gfttte ziehen"; aber wer beweist ihm, daß er welche zieht, der Budiler thut eS nicht und darf eS nicht, eS ginge ihm auch an den Kragen und kein Anderer kann ei. Würden die Herren Polire, wie z. B. der betreffende Polier B., nicht ihren finanziellen Portheil zu wahren suchen, er würde fich nicht beim LohnauSzahlen der Mühe des Geldabziehens für den Werth der Marken unterziehen und diese» dem Budiker verabfolgen, und würde er nicht seinen eigenen direkten Vortheil dabei haben, er würde keine Ansäsfigen ablohnen, um einen„Außer- halbichen" anstillen zu können. Wenn uns auch gegen der» artige Schäden, daß die„Außerhaldschen" von verschiedenen Polieren, weil fie Geschenke machen, den Einheimischen vorge« zogen werden, nicht» zu helfen vermag, so könnte un» doch in Betreff der Maiken, durch welche die Mrrkennehmer auf indl» rektem Wege die Poliere bereichern, da» Gesetz helfen und zwar durch ein vollständige» Verbot de» Trucksystem». g. Einem schlecht angebrachten Akt der Lynchjustiz ist am 2. b. Ml», der bei dem FuhrweikSbefitzer Schulz in der Reinickendorfer straße beschäftigte Arbeiter CrayowinSly zum Opfer gefallen-(T hatte am gedachten Tage den Auftrag r- yalten, Feldsteine nach Lichtenfelde abzufahren und diesen Auf. trag auch am Vormittag ausgeführt Vor das von ihm ge- führte ArdeitSfuhrwerk war ein Pferd gespannt, welche» die Gewohnheit hat, beim Stillstehen im«eichen Sande fich zu legen. AIS nun C. in Lichterfelde angekommen war, hielt «r mit seinem Fuhrwerk in der Nähe eine» Nestau« rationslokal» und begab fich in dasselbe, um fich zu erquicken. Wie er nun wieder zu seinem Fuhrwerk kam, hatte fich das Pferd, seiner alten Gewohnheit getreu, gelegt und so nahm er denn wie immer die Peitsche und„fnschte den Gaul auf". In diesem Augenblick pasfirte eine Anzahl von Männern die Stelle und, eine ungerechte Thierquälerei vermuthend, übten fie an C. schreckliche Lynchjustiz. Dem C. wurden hierbei zwei starke Kopfwunden zugefügt, eine auf dem linken Scheitelbein und die andere über dem rechten Auge. Mit Hilfe zweier Gensdarmen wurden sämmtliche Tbater zur Onspolizeibehörde fistirt und dort ihre Personalien festgestellt. Dem Verletzten wurde die nöthtge Hilfe zu Theil. a. Hoffnungsvolle Burschen. Ein lö jähriger Knabe, der ArbeitSdursche Ech., ist beut wegen eines Einbruchdieb« stahls, welchen er mit zwei 14 jährigen Knaben verübt hat, zur Haft gebrocht worden. Einer seiner Komplizen, ein Enkel der HandelSfrau L. in der Koppenstraße, machte die beiden anderen Burschen auf die günstige Gelegenheit aufmerksam, in die Wohnung seiner Großmutter, während fie fich auf ihrem Standplatz am Wochenmarkt befindet, einzubrechen und am 31. v. Mts. begaben fich die drei Burschen, nachdem fie fich über« zeugt hatten, daß Frau L. auf dem Andreasplatz-Wochenmarkt fich befand, nach deren Wohnung, öffneten diese mittelst eines zu diesem Zwecke angefertigten Nach. schlüffels und öffneten sodann den Kleiderschrank der Frau L. mit dem richtigen Echluffel, aus deffen, dem Enkel de« kannten Versteck er hervorgeholt wurde. AuS diesem Schrank eigneten fich die Burschen zirka 90 Mark baares Geld und einige Goldsachen an. Hierauf machten die Diebe ein- Kahn« partie und kauften fich sodann bei einem Trödler neue Anzüge und jeder eine Uhr, wodurch die gestohlenen 90 Mark voll. ständig verbraucht wurden. Die Goldsachen wurden versetzt und der Erlös gleichfalls vertheilt. Als die Bestohlene ihren Verlust enldeckie, richtete fich sofort ihr Verdacht gegen ihren Enkel, da nur dieser den Versteck ihres SpindenschlüffelS kannte. Gegm diesen wurde daS ZwangSerziehungsverfahren eingeleitet, während Ech. zur Haft gebracht wurde. Der dritte Komplize ist noch nicht ermittett. N. Vergiftungsversuch. Laute» Röcheln und Stöhnen, da» gestern Abend aus dem Zimmer einer in dem Hause Kaiserstraße 17 wohnenden 24 jährigen Wittwe Noack, geb. Kubitz, drang, veranlaßte Hautbewohner zu einer gewaltsamen Oeffnung der Wohnung. Dieselben fanden beim Eintteten die Wohnung»> Inhaberin anscheinend im Todeskampf auf dem Bett liegend vor. Ein sofort hinzugerufener Arzt konstalirte eine Vergiftung, die allem Anschein nach mit einem Extrakt, den stch die N. au» abgekochten Phosphorstrcichhölzern berge- stellt, bewerkstelligt war. Nachdem der Lebensüberdrüsfigen ein Gegengift eingeflößt war, wurde dieselbe auf Anordnung der Revierpolizei nach dem städtischen allgemeinen Krankenhaus im Friedrichshain geschafft. Heber die Veranlassung zu der unseligen That war etwas Bestimmte« nicht zu ermitteln. Projettirte» Repertoire der Königliche» Schauspiele vom 6. bis 12. April 1885. I m Opernhause: Sonntag, den 5., auf Verlangen: Der Trompeter von Sälkingm; Montag, den 6.: Der Prophet(Herr Niemann); Dienstag, den 7.: Die lustigen Weibrr von Windsor; Mittwoch, den 8., neu einstudirt: Normo; Donnerstag, den 9.: Die Walküre (Herr Niemann); Freitag, den 10.: Der Trompeter von Säkkingen; Sonnabend, den 11.: Der Seeräuber; Sonntag, den 12.: Tannhäuser (Herr Niemann).— Im Schau« spielhause: Sonntag, de« 5.: Der Kaufmann von Vinedig; Montag, den 6.: Magnetische Kuren; Montag, den mit belästigender Genauigkeit die Gepflogenheiten der so« genannten vornehmen Klosse nach: Die Dame, die noch vor kurzer Zeit in eine« gut gehenden Caf6 höchsteigen« händig ihre»erthgeschätzten Gäste mit Absynth und Kognak bedient«, muß dann mindesten» ihren Salon haben, fie wählt fich einen Tag der Woche al« ihren jour flxs— an welche« sie Gäste bei fich steht— und der höchste Glunz, die höchste Wonne ihre» Leben» ist eine Equipage mit einem gallo« nirten Diener, der ihr den Mantel abnimmt und zugleich den Palelot ihre« gestrengen Gemahl» trägt. Diese Klaffe der Gesellschaft persiflirt Labich« in seine« „Kernpunkt">n selten gelungener Weise. Man kann sich kaum etwas Amüsantere» denken, al« den Empfang»tag bei Herrn Carbonel, einem reich gewor« denen Kafetier, der fich al« behäbiger Spießbürger mit 16 000 Frank» Rente da« schon leisten kann. Ein jour fixe muß natürlich sein, die Frau Gemahlin will e«, sie hält e» für vornehm, und wenn sich die gebetene Gesell« schast bei ihr auch zum Sterben langweilt, und fie selbst und ihr Ehegespon» fich durch lächerliche Unbeholfenheit auch unsterblich blamiren— da« macht Alle» nicht«, man muß de« Mittwoch« eben Gäste bei fich sehen.-- Frau Henriette Carbonel befitzt eine hei« rath»fähige Tochter, ebenso wie ihre intimste Busenfeindin Frau Katharine Perugin. Man weiß, daß angehende Schwiegermütter eigentlich noch gemein» gefährlicher und mehr zu fürchten find, al« wirtliche. Den beidev Damen eröffnet fich urplötzlich die glänzende Perspektive, einen jungen Millionär einfangen und ihn al« Schwiegersohn annektiren zu können. Eltern fragen bekanntlich niemal« danach, ob der zukünftige Schwiegersohn viel Geld defitzt, da« ist imm.r so lange Nebensache, bis fich Jemand zeigt, der mit irdischen Glückigütern recht reichlich gesegnet ist. So geht e« auch hier. Al« der junge Millionär noch nicht aufgetaucht war, da waren die beiderseitigen Elternpaare darüber einig, daß ihren respektive» Töchtern niemal« auch nur der geringste Zwang in Betreff ihrer Wahl auferlegt werden sollte.— wenn fie mit ihren Zukünftigen nur glücklich und zufrieden leben würden, so sollte e« natürlich an dem elterlichen Segen auch nicht fehlen. 7j: Lydia, der Winkelschreiber; Mittwoch, den 8.: Harold; Donnerstag, den 9.: Tartüffe, Castor und Pollux; Freitag, den 10.: Frau Aspafia; Sonnabend, den 11.: Maria Stuart ; Sonntag, den 12: Die Journalisten. Im„Deutschen Theater" geht am Sonnabend, den 11. d. M., das fünfaktige Lustspiel„Fesseln" von Sribe neu in Szene. Außerdem blingr das Repertoire dieler Woche Wie- derholungen von„Prinz Friedrich von Homburg",„Der Probe pfeil" und„Hamlet ". Heute, Sonntag, wird„Don Carlos" gegeben. Zentral-Theater. Selbst daS Telephon hat fich des be- reiti volksthümlich gewordenen Duett»„Nach Afrika , nach Kamerun , nach Angra Pequena " au» der heule zum 130. Mal im Zentral-Theater zur Aufführung gelangenden Gesangspoffe „Der Walzer- König" bemächtigt, waS nachstehende heitere Epi« sode beweist. Am letzten Sonntag war das Zentral-Theater, wie immer, ausverkauft; ein Herr bekam die letzten noch vor- handenen Ranglogenplätze; am anderen Tage telephonirte der Empfänger dieses Billets an Herrn Direktor Ernst wörtlich folgende»: Ich hatte gestern in Ihrem Theater in der Rang- löge II die Plätze Nr. 5 und 6, schicken Sie diese Plätze doch „Nach Afrika , nach Kamerun , nach Angra Pequena ." Schluß! Den letzten Theil dieser Mittheilung sang der Herr nach der bekannten Melodie der Gesangsnummer. Poltzei-Lericht. Am 1. d. M Abend» fiel ein Dienst« mävchen in der Wohnung sein«! Herrschast, in der Albrecht- straße, beim Herabsteigen vom Hängeboden mit der Leiter um und brach den linken Oberarm, so daß es nach der königlichen Klinik in der Ziegelstraße gebracht werden mußte. Am 2. d. M. Vormittags erlitt eine Frau auf dem Molkenmarft beim Ab- springen von einem noch in der Fahrt befindlichen Pferdebahn« wagen eine nicht unbedeutende Verletzung des linken Ober- schenkels— Um dieselbe Zeit erlitt der Arbeiter Neumann in der auf dem Afticn-Viehdcfe in der Brunnenstraße belegenen Fabrik für Feuer- Schutzmittel von Kühlwein und Winter einen Knöchelbruch deS rechten Fußgelenk», indem ihm 4 etwa 130 Kilo- gramm schwere KompofilionSplatten ans Gips und Zement, welche er bis zu deren Erhärtung auftecht halten sollte, auf den Fuß fielen. Der Verunglückte wurde in daS LazaruS-Kranken- bauS gebracht.— Um dieselbe Zeit wurde ein Mann vor dem Hause Schönhauser Allee 92 beim Abspringen von einem in der Fahrt befindlichen Arbeit» wagen überfahren und erlitt dabei einen Bruch des linken Schienbeins. Derselbe wurde nach dem Krankenhause am Friedrichshain gebracht.— An demselben Tage Abends machte eine Frau, in der Kaiserstroße wohnhaft, den Versuch fich mittelst Phosphors zu vergiften. Sie wurde nach dem Krankenhause im FriedrichShain gebracht. Am 3. d. M. Morgens wurde in der Spree am Echiffbauerdamm die Leiche einer 50 bis 60 Jahre alten Frauensperson und und einige Stunden später im Spandauer Schifffahrts -Kanal die Leiche einer etwa 20 bis 25 Jahre allen Frauensperson aufgefunden. Beide Leichen wurden nach dem Obdukttons» Hause geschafft.— An demselben Tage Abends gertethen zwei Einwohner auS Rixdorf an der Ecke der Bärwäld- und Pionierstraße mit einander in Wortwechsel und Streit und erlitt dabei der eine durch Schläge mit einem Schlüssel auf den Kopf mehrere anscheinend schwere Verletzungen, so daß er nach Anlegung eines NothverbandeS nach seiner Wohnung gebracht werden mußte. Der Schläger wurde verhaftet, nach seiner Feststellung jedoch wieder entlaffen. GencktS' Rettung y. Unter der Anklage der Unterschlagung in drei Fällen stand gestern der Bierfahrer Gustav WasinSky vor der 87. Ab- theilung de» Schöffengericht». Der Angeklagte stand schon seit Jahren in dm Diensten der Bötzow'schen Brauerei und mußte ei daher umsomehr auffallen, daß derselbe am 25. S-pt-mder v. I. ohne vorherige Anzeige und ohne einen besonderen Grund angeben zu können, um seine sofortige Entlassung bat, die ihm auch gewährt wurde. Bald darauf stellte stch aber herau», daß Wastnsky stch eines groben Vertrauensbruchs schul« dtg gemacht; die Kunden der Bötzow'schen Brauerei, welche zur Zahlung aufgefordert wurdm, wiesen nach, daß der Angeklagte die fälligen Beträge bereit« einge« zogen hatte. Im Verhandlungstermine räumte der Ange- klagte dies zwar ein, tischte dem Gerichtshofe aber die Ge- schichte auf, daß ihm die nicht abgelreserten Gelder in einer Kneipe gestohlen sein müßten. Seine Angaben trugen aber dermaßen den Stempel der Lüge an fich, daß der Gerichtshof in eine Beweisaufnahme in dieser Beziehung gar nicht erst eintrat. In Erwägung, daß von einer Nothlage deS Angeklagten nicht die-rede sein könne, da die Bierfadrer notorisch gut gestellt find, sowie in Anbetracht de» erheblichen deftau- Birten Objekt»— es waren über 600 M.— erkannte der Gerichtshof auf eine empfindliche Strafe, nämlich ein Jahr Ge- fängniß, ordnete auch die sofortige Verhaftung des Ange- klagten an. -y. Kurzer Prozeh. IPräfident der 91. Abtheilung deS Schöffengerichts zam Angeklagten:„Sie find der Bote Carl In da» bisherige herzlich-fteundschaftliche Verhältniß der beiden Fraum, welche» kau« durch einige der gewöhn» lichm bötartigen Klatschereien und Sticheleien getrübt wer» de» konnte, schneit nun plötzlich der alte Herr Duplan mit seinem Sohne Maurice, dem glücklichen Millionenbesitzer, hinein. Herr Duplan ist ein ehemaliger Advokat, der e« auch verstanden hat, sich bei Zeiten eine Rmte zu sichern, und der nun mit dieser Rente und seinem Sohne in Moni« maurency der Rosenkultur und seinen Erinnerungen lebt, die sich hauptsächlich auf die bloßen Arme der schönen Frau Carbonel beschränken, al» diese noch hinter dem Büffet ihre« Kaffee'» saß, und ihm seinen lKaffee mit Zucker mischte. Duplan ist entschieden die«ohlgelungenste und dank- barste Figur in dem ganzen Stück. Er ist da», wa« wir fri uns in gutem Sinne de« Worte« emen„alten Sünder" nennen. Ein ehrbare« Aeußere, silberweiße Haare, ängstliche Manieren, die einem gewissen Alter«igenthümlich find,— dabei aber glimmt ihm immer noch heimliche« Feuer im Herzen, und wenn ihm sein Sohn von seinen Eroberungen unter den gluth« äugigen Töchtern Italien « erzählt, so übermannt den„alten Sünder" die Verzückung, die Erinnerung an längst ent- schwundene Tage wird in ihm«ach, er ist„ganz hin", aber— die Zeiten find leider vorbei. Von seinem Onkel hat Maurice Duplan ganz unerwartet eine Million geerbt, und von dem Augenblick an, wo diese Thatsache bekannt wird, ist er da« Stteitobjekt zwischen den beiden Frauen mit den heirathtfähigen Töchtern, beide wollen ihn al« Schwieger- söhn einheimsen. E« beginnt daher ein Kampf zwischen den beiden Damen, in deffen Verlauf der Dichter e»«»«gezeichnet versteht, dem Zuschauer da« innerste Innere eine« ettle« Mutterherzen« zu veranschaulichen. Der Frau Carbonel war der Goldfisch zuerst ganz ohne ihr Zuthun in den Schooß geworfen worden. Herr Duplan, der diesen Schatz von Sohn befitzt, war, bevor man wußte, daß er einen Goldsohn habe, in dem Salon jener Dam« stillschweigend geduldet worden, man hatte ihn Laube?" Angeklagter: Jawohl- Präs.:„Sie waren Vereins« böte für den Lürgerverein Neu- Kölln". Angeklagter:„Ja» wohl". P.äs.:„Sie find beschuldigt, von den von ihnen em« kasstrten Geldern 47 M, für fich oerbraucht, also unterschlagen zuhaben, räumen Sie dasein?" Angekl.: Jawohl. Pias.: Wie find Sie dazu gekommen, hat die Noth Sie dazu getrieben? Angekl.: Jawohl. Präs.: H-rr Staatsanwalt, ich bitte um Antrag. Staatsanwalt:„Fünf Tage Gefänqniß". Präs.: Nun, Angeklagter, was sagen Sie dazu, da» finden Sie doch gewiß sehr milde, Angekl.: Jawohl. Die Schöffen nicken bei- pimmend, worauf das Urtheil dem.Antiage deS Staatsanwalts gemäß verkündet wird. Der Kampf«m die Uhr.„Ich bin schrecklich körperlich gemißhandelt, hoher Gerichtshof!" so tritt der Uhrmacher F. aus Eutritzsch vor den Vorfitzenven de» Schöffengerichts rn Leipzig. —„Zweimal bin ich mit aller Gewalt in der Stube niedergeworfen, so daß ich eine schreckliche Beule am Hilter « köpf hatte, an den Händen blutete und am ganzen Körper voller blauer Flecken war, und das alles um die armselige Uhr, an der außer dem Gehäuse nichts mehr gut war!" Vorsttzender:„Also um eine Uhr handelt es stch. Nun, wir wollen hören, wie es damit steht. Bäcker M., Sie find angeklagt, den Uhrmacher F. körperlich mißhandelt zu haben, geben Sie das zu?" Der Angeklagte springt auf:„I keine Idee! Der Uhr« macher träumt ja, wenn er so wa» sagt. Meine Uhr habe ich von ihm wiederholen wollen, nachdem fie vier Monate bei ihm zur Reparatur gewesen fft. Aber gefallen ist der Uhrflicker ebensowenig, wie ich ihn mißhandelt habt." Auf die Aufforderung des Vorfitzenden, den Hergang der ganzen Sache zu schildern, wird folgendes bekannt. Der Uhr- macher F. hatte von dem Bäcker und Restaurateur M. in See» hausen Brov bezogen und war ihm schon längere Zeit hindurch zehn Mark schuldig. Da M. keinen anderen W-g sah, wieder zu seinem Gelve zu kommen, so gab er ihm eine Pendulr, deren Werk in Unordnung gekommen war, in Reparatur. Das war im Oktober vorigen Jahres. Wer aber die Uhr nicht wieder- erhielt, war M. Nach nahezu vier Monaten, im Februar d. I., wurde ihm die Sache denn doch zu arg, und aiS auch ein Schutzmann, den er mit der Aufforderung, die Uhr abzuliefern, dem F. zusandte, mit der Nachricht zurückkam, er sei ohne die Uhr gründlich hinauskomplimentirt worden, da ging M. am 14. Februar selbst in die Wohnung deS renitenten Uhrkünftler», um sein Eigenthum zmückzufordern. AIS persönlichen Schutz nahm er jenen Schutzmann wieder mit. F. empfing seine ungebetenen Gäste mit unheilverkündender Miene.„Was wollen Sie hier? Ihre Uhr? Da liegt der Dr...— Und damit wies er auf ein wüste« Durch- einander von Rädern, Fedem und Uhrwerktheilchen, die fich auf dem Arbeitstische befanden. M. besah sein« in alle ihre Bestandtheile zerlegte Uhr, schüttelte traurig den Kopf, holte dann aber mit dem Stoßseufzer:„Lieber diese Trümmer, als gar keine Uhr!" ein Zigarrenkistchen hervor und begann die« selben einzupacken. Von einer Zimmerecke aus sah der Schutz« mann dem ganzen Vorgange zu, ohne fich in den Uhrhandel zu mischen. Da plötzlich fäbrt der Uhrmacher in die Höh-:„Lasten Sie die Uhr liegen!" Und mit diesem AuSruf schießt er auf den Inhaber der Uhr loS, packt ihn am Arm und«in Ringen um die Uhr beginnt. Bis zu diesem Moment find die Ausführungen des Klägers und de» Beklagten übereinstimmend. Nun aber gehen fie weit auseinander.„Da hat M mich gepackt, mich zweimal auf den Boden geworfen, so daß ich mir furchtbar weh that!" ver» fichett F.—„Der Mensch hat absolut nicht auf dem Boden gelegen, er hat stetS so fest auf den Füßen gestanden, wie Sie und ich!" beiheuert der Bäcker dem Vorfitzenden.„Ich habe meine Zeugen!" schreit der Uhrmacher, und diese werden nun auch vernommen. Der erste ist der Schutzmann:„Meine Herren, ich war geradezu verblüfft, als ich von der Klage gegen den M. hörte, der Uhrmacher muß gar nicht wissen, waS er sagt. Ich bin doch vom ersten bis zßm letzten Augenblick im Zimmer gewesen und kann auf meinen Eid nehmen, daß F. nicht auf den Boden gefallen ist und abjolut nicht gefallen sein kann, denn weder M. noch ich haben ihn angerührt. Am Finger hat er ge« blutet, aber er ist an seinen Tisch gegangen und hat fich selbst mit einer Pinzette gestochen!" F.'i Antwort auf die Frage de» Vorfitzenden, was er»u dieser Erklärung seine» eigenen Zeugen sage, ist nur:„Ich bin starr!" Die zweite Zeugin ist eine Frau H, die mit F. auf dem» selben Flur wohnt. Sie soll nach Angabe deS Kläger» bezeugen, daß fie, als fie bei dem lauten Wortwechsel die Per- dinvungSihür geöffnet, ihn habe am Boden liegen sehen. Aber, o weh! Auch Frau H- erklärt nach abgelegtem Eide:„Ich habe Herrn F. jagarnicht liegen sehen, er stand ganz ruhig und auftecht da. Blut an seinen Händen habe ich ja gar nicht gesehen. Ich weiß von der ganzen Sache gar nichts." mit verletzender Rücksichtslosigkeit oder garnicht behandelt, dann aber wird er der Gegenstand zartester Aufmerksam« keit und«an überhäuft ihn selbstverständlich mit den aus« gesuchtesten Höflichkeiten. Trotzdem e« nun bestimmt war, daß Maurice die Tochter der Frau Carbonel heirathen sollte, beschließt Frau Perugi» doch, ihr diese Beute abzujagen. Sie gönnt Fräulein Bertha de» reichen Mann nicht, sie will ihn für die eigene Tochter Lucie, die zwar schon an eine» jungen Architekten verlobt ist, in Beschlag nehmen. Alle», wa» Weiberherzen an Raffinement, an Hohn, List und Schlauheit je erdacht habe», kommt jetzt zum Vor» schein, der Streit führt zu den drolligsten VerwechselungS» szenen und den lästigsten Episteln, bi» endlich der vielum« wordene, recht schwankende und wankelmüthige Mrllionär der Sache dadurch ein Ende macht, daß er seine Million einfach brüderlich mit seinem Freund« theilt, so daß schließ« lich jeder seine Angebetete heimführen kann.— Von einzelnen oberfaulen Kalauern, namentlich im An« fang de« Stücke», abgesehen, ist der Dialog reich an witzigen, geistreich pointirten Bemerkungen, und e« ist lobend avzu« erkennen, daß diesmal dem Publikum nicht eine bloß« Uebersetzuvg, sondern eine wirkliche Bearbeitung de» fran« zöfischen Texte« geboten wird. Gespielt wurde durchweg mit wohlthuender Frische und Munterkeit. Die SiegeSpalme ttug Herr Pansa al« Duplan davon, er verstand den kleinen, kurzath» migen Advokaten in durchaus lebensvoller, charakteristischer Weise wiederzugeben. Fräulein Norden und Frau Wank waren in den beiden Frauenrollen gleich gut, vor solchen Schwiegermüttern mußte jeden Zuschauer frösteln. Fräu» lein Wiimar spielte mit gewohnter Liebenswürdigkeit, etwa« weniger durchdacht und abgerundet war die Roll« der Lucie, welche Fräulein Deman vertrat. Alle übrigen Mitwirkenden machten ihre Sache recht gut. Die Regie de» Herrn Direktor Anno ist bekannt und so»ollen wir hoffen, daß„der Kernpunkt" die Berliner recht lange erfreue» möge.
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