Mittwoch, 3. Juni 1885
II. Jahrg.
erlinerDoteblnlt Mgsn für die Interessen der Arbeiter.
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_ Da»..Berliner   Volksblatt" Borgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für 2?« 4 Haus mertelsährlich 4 Mark, monatlich 1,35 Mark, wöchentlich 35 Pf. �Mdonnenient 4 Mk. Einzelne Nr. 5 Pf. Sonntags-Nummer mit illustr. Beilage 10 Pf. (Eingetragen in ver PostzeitungSpreiSlist« für 1885 unter Nr. 746.)
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Geisteskranke Verbrecher. lesen in den Zeitungen, daß in HildeShei« die �Wversammluvg de» Nordwestdeutschen Vereins für >,'."»«ißinesen stattfindet, auf welcher die Frage der U n« »' d r i n g u» g geisteskranker Verbrecher zur �Handlung kommt. L Frage ist im Königreich Sachsengelöst" uot» r?' mdnn dort ein ZuchihauS zu Waldheim   eine Irren» -»für männlich« Zöglinge", die in GeisteStrankheit
Z'""»für männliche Zöglinge", die in Geistettranthett kind, oder deren geistiger Zustand zweifelhafter »Jr>st, errichtet worden ist. Ja den übrigen Bunde«» «erde» die»irrfinnigen Verbrecher" in den kom» '«len Krankenanstalten oder in den Provinzial» Irren» untergebracht. Doch einigen fich die meistm Mit« dahin, daß ähnlich wie in Sachsen   in den ?f«ustalten besondere Abtheilunge» für irrfinnige Ver» eingerichtet werde« sollen. h. die Frage der Unterbringung der geiste«» Verbrecher intereifirt un« viel weniger, al» die 11* 4 kranke» Verbrecher" selbst. h..»«ifitShanf« Verbrecher" schon der Ausdruck Unheimlich. Wenn fich bei de» GerichtSverhand« herauSüellt, daß der Angeklagte, auch wenn j,{j* Verbrechen gegen da« Eigenthu« oder die Person That verübt hat, geisteskrank ist, so wird er den» nicht vermtheilt er ist kein Verbrecher. Iiw*1®'e vielen Angeklagte« aber läßt e« fich den» W* ftkeniikn, daß fie irrsinnig find? Besonder« wenn «tz»tukt, daß überhaupt die meiste» Verbrechen auf "ormele# Gehirn, der Thiter schließen jtol�ch diese Angeklagten, bei denen da« graufig« Ge» L* erst herannaht, werden natürlich verurtheilt, fie wer- v** Verbrechern gestempelt und erst im Zuchthau# tritt b vielfach*'£JL  »>«
yttt, recht bald schon der Wahnsinn ein. HZ haben wir e# nicht mehr schlechthin mit Geiste#» _ W thu», sondern mitgeist««kranken Verbrechern."
8 44 UjUJ* j f unycbu»in# ww wv y.» hj ß i® Merkwürdiges, ei» grausiges Wort! Sollte denn d,,�Nke nicht nah« liege», daß die geisteskrankge» ju»**«»" Verbrecher schon geisteskrank waren, al# fie Sin w verübten? Sollte der ausgebrochene Wahn- . Dhat nicht geeignet sein, da« begangene Ver» " voll und ganz zu entsühnen und dadurch den geiste«» 1»»v�brecher einfach wieder zu einem geisteSkran» �ruschen zu stempeln 1 Sui, ruhiger»orurtheilsfreier Ueberlegung sollt« Jeder» hT«»er solchen Anschauung komme». �ksonder# da, wo e# fich um Todtichlag, Mord, Kör« ��ün�wol�geNxjnsachtigeAbfichtzuT� IeuiLteton. 3« Eckfenster. Roman von Friedrich Gerstäcker  . (Fortsetzung.) »a# Dir einfällt! Vielleicht weil ....n dem Fall hörte? Dann liebt Eon» Maurergeselle», der neulich von einem . wurde, denn al# ich ihr davon sagte, .Sh  ':,11« edenfall# zusammen." ®vr etwa# Andere«, Bernhard," sagt« Han# St. o.J.»glaube mir, ich täusche mich darin nicht so ««hrnka hat auch keine so schwache« Nerve», um fich zu gerathen, und besonder# bewies mir Gewalt, die sie gegen fich selber ausübte. io.» v."icht beobachtet?<K# könnte Dir dann nicht .1»5? Ifst L/1®' mein» Seele dachte natürlich nicht daran jf ä-ä r« �üh»ine andere Frage; aber ohne Vermögen
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Und
._ U'-D-, fnl?# 0. Doktor genug verdient, u« eine er. tSr"«ne Familie zu ernähren; außerdem (%%%, n».' ich�'h* kenn«, nie um Kathinken# Hand ** Furcht,«ine abschlägige Antwort zu er»
»k»d L"NoIlS'i?*" w'r jetzt hink"_£m. kh irti» t«""wl z« Klingenbruch# hinauf? W»r dn« Besuchemachen, und ich selber bin D»** der Familie»och nicht bei ihnen
handelt, kann man durchweg annehmen, daß momen» tane Geist.«»Verwirrung mit im Spiele ist. So besonder# bei de«Vergehen gegen die Person", welche von der Eifersucht diitirt werden. Tritt dann im Gefäng- » der Wahnsinn vollends und Jedem erkenntlich zu Tage, dann kann man al# selbstverständlich annehmen, daß auch die verbrecherisch« That im momentanen Wahnsinn ge- schehen ist. Wahrlich dann sollte«an nicht vongeisteskranken Verbrechern" reden. Der betreffende Mensch ist geisteskrank und damit muß jede Verfolgung mit Thate», aber auch mit Worten aufhöre».---- Au« vorstehende» kurzen Betrachtungen ersteht man auch schon, wie unvollkommen unser« Justizaesehgebung ist, der vielfach eine präzise Auffassung fehlt. D-Shalb ist e# so unendlich zu bedauern, daß durch den rechthaberischen Uebermuth der profesfionellen Juristen die Appellation«- instanz in Deutschland   abgeschafft worden ist. Nur der UnfehlbarkeitSdünkel konnte»ine» solchen Mißgriff thun. Zwischen de» beiden Instanzen liegt manchmal eine geraum« Zeit, in welcher die Geisteskrankheit zum AuS« bruch gelangt, so daß die Appellinstanz den UrtheilSspruch de« ersten Gericht« korrigiren kann j tzt aber hat da« Landgericht gesprochen und der einmalig Verurtheilt«, der die Körperverletzung oder«in sonstige« Verbrechen im auf- keime» ven Wahnsinn begangen hat, ist und bleibt ein »geist«#kra»ker Verbrecher."
Dolitisrke MebersirKt. Ueber dt« SonutagSfrage schreibt dieNordd. 91% Zeitung":Wenn Zwei dasselbe thun, so ist e« noch lange nicht dasselbe" heißt e« im Sprüchwort, und zwar mit Recht. Wenn aber Zwei daffelbe thun, die grundsätzlich auf den extremst verschiedenen Standpunkten stehen, dann wird e« Demjenigen, dessen Ziel vor Allem auf agitatorische Aufhetzung gerichtet ist. leicht>ein, die jene Unterschied« der verschiedenen Tendenz gemeinsamen Tbun« nicht subtil abwägenden Mafien zu überreden, daß es daffelbe sei, waS die Antipoden thäten." Und nun versucht du« Blatt in einem längeren Artikel den Konservativen gehörig den Kopf zu waschen, weil sie durch ihr Eintreten für die gesetzliche Sonntagsruhe nur der agitatoritchen Aufhetzung Vorschub leistn. Denn nur agitatorische Aufhetzung ist«S nach derNordd.". wenn die Ar bester überall energisch für die gesetzliche Sonntagsruhe zu wirken suchen und zu diesem Zweck in Versammlungen und Vereinen entsprechende Reso- lutionen faffm. Nach den Aeußerungen deS Reichskanzlers konnte fich die Regierung zu dem gesetzlichen Vorgeben nicht entschließen, weil fie fich doch erst informtren müffe, ob da« ver- langte Gesetz auch wirklich den Interessen der Arbeiter förder» lich sei. Wenn nun die Arbetrer zusammentreten und ihre
Unglücksfall besprochen hatte und gerade wieder in seine Wohnung einbiegen wollte, al# er die beiden Freunde be» merkte, mit denen er die Neuigkeit doch ebenfall# besprechen mußte. Wissen Sie e# schon, meine Herren Doktor Potter ist eben überfahre» worden!" Wir haben«S gehört aber er soll gut davonge» komme» sein." Der Mensch hat ei» Heidenglück!" rief Herr Eemm- lein.»Aber er härte auch meinSwegen seine gesunden Gliedmaßen einbüße« und jeden Knoche» im Leibe zerbreche» können I" Er hat fich also wirklich nicht beschädigt?"» Keinen blaue» Fleck; aber den Rock hätten Sie sehen solle« er war mein« wegen mitten von einander, und Graf DonnerSmark wird eine Freude gehabt haben über da# geschundene Pferd! Ja, weshalb lassen fie solch« Bestien in eine menschengefüllte Stadt, und wenn gerade die Schule au« ist! Mein Jung« war auch bei den Rangen! Der Doktor ist aber«in tüchtiger Kerl, und Kourage hat er, du# muß man ihm lassen!" Hauptmann von Dürrbeck grüßt«, und al« sich Semm- lei» danach umdrehte, sah er, wie ein anderer Offister Lieutenant von Wöhfen mit einer jungen, sehr elegant gekleidete« Dam«(e# war Fräulein von Noltje) vor- überging. Fast unwillkürlich trat er aber zu gleicher Zeit «inen Schritt von der Thür zurück und sah nach oben richtig, da# älteste Fräulein von Klingenbruch lag im Fenster und schaut« dem Paare nach; de» Wirth unten am Hause bemerkte sie gar nicht. Hanl und Dürrbeck aber, mit keiner Ahnung, welche# klein« Privatdrama da unter ihren Auge» vorüberzog, stiegen die Trepp« hinauf. Schon auf de« ersten Stufen hörte» fi« indeß ein« heftige Stimme, die jedenfalls einer Dame angehören mußte, und Han# faßte Dürrbeck'# Ar« und hielt ihn für kurz« Zeit fest. Aber,«ein gnädige# Fräulein", sagte jetzt«ine sanfte, beschwichtigend« Stimme,rch habe die letzte Nacht lang« hi#»ach Mitternacht gearbeitet und mußt, e# endlich auf-
Meinung diesbezüglich äußern, so müßte da# doch an maß» gebinder Stelle höchst willkommen sein- Wozu also der Vor» wurf der Aufhetzung? Wenn die Ardeiter fich nicht mit dieser für fie so wichtigen Frag« beschäftigen sollen, wer soll denn entscheiden, ob die Sonntagsruhe in der von der Reichstag  #« Kommisfion vorgeschlagenen Form für fie nützlich oder schädlich ist? Sicherlich find doch die Arbester selbst die kompetentesten Beurtdester dieser speziell ihre Interessen berührenden Frage. Di« Agitation der Pastoren ist freilich eine andere al# wie die der Arbeiter. Sie möchten am liebsten den puritanischen Sonntag, womöglich mit Kstchenzwang, wenn da# an- gänglich wäre, während die Arbeiter vor allen Dingen einen gesetzlichen Ruhetag wollen. In sofern hat allerding# dieNordd." Recht mit ihrer Behauptung:Wenn zwei das­selbe thun, so ist eS noch lange nicht dasselbe." Diese# Sprüch- wort hat aber nicht nur irr diesem Falle eine Berechtigung. Wenn in einer Arbetterversammlmig für die gesetzliche Sonn» tagSruhe gesprochen wird, so geschieht daS frellich im agiiatorischen" Sinne; die Arbeiter sprechen ihre innerste Urberzeugung au#, fie sprechen auS Erfahrung, ihre Worte kommen au# dem Herzen und find daher geeianrt, wieder zu Herzen zu gehen. Sie wirken agitatorisch und follm agitatorisch wirken. Wenn aber ein Pceßorgan Unwahrhell auf Unwahr­heit baut, wenn eS fich nicht scheut, wider bessere# W'ffen zu behaupten, daß die Arbester durch vie gesetzliche Sonntagsruhe geschädigt werden und wenn eS die Stirn befitzt, fich dann noch odenein Ardetlcrfreuvdlichkett zu vindiziren, so ist daS freilich zwar auchaastatorisch", aber nicht in einem edlen Sinne. DieNordd. Allg. Ztg." hat also Recht:Wenn Zwei dasselbe thun, so ist es noch lang« nicht dasselbe". Der Antrag auf Erbauung de# Rord-Oftsee-Kaual» wird«ach dem ofsftiösmB. P. N." von der preußischen Re« gierung vorberettet und dürfte bald den BundeSrath beschäftigen. Die Kosten sollen auf 156000000 Mark veranschlagt sein, wovon etwa 50 000000 Mark alS Präzipualbestraa Preußen# vorweg geleistet, die übrigen etwa 106 000 000 Mark vom Reiche getragen werden sollen. Zur Dampfersubbentio«. E# besteht, wie offiziös ge- schrieben wird, kein Zweifel darüber, daß dem Nord» deutschen Lloyd in Bremen   die Subvention für die Dampferlinien nach Australien   und Ostafien erthestt werden wird, sobald noch einige Fragen mehr untergeordneter Art er« ledigt sein werden, über welche augenblicklich mit dem hier weilenden Henrn H. H.   Meter- Bremen   verhandelt wird. In Hamburg   wird man von diesem Ergebniß gewiß nicht mehr überrascht sein._ Ja vezug auf de» Miueralreichthum von Sngra- Pequeua waren vor einiger Zell dekannilich die adenteuer» uchsten Nachrichten in den Blättern zu lesen. Man witterte große Erzminm und versprach sich bereits eine reiche Ausdeute. Dieser Annahme gegenüber ist«S von Interesse, daS erste fach» männisch« Urihell zu regtftriren,-welche# üb« die geologisch« Konstruktion de# bezeichneten Landstriche# eingegangen ist. vr. Schenk, ein Mitglied der Exvedition zur Erforschung de# Hinterlandes von Angra Pequena  , zuvor Assistent am geologi«
geben,«eil mich meine Augen zu sehr schmerzten ich bi» auch heute Morgen seit Tagesanbruch wieder dabei, aber nicht nn Stande, e#»u erzwingen." Das glaub' ich", sagt« die vorherige keifeude Stimme, wenn Sie über Tag# Herrenbesuch empfangen, so wird e# mit der Arbeit nicht viel«erden! Wenn ich aber mein Geld zahle, so verlang« ich auch meine Arbeit gethan zu habe» I" Aber Sie haben mich»och nicht einmal bezahlt," sagt« die erst, Stimm« wieder, und der Ton schien etwa» Sereizterich bat Sie schon zweimal um«ine Nein« Ab- hlagssumme..." Und«ollen Sie auch«och unverschämt fei« I" kreischte die erst« Stimme und Hav# war jetzt mit drei Sätze» oben an der Treppe. Die sehr hörbare» Schritte hatte» aber dem Zank«in rasche# Ende gemacht. Han# sah nur noch, wie eine schlanke Frauengestalt scheu über den Gang huschte und die Biegung der nach oben führenden Treppe erreich«, während die andere Dame«S war richtig Flora von Klingenbruch ebenfalls in ihre Etage hinemglstt und die Thür hinter fich schloß. Hau# blieb einen Moment oben an der Treppe sieben; als ihn aber Dürrbeck, der ihm langsame, gefolgt war, jetzt erreichte, sagte er:Höre, Bernhard, hier hat eben ein kleiner Streit stattgefunden; die junge» Dame» scheine» erregt, und ich fürchte fast, wir habe» keine passende Zeit zu unserem Besuch gewählt. Ich muß Dir auch g-stehe», daß ich gerade jetzt kein besondere# Bedürfniß fühle, der Familie meine Aufwartung zu machen." Wie Du willst, HanS; mich zieht«# auch nicht bmei»" und wieder umwendend, verließen fi« da# Ha«#._ Eine Photographie. Die Promenade um Rhodenburg bildete eigentlich de» Glanzpunkt der Stadt, denn e# war außerordentlich viel Fleiß darauf vetwindet und da# Ganze selb«, mit viele« Geschmack angelegt»oroen. Ueberall. wohin auch da# Auge fiel, sah «an geschickt arrangirt« BoSquet  # der verschiedenartigsten Bäume, und Alle# so trefflich zusammengestellt, baß jebs-