St, 132,Mittwoch, 10 Juni 1885IL JahMSs?«NU."ÄÄSiZBrgan für die Interessen der Arbeiter.Das..Berliner Bolksblatt"(Eingetragen infür 1885 unter Nr. 746.)Jnfertionsgebührbeträgt für die 3 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf. Arbeitsmarkt 10Bei größere« Aufträgen hoher Rabatt nach Uebereinkunft. Inserate werden bis 4Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Zimmerstraße 44, sowie von allen Annoncen«Bureaux, ohne Erhöhung des Preises, angenommen.otpiRedaktion: Kenthstraße S.— Grpeditio«: Zimmerstraße 44.5r-'M•*&Sii»Z'-ZPttiti-»richt, d«ß �chtzSen Wf/ßm«rSaud in die Augen!- Wir lese» häufig von Veranstaltung von sog. Fabrik»S tn,»o der Fabrikherr die Koste» bezahlt und dann?«m Mann, der e»«it seinen Arbeiter« wohl«eint, von?. ihn, nahestehende» Presse in allen(Tonarten ge»wird.i Der Harmonie zwischen Arbeit undSpital werden die üblichen Loblieder gesungen und—� Frage ist gelöst.Wem schweben die Beschreibungen solcher Feste nichtJ*«ugen? Der leutselige Herr stieß auf va» Wohl der?«ttt«r an; er trank da» Bier vielleicht mit zugekniffenen£$(>1, aber mit lächelnde« Gesichte. Ei« WerkmeisterMete auf da» Wohl de« Fabrikherrn, in«eich«» die Ar-i£kt begeistert einstimmten und der Herr Direktor spendetr**" Untergebenen in längerer wohlgesetzter Rede da»Mlverditute Lob.in* �kenb« waren der Restaurationsgarte« illuminirt undFestbesucher. Die Stadtmusik exerzirte patriotischeWen und«in Fabrikgesangverein inszenirte unaufhörlichbekannte:„Hoch soll er leben, dreimal hoch I"v ,®a* war eine Freud«! Und nun gar der Ball! Dieechter de» Fabrikherrn ließ sich, zwar im Innern wider-«,. aber dennoch gute Miene zum bösen Spieleden von dem Herrn Direktordenen bekannt war, daß sies«■■■rri t«''l6"' 3U Tanz führe». Der Direktor hattebraven Arbeiter für ein paar weiß«ltthandschuh« gesorgt, die den schwieligen Arbeiterfäuste»«vllch standen, wie die Vatermörder und Manchetten unserenc�arze» Brüdern am Kamerun. Aber darnach lächelte2" Fräulein freundlich und huldvoll, bi» die gnädige FrauAamg Kommerzienrath kam und die Tochter unter einemvetternden Tusch dem Ballsaal und dem Feste entführte.Hochaufathmend kletterte da» Fräulein in die EquipageN die Mama belobte sie wegen ihrer Tapferkeit. Natür-!?«hielt die brave folgsame Tochter den nächste» Ta2 Lohn«inen Gold» oder Perlenschmuck, den sie läng'hatte.w Di«„Mache" ab«, war gelungen. Der Herr Kom»£tii«nrath mußt« natürlich etwa» länger au»halteu. ErM mit den vorbeigehenden Arbeitern einige freundlicheMe, unterhielt sich dann aber mit de« Direktor� über�»e».Lasse» wirGang de« Geschäfte» bei einer Flasche guten Rhein»die Arbeiter bei Spiel, Trunk und Tanzbhk r" Wlh V»»hören da» kurze Gespräch an.i,. Kommerzienrath: Da» Festt,-rommerzrenraiy:»J«t Fest ist sehr gut gelungen;� danke Ihnen besonders für die außerordentlich treffliche»erboten.!JemlXeton.3m Eckfe«ßer.Roman von Friedrich Gerstäcker.(Fortsetzung.)k„Ich fühle«ich eigentlich heute nicht mehr recht in der,'Unmuug, noch in ein Kasö zu gehen," sagte Dürrbeck;"'4 bin überdie» schon etwa» aufgeregt."h,„Dann regen Sie fich wieder ab," lachte der kleineP*»», indem cr seinen Arm ohne Weitere» in den de»' PtmanuS schob—„kommen Sie, thun Sie'« mir zu,W*I Sie machen eine Partie Domino mit und sollen�'-nal sehen, wie gut Sie darnach schlafen."„Lange bleib' ich auf keinen Fallr..„Aber, komischer Mensch I Jeder ist sein eigener Her, undgftt eben so lange,"-"''" � �"wie c« ihn freut. Ich halte übrigen». bi» halb ein Uhr au», denn dann muß ich zu Noltje»,7* Meine Damen abzuholen— und jetzt»ollen wir erst noch% Glas Grog trinken."Dünbeck fügte sich— allerding« nur ungern, aber erll6»rd»<fbünken wir noch ein Gla» Grog zusammen'�— und einenMll(» Blick nach Konstanzen» Fenster hmaufwendend, schritt� Mit ihm über die Straße hinüber dem Kafs zu.&. Dort drinnen saß indeß noch eine ganz lebendigeMistschaft fast««»schließlich von Offizieren oder ihnen?Merr» Freuaden. Die«eisten von ihnen waren aber erstM de« Theater hier zusammengekommen, um ibr Abend»to'b zu verzehren und noch«in Gla» Wein ober«rnenzu trinken, die wenigsten, um zu spiele», denn geradeige solch« Vorstellung liiert« Wen nachher treffliche»?'°ff zu Unterhaktung und Gedankenaustausch und bot�Ne» dadurch«nen doppelte» Genuß.» Um de» Tisch im SckfenZe, hatte sich besonder» ein«�sjfppe zusammevaefstnde«,«eist junge Smyenant», dieW für da» Theaktr, wenn auch vorzugsweise da» Ballet,�wärmten. Dies«, die Mist emgetroff-n sein mochten,Ansprache an die Arbeiter, die ihre Wirkung nicht verfehlthat. Wir habe» überhaupt«neu~Arbeitern, der übrigens durch solcheten Stamm vonjeste noch mehr anda» Geschäft gebunden wird. Wie steht e» denn gegen»wirtig mit den GeschästSausträgen, mit der Lage de» Ge-schäst« überhaupt?Direktor: E» könnte besser gehen. Wenngleich wirAusträge genügend haben, so erzielen wir doch für unsereWaaren diese» Jahr zirka um»eh» Prozent geringerePreise, al» im Vorjahre, so daß auch der Reingewinnnicht mehr so hoch sein wird. Doch immerhin könne» wirgegenüber manchen Konkurrenten zufrieden sein, wir werden»och immer sozusagen„ein gute» Geschäft" machen.Kommerzienrath: Da» ist Alle» recht schön, doch hatteich gerade in diese« Jahre auf einen höhere» Gewinn ge»rechnet, da mir wegen der Verlobung meiner Tochterrößere Ausgaben erstehen.— Sehen Sie, wie die Ar»eiter glücklich und fröhlich find und ich habe den Kopf»oller Sorgen--- Ja, ja, die Leute können so inden Tag leben, habe» hohe» Lohn— ließe fich danicht» machen?Direktor: Ich verstehe. Ger» thue ich«S nicht, aberes geht nicht ander»— ich werde Sonnabend an dieTafeln anschlagen lassen, daß von nächster Woche an«ineLohnkürzung von zwanzig Prozent eintritt. Wernicht damit einverstanden ist. der kann gehen. Arbeitersmd jetzt genug zu solche» Preisen zu haben. Doch, Herrommerzienrath, Sie versprachen mi, längst schon,«ei»Gehalt zu erhöhen. Dasselbe ist sehr knapp.Kommerzienrath: O, gewiß, lieber Direktor, wa» ichversprochen habe, halte ich. Sie erhalte« bi» Neujahr einehalbjährige Zulage und dann steigt Ihr Jahr«»gehalt um3000 Mark. Also abgemach» IAm Arme de« Herrn Direktor» verließ der Kommer»zienrath da» schöne Fabrikfest unter de« Hochrufen undJubeln der Arbeiter— da» Fest wurde in den Zeitungenverherrlicht und der Herr Kommerzienrath sogar von demLokaldichter de» Städtchen» in 26 Strophen angesungen.Nun wird vielleicht ein oder der andere Leser sagen:„Die Phantasie hat de« Schreiber obige» Artikel» dieFeder in die Hand gedrückt." Der brave Leser irrt fich,da» ist keine Phantasie, da» ist die nackte Wirklichkeit—so oder ähnlich find die Begebenheiten.—Uni hat in der That nicht die Phantasie, sondernfolgende Lokalnotiz, die wir i« eine« konservativenDresdner Blatte vorfanden, die Feder in die Hand gedrückt.Dies« Notiz, datirt vom 8. Juni, sie lautet:„Die Kartonnagenfabrik von Scherbe!auf der äußeren Schillerstraße hat ihr« Arbeiterschaft«it einem Plakat überrascht, wornach von heute an£saßen auf de« zwei Fauteuil» in der Ecke,«it dem Rückennach den jetzt fest verschlossenen Fenstern zu, währenddie letzt Gekommenen die Stühle inne hatte«,die de« Racken dem eigentlichen Hauptkokal zu-wandten. Unter diesen befand fich Graf Rauten, undzwar gerade einem der schmalen Pfeilerspiegel gegenüber,von denen zwei die Haupts äulen de» Vorbaue» deckten undde» ganzen Raun-, besonder» nach der hell erleuchteten Thürzu, refleltirten.Da» Gespräch heschäftigte sich gerade«it der heuteganz ungewöhnlichen, der Künstlerin gebrachte» Ovation,dem Kränze- und Sträußewerfen und de« endlosen Heraus«rufen, und ei» junger Artillerie-Offizier, dem«an nachsagte,daß er für die zaeite Sängerin nicht unempfindlich sei—er wurde wenigsten» oft mit ihr geneckt—, behaupteteziemlich bestimmt, daß da» Ganze eine gemachte„Geschichte"gewesen wäre. Jede Sängirin Und Schauspielerin habeeine Anzahl von Verehrern, die ihr da» besorgten; den»würde da» Publikum»irklich einmal von dem Spiel oderGesang einer solchen Dame hingerissen, so hätte e» natürlichkeiue Kränze bei der Hand. Di« vorhandenen seien alsoschon angeschafft gewesen, ehe man wußte, wie sie spielenoder fingen würde, und zeichnete sie fich an den Abendauch noch so wenig au», der Blumenflor sei dann eben daund müsse geworfm»erden, den» mit nach Haufe könne«an ihn unmöglich wieder nehmen.Dagegen erklärte ein Anderer, daß da» allerding» heutAbend beflrmmt der Fall gewesen wäre, aber die Blummhätte» auch nicht dem heutigen Gesang von FräuleinBlendheim, sondern ihren sämmtliche» bisherigen Leistungenauf hiesiger Bühne gegolten. G« sei gewissermaßen derAbschluß ihr«, Künstlerlaufbahn gewesen, und wenn irgendJemand«ine solch« Auszeichnung wirklich verdient habe, sofei es doch gewiß diese Dam«.Raute» hatte in die" ganze Unterhaltung, so lange siei da» Theater drehte, noch kein Wort mit ein»en. In diesem Augenblick traten Oberfilieuteezantingenbruch und Hauptmann von Dürrbeck in da»Lokal, blieben aber, da sie da» Eckfenster dicht besetzt sahen.weiter vgrn und ließen fich dort a» einem der Tischedie Löhne um nicht weniger al» 20 Proz.herabgesetzt werden sollen. Lohnreduktionenund Veranstaltungen von Fabrikfeste»reimen sich schlecht aufeinander."Als», Lohnreduktionen und Fabrikfeste reimen sichschlecht aufeinander I Sicherlich l Die Arbeiter sehe», wierecht wir bei unserer Schilderung haben, die wir mit derWarnung schließen, daß die Arbeiter sich durch derartige„Harmoniefest«" nicht werfe» lassen sollenSand in die Augen.Kolitiscke Nebersiekt.„Geld muß geschafft werden"- so lautet die Parolealler Regierungen; diese Parole ist auch der Grund, daß manjetzt überall dem Drängen v« Interessenten nachgiebt undneu* Zölle einführt. Würden die Zölle n u r den Agrarier nund Großindustriellen Nutzen bringen, würde au» denselbennicht zugleich auch eine Einnahme für die betreffenden Staatenerzielt, so würden diese nicht so leichten Sinnes zu einer Mehr»belastung des Volke» schretten. Aber das Ausqabedudgrt verschlingt allzu große Summen. Die direkten Sleuern dringensehr wenig auf, da ste nicht progresfio find, deshalb greift manüberall zu den indirekten Steuern, die man auch wohl Kopf«steuern nennen könnte und unterstützt diese Einnahmen nochdurch Zölle auf AlleS, wa» da liegt, kriecht und fliegt. DieseArt der Besteuerung aber schadet den wirthschaftlichen Verhält-Nissen nicht nur de» eigenen Lande», sondern denen sämmtlicherLänder. Darüber hat fich jüngst der ungarische Mintsterpräfi-dent TiSza recht zutreffend ausgesprochen, alt er wegen derZollerhöhunaen in Deutschland und Frankreich imungarischm Abgeordnetenhaus« interpellirt wurde. Der Ministersagte,„daß die volkSwirthschaMiche Politik, welche derzeit vonden Staaten Mitteleuropas befolgt wird, in weit gnrngcrenrMaße dem einen oder dem anderem nutzt, al» ste eventuell demNachbar schaden kann. W-nn man aber dem Nachbar schadet,mer höhere Zölle, bei welchemkämpfen fich gegenseitig durchSystem da» gesammte Volk, vorzugsweise die Arbeiter leidendDie einzelnen Staaten schädigen fich dadurch selbst, denn derVortheil Weniger wiegt den N-chtheil nicht auf, dem die Ge»sammtheit ausgesetzt wird- aber dennoch ist kein Hall aufder schiefen Ebene, denn„Geld muß geschafft w-rden!"Ueber die Stellung der Kirche zur soziale« Fragefinden wir in den konservativen„DreSoener Nachrichten" eineNotiz, die wir, wenn wir auch verschiedene Anschauungen inderselben nicht t hellen, doch unfern Lesern nicht vorenthallenwollen, denselbm vertrauend, daß ste selbst die Spreu von demWeizen sondern. Die Noti, lautet:„In einer größeren An-zahl von kirchlichen Versammlungen, welche im Mai l. I. inden verschiedensten Provinzen stattfanden, ist die Stellung derKirche zur sozialen Frage Gegenstand der Verhandlungen ge-nieder, und Klingenbruch bestellte natürlich gleich zwei Gla»Grog.Rauten hielt seine» Blick eine Weile auf den Spiegelgeheftet, dann sagte er mit seiner ruhigen, kalten Stimme:„Meme Herren I Ich weiß nicht, ob e» in«einem schlechtenund vielleicht verwöhnte», oder sagen wir verdorbene» Ge»schmack wurzelt; ich aber habe für meine Person jede Freudeam Theater verlor«.» und besuche e« nur manchmal, umeine halbe Stunde todt zu schlage«, aber wahrlich nicht, um«ich an eine« sogenannten und au»posaunten Kunstgenußzu erfreuen.— Kunst I Was verstehen wir jetzt darunter?Das Ganze ist doch«eiter nichts als Komödienspielerei,« ngewisser CharlataniSmu«, der mehr oder weniger frech auf-tritt und der eigentliche» Masse vielleicht für den Augenblickimponirt, und auf de» Augenblick ist ja auch Alles berechnet,aber nicht im Staude, einen»irklichen Kunstgenuß hervor»zurufen, wenigstens nicht hei mir, wie ich ausdrücklich bnmerke» muß."„Aber, lieber Graf," sagte ein junger Rittmeister,„ichglaube, da urtheile» Sie doch zu egoistisch allein nach fichselber. Wir Anderen, und ich könnte Ihnen dafür mancheZeugen stelle», empfinden»irklich da», wa» Sie entschiedenabzuleugnen suche»,«ine« Kunstgenuß, und ich glaube fürViele zu sprechen, wenn ich Ihnen sage, duß unl denFräulein Blendheim heut' Abend ,n der That bereitet hat."„Du, Georg, da drüben sitzt Hauptmann Dürrbeck,"flüsterte ihm ein anderer Offizier zu,„der Blendheim Ver«lobter, laß un» lieber davon abbrechen." Der Rittmeisternickt« zustimmend, Rauten aber nahm da» Wort aufund fuhr ruhig und mit keineiweg» Unterdrücker Stimm«fort:„Ja, sehe». Sie, lieber Herr Rittmeister, da trittwieder die Verschiedenheit de« Geschmack« in den Vorder«grund. Für mich hat die Blendheim etwa» vofitiv Wider«liche». Abstoßende», und wa» einig* Kunstenthusiasten Leidenschaftlichkeit und Feuer in ihirtft Vortrag nenne», de«würde ich den Namen Frechheit und unweibliche Geberdengeben."Der Rittmeister und ewig« der anderen Offiziere halte»versucht, ihn w seiner Rebe durch Zeiche» und leise geflüstert»