,31, Elberfeld mit 23,40, Darmstadt mit 20,87, Stuttgart mit 20,84 und wie im Vorjahre Frankfurt mit 19,56.
Die Kindersterblichkeit für sich betrachtet, d. h. das Ver hältniß der in ihrem ersten Lebensjahre gestorbenen Kinder zur Bahl der Lebendgeboren, steht am höchsten, wie im Vorjahre, in Augsburg mit 36,16 und in München mit 35,21; daran reiben fich Breslau mit 30,62, Berlin mit 29,52, Nürnberg mit 27,95, Stuttgart mit 26,09, Darmstadt mit 21,54, Hamburg mit 21,53, Wien mit 19,27, Elberfeld mit 17,41 und Frankfurt mit 26,34.
Der Ueberschuß der Geburts über die Sterblichkeits. Biffer beträgt 14,67 in Elberfeld , das auch im Vorjahre an erster Stelle fich befand, 11,08 in Hamburg , 9,59 in Stuttgart , 9,06 in Frankfurt , 8,62 in Wien , 7,59 in Berlin , 6,79 in Nürn berg, 4,97 in Breslau , 4,95 in München , 4,02 in Augsburg , 2,25 in Darmstadt , daß auch im Vorjahre den Schluß bildete.
Die meisten todtgeborenen Kinder nach dem Verhältnisse Derselben zur Gesammtheit der Geburten finden sich in Nürn berg mit 6,28, in Darmstadt mit 5,99 und in Breslau mit 5,00, dann in Wien mit 4,77, Augsburg mit 4,68 und Elber feld mit 4,04; daran reihen sich Frankfurt mit 3,94, Stutt gart mit 3,75, Berlin mit 3,72, Hamburg mit 3,33, wäh rend München hier mit 2,85 den besten Blaß einnimmt. Auch hier war im Vorjahre Nürnberg an der Spiße, München am Schluffe der Reihe.
Der höchfte Prozentsaz der außerehelichen Kinder trat wieder in Wien auf mit 42,35; dann folgt München mit 28,78, Augsburg mit 18,20, Nürnberg mit 17,78, Breslau mit 16,04, Berlin mit 13,21, Frankfurt mit 10,24, Darmstadt mit 9,89, Hamburg mit 8,05, Elberfeld mit dem auffallend geringen An tbeile 3,42 während für Stuttgart die Angaben fehlen. Wien und Elberfeld bildeten auch im Vorjahre die Endpunkte der Reihe, die überhaupt nur durch die neu einbezogenen Städte geändert ist.
Das männliche Geschlecht war auch in diesem Jahre wieder in allen Vergleichsstädten unter den Lebendgeborenen vorherr schend und zwar am stärksten mit 52,15 in Hamburg , mit 52,11 in Frankfurt , mit 52,02 in Augsburg , mit 51,92 in Elberfeld , mit 51,32 in Stuttgart , 51,30 in Darmstadt , 51,05 in Wien und 51,04 in München , weniger mit 50,97 in Ber lin, 50,72 in Breslau und 50,50 in Nürnberg .
Verstoß gegen das Sozialistengeset. Der Schuhmacher Julius Gustav Reichelt in Groizich batte für den 25. August v. J. durch ein Inserat in den GroißschPegauer Nachrichten" vom 23. August eine Versammlung in Das Schüßenhaus zu Groißsch berufen, in welcher der Tischlergeselle Ernst Richard Müller aus Meerane einen Vortrag über Das Recht auf Arbeit, bezw. die Arbeiterkolonien halten sollte. Die anfänglich ertheilte Erlaubniß hatte der Stadtrath von Groitsch in letter Stunde noch zurückgezogen und es war das her nicht möglich, das Publikum durch ein weiteres Inserat hiervon in Kenntniß zu seßen. Es tamen in Folge dessen etwa 80 Personen zu der festgefeßten Stunde in den Saal, welche fich schließlich in einem Nebenzimmer an Tischen nieder segten und Bier tranten. Der Einberufer Reichelt theilte nun den versammelten Personen mit, daß die Versammlung ver boten sei und brachte auf den anwesenden Müller ein Hoch aus, wobei er bemerkte, daß derselbe etwaige Fragen zu beantworten bereit sei. Der Schuhmacher Friedrich Otto Germer aus Groigsch ließ sich diese Gelegenheit nicht entgehen und richtete in zusammenhängender Rede eine Anderburschen ist im Jahre 1883 in Soest ( Westfalen ) eine bes frage an Müller, die dieser in gleicher Weise beantwortete. Da diese Auslaffungen nicht nur für einzelne Gäste, sondern für alle Anwesenden bestimmt waren und da auch das Thema Der verbotenen Versammlungen gestreift wurde, so trat der Gendarm auf und verbot Müller weiter zu reden unter Hinweis darauf, daß die Versammlung vorher verboten worden sei. Das Landgericht in Leipzig verurtheilte darauf am 5. Februar d. J. Müller au sechs Wochen, Germer zu vier Wochen Ge fängniß und Reichelt zu 50 Mt. Geldstrafe wegen Uebertretung
,, Und das hatte ich auch, Bater," sagte Karl; ich war ein tüchtig Stüd aus meinem Wege gekommen, wußte aber auch, daß ich dort bei den Häusern wieder eine Straße finden würde, und arbeitete mich darauf zu. Wie ich das Dorf aber nur betrat- und es war schon fast dunkel geworden-, fam mir ein berittener Gensdarm entgegen und hielt mich an; ich mußte ihm folgen, und das Weitere wißt Ihr," fette er scheu hinzu. Ich wurde eines Raubmordes an getlagt, ein volles Jahr in Untersuchung gehalten, und was ich dabei ausgestanden, könnte ich Euch nicht mit Worten sagen. Dann tam das Gericht; ich wurde trog Allem, was ich zu meiner Vertheidigung vorbringen konnte, verurtheilt, und jetzt bin ich, nachdem ich meine Strafe abgesessen, in die Welt wieder ausgestoßen elend, gebrandmarkt, ein Buchthäusler..."
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Er schwieg und barg das Antlig in den Händen, und tein Ton im Zimmer wurde laut, selbst die Kinder wagten faum zu athmen. Das sollte der Bruder und Dntel sein, von dem ihnen die Margareth schon erzählt, der bleiche Mann mit den eingefallenen Wangen und hohlen Augen?.
Und wer, glaubst Du, daß den Mord verübt?" sagte der Bater endlich, wenn Du wenn Du wirklich un schuldig so Furchtbares erduldet."
Der Sohn schaute wild empor. Jener Mann," rief er mit heiserer Stimme, der mir den Stock abgekauft! Es ist nicht anders möglich, denn mein Stod, mit Blut beist nicht anders möglich, denn mein Stod, mit Blut besprigt, lag neben dem zerschmetterten Schädel des armen Juden, und kein Anderer fann den Schlag geführt haben Juden, und kein Anderer kann den Schlag geführt haben als jener Frembe!"
Und man hat ihn nie aufgefunden?" " Nein," sagte Karl tonlos, fie glaubten mir ja bie gange Sache nicht und haben vielleicht faum nach ihm gefucht. Wo er aber hergekommen, wohin er gegangen, wie kann ich es wissen! Manchmal war es mir freilich, als ob es derselbe sein müsse, der vorher zu Pferde an mir vorbeigesprengt; aber ich hatte ihn nicht deutlich genug gesehen, um das beschören zu können."
Und wie sah er aus?"
" Ich weiß es nicht," hauchte der Unglückliche;„ ich
Sehr verständig. Zur Verpflegung der bedürftigen Wan
sondere Wanderburschensteuer von 10 Bf. pro 3 Mt. Klaffen und Einkommensteuer eingeführt worden, welche bezweckt, an Stelle des früheren sogenannten Bettelvereins, diese Last gleichzeitig zu vertheilen und durch Erhebung einer besonderen Steuer alle Einwohner von der Verabreichung von Gaben an den Thüren an unbekannte Personen abzuhalten. Ueber die Einnahmen und Ausgaben wird seitens der Armenkaffenren Danten eine besondere Rechnung geführt. Man ist im All gemeinen mit dieser Einrichtung völlig zufrieden.
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wurde schon damals vom Gericht aufgefordert, eine ge naue Beschreibung seiner Person zu geben, aber ich war es nicht im Stande. Ich weiß, ich bin fest überzeugt, daß ich sein Gesicht in demselben Moment wiedererkennen würde, wo er vor mich träte, so beut lich stehen seine Büge vor meiner Seele; aber ich kann mich nicht befinnen, was er für Haar, was er für Augen gehabt, wie er gekleidet war. Ich habe mir nie die Menschen so im Einzelnen betrachtet und das behalten können."
Aber wenn Du ihn wiedererkennen wolltest, müßteft Du doch auch sagen können, wie er ausgesehen, sagte finster der Alte. ,, Nein, Vater, ich weiß nur, er war städtisch gekleidet, besser als ich; ich wunderte mich damals, daß er mit dünnen Stiefeln in die schmußige Straße kam und doch nicht so aussah, als ob er schon einen langen Weg darin gemacht hätte hätte aber Fremde achten ja doch nicht so auf einander. Wir gingen außerdem verschiedene Wege, er nach Dften, ich nach Westen; was anders fonnte er für mich sein, als ein Mann, dem man einmal im Leben und vielleicht nie wieder begegnet!"
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Der Alte nickte langsam vor sich hin, es klang Alles möglich, was ihm sein Sohn sagte. Außer der Uhr hatte man auch nur eine geringe Summe Geldes bei ihm gefunden, und der Stock war eigentlich der Hauptbeweis gegen ihn gewesen, da man den in dem Wirthshause, in welchem die Beiden übernachtet hatten, genau fannte. Und was jett? Wenn er selbst jenem Fremden im Leben wieder begegnet wäre und ihn erfannt hätte, wie konnte er nach den langen Jahren auf ihn schwören? Und selbst das angenommen, wie hätte er ihm je beweisen wollen, daß er die That verübt? Er wußte ja selber nicht einmal, ob er es gethan!
Die Rinder hatten der ganzen Erzählung, dem ganzen Gespräche mit scheuen Mienen zugehört; sie verstanden den Sinn nicht, aber sie fühlten troßdem heraus, daß etwas Schweres und Furchtbares verhandelt würde, daß man nicht stören dürfe.
( Fortseßung folgt.)