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Nr. 115.
Mittwoch, 20. Mai 1885
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Berliner Volksblatt.
Organ für die Interessen der Arbeiter.
Das Berliner Volksblatt"
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erfcheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Pf. Postabonnement 4 Mr. Einzelne Nr. 5 Pf. Sonntags- Nummer mit illuftr. Beilage 10 Pf. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1885 unter Nr. 746.)
Redaktion: Beuthstraße 2.
Die Deutschen in Oesterreich . Unter den vielen Widersprüchen, die sich in dem Geton. finden,
bahren unserer sogenannten„ patriotischen" Presse fervative ober liberale Schattirung ist gleichgiltig
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vielleicht ber merkwürdigste ihr Verhalten gegenüber der Bewegung der Deutschen in Desterreich und gleichzeitig ihr Schwärmen für Rußland . Dieselben Blätter, welche in Flammender Sprache gegen die Uebergriffe des Tichechen thums und den Uebermuth der Slawen in D.sterreich bonnern, find in der Regel die treuen Schildknappen des Halbbarbarenthums der Russen.
Wir haben nun aus nferen Sympathien für unsere Landsleute in den öfterreichischen Staaten noch nie ein Hehl gemacht und wir Segen diese Sympathien heute noch so gut wie je, wir hüten uns aber vor dem Fehler, dieselben slawischen Uebers bebungen, die uns im Rahmen der österreichischen Monarchie verhaßt find, zu verherrlichen, sobald sie hinter der Weichsel Tage treten. Das Lettere thut aber fast ausschließlich derjenige Theil unserer Breffe, welcher aus Anlaß der nationalen Streitigkeiten in Defterreich mit Vorliebe in nationale Entrüftung geräth.
Die Herren, welche diesen Theil unserer Breffe be benn bie flamische Bewegung in Desterreich so ftols ihr einflussen, fie scheinen nicht zu wiffen, von welcher Zeit ab Haupt erhob und sich gegen das Uebergewicht der Deutschen auflehnte. Diefe Bewegung tam erst zu Kraft, als nach bem Kriege von 1859 in Italien für jeden halbwegs flar fehenden Bolitiker die Thatsache fest stand, daß der Riß zwischen den beiden Großmächten des deutschen Bundes ein unbeilbarer geworden und der Entscheidungskampf um die Borherrschaft in Deutschland vor der Thüre stehe.
In der Beit von 1849-1859 berrschte in Desterreich
fichtslofefte
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Insertionsgebühr
beträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10 Pf. Bei größeren Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., 3immerstraße 44, sowie von allen Annoncens Bureaux, ohne Erhöhung des Preises, angenommen.
Expedition: Zimmerstraße 44.
rung in Dber und Nieder Desterreich, Tyrol, Kärnthen und Steiermatt fich auch nicht zum Besten befand, mag hier nicht unerwähnt bleiben. Während die deutschen Beamten in Ungarn , Slawonien und Böhmen hausten, waren es Stockböhmen, welche in den deutschen Amtsstuben mit ihrem gräulichen Kanzlei- Deutsch die Bürger und Bauern an schnauzten. Slowenische und stockböhmische Gensdarmerie mit fast unbegrenzter Vollmacht bildete den Schreden der Landbewohner in den deutschen Provinzen und nahm grimmige Nache dafür, daß deutsche Gensbarmen in ben flawischen Ländern in derselben Weise hausten. Der furze Freiheitstraum der Jahre 1848/49 follte gewaltsam aus dem Herzen des Voiles geriffen werden, und das Mittel, mit dem man diese gewaltsame Dparation zu vollziehen suchte, war ein stammfremdes Beamtenthum mit deutscher Sprache.
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Da tam das Jahr 1859 und mit ihm die Niederlagen von Magenta und Solferino; Preußen, von dem man Bundeshilfe mit Bestimmtheit erwartete, hatte dieselbe nicht geleistet und auch die übrigen Mitglieder des deutschen Bundes von jedem aktiven Borgehen zu Gunsten Defter reichs zurück zu halten gewußt. In dem Manifest an die Bölker Defterreichs", welches denselben ben Friedensbeidluß von Villafranka ankündigte, beschwerte fich Kaiser Franz Jofeph bitter über seine vermeintlichen Bundesgenossen, auf Jofeph bitter über seine vermeintlichen Bundesgenossen, auf deren Beistand er sicher gehofft und die ihn in Stich ge laffen hätten. Die gewaltfame Auseinandersehung zwischen Breußen und Desterreich stand jetzt drohend vor der Thür, und daß sie erst 7 Jahre nachher auf den Feldern Nardböhmens wirklich stattfand, hat seinen Grund hauptsächlich darin, daß Napoleon III. Defterreich sowohl als Preußen feine Unterstügung zusagte, wodurch beide Theile von einem energischen Vorgehen abgefchreckt wurden. Daß schließlich Preußen die Bundesgenossenschaft Victor Emanuels und
Bach, Leo Thun und Konsorten tannten nur ein Biel: der Revolutionsgenerale Rlapta und Garibaldi gewann vollständiges Nieberhalten jeder freieren Bewegung und bas Mittel, beffen fie fich dazu bedienten, war die rück
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freilich darum auch sehr ungeschickte- Gers
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und daß Napoleon III. bie Widerstandskraft Desterreichs und der deutschen Südstaaten überschäßte, führte zur Rataftrophe von 1866.
Nach diesen Umwälzungen und nachdem Desterreich, welches bis dahin immer feinen politischen Schwerpunkt in istos in den gesammten österreichischen Erblanden. In Deutschland gesucht hatte, aus demselben hinausgedrängt bei ben nichtbeutschen Vollstheilen in Defterreich und wenn jener Beit erstarte ber Widerwille gegen das Deutschthum war, ba begann ber Rampf gegen die fremden Beamter und der en Jdiom, die deutsche Sprache. Daß dabei vielfach Ges lich nicht selten zu wahrer Kulturfeindlichleit ausartet, so ist nur natürlich. Dieser Haß war zwar durch das barf man eben nicht vergessen, daß deutsche Kultur jenen reaktionäre Beamtenregiment verstärkt und in Flammen ge gegen die Nation selbst zu Tage Boltsstämmen mit Ruthen eingepeitscht werden sollte. Und setzt; entstanden aber ist er viel früher. Er ist so alt wie was für eine deutsche Kultur!"
Daß übrigens bei jener, unter deutscher Firma sich reit machenden Gewaltherrschaft die kernbeutsche Bevölke
brud verboten.]
Feuilleton.
Im Eckfenster.
Roman von Friedrich Gerstäder.
nd( Fortsegung.)
aber eine verbammte Geschichte-
b, befter Solberg- pünktlich
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das ist recht ich weiß nicht, ob ich
bas Nebeneinanderwohnen von Deutschen und Slamen in diesen Gebieten, und hervorgegangen aus dem ganz erklär lichen Ingrimm ber Slawen über die Thatsache, daß ein
Und weshalb telegraphiren Sie nicht?"
" Das ist in diesem Falle nicht gut ausführbar, da wir gerade in einer Auseinandersehung begriffen find; ge fchrieben hebe ich natürlich den Augenblid, aber so rasch tommt das Gelb doch nicht, und es bleibt mir nichts Anderes übrig, als die Summe hier heute in der Stadt aufzunehmen. Es kann mir doch wahrhaftig nicht gleich. giltig fein, ob der Wechsel über Nacht unbezahlt bleibt
night bie Jagdpartie auf einen andern Tag verschieben oder nicht." muß bitte, kommen Sie mit hinüber in mein Bimmer, ba tönnen Sie sich auch gleich Ihr Gewehr ans
feben."
" Ift etwas vorgefallen?" fragte Hans. Borgefallen? Daß ich nicht wüßte
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boch, apropos,
Wie hoch ist die Summe?"
Tausend Thaleres ist nicht viel, aber doch auch gerabe genug, Einen in Verlegenheit zu bringen. Ich wollte Sie also bitten, lieber Solberg, daß wir unfere Jagd heute aufgeben, denn unter solchen Umständen sehen Sie wohl
brod, die Schwester von unserem Dberftlieutenant nebenan, fein mag." in biefer Nacht plöglich gestorben ist."
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offenbar fuperiores Boltselement ihnen mit gleichsam elementarer Kraft auf den Leib rückte. Wenn man den älteßen flawischen Chronisten jener Lande, den Rosmas von Prag ( schrieb um 1120), zur Hand nimmt, findet man bereits ganz den Kleinlichen, naivbrutalen Dentschenhaß der heutigen Tschechenführer, vorgetragen mit abschreckender Roh heit von einem im Uebrigen ganz gutmüthigen und wohl wollenden alten Klosterpapa.
Es hieße notorische Thatsachen wegleugnen, wollie man nicht zugeben, daß die Herrschaft des deutschen Beamtenthums viel zur Kulturentwidelung der nichtdeutschen Lande Desterreichs beigetragen hat, aber eben sa wenig darf außer Acht gelaffen werden, daß die Ungarn und Glawen dieser Kulturfortschritte nie recht froh werden konnten, da fie ihnen von fremben Elementen. aufgedrängt wurden. Man mag noch fo viel spotten über die böhmische und ungarische Nation" beide Bolts ftämme haben ihre Geschichte und die Böhmen haben in ihren Huffiten- Kriegen, die Ungarn in ihrem Anfämpfen gegen die Türkenherrschaft Leistungen aufzuweisen, benen auch vom Kulturstandpunkte aus erheblicher Werth nicht zu. bestreiten ist.
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Das Bestreben der nichtdeutschen Voltsstämme in Defterreich, ihre Eigenart zu retten, finden wir deshalb durchaus natürlich, und wir sehen darin auch keineswegs eine Gefahr für das Deutschthum in Desterreich. Da, wo das lettere wirklich im Volke selbst wurzelt, wird es sicher nicht ohne Weiteres von den slawischen Elementen erbrüdt werden. Diese Gefahr existirt aller
bings in jenen Bezirken, wo der Arbeiter-, Bauer- und Mittelstand rein slawisch ist, und ihm nur eine deusche Bourgeoisie aufgepfropft ist. Dort bethätigte sich die deutsche Superiorität bisher lediglich auf ganz äußerliche Weise: durch Unterbrüdung ber nichtdeutschen Boltsmaffe. Diese Art der Deutschenherrschaft ist natürlich nicht haltbar, und daß fie schwindet, wird Niemand beklagen. Grade aus diesen Gegenden kommen aber in der Regel die lautesten Schmerzensschreie.
Nun giebt es allerdings noch Fälle britter Art: in den gemischten Bezirken finden sich die Deutschen vielfach in einer Rechtslage, bei welcher nicht das nächste Zahlenverhältniß, sondern die höhere Boltstultur zur Geltung fommt. Von Seiten der Slawen wird nach Beseitigung biefer Institution gestrebt, nach einem Bustande, in welchem bie Deutschen lediglich zu einer stets überstimmten Minorität in einem großen flawischen Ganzen werben sollen. Diese Bestrebungen haben in der That gar keine Berechtigung, ba es lediglich eine lächerliche Uebertreibung des Nationa litätsprinzips und eine ganz oberflächliche, mechanische u b beshalb unwahre Anwendung des Majoritätsprinzips if,
Unfinn," sagte Hans, indem er die Anweisung schrieb -er hörte nicht, daß zu gleicher Beit die Thür aufging und Kathinka auf der Schwelle stand so wird das Ganze doch am allereinfachten erledigt; bedarf es einer besonderen Münzforte?"
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Nein," sagte Schaller, dem die Gegenwart Ra thinta's nicht ganz angenehm zu sein schien, furz,„ gar nicht."
eben habe ich in der Stadt gehört, daß die alte Mäufe- felber ein, daß ich hierbleiben muß, fo fatal mir die Sache merkte das aber wohl gar nicht, denn er beschäftigte sich
Sollte man es denten!" rief Frau von Schaller, die
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Dann handelt es sich also um weiter nichts, als daß Sie augenblidlich tausend Thaler beschaffen, wie? Sonft
Hände zusammenschlagend. Nun, da können sich Klingens hindert Sie nichts, mitzugehen?" bruchs gratuliren; fie muß schmählich reich gewesen sein und hat ja für sich gar nichts gebraucht!"
schnell
" Desto mehr für die Mission", brummte Schaller. aber was geht uns die alte Schachtel an! Bitte, tommen hier 8" Sie, Solberg; wir müssen uns wenigstens, wenn es heute nicht geht, für einen andern Tag bestimmen."
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Nicht das Geringfte aber das geht eben nicht so Bielleicht doch. Haben Sie Feder und Papier
Was wollen Sie thun?"
Damit schritt er ohne Weiteres voran, und Hans folgte der hier in der Stadt wohnt.
" Ihnen eine Anweisung auf meinen Banquier geben, Anweisung zahlt
ihm in fein fleines Arbeitszimmer," um dort erst einmal ben Wechsel, und die Sache ist erledigt."
maßen erwartete
,, Aber, bester Solberg," rief von Schaller, bas kann
bas Nähere zu hören. hier mitten in der Stube stehen blieb und ihn gewiffer haupt nie Geldfragen behandeln! Das sind GeschäftsAber was haben Sie nur?" sagte Hans, als Schaller ich gar nicht akzeptiren! Unter Freunden soll man übers
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Geschäfte, die Sie abhalten?"
Dh, eine ganz verfluchte Geschichte!" sagte von Schaller müffen!" drgerlich. Denten Sie nur, vor einer Viertelstunde höchstens bekomme ich die Anzeige, daß ein Wechsel, den ich mit unters
fachen, die beshalb mit Geschäftsleuten abgemacht werden Aber, bester Freund, der paar Thaler wegen wollen wir doch wahrhaftig nicht unfere Jagd versäumen! Rann Dg gewiß, jebes!" rief von Schaller. Aber Sie
zeichnet habe, von dem eigentlichen Aussteller nicht bezahlt ich das Papier hier nehmen? und heute fällig fei, und Sie können sich benlen, wie fatal
" So," rief Hans, von dem Stuhl wieder aufspringend, ,, das wäre... Ah, mein gnädiges Fräulein!" brach er ab, als er Rathinka vor sich bemerkte, und erschrat dabei faft über ihr Aussehen, so blaß war sie in der kurzen Zeit geworden. Und mit was für einem sonderbar ernsten Blick sah sie den Vater an! Herr von Schaller bes gerabe mit dem auf dem Tische für Hans ausgebreiteten Jagdzeug. Lieber Bater 1"
" Ja, mein Kind," sagte von Schaller und drehte fich rasch nach ihr um.
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Wollen die Herren nicht vielleicht Raffee trinken 8" Dh gewiß, gewiß! Aber bring uns zwei Taffen her. über, mein Engel, denn wir müssen hier eben unfere Sachen in Stand sehen, und dann schid doch gleich bas Mädchen nach einer Droschte, damit wir nachher die Zeit nicht verfäumen. Wir haben noch ziemlich eine halbe
Stunde."
Fährst Du auf die Jagb, Papa?" fagte Kathinka, dieser hatte sich schon wieder abgewandt und sagte nur: " Ja, mein Herz- vergis die Droschte nicht."
und ihr Blid suchte dabei bas Auge des Baters; aber
Rathinta erwiderte tein Wort weiter, brehte sich ab und verließ das Zimmer, und von Schaller übergab jetzt Hans die schon zurechtgelegten Jagd- Utensilien. Der Raffee wurde indessen gebracht und getrunken, und bas Mädchen gleich barauf die Droschte
mir bas fein muß. Die Summe ist allerdings nicht vers verpflichten mich dadurch wirklich bärenmäßig, bester meldete, ging Schaller erst noch einmal mit der loren, benn der Mann ist gut genug, aber jetzt foll ich hier Solberg! Es kommt mir jest wie eine Unverschämtheit erhaltenen Anweisung hinüber in das Familienzimmer auf der Stelle das Geld schaffen, und mein Banquier von meiner Seite vor, daß ich nur ein Wort davon er'
wähnt habe!"
und wenige Minuten später raffelte das Fuhrwert mit den beiden Jägern bem Bahnhofsgebäude zu.